Protokoll der Sitzung vom 28.03.2019

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD - Christian Meyer [GRÜNE]: Lesen Sie mal die Rede! - Helge Limburg [GRÜNE]: Was ist denn das für ein Niveau? Was ist denn das für eine Unverschämtheit? Der Begriff „hässliche Verwandte“ ist von Ihnen gekommen, Herr Wich- mann! Den haben Sie eingebracht! - Weiterer Zuruf: Der steht doch in der Überschrift!)

Herr Kollege Wichmann, Sie selbst sind quasi relativ frei zitiert worden. Ich weise Sie aber darauf hin, dass Sie sich nicht ganz - ich habe es extra vorgelesen - an § 76 gehalten haben, da es kein Angriff gegen Sie persönlich gewesen ist. Wir lassen das mal so im Raum stehen. Das war schon sehr großzügig ausgelegt. Sie sind ja Jurist, Sie können damit umgehen. - Herzlichen Dank.

(Dragos Pancescu [GRÜNE]: Sehr gut, Herr Präsident!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der vereinbarten Abweichung von der ursprünglichen Tagesordnung behandeln wir jetzt im Rahmen von

Tagesordnungspunkt 32: Fragestunde

die Frage

b) Bringt die Verschärfung der Düngeverordnung niedersächsische Landwirte in Existenznot? - Anfrage der Fraktion der FDP -

Drs. 18/3252

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anfrage wird von dem Kollegen Hermann Grupe vorgetragen. Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Bringt die Verschärfung der Düngeverordnung niedersächsische Landwirte in Existenznot?

Auf Bundesebene wird derzeit die Verschärfung der Düngeverordnung diskutiert. Presseberichten zufolge führt dies zu Unmut unter den Landwirten, die sich teilweise Existenzängsten ausgesetzt sehen (Topagrar-online vom 11. März 2019). Fachleute bestreiten, dass die vom Bundeslandwirtschaftsministerium geplanten Änderungen des Düngerechts fachlich gerechtfertigt und hilfreich für den Gewässerschutz sind.

Das Landvolk Niedersachsen betont, dass Landwirte ihren Beitrag zur Verbesserung des Gewässerschutzes leisten und mitwirken wollen, die Einträge von Nitrat in das Grundwasser deutlich zu verringern, sollten die Grenzwertüberschreitungen im Einzugsbereich von Messstellen durch die Bewirtschaftung verursacht werden (Mitteilung vom 7. Februar 2019).

Wenn die Analysedaten der amtlichen Messstellen aber in weiten Teilen Niedersachsens, besonders in Südniedersachsen und in der Küstenregion,

zeigen, dass die Grenzwerte im Einzugsbereich eines Brunnens nicht überschritten sind und auch kein deutlich zunehmender Wert festgestellt werden kann, wehrt sich die Landwirtschaft gegen unbegründete Auflagen und Einschränkungen, so das Landvolk. Das Einstufungsverfahren nach der Wasserrahmenrichtlinie biete nicht die Grundlage dafür, große Gebiete ohne erhöhte Nitrateinträge mit verschärften Auflagen zu überziehen.

Düngeexperten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen nennen die Änderungspläne der Düngeverordnung eine „Anordnung zum Hungern der Pflanzenbestände“ (Topagrar-online vom 10. März 2019).

Das Landvolk Niedersachsen setzt in der Pressemitteilung 20/2019 die geplanten Änderungen mit einem „… Raubbau an der Bodenfruchtbarkeit …“ gleich. Außerdem merkt das Landvolk Niedersachsen an, dass die Vorgaben zu einer Düngung unterhalb des Pflanzenbedarfs den Qualitätsanforderungen der Verbraucher widersprechen.

Auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat sich mit einer „Anmerkung zur Mitteilung der Bundesregierung an die Europäische Union zur Anpassung der Düngeverordnung an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Juni 2018“ zu Wort gemeldet. Der BÖLW kritisiert darin eine pauschalisierende Vorgehensweise und fordert eine differenzierte Betrachtung. So sollen laut BÖLW Betriebe, die für die Hauptlast der Nitrateinträge in den Gewässern verantwortlich sind, einer strengen Regulierung unterliegen. Zitat:

„Solche landwirtschaftlichen Betriebe, die nicht dazuzählen, dürfen nicht durch zusätzliche Dokumentations- und Produktionsvorschriften gegängelt werden.“

1. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass die Verschärfungen der Düngeverordnung nur in den nitratbelasteten Gebieten in Niedersachsen Anwendung finden und die Verordnung nicht unnötige Vorgaben in unbelasteten Gebieten mit sich bringt?

2. Was unternimmt die Landesregierung, um einer Auszehrung der Böden mit negativen Folgen für die Bodenfruchtbarkeit in den vieharmen Ackerbauregionen entgegenzuwirken?

3. Was unternimmt die Landesregierung, um die angekündigten Änderungen der Düngeverordnung zugunsten einer entbürokratisierten Landwirtschaft, insbesondere in den Gebieten ohne Nitratbelastung, zu entschärfen und dadurch die Aufnahme

bereitschaft für Wirtschaftsdünger wieder zu verbessern?

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Zu Wort gemeldet hat sich Frau Ministerin Otte-Kinast. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der hier wohl schon mehrfach diskutierten Sachlage möchte ich an dieser Stelle auf ein allgemeines Statement verzichten und direkt auf die Fragen der FDP eingehen.

Zu Frage 1: Der Bund plant die Änderung der gültigen Düngeverordnung aufgrund des Urteils des EuGH zur Klage der EU-Kommission. Im Urteil vom Juni 2018 wurden die seitens der EU-Kommission vorgebrachten Klagegründe durch den EuGH dann auch bestätigt. Die Düngeverordnung in ihrer jetzigen Fassung reicht nach Auffassung der EU-Kommission nicht aus, um ein Zweitverfahren gegen Deutschland, verbunden mit erheblichen Strafzahlungen, zu verhindern.

Die Bundesregierung hat deshalb der Kommission Ende Januar ein Maßnahmenpaket vorgelegt. Einige Maßnahmen werden für alle landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland gelten. Von weiteren Maßnahmen werden die Betriebe zusätzlich betroffen sein, die Flächen in den sogenannten nitratsensiblen Gebieten bewirtschaften. Eine Änderung der Düngeverordnung nur für die nitratsensiblen Gebiete ist daher nicht zu erwarten. Die Landesregierung ist übrigens mit dieser Mitteilung vor vollende Tatsachen gestellt worden. Die in der Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen waren mit uns vorab nicht abgestimmt worden.

Zusätzlich wurde nun bekannt, dass die derzeit von der Bundesregierung an die EU-Kommission gemeldeten Maßnahmen noch nicht alle Punkte des EuGH-Urteils ausreichend berücksichtigen. Nach den jüngsten Aussagen des Bundes betreffen diese die nach Auffassung der Kommission derzeit zu kurzen Sperrfristen für die Ausbringung von Wirtschaftsdünger auf Grünland, die Ausbringung von Stallmist und die Ausbringung von Dünger auf besonders hängigem Gelände. Diese

Maßnahmen sind seitens des Bundes der Kommission bis zum 31. März zu melden.

Zu Frage 2: Diese Frage zielt auf die an die EUKommission gemeldete Maßnahme „Senkung des ermittelten Stickstoffbedarfs um 20 % für nitratsensible Gebiete“ ab. Die Landesregierung setzt sich für Maßnahmen mit Augenmaß und damit für eine pflanzenbedarfsgerechte Düngung ein. Eine pauschale Reduktion der Stickstoffdüngung in den nitratsensiblen Gebieten um 20 % hätte zur Folge, dass eine pflanzenbedarfsgerechte Düngung zur Erzielung optimaler Erträge und auch Qualitäten im Mittel der Jahre nicht mehr gewährleistet wäre.

Wir glauben, dass es hier bessere Möglichkeiten gibt, sich dem Problem des Nährstoffüberschusses zu stellen und trotzdem die Nährstoffversorgung der Pflanzen nicht zu gefährden. Ich habe deshalb die Chance genutzt und in der vergangenen Woche in Brüssel mit der Kommission ein längeres Gespräch zu verschiedenen Aspekten der Düngeverordnung führen können. Dabei haben wir der Kommission den eingeschlagenen niedersächsischen Weg vorgestellt. Dies umfasste die Vorstellung der geplanten Düngebank zur Meldung der Nährstoffvergleiche und der Düngebedarfsermittlung sowie die Erörterung der Frage, ob und mit welcher Maßnahme die geplante Minus-20-Regelung in den nitratsensiblen Gebieten möglicherweise abgewendet werden könnte.

Die Kommission hat unsere Ausführungen mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, gleichzeitig natürlich darauf hingewiesen, dass die Vorschläge zur Umsetzung dieses EuGH-Urteils aus Deutschland kommen müssen.

Aufbauend auf dem Gespräch mit der Kommission, werde ich nun versuchen - ich bin eigentlich seit letzter Woche im Gespräch -, in den kommenden Wochen auszuloten, ob bei uns in Deutschland ein Konsens darüber herzustellen ist, mithilfe anderer wirksamer Maßnahmen zum Düngungsmanagement das EuGH-Urteil umzusetzen, um dies dann der Kommission aus Berlin vorschlagen zu können.

Zur dritten Frage: Ich habe bereits an dieser und an anderer Stelle ausführlich erläutert, was die Landesregierung unternimmt, um die Düngeverordnung umzusetzen, die Akzeptanz für die Aufnahme von Wirtschaftsdüngern zu erhöhen und gleichzeitig den Verwaltungsaufwand zu begrenzen. Insbesondere zur besseren Akzeptanz von Wirtschaftsdüngern habe ich in den letzten Mona

ten viele Gespräche geführt, um abgebende und aufnehmende Regionen zusammenzuführen.

An dieser Stelle sei aber ebenfalls noch einmal darauf hingewiesen - das Gespräch mit der Kommission in der letzten Woche hat mir das noch einmal deutlich vor Augen geführt -, dass es derzeit oberstes Ziel sein muss, ein Zweitverfahren vor dem EuGH abzuwenden.

Es ist daher derzeit in keiner Weise zielführend, wenn die Landesregierung mit dieser Frage seitens der FDP dazu aufgefordert wird, den Standard der aktuellen Düngeverordnung abzusenken. Das verkennt leider völlig die aktuellen Notwendigkeiten, die sich aus diesem Urteil aus Brüssel ergeben haben.

Ich freue mich auf Ihre Fragen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin, für die Beantwortung der Anfrage. - Wir kommen zu den Zusatzfragen. Für die SPD-Fraktion hat sich die Kollegin Kerstin Liebelt gemeldet. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerin Otte Kinast, meine Frage an die Landesregierung ist: Wie will die Landesregierung die Einhaltung des neuen Düngerechts konsequent kontrollieren?

Danke schön. - Frau Ministerin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die 2017 eingeführte Düngebehörde in Niedersachsen mit ihrem neuen Personal ist eine starke Kontrollinstanz. Seit der Einführung der Düngebehörde gibt es ganz viele Kontrollen. Die Kontrollzahlen haben wir erhöht, und die Qualität der Kontrollen wird von uns ständig nach vorne gebracht. Wir machen risikoorientierte Kontrollen. Wir kontrollieren in denjenigen Gebieten, in denen wir Auffälligkeiten vermuten.

Die Landesverordnung nach § 13 Abs. 6 der Düngeverordnung, in der eine Meldepflicht für Nährstoffvergleiche und Düngebedarfe geregelt ist, führt zu Transparenz und macht es möglich, den Nährstoffbedarf und die tatsächliche Ausbringung von Wirtschaftsdüngern zu kontrollieren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste - die zweite und damit letzte - Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt die Kollegin Thordies Hanisch. Bitte sehr!