Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Zu guter Letzt lässt Ihr Antrag den Mut vermissen, sich auch mit Themen wie einer einheitlichen Vertriebs- und Tarifstruktur in ganz Niedersachsen zu beschäftigen. Das ist natürlich ein dickes Brett, aber wenn man Mut und Gestaltungswillen hat, dann wäre es jetzt richtig gewesen, mindestens einheitliche Vertriebsstrukturen zwischen den Verkehrsverbünden einzufordern.

Alles in allem schlecht gemacht, meine Damen und Herren. Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Das war mir klar!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz-Hendel. - Auf Ihren Wortbeitrag liegt eine Kurzintervention des Abgeordneten Schönecke vor. Bitte sehr! Wie gehabt, beträgt die Redezeit 90 Sekunden.

Herr Schulz-Hendel, wir reden über eine Verbesserung des Systems. Wir nutzen hier nicht das, was wir uns heute schon fast überall erlauben, z. B. die digitale Fahrkarte. Und warum machen wir das nicht? - Weil der HVV ein schwieriges Konstrukt ist: über drei Länder hinweg. An dem HVV ist Niedersachsen mit 2 % beteiligt, die beteiligten Landkreise mit 9,5 %. Die neuen Landkreise, über die wir derzeit noch gar nicht reden, kommen in diesen Gesellschafterkreis gar nicht hinein. Deshalb braucht es eine starke niedersächsische Ansage, dass es hier zu Veränderungen kommt.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Aber wo ist die denn? Wo ist denn diese starke Ansage?)

Es kann doch nicht im Sinne der Pendler sein, dass wir weiterhin mit diesen Ringen arbeiten. Es kann doch nur dahin gehen, dass wir endlich zu Systemen kommen, die es im Rahmen des ÖPNV ermöglichen, dass man, wenn man in Sottrum einsteigt und in Pinneberg aussteigt, den Fahrpreis vom Konto abgebucht bekommt. Die derzeitige Art des Bezahlens muss in Deutschland doch endlich mal ein Ende haben.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schulz-Hendel möchte darauf antworten. Er hat ebenfalls 90 Sekunden Zeit. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Schönecke, wenn Sie ernsthaft ein anderes Tarifsystem wollen, dann verstehe ich nicht, warum Sie das nicht in Ihrem Antrag dargelegt haben. Das finde ich mit keinem Wort. Sie wollen am Sankt-Nimmerleins-Tag irgendetwas evaluieren. Aber wenn Ihre Forderung richtig ist, dass die Tarifzonen generell abgeschafft gehören - und diese Auffassung teile ich mit Einschränkungen sogar -, dann hätten Sie das in Ihren Antrag aufnehmen müssen. Aber weil das dort nicht zu finden ist, gilt: Solange wir Tarifzonen haben, müssen wir endlich für Gerechtigkeit in der Tarifzoneneinteilung des HVV sorgen. Dafür muss auch das Land Niedersachsen Verantwortung übernehmen und Geld in die Hand nehmen. Das ist die Maßnahme, die wir zuerst ergreifen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Henze. Bitte schön, Herr Henze!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Am 14. November haben wir den Antrag der Regierungskoalition „HVV stärken“ vom 6. November 2018 bereits beraten. Herr Schulz-Hendel, damals traten Sie noch als der große Motivator auf und waren zuversichtlich, dass alle hier im Parlament vertretenen Fraktionen schon einen gemeinsamen Beschluss fassen würden, der den HVV und insbesondere der Stärkung des niedersächsischen Umlandes nutzt. Alle Fraktionen? - Na ja, in gewohnter Manier, die den Bürger aber inzwischen langweilen dürfte, klammern Sie uns bei den Mutmachern mal wieder aus. Das ist eben so.

Aber als Ergebnis Ihrer vollmundigen Ankündigung müssen wir festhalten, dass Ihre Fraktion nicht kompromissfähig war, schlicht weil Sie meinen, für den Hamburger und niedersächsischen Nahverkehr die goldenen und einzig wahren Lösungsansätze zu haben. Die Wahrheit ist: Sie waren von Anfang an nicht konsensbereit. Das zeigt schon Ihr nachgeschobener Antrag vom 15. Januar.

Meine Fraktion sagt ja zu der Beschlussempfehlung, wohl wissend, dass die dort genannten Punkte eine große Herausforderung, in Teilen sogar ein Wunschkonzert sind. Am Thema Tarife müssen wir unbedingt gemeinsam weiterarbeiten. Bahnsteigverlängerungen, der Ausbau der Zweigleisigkeit und die Abmilderung der Trassenkonflikte müssen schnell umgesetzt werden, auch um als Politik und in diesem Zusammenhang insgesamt glaubhaft zu bleiben.

Wir hoffen, dass diesem Antrag bald Taten folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank Ihnen. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Bode. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat - Herr Henze hat ein richtiges Wort gesagt - wäre es bei diesem Thema eigentlich sinnvoll gewesen, fraktionsübergreifend eine gemeinsame Position des Landtags zu bringen. Denn natürlich sind dicke Bretter zu bohren, wenn man gemeinsam mit Hamburg, mit anderen Kommunen, Städten und Ländern eine Verbesserung für die Pendler und die anderen Nutzer des ÖPNV erreichen will. Aber es hat nicht einmal die Bemühung gegeben, so etwas zu erreichen.

Wir hatten eine große, gute Anhörung. Viele Punkte der Anhörung fanden sich in dem Änderungsvorschlag der GroKo aber gar nicht wieder. Sie sind nur in das Protokoll der Ausschusssitzung aufgenommen worden.

Herr Kollege Schönecke, ich schätze Sie sehr und freue mich über das, was Sie hier gesagt haben. Aber die Aktivitäten, die Sie auslösen wollen - das, was Sie zu Recht angemahnt haben -, finden sich in der Beschlussempfehlung nicht wieder. Sie ist massiv mit Prüfaufträgen gespickt. Aber relativ unkonkret ist sie, was Handlungsaufträge und Forderungen angeht, übrigens auch was finanzielle Unterstützung etc. angeht. Das ist aus unserer Sicht bei diesem Thema schlicht und ergreifend zu wenig, wenn man wirklich ein Zeichen setzen und vorankommen will.

Uns eint - das kann man, glaube ich, schon sagen - das gemeinsame Interesse, dass hier deutlich etwas passieren muss. Aber man hätte sich zunächst auf die wichtigsten Punkte konzentrieren

müssen: die Tarifstruktur, die Ausweitung etc. Das hätte man stärker in den Vordergrund stellen sollen. Auch bei der Infrastruktur hätte man etwas tun sollen.

Einem Punkt hätte ich vielleicht doch gerne zugestimmt - da werden Sie einmal konkret; das sollten Sie aber vielleicht besser formulieren, damit es alle verstehen -: In Ziffer 14 kritisieren Sie gemeinsam Umweltminister Olaf Lies - das kann man durchaus so tun -, indem Sie anmahnen, er solle mit der Bahn die Drucksache 18/33 zum Grünschnittmanagement endlich vernünftig umsetzen. - Das stimmt, da muss man einiges tun. Da tut das Umweltministerium wahrscheinlich - zu diesem Ergebnis sind Sie ja gekommen - noch nicht genug. Aber Sie sollten es bitte etwas deutlicher formulieren. Olaf Lies war am Anfang dieser Debatte noch im Saal. Er hat aber, glaube ich, gar nicht gemerkt, dass er in der Entschließung, die Sie annehmen wollen, eine eigene Ziffer bekommen hat.

Von daher: Ja, die Landesregierung muss mehr tun. Wir werden dieser Beschlussempfehlung aber nicht zustimmen können.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Bode. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Klein. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat gibt es im Hamburger Verkehrsverbund große Handlungsbedarfe und Herausforderungen, denen wir - SPD und CDU - uns mit unserem Antrag und auch mit den konkreten Vorschlägen, die wir aufgegriffen und aufgenommen haben, stellen.

Gut zweieinhalb Millionen Fahrgäste sind tagtäglich im Hamburger Verkehrsverbund unterwegs. Das ist eine enorme Zahl. Gerade weil die Nachfrage massiv steigt, aber das Angebot eben nicht mit der Nachfrage Schritt halten kann, kommt es natürlich automatisch zu Überlastungen.

Wir haben in unserem Antrag mehrere Punkte aufgegriffen, die zu einer Verbesserung der Situation beitragen können und bei Umsetzung auch werden. Wir haben auch aufgrund der Anhörung im Wirtschaftsausschuss unseren Antrag an mehreren Punkten angepasst, ergänzt oder verändert.

An dieser Stelle herzlichen Dank an die Verbände, Unternehmen und Personen für viele sinnvolle Hinweise und Anmerkungen, auch an die Fraktion

der Grünen für die konstruktiven Änderungsvorschläge, die sie eingebracht hat; von der FDP habe ich keine gesehen. Nun sind nicht alle aufgenommen worden. Das mag Ihnen nicht gefallen. Aber das, was wir mittragen konnten, das steht eben jetzt mit in unserer Beschlussempfehlung.

Nun mag man sagen, sie sei nicht konkret genug. Aber ich will eindeutig sagen: An mehreren Punkten können wir eben nicht alleine entscheiden. Das heißt, natürlich sind da Prüfungen und auch Absprachen mit anderen Akteuren notwendig. Von daher ist das genau so in die Beschlussempfehlung aufgenommen worden, wie wir es auch umsetzen können.

Herr Schönecke hat bereits mehrere konkrete Punkte angesprochen, die in der Beschlussempfehlung fixiert sind; ich möchte das ergänzen: Ausbau in Hamburg; Ausbau des Knotens Harburg; bessere Baustellenkoordination im Schienennetz; Schaffung zusätzlicher Treppenaufgänge im Hamburger Hauptbahnhof, um Standzeiten von Zügen zu verkürzen; Schaffung von Kapazitäten und Verkürzung von Standzeiten durch Durchbindung von Zügen; Wiederherstellung der Anbindung der Heidebahn an die schnelleren metronom-Züge in Buchholz; weitere finanzielle Förderung der Einrichtung von Radabstellmöglichkeiten und der Schaffung von Infrastruktur für „Park and ride“ und „Bike and ride“ sowie für Pedelecs und E-Fahrzeuge durch das Land; Zweigleisigkeit zwischen Himmelpforten und Hechthausen; Verlängerung von Bahnsteigen an verschiedenen Haltepunkten, z. B. in Hittfeld und Klecken, um die Nutzung von Sieben-Wagen-Zügen zu ermöglichen. - Es ist schon eine ganz umfangreiche Forderungsliste, die wir in diese Beschlussempfehlung aufgenommen haben.

Aber es kommt noch ein Punkt hinzu: Wir müssen darauf achten, dass auch die anderen Regionen Niedersachsens Berücksichtigung finden - auch das ist hier aufgeführt -: das Bremer Umland, Hannover, die Region Braunschweig, das Weserbergland. Auch da gibt es Handlungsbedarfe, die wir definieren und bearbeiten müssen. Der Antrag bearbeitet also primär den HVV, lässt aber auch andere Regionen nicht außer Acht.

Bei den Ausschussberatungen und auch heute hat mein geschätzter Kollege Schulz-Hendel wieder einige Kritikpunkte aufgeworfen. Ich möchte gerne auf zwei, drei eingehen.

Erster Punkt: Sie kritisieren, dass wir Ihrer Forderung nach der Aufnahme der Reaktivierung von Bahnstrecken nicht gefolgt sind.

Ich finde es nicht ganz fair, dass Sie uns hier Untätigkeit vorwerfen. Sie wissen doch genau, wie der Verfahrensstand ist. Es gab vor wenigen Wochen ein Gespräch mit dem Wirtschaftsministerium, zu dem das Ministerium eingeladen hatte, in dem uns klar und deutlich gesagt worden ist, dass man dabei ist, ein alternatives Bewertungsverfahren mit Hessen oder anhand von Hessen zu erarbeiten, und danach dieses Thema wiederaufgreifen will. Es macht keinen Sinn, jetzt eine neue Runde zu beginnen, wenn wir dasselbe Verfahren wieder anwenden würden. Dann würden die Strecken, die Sie genannt haben, wieder rausfallen. Daran kann uns nicht gelegen sein.

Deshalb ist die Absprache ganz klar: Sobald da etwas Konkretes, Belastbares vorliegt, greift die Koalition das Thema auf. Das wollen wir, so steht es im Koalitionsvertrag: Reaktivierungen werden weitergeführt - aber eben erst, wenn wir etwas haben, womit wir arbeiten können, und nicht vorher.

Zudem will ich Sie fragen, was Sie den Leuten, die an Strecken im Süden des Landes wohnen, sagen wollten, wenn wir jetzt im HVV einige Reaktivierungen vor die Klammer zögen. Das wollen wir nicht. Wir wollen das ganzheitlich betrachten, sobald wir dazu in der Lage sind.

Zweiter Punkt: Sie haben uns im Ausschuss vorgeworfen, dass unsere Formulierungen zur Erweiterung des HVV-Tarifgebiets ausdrückten, dass damit für uns die Ausdehnung auf niedersächsisches Gebiet abgeschlossen sei.

Das ist mitnichten so. Ich weiß gar nicht, woher Sie das nehmen. Das steht da nicht drin.

Die Erweiterung auf die Landkreise, die Herr Schönecke eben genannt hat - Rotenburg, Uelzen, Heidekreis und Cuxhaven -, ist ein Riesenerfolg, vor allem für die Pendlerinnen und Pendler. Denn sie können damit günstiger fahren.

Sie könnten einmal uns und unsere Regierung dafür loben, dass wir das gemacht haben! Denn hier ist gemeinsam mit den Kommunen ein Riesenerfolg erreicht worden - und nichts anderes. Kritisieren können Sie immer. Aber es wäre ein guter Ansatz, auch einmal Dinge lobend hervorzuheben. Es würde uns freuen, wenn Sie das einmal machen würden.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Letzter Punkt: digitales Bezahlsystem. Das lässt viele Möglichkeiten offen, zu einer Veränderung der Tarifstruktur zu kommen. Denn logischerweise verändert sich das ganze System, wenn es nur noch digital ist. Dafür sind wir offen. Dieser Punkt ist bewusst offen formuliert, weil es vor Ort verschiedene Ansätze gibt, ob und wie man das System verändern will. Deswegen haben wir das hier offengelassen.

Insgesamt sollten Sie unsere Anträge positiver sehen und so, wie gesagt, auch einmal positiv bewerten. Wir - SPD und CDU - waren es, die das Thema HVV aufgegriffen haben. Das waren nicht Sie. Aber es war absolut richtig, das Thema aufzugreifen, weil große Bedarfe und große Handlungsnotwendigkeiten bestehen.

Vor Ihnen liegt eine gute Beschlussempfehlung, der auch Sie guten Gewissens zustimmen können. Über Ihre Zustimmung würden wir uns freuen.

In diesem Sinne: Danke fürs Zuhören! Glückauf!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)