Protokoll der Sitzung vom 10.09.2019

Genau deshalb haben wir nach einer intensiven Beratung und Erarbeitung - nicht mit der heißen Nadel gestrickt, sondern solide und anständig - ein Klimaschutzgesetz entworfen, das wir zeitnah in diesem Parlament verabschieden wollen.

Wir legen in unserem Gesetzentwurf ganz großen Wert auf entschiedenes, aber vor allem auch auf planvolles sowie auf sozial- und wirtschaftsverträgliches Handeln; denn Klimaschutz funktioniert - das geht in dieser Debatte manchmal nach meiner Meinung ein bisschen verloren - wirklich nur dann, wenn wir alle Gruppen überzeugen können, mitzumachen und sich zu beteiligen. Es geht nicht, wenn wir in die Guten und in die Bösen einteilen und Maximalforderungen, die nicht umsetzbar sind, definieren. Damit würden wir im Grunde genommen nur erreichen, dass viele nicht mit an diesem Strang ziehen, sondern sich ausgeschlossen fühlen und nicht den Weg zu dem Ziel, das Sie, das

eigentlich wir alle verfolgen, mitgehen, weil sie überfordert sind.

Konkret sieht unser Gesetzentwurf deshalb Ziele vor, die ambitioniert, aber maßvoll sind, die richtig sind. Niedersachsen verpflichtet sich darin, bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 55 % gegenüber 1990 zu senken und darüber hinaus bis 2050 die Treibhausgasemissionen um mindestens 80 % - nach Möglichkeit um bis zu 95 % - im Vergleich zu 1990 zu reduzieren.

Ebenfalls sieht der Gesetzentwurf den Umstieg auf regenerative Energien in der Energieversorgung bis zum Jahr 2050 vor. Aktuell kommen wir in Niedersachsen leider nur auf einen Anteil der regenerativen Energien von 14 % an unserem Energieverbrauch. Die Landesverwaltung soll hierbei übrigens - das finde ich persönlich sehr wichtig - mit einem guten Beispiel vorangehen und deshalb schon bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen um 70 % reduzieren und bis 2050 weitestgehend klimaneutral arbeiten.

Das sind realistische, aber auch ambitionierte Ziele. Sie können nur erreicht werden, wenn jeder seinen Beitrag leistet. Deshalb müssen die Schritte hin zu diesen Zielen überwacht werden; das sieht der Gesetzentwurf vor. Es sollen Fortschritte in regelmäßigen Abständen bis 2050 überprüft werden. Das ist quasi eine Rechenschaftspflicht, die sowohl für die Kommunen, als auch natürlich auch für das Land gelten soll.

Nach unserer Vorstellung soll sie für die Kommunen so gestaltet werden, dass alle drei Jahre ein Klimabericht abgegeben wird, in dem der Gesamtverbrauch an Strom und Heizenergie angegeben wird. Das ist eine Berichtspflicht, die im Gegensatz zu der von Ihnen geforderten mit Augenmaß gestaltet ist und die den Kommunen Spielräume lässt, auf die Erkenntnisse aus diesen Berichten mit Maßnahmen zu antworten. Das Land verpflichtet sich wiederum zu jährlichen Statistiken, wie sich die Treibhausgasemissionen in den verschiedenen Bereichen entwickeln.

Ein Klimakompetenzzentrum wird zudem die hiesigen Folgen des Klimawandels für unser Niedersachsen untersuchen und weitere Informationen zu Anpassungsmöglichkeiten liefern.

Meine Damen, meine Herren, dieses Gesetz wird natürlich einen Rahmen mit Zielvereinbarungen vorgeben, die wir alle mit Leben füllen müssen. Natürlich wollen wir keinen Schreibtischklimaschutz und keinen Papiertiger, der die Realität

nicht erreicht. Wir wollen gelebten Klimaschutz, der real stattfindet und im Endeffekt einen Unterschied macht. Deshalb wird die Landesregierung in Kürze ein Handlungspaket schnüren, das kurz-, mittel- und langfristig wirkende Maßnahmen in unserem eigenen Wirkungskreis festlegt. So wie ich ihn kenne, wird unser Umweltminister, Herr Lies, in seinem Redebeitrag noch sehr ausführlich und leidenschaftlich darauf eingehen, was er sich vorstellt.

Einen Wunsch mit Blick auf das Maßnahmenpaket habe ich auf jeden Fall: Wenn wir als Gesetzgeber Ziele vorgeben und Privatleute und Unternehmen zu Handlungen verpflichten, manche Dinge vielleicht erschweren oder sogar auf die Idee kommen, etwas zu verbieten, dann muss es an uns sein, vorwegzugehen und nicht Wasser zu predigen und Wein zu saufen. Vielmehr müssen wir als Land auf unseren eigenen Tanzbereich schauen, müssen unser Gebäude- und unser Baumanagement, unsere Liegenschaften, unsere Fuhrparks, unsere Verwaltungen in ihrer Arbeit unter die Lupe nehmen.

In meiner Heimatstadt Hildesheim gibt es beispielsweise ein Gerichtsgebäude - Frau Byl, erst kürzlich waren wir zusammen dort - aus den 60erJahren, und zwar mit Originalfenstern. Das ist nicht Vintage - das ist eine Zumutung für die Beschäftigten und die Umwelt! Wir müssen mit solchen Fällen endlich Schluss machen und das Maßnahmenpaket dafür nutzen, als Land zu zeigen, wie Klimaschutz im Alltag gelebt wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hopmann. - Jetzt folgt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Kollegin Piel, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch vor einem Monat hat uns diese Landesregierung mitgeteilt, dass sie nicht vorhat, ein Klimagesetz vorzulegen.

(Widerspruch von der CDU)

- Doch, das steht genau so in der Drucksache, die wir bekommen haben.

Dann hat auf wundersame Weise ein Klimagesetzentwurf dieses Kabinett erreicht, den der Ministerpräsident, der Umweltminister und auch die SPD offensichtlich gut fanden.

Dann hat es aber bei der CDU eine Lesepause gegeben. Wir haben ja eben schon festgestellt, dass diese Lesepause offensichtlich dazu genutzt worden ist, in den Entwurf Sachen hineinzulesen, die darin gar nicht stehen. Das erklärt natürlich auch, dass sie so lange gedauert hat.

Erstaunt und auch verärgert hat mich, ehrlich gesagt, der Mut, mit dem Sie, Herr Bosse und Herr Bäumer, uns eben darauf hingewiesen haben, dass dies schon unser zweiter Entwurf sei. Glauben Sie denn im Ernst, Sie wären nicht im Limbo unter unserem ersten Entwurf - vor zwei Jahren - hindurchgegangen? Ich bin wirklich ein bisschen erschüttert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben eben an Ihren beiden Redebeiträgen gut sehen können, woran es hapert. Wir werden die Klimaziele von Paris nicht im Schlafwagen erreichen. Dafür braucht es tatsächlich Maßnahmen. Ich habe hier eben von sehr vielem gehört, was nicht geht. Das hat mich nicht überrascht. Denn wenn man zwei Jahre an einem solchen Entwurf arbeitet, muss man wahrscheinlich erst einmal miteinander klären, was alles nicht geht.

(Zuruf von Jörg Hillmer [CDU])

- Herr Hillmer, regen Sie sich doch nicht so auf! Wir haben doch eben ganz deutlich sehen können, warum das so lange gedauert hat: weil sie nicht einmal untereinander einig sind.

(Jörg Hillmer [CDU]: Sie haben fünf Jahre lang gar nichts vorgelegt!)

Diese Große Koalition ist nicht in der Lage. Das ist hier in Hannover genauso wie in Berlin.

(Ministerpräsident Stephan Weil ist nicht im Saal)

- Wir sehen ja, der Ministerpräsident behält sich vor, eigenen Verrichtungen nachzugehen, und sieht das Klima als eine Sache an, mit der er nichts zu tun hat.

(Wiard Siebels [SPD]: Mann, Mann!)

Bei der Parität haben Sie genau dasselbe Bild abgeliefert wie jetzt beim Klima.

(Wiard Siebels [SPD]: Abenteuerlich!)

Wir hätten uns gefreut, wenn diese Große Koalition wenigstens beim Thema Landwirtschaft und bei anderen wichtigen Themen den Knoten durchschlagen und wirkliche Maßnahmen vorgelegt hätte. Stattdessen haben Sie vieles ausgeklammert.

Die Leute draußen auf der Straße - nicht nur die, die am Freitag unterwegs sind, sondern auch die Mittelständler, die Handwerksmeister - würden sich sicherlich über ein bisschen weniger Zögerlichkeit, über ein bisschen weniger Hinzeigen auf Freiwilligkeit freuen. Das geht auch an Sie, Herr Birkner von der FDP. Nur mit Freiwilligkeit wird man die Klimaziele von Paris nicht erreichen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Die Klimawende ist ein großes Konjunktur- und Wirtschaftspaket. Das hat keiner von Ihnen heute so klar erwähnt wie die Kollegin Byl.

(Glocke des Präsidenten)

Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie an dieser Stelle ein bisschen vorankämen. Die Kanzlerin hat wenigstens schon gesagt, dass -

Frau Kollegin, bitte zum Ende kommen!

- ein letzter Satz! - CO2-Bepreisung ein klassisches marktpolitisches Instrument sei, und Peter Altmaier hat gesagt, dass ein Klimafonds mit Bürgeranleihen ein Mittel sei, das man sich vorstellen könne. Von Summen und Geld habe ich von Ihnen hier wenig gehört.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schönen Dank, Frau Piel. - Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen aus dem Plenum vor, sodass jetzt die Landesregierung das Wort nehmen kann. Herr Minister Lies, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich ganz herzlich bei den Fraktionen von SPD und CDU bedanken, dass der Entwurf eines Klimagesetzes beschlossen ist. Ich freue mich, dass er in den Landtag eingebracht wird und wir im

Oktober über ihn diskutieren und dass er genau die Dinge beinhaltet, die Frau Hopmann gerade aufgezeigt hat, nämlich ein klares Vorgehen bei den Klimaschutzzielen und ein konsequentes Umsetzen der Maßnahmen, die zur Anpassung an den Klimawandel notwendig sind. Ich finde, es ist ein gutes Signal, das hier von SPD und CDU ausgeht.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Christian Grascha [FDP]: Das ist aber nicht der Tagesordnungspunkt!)

Meine Damen und Herren, ich will eines vorweg sagen: Hier wird immer der Eindruck vermittelt, solange es kein Klimagesetz gebe, könne man keine Klimaschutzpolitik machen und könne man sich auch nicht um die Anpassung an den Klimawandel kümmern. Das ist falsch, aber ich glaube, das ist Ihnen auch bewusst.

(Imke Byl [GRÜNE]: Könnte man! Aber es passiert ja nichts!)

Deswegen wundere ich mich ein bisschen. Denn zumindest vier Fraktionen in diesem Landtag sind sich doch ziemlich einig.

(Imke Byl [GRÜNE]: Los geht’s!)

Ich glaube, dass wir ein besseres Signal nach außen gäben, wenn wir uns nicht ständig über die Frage streiten würden: Muss das denn? Wollt ihr das wirklich?