Protokoll der Sitzung vom 10.09.2019

Ich glaube, dass wir ein besseres Signal nach außen gäben, wenn wir uns nicht ständig über die Frage streiten würden: Muss das denn? Wollt ihr das wirklich?

Wir können uns gerne über die Ziele streiten. Wir können uns auch über 2050 oder 2040 streiten. Das kann man alles machen. Aber den Eindruck zu erwecken, dass wir hier nicht alle das gleiche Ziel verfolgen, das finde ich bedenklich angesichts einer Fraktion im Landtag, die stumpf ignoriert, dass Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels eine elementare Aufgabe für uns alle und unser aller Verantwortung sind.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU sowie Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Meine Damen und Herren, im Kern sind wir uns doch an vielen Stellen einig. Auch was am Ende vorliegen wird, wird uns, glaube ich, im Kern einen. Es wird ein Dreiklang sein aus Klimaschutz - und Anpassung an die Folgen des Klimawandels; das ist wichtig, weil wir da vor einer wirklich großen Herausforderung stehen - in der Verfassung, dem Gesetz - über das wir gerne noch streiten können, das aber, wie Sie alle heute dargestellt haben, den

Rahmen definiert - und einem Maßnahmenprogramm.

Frau Piel, Sie sagen, im Gesetzentwurf stehen keine Maßnahmen. Aber da sollen sie ja auch nicht stehen. Die sollen in dem Maßnahmenprogramm stehen, das noch vorzustellen ist.

(Imke Byl [GRÜNE]: Kommt das dann in zwei Jahren? - Anja Piel [GRÜNE]: Braucht das wieder zwei Jahre?)

Dieser Dreiklang aus Verfassung, Gesetz und Programm ist genau der richtige Weg: mit der Beschreibung der direkten Maßnahmen im Maßnahmenprogramm, aber auch mit der Nachvollziehbarkeit der Dinge, die wir im Gesetz vereinbaren. Das ist konsequent.

Ich habe es gerade gesagt: Es gibt eine große Gemeinsamkeit. Die ist an einer Stelle deutlich geworden: Wir betrachten allesamt Klimaschutz als Chance.

Wir müssen davon wegkommen, den Eindruck zu erwecken, dass wir aus der Wohlstandsgesellschaft aussteigen müssten, um Klimaschutz zu betreiben. Das ist doch falsch, das ist doch Quatsch. Klimaschutz zu betreiben, bedeutet doch nicht, dass Wohlstand und Entwicklung ein Ende haben. Im Gegenteil, wir beweisen mit dem, was wir uns vorgenommen haben - auch mit den industriepolitischen Signalen, die wir damit verknüpfen -, dass es möglich ist, ambitionierte Klimaschutzziele in Einklang mit Wohlstand und Wachstum für die Menschen in unserem Land zu bringen. Das ist unsere Aufgabe, und ich bin mir sicher, dass wir ihr mit unserem Entwurf gerecht werden.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, warum ist das so wichtig? Wir könnten doch sagen, wir sind nur für 2,3 % der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich. Aber das ist nicht ganz richtig. Wenn wir ganz ehrlich sind, dann müssen wir sagen: Es gibt auf dieser Erde vier große Nationen, die für den wesentlichen Teil der CO2-Emissionen verantwortlich sind, die seit der Industrialisierung erfolgt sind. Und dabei spielt Deutschland eine ganz entscheidende Rolle.

Ich glaube, dass wir dieser Verantwortung gerecht werden müssen. Es reicht nicht aus, heute nur die Jahresscheibe 2019 zu betrachten, in der wir für 2,3 % verantwortlich sind. Wir tragen die Last der Vergangenheit. Die Industrialisierung mit ihren CO2-Emissionen hat den Wohlstand in unserem

Land gebracht, den wir heute haben. Aber damit tragen wir auch die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass wir umschwenken und den Weg in eine völlig CO2- und treibhausgasneutrale Zeit einschlagen. Das ist die Anforderung, das ist der Anspruch an unsere Arbeit.

Meine Damen und Herren, sind die Maßnahmen richtig?

Erstens. Ich will kurz auf Herrn Birkner eingehen, der das sagte. Ich habe mich ein bisschen über den Satz gewundert, Windenergie sei keine Klimapolitik.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ja, richtig!)

Vielleicht habe ich den Satz falsch interpretiert.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist ge- nau so gemeint!)

Aber Windenergie ist Teil von Klimaschutz.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nein!)

- Nicht? Das ist ein spannender Hinweis.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

- Ja, ich bin ein bisschen überrascht. Ich versuche, es zu verstehen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das liegt am Emissionshandelsrecht, Herr Mi- nister, das gedeckelt ist!)

- Nein, daran liegt es nicht.

Eine Botschaft ist doch klar: Wir werden im Jahre 2030 ein Klimaschutzziel erreichen müssen. Dieses Klimaschutzziel heißt: Wir müssen weniger Energie verbrauchen als heute.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nicht weni- ger Energie, sondern weniger fossile Energie!)

- Weniger Energie insgesamt!

Wir müssen von 2 700 Terawattstunden auf 2 300 Terawattstunden reduzieren. Davon wird aber mehr auf Strom entfallen. Wir brauchen mehr Strom, weil darin der CO2-freie Anteil steckt.

Von heute 400 oder 500 Terawattstunden müssen wir auf über 700 Terawattstunden kommen. Das heißt, wir brauchen 2030 fast 500 Terawattstunden, um Klimaschutzziele zu erreichen. Das heißt, wir brauchen bis 2030 mehr erneuerbare Energien. Das heißt, wir brauchen bis zum Jahr 2030 einen Ausbau der Windenergie. Damit ist Windenergie

zumindest ein Mittel zu dem Zweck, Klimaschutzziele zu erreichen.

Den Satz, den Sie gesagt haben, habe ich nicht verstanden. Aber vielleicht können wir das noch in einem kurzen Diskurs aufklären.

(Beifall bei der SPD - Dr. Stefan Birk- ner [FDP] meldet sich zu einer Kurzin- tervention)

Zweitens. Sie sagen, wir gäben keine Antwort auf die Frage nach der CO2-Bepreisung. Die geben wir in diesem Gesetzentwurf tatsächlich nicht. Die geben wir nicht einmal in dem Maßnahmenprogramm. Darauf einigen wir uns hoffentlich auf der Bundesebene, weil diese Frage national zu lösen ist.

Ich habe gar nichts gegen eine nationale Lösung und einen nationalen Emissionshandel. Aber ich glaube, uns allen ist klar, dass wir ihn nicht morgen einführen können. Ich gehe davon aus, dass die Bundesebene eine Lösung findet, und vielleicht schafft sie einen Übergang aus einer Bepreisung in einen Handel.

Wie auch immer: Wir sind uns doch darin einig, dass CO2-Emissionen einen Preis haben müssen. Wie der entsteht, darüber können wir gerne streiten. Dieser Preis wird ein regulierendes Element sein. Ich teile Ihre Einschätzung, dass es wirklich für die Klimapolitik wirklich entscheidend und notwendig ist.

Das ist ein aus meiner Sicht ganz wichtiger Punkt, der sich auch in unserem Gesetzentwurf wiederfindet. An ihm zeigt sich, dass wir nicht nur die vorhin genannten Ziele erreichen wollen wie eine CO2-Minderung um 55 %. Nun kann man sagen: 55 % sind nicht genug! Ihr müsst mutig sein und 70 % ins Gesetz schreiben! - Aber hat schon jemand ausgerechnet, was wir tun müssen, um auch nur die 55 % zu erreichen?

Ich finde, es die Aufgabe der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen von SPD und CDU, ein Gesetz mit einer ambitionierten Zielsetzung auf den Weg zu bringen und Maßnahmen zu beschreiben. Und diese Maßnahmen müssen geeignet sein, das im Gesetz formulierte Ziel zu erreichen.

Deswegen, finde ich, ist es nur ehrlich und vernünftig, 55 % als hartes Ziel zu definieren.

(Imke Byl [GRÜNE]: Das ist aber zu wenig!)

Dafür werden wir sehr viel arbeiten müssen. Lassen Sie uns so vernünftig sein, keine Ziele zu definieren, von denen wir schon heute wissen, dass sie unerreichbar sind.

(Imke Byl [GRÜNE]: Sind sie aber nicht! Mit ambitionierten Maßnahmen sind sie erreichbar!)

Das ist unseriös,

(Imke Byl [GRÜNE]: Die Klimaziele von Paris sind nicht unseriös!)

und ich finde, unseriös sollten wir die Klimapolitik nicht betreiben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Imke Byl [GRÜNE]: Sie müssen schon bei dem Klimavertrag von Paris bleiben!)

Das Gleiche gilt für die anderen genannten Maßnahmen.

Ich will jetzt auf einen Punkt eingehen, der an dieser Stelle immer wieder gebracht wird.

Bei uns wird ja latent eine Debatte darüber geführt, wo wir Windenergieanlagen aufbauen. Meine Kollegen in Bayern und Baden-Württemberg errichten Windenergieanlagen auch im Wald. Davor habe ich durchaus Respekt, und das sage ich denen auch, wenn ich mit ihnen zusammensitze. Das machen die dort, wo es sinnvoll ist, weil sie die Ziele sonst gar nicht erreichen könnten.

Sie hingegen vermitteln hier den Eindruck, dass solche Windenergieanlagen im Wald gegen den Klimaschutz wären. Aber das ist natürlich absurd und zeigt nur, dass Sie sich mit der Materie nicht beschäftigt haben.