Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Wir sollen jetzt beispielsweise fordern, sowohl bei Bestands- als auch bei Neubaumaßnahmen einen „adäquaten“ Lärmschutz vorzusehen.

Nun ist es so eine Sache mit den Rechtsbegriffen, die man im Gesetz findet, und den Begriffen, die man im allgemeinen Sprachgebrauch und auch im Plenum benutzt. Das war bei der Alpha-E-Debatte auch so. Was heißt denn „bestmöglicher Lärmschutz“, und was steht tatsächlich in dem Gesetz, das der Deutsche Bundestag beschließt?

Das Wort „adäquat“ reichert die vielen Adjektive zum Lärmschutz um ein weiteres an. Es kommt natürlich zu Frustration, wenn die Bürger der Meinung waren, dass sie nun das Optimum kriegen, und die Bahn sagt: Im Gesetz steht aber ein niedrigerer Standard.

Von daher bitte ich, wenn man so etwas beschließen soll, schon darum, dass man es so genau formuliert, dass man wirklich weiß, was gemacht werden soll.

Ich kann mir aber auch vorstellen, dass Sie etwas zum Lärmschutz sagen wollten und man im Ministerium gesagt hat: So dürft Ihr das nicht formulie

ren! Das löst ja Kosten aus! Schreibt lieber einen unbestimmten Begriff in die Entschließung! Dann denkt jeder, es kommt alles, aber tatsächlich sieht es im Ergebnis anders aus.

Das ist eine Brücke, über die wir beim Lärmschutz beispielsweise nicht gehen können. Wir wollen, dass sowohl Bestands- als auch Ausbaustrecken mit dem technisch maximal möglichen Lärmschutz ausgerüstet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das System des Bürgerdialogs ist im Grundsatz gut, richtig und sinnvoll. Sie wollen jetzt die positiven Aspekte aus dem Alpha-E-Dialog übernehmen. Da hätte ich mir gewünscht, dass Sie der Landesregierung sagen, was aus Ihrer Sicht die positiven Aspekte sind. Denn auch beim Alpha-E ist nicht alles Gold, was glänzt.

Beispielsweise gab es bei der Frage, wer sich im norddeutschen Raum an dem Bürgerdialog beteiligen darf, durchaus Schwächen. Die Hamburger waren nur am Rande beteiligt, obwohl sie - das haben wir bei der HVV-Debatte heute auch gehört - durchaus massiv betroffen waren. Sie haben sich erst am Ende beschwert, dass sie gar keine Stimme in diesem Gremium hatten. Das darf bei den anderen Maßnahmen nicht passieren.

Wenn Sie hier allein über die Ausbaustrecke Hannover–Bielefeld aus dem Bundesverkehrswegeplan reden, dann wäre schon einmal die Frage zu stellen: Über welche Zielrichtung wollen Sie denn reden? Soll die Zielrichtung des Bürgerdialogs der Deutschland-Takt sein? Sollen das Bahnfahren und der ÖPNV so attraktiv gemacht werden - mit vernünftigen Stundentakten überallhin auf den Fernstrecken -, dass man auch auf der Strecke vom Ruhrgebiet nach Berlin eine deutliche Verkürzung der Fahrzeiten hat und tatsächlich eine bessere Alternative beispielsweise zur Flugverbindung hat?

Wenn das das Ziel ist, reden Sie über ganz andere Volumina und auch Streckennotwendigkeiten, als wenn wir jetzt „nur“ darüber reden, noch ein bisschen mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bringen und das mit dem vorhandenen Personennahverkehr abzugleichen. Denn das würde mit der Bestandsstrecke funktionieren.

Der Deutschland-Takt - das ist die allgemeine Aussage auch von der Landesregierung - würde auf der Bestandsstrecke nicht funktionieren, sondern eine Neubaustrecke bedeuten. Sie haben aber in Ihrem Koalitionsvertrag beschlossen: Sie

wollen keine Neubaustrecke, sondern eine Bestandsstrecke. Dennoch haben Sie den Bundesverkehrswegeplan, in dem eine Neubaustrecke vorgesehen ist, alle begrüßt und unterschrieben. Nur im Bereich Hannover–Bielefeld wollen Sie das wahrscheinlich nicht so sagen.

Sie müssen schon sagen: Nein, in diesem Bereich wollen wir den Deutschland-Takt nicht! - Oder: Wir wollen nur im Bürgerdialog darüber reden, ob dies vor Ort tatsächlich akzeptiert werden könnte!

Welches Gebiet Sie beteiligen müssen, hängt davon ab, was Sie machen wollen. So werfen Sie dieses Thema quasi der Landesregierung vor die Füße, nach dem Motto: Kümmert euch mal ein bisschen darum! Aber so richtig wollen wir uns nicht darauf festlegen, was ihr tun sollt.

Dafür ist dieses Thema aus unserer Sicht zu wichtig. Deshalb können wir uns bei dem Inhalt des Antrags nur enthalten.

Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Für die SPDFraktion spricht nun der Kollege Stefan Klein. Bitte sehr!

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vernommen, dass den Inhalten des Antrages grundsätzlich zugestimmt wird. Herr Bode hat zwar gemeint, dass die FDP nicht zustimmen könne. Aber grundsätzlich spricht nichts gegen die drei Kernpunkte Bürgerbeteiligung, Lärmvorsorge und eine bessere Abstimmung von Projekten - auch bei Ihnen nicht. Deswegen wäre es schön gewesen, wenn wir im Ausschuss einige Änderungsvorschläge erhalten hätten, über die wir inhaltlich hätten reden können. Die gab es nicht, sodass jetzt über unseren Antrag abgestimmt wird. Das ist eben so. Wir sind immer diskussionsbereit und auch in der Lage, Dinge aufzunehmen.

Inhaltlich geht es, wie bereits ausführt worden ist, zum einen um ein Dialogforum bei der Schienenstrecke Hannover–Bielefeld, zum anderen um die Lärmsanierung und Lärmvorsorge für die Anwohnerinnen und Anwohner und zum dritten um die bessere Abstimmung von Bauprojekten im DBNetz, speziell bei der Strecke Hannover–Bielefeld und dem Hauptbahnhof Hannover. Das alles sind

sehr sinnvolle Ziele. Letztlich geht es nur noch um die Details.

Herr Schulz-Hendel hat die Frage gestellt, die er auch im Ausschuss aufgeworfen hat: Was wollen wir überhaupt bezogen auf die Strecke Hannover– Bielefeld? - Dazu haben wir im Wirtschaftsausschuss eine sehr gute Unterrichtung erhalten, in der deutlich gemacht worden ist, dass die diskutierten Alternativen in Wirklichkeit keine Alternativen sind. Die Konsequenz wären starke Eingriffe in Natur und Landschaft, und im Übrigen könnten die angestrebten Zeitgewinne u. a. aufgrund der Struktur des Gebietes, zumindest im Landkreis Schaumburg, gar nicht erzielt werden. Man muss abschichten bei Minden, beim Landkreis Schaumburg und dann noch einmal bei der Strecke Seelze–Wunstorf–Haste. Dort gibt es unterschiedliche Betroffenheiten und Problemlagen.

Aber ich kann die Frage von Herrn Schulz-Hendel durchaus beantworten. Wir von SPD und CDU haben uns im Koalitionsvertrag klar positioniert:

„Die Koalition will sich für die Beseitigung des Engpasses auf der wichtigen Ost-WestVerbindung Hannover–Bielefeld–Dortmund einsetzen. Hierzu soll die Strecke Haste– Löhne ausgebaut werden. Mit einem an das ‚Dialogforum Schiene Nord‘ angelehnten Prozess wollen wir die Planungen intensiv begleiten.“

Ausbau - das ist unsere Position. Deshalb wird sich im Rahmen des Prozesses alles daran ausrichten müssen.

Wir sind froh, dass dieser Dialogprozess auf den Weg gebracht wird; denn oftmals können Projekte bei einer frühen und intensiven Bürgerbeteiligung schneller umgesetzt werden, bevor die großen Proteste aufkommen.

Ausdrücklich loben muss ich den Landkreis Schaumburg. Es gibt dort einen großen Konsens der Regionen, die dieses Projekt trotz der Belastungen mittragen. Das sollte man nicht durch andere Alternativen zerstören. Ich finde, das ist ein echtes Privileg in der Region. Deshalb mein Dank an die Akteure vor Ort dafür, dass sie das so hinbekommen haben - damals noch mit Minister Lies zusammen.

In diesem Sinne liegt ein guter Antrag vor, dem Sie zustimmen können. Wir werden dem Antrag zustimmen.

Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Klein. - Für die Landesregierung erhält nun Herr Minister Dr. Althusmann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag hat eine lange Überschrift: „Bahnverkehr voranbringen, Bürgerbeteiligung gewährleisten, Lärmschutz stärken“. Genau das sind die drei Ziele der Niedersächsischen Landesregierung. Insofern weist der Antrag natürlich in die richtige Richtung.

Es geht konkret darum, die Bahnverbindung zwischen Hannover und Bielefeld auszubauen. Davon müssen am Ende alle irgendwie profitieren. Das gilt für die Fahrgäste im Nahverkehr, für die Fahrgäste im Fernverkehr, für die Anwohner der Strecke auf niedersächsischem Gebiet, die einen besseren Lärmschutz erhalten sollen, und für die Unternehmen, die auf der Strecke transportieren wollen.

Um diesen Zielen gerecht zu werden, setzen wir uns für einen Ausbau möglichst entlang der bestehenden Trasse ein. Der Antrag ist aus unserer Sicht eine sehr gute Grundlage für eine Mitgestaltung Niedersachsens.

Ich hatte mit dem Verkehrsminister von NordrheinWestfalen, Herrn Wüst, vereinbart, dass wir diesen Dialogprozess gemeinsam länderübergreifend und analog dem Dialogprozess zu Alpha-E auch ergebnisoffen führen. Das ist eine wichtige Grundlage. Ergebnisoffen heißt z. B., dass es keine Vorgabe von 300 km/h geben darf; denn das ließe nur eine Neubaulösung zu.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schulz-Hendel?

Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Minister Althusmann, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen.

Sie haben sehr deutlich gesagt, dass diese große Koalition für den Ausbau im Bestand steht. Das schließt einen trassennahen Ausbau ein. Wie wollen Sie das, was Sie mit Nordrhein-Westfalen verabredet haben, dem Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Herrn Ferlemann, klarmachen? Oder ist das schon klar? Gibt es die Zusage, dass der Staatssekretär von seinen Neubauplänen abrückt, weil die GroKo in Niedersachsen den Ausbau im Bestand bzw. einen trassennahen Ausbau haben möchte? Oder habe ich das alles falsch verstanden, und haben Sie sich noch nicht festgelegt?

Das waren jetzt drei Fragen; das dürfte erst mal reichen. - Herr Minister, bitte schön!

Ich halte diese Frage für völlig legitim, zumal es hinsichtlich der Zielrichtung bestimmter Baumaßnahmen und der konkreten Auswirkungen im Land Niedersachsen zwischen Bund und Land durchaus unterschiedliche Auffassungen geben kann und geben muss. Insofern führen wir den Dialogprozess über die Trasse nicht nur mit den Bürgern. Wir befinden uns mit Herrn Ferlemann - oder besser gesagt: mit dem Bundesverkehrsministerium - in einem ständigen Dialog. Und wir haben auch noch die Bahn.

Dem Grunde nach plant und baut der Bund, die Bahn wird als Besteller der Leistungen einbezogen, und wir sind sozusagen das begleitende, ausführende, mitplanende Organ. Wir werden bei einer solchen Strecke nur dann auf Akzeptanz stoßen, wenn wir das analog dem Alpha-EVerfahren auf eine breite Basis stellen. So stelle ich es mir auch vor.

Der Bund wäre schlecht beraten, würde er sich mit den zwei großen Bundesländern NordrheinWestfalen und Niedersachsen in einer so wichtigen verkehrspolitischen Frage gleichzeitig anlegen. Insofern können Sie davon ausgehen, dass Herr Wüst und ich versuchen werden, für unsere Position zu werben. Der Antrag für den Ausbau eines deutlich besseren Lärmschutzes ist im Übrigen die Grundlage dafür.

Unser Ziel ist die Angleichung von Lärmsanierung und Lärmvorsorge. Das ist ein wichtiger Punkt. Bislang haben die Anwohner an der Bahnstrecke Hannover–Bielefeld weitgehend nur eine Lärmsanierung erhalten, und das auch nur, wenn die Häuser vor 1974 gebaut worden sind. Ich möchte, dass mit dem Projekt für alle Anwohner eine Lärmvorsorge erreicht wird, so wie es bei neueren Ausbaumaßnahmen gesetzlich geregelt ist. Gerne soll auch der Lärmschutz darüber hinausgehen. Das haben wir beim Alpha-E-Verfahren im Übrigen auch gemacht. Ich erinnere auch an den von diesem Parlament einstimmig beschlossenen Entschließungsantrag, in dem der Bund aufgefordert wurde, auch außerhalb des Bundesverkehrswegeplanes Mittel für den gesetzlichen Lärmschutz zur Verfügung zu stellen. Ähnliches kann ich hier auch nur empfehlen.

Herr Minister, Entschuldigung! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bode?

Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich habe eine Nachfrage zu dem Komplex Lärmschutz. Sie haben gerade gesagt, dass Sie die Lärmvorsorge und die Lärmsanierung angleichen und bei der Trasse auch gerne darüber hinausgehen wollen. Der Antrag spricht in der Frage eines adäquaten Lärmschutzes aber nicht nur von der Trasse Hannover– Bielefeld, sondern von allen Bahntrassen. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie an allen Bahntrassen einen über den jetzigen Standard hinausgehenden Lärmschutz durchsetzen wollen?

Nein. Ich habe mich zunächst auf Bahnstrecke Hannover–Bielefeld bezogen. Um die Frage konkret zu beantworten: Unser Ziel ist es, bei der Bahnstrecke Hannover–Bielefeld eine weitgehende Lärmsanierung zu erreichen.