Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Der Unterschied zwischen uns ist aber: Wenn man in der Opposition ist, muss man nicht den Nachweis der Finanzierung erbringen.

(Jörg Bode [FDP]: Das haben wir!)

Das müssen aber die regierungstragenden Fraktionen! All das, was wir vorhaben, muss solide ausfinanziert sein. Deswegen gehen wir auch in diesem Bereich der Arbeitszeit, der Entlastung und der Höherbesoldung erste Schritte. Wir gehen bei der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung Schritt für Schritt voran. Ich denke, daran sollten Sie uns messen, nicht aber an den Wahlprogrammen.

(Zustimmung von Mareike Lotte Wulf [CDU])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird - das kann man, glaube ich, abschließend sagen - keine bildungspolitische Debatte einfach totgemacht. Es wird auch keine bildungspolitische Debatte über notwendige Themen, die die Schülerinnen und Schüler, die Eltern und die Lehrkräfte im Land interessieren, einfach abgebügelt. Ich prognostiziere: Wir werden noch viele knackige bildungspolitische Debatten in diesem Hohen Hause führen. Ich freue mich darauf.

In diesem Sinne vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bratmann. - Es kommt jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Abgeordnete Julia Willie Hamburg. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit Ihnen eine kleine Zeitreise machen. Wir schreiben November 2017, Rot-Grün wurde knapp nicht wiedergewählt, die FDP möchte nicht mit Rot-Grün regieren, die Grünen schließen eine Regierung mit der CDU aus, und es kommt zu einer Großen Koalition. Da sitzt der alte Ministerpräsident, der auch der neue Ministerpräsident ist: Stephan Weil, und erzählt mit seinem Vize Bernd Althusmann: Die Minderheitenrechte haben eine so große Bedeutung für uns, dass wir alles dafür tun werden, dass diese Große Koalition mit ihrer Übermacht die Opposition nicht erdrückt.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Alles ver- gessen! Alles Geschwätz! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Hört mal ganz gespannt zu!)

Und jetzt halten Sie sich fest - wir reisen blitzartig in die Zukunft. Zwei Monate später, wir schreiben Januar 2018 und der Rundblick titelt: „Minderheitenrechte: Plötzliche Zweifel bei SPD und CDU“.

(Jörg Bode [FDP]: Stört ja auch nur!)

Zu dem Entwurf des Schulgesetzes der FDP beantragt der schulpolitische Sprecher Björn Försterling im Ausschuss eine Anhörung - und die Große Koalition lehnt diesen Antrag zur Anhörung ab! Auseinandersetzung mit dem Gesetzentwurf - abgelehnt! Anhörung zu dem Gesetzentwurf - nicht erwünscht! Weitere Beratungen - nicht erwünscht, und das, obwohl Sie ohnehin eine Anhörung zu Ihrer Schulgesetznovelle planen!

Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD: Wovor haben Sie dort eigentlich Angst?

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der FDP und bei der AfD)

Die Bigotterie ist bei der CDU fast nicht mehr zu übertreffen. Herr Nacke, Sie waren vorhin so spöttisch und sagten sinngemäß: So kommt jeder in seiner neuen Rolle an!

(Jens Nacke [CDU]: Spöttisch war das nicht gemeint!)

Das, was Sie hier gerade abziehen, ist überhaupt nicht lustig. In der letzten Legislaturperiode haben Sie hier gestanden und uns aufgefordert, Ihre Anträge nicht abzulehnen, Ihre Unterrichtungswünsche ernst zu nehmen und Auskünfte zu geben, und Sie haben uns vorgeworfen, wir würden Sie nicht genug beteiligen, was mitnichten der Fall war.

Und jetzt stimmen Sie diesen Gesetzentwurf innerhalb einer Ausschusssitzung binnen zehn Minuten weg? - Das ist doch kein Umgang mit der Opposition, die hier Gesetzentwürfe einbringt, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der FDP und bei der AfD)

Das ist auch nicht lustig! Da müssen Sie überhaupt nicht lachen!

(Jens Nacke [CDU]: Ich höre Ihnen zu!)

Ich möchte Sie wirklich dazu auffordern, liebe Große Koalition: Kommen Sie zurück zu den parlamentarischen Gepflogenheiten, und nehmen Sie unsere Rechte ernst! Machen Sie Anhörungen zu unseren Gesetzentwürfen und drücken Sie nicht alles weg, was Ihnen vielleicht unliebsam erscheinen mag!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der FDP und bei der AfD)

Ich habe es ja schon ausgeführt: Sie brauchen vor der Anhörung keine Angst zu haben. Die kostenlose Schülerbeförderung hat die SPD gefordert, hat die CDU gefordert, haben die Grünen gefordert, hat die FDP gefordert. A 13 für Grundschullehrer hat die SPD gefordert, haben die CDU, die FDP und die Grünen gefordert.

Wir sind uns doch in vielen Punkten einig. Und zu den anderen hat Rot-Grün in der letzten Legislaturperiode eine große dreitägige Anhörung gemacht: zu der Förderschule Lernen, zu den Leistungsberichten, zu den Schullaufbahnempfehlungen. Dabei waren sich die Verbände bereits einhellig einig. Alle Grundschulverbände haben uns gesagt: Finger weg von den Schullaufbahnempfehlungen! - Die meisten Verbände haben gesagt: Entwickeln Sie die Inklusion weiter! Finger weg von der Förderschule Lernen!

Warum soll die FDP das nicht noch einmal von den Verbänden hören können? Warum führen wir keine Auseinandersetzung zur Weiterentwicklung der Inklusion? Warum verweigern Sie es, die verschiedenen Positionen zu hören? - Das ist mir nicht klar. Wir finden es wirklich skandalös, wie Sie sich hier verhalten, und hoffen auf Besserung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Hamburg. - Es folgt jetzt die Fraktion der AfD. Es spricht Herr Abgeordneter Harm Rykena. Bitte sehr, Herr Rykena!

(Beifall bei der AfD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vieles ist zu diesem Thema schon gesagt worden. Ein bisschen wird sich jetzt vielleicht wiederholen, aber ich kann dazu vielleicht den Blick des Neulings beitragen.

Der Gesetzentwurf der FDP kommt heute aus der Besprechung im zuständigen Kultusausschuss zurück. Wir sind Neulinge hier und gehen quasi mit dem Blick von außen in die Parlamentsarbeit. Als gute Demokraten haben wir uns vorgenommen, uns als gute Parlamentarier an die Gepflogenheiten hier im Parlament zu halten. Dazu gehört selbstverständlich die Akzeptanz des Vorgehens, dass eine parlamentarische Aktivität zur weiteren ausführlichen Besprechung in den dazugehörigen Ausschuss überwiesen wird. Doch was ich dann in diesem Ausschuss erleben musste, bringt mein Bild von der demokratischen Institution Landtag ganz schön durcheinander.

Sicherlich verfügt die Große Koalition über eine überwältigende Mehrheit im Parlament und in den Ausschüssen. Sicherlich wird die Große Koalition ihre Vorhaben so durchdrücken können, wie sie es wünscht. Da gebe ich mich keinerlei Illusionen hin, das akzeptiere ich sogar. Was ich aber nicht akzeptieren kann, ist, dass man demokratische Institutionen aushöhlt und als bloße Bühne ohne jeglichen Inhalt missbraucht. Genau das ist in diesem Fall geschehen.

Mit großer Verwunderung musste ich nämlich bemerken, dass eine weitere Besprechung im Kultusausschuss gar nicht stattgefunden hat. Kein bisschen! Ich habe auf die Uhr geschaut: Inklusive der Absprachen zum Vorgehen und insgesamt fünf Abstimmungen hat das Ganze zehn Minuten oder sogar etwas weniger gedauert. Es wurde nicht ein einziger Satz zum Inhalt des Gesetzentwurfes gesagt.

Wie kann die Regierung in ihrer Antrittsrede davon sprechen, die Rolle der Opposition zu stärken, und dies in der Praxis überhaupt nicht mehr ernst nehmen, sobald die Medien nicht mehr zugegen sind?

(Beifall bei der AfD)

Hier im Parlament hat der Kollege von der SPD das eben ein kleines bisschen gemacht. Hier sind Medien zugegen, im Ausschuss aber nicht. Dort fand nichts statt.

Natürlich kann diese Große Koalition mit ihrer Mehrheit alles Mögliche in Gesetzesform gießen. Sie kann dabei das Parlament auch völlig außen vor lassen und die Gesetzestexte gleich in den Koalitionsgesprächen festzurren. Das würde die Öffentlichkeit allerdings kaum akzeptieren. Im aktuellen Fall ist man jedoch so verfahren. Wir von der AfD halten dies für einen skandalösen Vorgang. Diese Missachtung von demokratischen Gepflogenheiten kann ich nur als Operettendemokratie bezeichnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rykena. Ob „Operettendemokratie“ ein demokratischer Begriff ist, lasse ich mal offen. Gut klingt das nicht. Das war Ihre Jungfernrede, oder?

(Harm Rykena [AfD]: Nein!)

- Schon das zweite Mal. Alles klar.

(Ulrich Watermann [SPD]: Schon das zweite Mal unverschämt!)

- Herr Watermann, gemach!

Jetzt folgt für die CDU die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, die Kollegin Mareike Lotte Wulf. Bitte!

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Wir diskutieren heute das Niedersächsische Schulgesetz, das - Sie haben es schon gesagt - eines der zentralen Gesetze der Landespolitik und der Schulpolitik ist. Die Erwartungen der Eltern, der Schülerschaft und Lehrerschaft sind entsprechend hoch.

Nun hat die Fraktion der FDP sehr schnell einen Gesetzentwurf und einen Entschließungsantrag eingebracht. Das ist ja auch durchaus ihre Aufgabe. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass man in der Schulpolitik besser fährt, wenn man Sorgfalt walten lässt und nicht an allen Stellschrauben gleichzeitig drehen will.

Für viele der im Antrag und im Gesetzentwurf angesprochenen Themen legt die Koalition ja Lösungen vor, und selbstverständlich werden wir alle diese Themen diskutieren.

So werden wir die Einschulung in die Förderschule Lernen - dazu kommen wir gleich noch - im kommenden Schuljahr wieder möglich machen. Damit stärken wir das Kindeswohl und den Elternwillen. Gleichzeitig bleibt die Wahlfreiheit für die Eltern erhalten.