Ihnen ist vorzuwerfen, dass Sie weitestgehend tatenlos auf die Havarie der „MSC Zoe“ reagieren. Das ist nicht gut für die Küstenbewohner, das ist nicht gut für die Umwelt, und das ist auch nicht gut für die Zukunft. Die Bedrohungen sind konkret und abstrakt. Wir wissen, die Schiffe werden größer, die Gefahren werden größer.
Liebe Abgeordnete von CDU und SPD, ich appelliere noch einmal an Sie: Sie stellen mit großer Mehrheit die Landesregierung und hätten spätestens nach dem „Zoe“-Unfall Konkretes liefern müssen. Die Verhütung von weiteren Seeunfällen ist dringend geboten. Regieren Sie, liebe Landesregierung, und verstecken Sie sich nicht hinter etwaigen Verantwortungen von Bund, EU oder international besetzten privaten oder öffentlichen Gremien!
2 % Kontrolle bei der Ladungssicherung: Da können wir etwas tun. Wir haben die Entscheidungskompetenz, die Behörden in den Häfen entsprechend einschreiten zu lassen und die Kontrollen zu verschärfen. Das können wir.
Entsprechende Bälle wurden Ihnen mit dem Antrag 18/2574 und schon im Februar 2018 mit dem Antrag 18/284 meiner Fraktion - ich wiederhole: im Februar 2018 - zugespielt. Es folgte unsere weitere hervorragende Initiative zur Seeunfallvermeidung aus dem Februar 2019, die wir später unter TOP 31 behandeln werden. Mehr kann die Opposition eigentlich nicht tun.
Allen Beobachtern dürfte aufgefallen sein, dass die maßgeblichen und vor allem konkreten Initiativen zur Vermeidung weiterer Havarien - und das teils mit inhaltlichen Überschneidungen - von AfD und Bündnis 90/Die Grünen gekommen sind, nach üblicher Lesart also von den politischen Rändern.
Ich sage mit Blick auf die AfD-Fraktion, dass unsere Vorschläge aus der bürgerlichen Vernunft und im Interesse der Bürger geboren wurden. Immerhin führen die hier abzustimmenden Oppositionsaktivitäten und unserer Antrag zur Änderung der Anlaufbedingungsverordnung in der Drucksache
18/2766 zu dem durch Niedersachsen und weitere Küstenbundesländer angestoßenen Bundesratsbeschluss „Entschließung des Bundesrates zum Transport von Gefahrgut auf Containerschiffen“, BR-Drucksache 68/19 (Beschluss). Viele unserer Punkte sind darin. Darüber kann man sich freuen. Ich hoffe, diese Initiative hat Erfolg.
Das freut meine Fraktion, wie gesagt, bringt jedoch augenscheinlich und nach Lage der Dinge auch mittelfristig nichts für die Sicherheit der Containerschifffahrt vor der Nordseeküste. So entspricht es der Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Bürger des Landes Niedersachsen, dass aufgrund der passiven und zögerlichen Haltung der hiesigen Landesregierung die Götter des Glücks und der Hoffnung derzeit den besten Schutz vor Havarien bieten. Liebe Regierungskoalition, Sie hätten dies vor dem Hintergrund der jüngsten Schiffsunfälle längst ändern und einen weiteren Baustein menschengemachter Küsten- und Schiffssicherheit beitragen und in die Wege leiten müssen. Das haben Sie nicht getan.
Wie ursprünglich in der Juni-Sitzung des Unterausschuss angekündigt, hatten Sie einen Änderungsantrag zu 18/2574 bringen wollen. Aber Fehlanzeige! Stattdessen kam auf den letzten Drücker Ihr rein auf Proklamation und Verantwortungsdelegation gerichteter Antrag in der Drucksache 18/4558 vom 10. September 2019. Von den Fragen, die wir gemeinsam nach Berlin schicken wollten, will ich gar nicht reden. Das ist irgendwie untergangen, das haben Sie dann nicht mehr gemacht. - Okay.
Ich empfehle der Presse, den Bürgern und sonstigen Interessierten, einmal die Anträge von AfD und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Regierungsfraktionen zur Havarieversorgung zu vergleichen: weitgehend konkrete Vorschläge von AfD und Grünen auf der einen, weichgespülte Appelle und Prüfaufträge auf der anderen Seite. Umgekehrt
müsste es sein; denn Sie regieren doch noch, liebe Kollegen von der Großen Koalition. Demnach müsste Aktion statt Reaktion nun Ihre Maxime sein.
In den hier zur Abstimmung stehenden Fragestellungen nenne ich Ihre Regierungspolitik einen Totalausfall - keinen Seeunfall, nur einen Totalausfall. Dem Antrag der Grünen ist aus unserer Sicht inhaltlich zu folgen. Der schwache Antrag der Regierungskoalition verdient allein um der darin enthaltenen richtigen Andeutung willen eine Enthaltung.
Ich schließe damit: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Anscheinend reicht Ihnen das aus, liebe CDU und liebe SPD.
Danke schön, Herr Kollege Henze. - Es folgt die CDU-Fraktion, Kollege Thiemo Röhler. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist man verwundert, was für Redebeiträge zu einzelnen Anträgen hier im Hohen Haus kommen. Ich habe mich vorhin schon über das Landwirte-Bashing der Grünen geärgert und bin umso überraschter, dass die Kollegin JanssenKucz jetzt auch noch die Reeder angreift, als würden sie dafür sorgen, dass auf unseren Gewässern absichtlich Havarien und Seeunfälle passieren. Das ist mitnichten der Fall.
Richtig ist allerdings, dass wir in jüngster Vergangenheit zwei große Havarien in der Nordsee hatten. Wir alle sind Zeugen dieser Seeunfälle geworden. Das ist sicherlich nicht schön. Beide Havarien haben den Menschen in Niedersachsen - besonders hinter den Deichen - zum wiederholten Male gezeigt, wie gefährlich Schifffahrt sein kann. Sie wurden teilweise in Angst und Schrecken versetzt, und das in einem besonderen Maße, weil das niedersächsische Wattenmeer als Weltnaturerbe natürlich besonders geschützt ist. Wir müssen alles dafür tun, dass das niedersächsische Wattenmeer so bleibt, wie es ist.
Ich glaube, das gilt besonders für die Havarie der „Glory Amsterdam“, die bei schwerem Sturm vor Langeoog, beladen mit ca. 2 000 t Schweröl, auf die Insel zugetrieben und letztlich aufgelaufen ist. Daran kann man erkennen, wie gefährlich Seeschifffahrt sein kann.
Der damit im Zusammenhang stehende Untersuchungsbericht, der uns zumindest in diesem Fall schon vorliegt, hat gezeigt, dass es deutliche Probleme gibt und Konsequenzen gezogen werden müssen. Daher bin ich der Kollegin Eilers sehr dankbar für die wirklich kluge Rede, die sie gerade gehalten hat. Man kann nämlich nicht im Niedersächsischen Landtag behaupten, man würde übermorgen alle Probleme in der Seeschifffahrt gelöst haben. Ganz im Gegenteil!
Ich glaube, wir wären gut beraten, uns allen Problemen ganz sachlich anzunähern. Sie können nicht nur die Thematik des Laschens dafür verantwortlich machen, gerade in dem Wissen - ich hätte mir gewünscht, dass die Grünen das heute vielleicht relativieren, da aus den Niederlanden mittlerweile andere Ergebnisse vorliegen, die wahrscheinlich dazu führen, dass das auch so in unserem Bericht stehen wird -, dass das vorzeitige Entlaschen, das die ganze Zeit durch die Presse getrieben worden ist, überhaupt nicht stattgefunden hat. Ich hätte gedacht, dass Sie dann von Ihrem eigenen Antrag entsprechend abrücken oder ihn zumindest modifizieren.
Eines muss uns allen immer klar sein: Unsere Verantwortung hier im Hohen Hause ist es, überall da, wo wir es können, für die Sicherheit der Besatzung auf den Schiffen zu sorgen. Ebenso ist es unsere Verantwortung und letztlich Aufgabe, für
die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, die hinter den Deichen auf dem Festland oder auf unseren Inseln in der Nordsee leben.
Deswegen springt der Antrag der Grünen - ich habe es gerade schon gesagt - deutlich zu kurz. Es geht einfach nicht nur um Laschen und Entlaschen. Das hat auch überhaupt nichts mit Gewerkschaften usw. zu tun, Frau Kollegin.
Es geht vielmehr darum, dass wir uns dafür einsetzen, das Havariekommando über den Bund sachlich und personell deutlich besser aufzustellen, damit es deutlich besser ausgerüstet und vorbereitet ist, wenn derartige Unfälle auf See passieren.
Diejenigen, die Mitglied im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ sind, haben ja die Unterrichtung durch das Havariekommando erlebt. Dabei wurde uns ein Video vorgespielt, in dem gezeigt wurde, wie das Winschseil vom Hubschrauber heruntergelassen wurde. Jeder, der dieses Video gesehen hat, muss erkannt haben, dass es lebensgefährlich gewesen wäre, wenn nur eine Person heruntergewinscht worden wäre.
Diese Probleme müssen wir angehen. Wir müssen prüfen, wie wir in Zukunft in solchen Sturmsituationen bei rollenden Containerschiffen dieser Größenordnung - Frau Kollegin Eilers hat darauf hingewiesen - auf die Schiffe kommen. Dafür ist es im Übrigen auch notwendig - das sieht der Antrag von CDU und SPD vor -, dass die Menschen auf den Schiffen zumindest Englisch sprechen können, damit man sich mit ihnen verständigen kann und die Kommunikation in solch gefährlichen Situationen möglich ist.
Deswegen bin ich sehr dankbar dafür, dass auch der Bund bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen hat. Wir begrüßen die zum 1. Januar 2019 umgesetzte Optimierung des Einsatzkonzeptes der Notschlepper auf der Nord- und Ostsee, insbesondere die Möglichkeit, Boarding Teams bei Sturm an Land statt auf See stationieren zu können, sowie die von Niedersachsen und Schleswig-Holstein initiierte Bundesratsinitiative zur Ausstattung von Gefahrgutcontainern mit Peilsendern sowie zur verpflichtenden Nutzung von Verkehrstrennungsgebieten und den Beschluss des Bundesrats vom 15. März 2019 in dieser Sache.
Es ist nämlich durchaus richtig, dass es ein Problem sein kann, wenn dauerhaft Container von Schiffen fallen - ob gewollt oder ungewollt. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass man das ernsthaft will. Deshalb müssen wir eine Möglichkeit entwickeln, um die Container mithilfe von Peilsendern wiederzufinden. Aber wir haben im Rahmen der Ausschussberatung gehört, dass das gar nicht so einfach ist. Wir müssen erst einmal technisch dafür sorgen, dass man Container in tiefer See peilen kann. Deswegen werden wir bei diesem Thema sicherlich einen entsprechend langen Weg vor uns haben.
Ich habe die große Ehre - ich habe gesehen, dass Frau Janssen-Kucz gleich auch noch etwas sagen will -, mich für die CDU-Landtagsfraktion beim Kollegen Santjer ganz herzlich für die vergangenen Jahre zu bedanken. Lieber Uwe, du wirst demnächst deine letzte Rede hier halten. Ich möchte dir als Wahlkreisabgeordneter auch aus Cuxhaven sagen, dass ich gerne gemeinsam mit dir hier weiter für die Stadt Cuxhaven und unseren Wahlkreis geworben hätte.
Ich kann verstehen, dass es dich zurück nach Cuxhaven zieht - das ist einfach die schönste Stadt in Niedersachsen.
Ich möchte dir für die Zukunft alles Gute wünschen - auch im Namen der Landtagsfraktion - und immer eine glückliche Hand. Wenn es doch mal anders läuft und du sagst „Mensch, der Tag war zum Vergessen“, habe ich dir eine Flasche Kräuterschnaps mit einem Bild von unserem Cuxhaven mitgebracht. Alles Gute!
Lieber Herr Kollege Röhler, Sie müssen möglicherweise noch einmal ran; denn vom Kollegen Henze gibt es den Wunsch nach einer Kurzintervention. Bitte sehr!
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Ich glaube, der Kollege Santjer wird sich nicht über die Flasche beschweren. Ich hoffe, der Inhalt mundet ihm. Er hat hier immer sehr gut mitgearbeitet. Es hat Spaß gemacht mit ihm im Ausschuss.
Frau Eilers hat das erwähnt, was die Holländer herausgefunden haben. Die Holländer haben gesagt: Das Schiff hat über Grund zu viel Tiefgang gehabt. Es hat aufgesetzt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gab es einen Squat-Effekt, Krängung 40 Grad, Wellen von der richtigen Seite.
Hier müsste etwas geschehen, denke ich, damit so etwas zukünftig nicht wieder passiert. Das heißt, wir müssten eigentlich diese Schiffe, die großenteils wegen der weltweiten Fahrten mit Schweröl beladen sind - sie haben mehr Schweröl geladen als ein mittlerer Tanker, der da gar nicht mehr fahren darf, und haben mehr Gefahrgut an Bord als andere Schiffe - und auf der küstennahen Seite eigentlich nicht mehr fahren dürfen, auf die seewärtige Seite verlagern. Das dauert dann zwei Stunden länger für die Reeder - mehr nicht.
Das sind doch super Ideen, die man in Angriff nehmen könnte. Darüber macht sich vielleicht der eine oder andere Gedanken. Wissen Sie was? - Darüber hat sich schon jemand Gedanken gemacht, nämlich die AfD
- danke -, und zwar in dem Antrag „Aufforderung zur Änderung der Anlaufbedingungsverordnung (AnlBV) “ in der Drucksache 18/2766. Darin werden sozusagen genau die Probleme vorweggenommen, von denen wir erwartet haben, dass sie auftreten werden. Unser Antrag steht unter dem Tagesordnungspunkt 31 zur Abstimmung. Stimmen Sie einfach zu! Das werden Sie aber wahrscheinlich nicht tun.