Der zweite Punkt betrifft uns in Niedersachsen ganz besonders, und zwar in zweierlei Hinsicht - im Hinblick auf den Klimaschutz, aber auch im Hinblick auf die wirtschafts- und industriepolitische Situation und die Arbeitsmarktsituation -: Der bundesweit beabsichtigte Mindestabstand von
1 000 m von Windkraftanlagen zu Wohngebäuden sorgt - das muss uns klar sein - für weitere Probleme beim ohnehin stockenden Windenergieausbau. Er wird Potenzialflächen, die wir für die Windenergie ausgewiesen haben, erheblich reduzieren.
Man muss auch offen sagen: Dieser Mindestabstand suggeriert ein falsches Bild. Er suggeriert, dass es ein Problem wäre, wenn Windenergieanlagen in einem geringeren Abstand als 1 000 m zu Wohngebäuden gebaut würden. Er suggeriert, dass Windenergieanlagen gefährlich oder gesundheitsschädlich sein könnten. Das ist mein Problem mit einem solchen festen Abstand. Deswegen hätten man ihn nicht wählen dürfen.
Vielmehr hätte man sich wie bisher darauf konzentrieren müssen, dass man über die TA Lärm sicherstellt, dass Immissionsgrenzwerte in der Wohnbebauung nicht überschritten werden. Wir werden uns hier im Land sicherlich noch mit der Frage beschäftigen, ob wir mit den 1 000 m leben können oder inwieweit man davon abweichen will.
Natürlich aber - das ist ohne Frage - gilt es, die Interessen der Wohnbevölkerung zu berücksichtigen. Ich will nur sagen: Wenn ich „1 000 m“ sage, wird niemand darüber froh sein. Aber wenn ich „1 500 m“ sage, wird auch niemand darüber froh sein. Für die, die es kritisch sehen, wird es nie genug sein. Das gehört, glaube ich, zur Wahrheit.
Unsere Aufgabe muss es also sein, dafür zu sorgen, dass es gerade bei diesem Thema - dem Ausbau der Onshorewindenergie - weiter vorangeht. Wir müssen mehr Rechtssicherheit bei der Regionalplanung schaffen und die Aufgabenliste, die mit Bundesminister Peter Altmaier besprochen wurde, wirklich umsetzen. Dann kommen wir hier einen Riesenschritt voran.
Zu Frage 3: Wir haben bereits am Mittwoch unsere Strategie vorgestellt, wie wir in Niedersachsen den Klimaschutz und die Klimaanpassung gestalten wollen. Der Dreiklang aus Verfassungsänderung, Klimagesetz und Maßnahmenprogramm, den ich
beschrieben habe, mit einer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel, die damit verbunden ist, macht das, glaube ich, deutlich.
Wir werden - ich will es noch einmal betonen - das erste Bundesland in Deutschland sein, das den Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung in der Landesverfassung verankert.
Im Klimagesetz legen wir uns fest: Bis 2030 wollen wir 55 % der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen in Niedersachsen einsparen. Das ist - ich will es noch einmal sagen - ein extrem ambitioniertes Ziel. Man kann immer mehr aufschreiben. Aber muss man bei allem, was man aufschreibt, und bei allen Ambitionen, die man hat, auch sicherstellen, dass man es auch erreichen kann. Und bis 2050 werden wir vollständig auf erneuerbare Energien setzen. Ich bin übrigens überzeugt, dass uns das schon früher gelingen wird.
Das Land wird eine Vorbildrolle im Klimaschutz übernehmen. Das gilt nicht nur für die Landesliegenschaften, sondern auch für die Mobilität. Wir wollen den ÖPNV stärken und die öffentliche Fahrzeugflotte des Landes auf emissionsarme Alternativen umstellen. Wir wollen mehr reine Elektrofahrzeuge und mehr Wasserstoffzüge, die dann übrigens auch in Niedersachsen gebaut werden können. Sie können eingesetzt werden, wo es keine Oberleitungen gibt. Wir wissen, wie lange ein Planfeststellungsverfahren für einen Oberleitungsbau dauert.
Außerdem wollen wir erstmals auch den kommunalen Bereich einbeziehen. Ich bin überzeugt davon, dass Klimaschutz gerade auf der kommunalen Ebene ein ganz entscheidender Punkt. Dort sind wir dicht bei den Bürgern. Dort können wir die Menschen, die Gesellschaft mitnehmen. Deswegen werden wir gerade den kommunalen Bereich stark positiv mit Projekten und Programmen einbeziehen. Aber wir wollen auch die kommunalen Energieverbräuche und -kosten und die entsprechenden CO2-Emissionen transparent darstellen.
Wir werden darüber hinaus ein Klimakompetenzzentrum einrichten und dort die Kompetenzen bündeln. Auch wenn bei der Diskussion über das Klimaschutzgesetz ein anderer Eindruck entstanden ist: Wir wollen hier nicht vorgeben, was wissenschaftliche Einrichtungen erarbeiten, sondern die Erfahrungen und Kompetenzen bündeln. Wir geben gar nichts vor. Wissenschaftliche Arbeit muss immer frei sein vom Duktus der Vorgabe. Aber wir werden Kompetenzen zusammenfassen und unterschiedliche Erfahrungen bündeln. Da
geht es um die Auswirkungen des Klimawandels und - was ganz entscheidend für ein Land wie Niedersachsen ist - um die richtigen Anpassungsstrategien, die wir dafür erarbeiten müssen.
Wir fangen beim Klimaschutz in Niedersachsen aber nicht bei null an. Bereits heute setzen wir eine Vielzahl von Maßnahmen um, die schon in den letzten Jahren erarbeitet und auf den Weg gebracht worden sind. Das müssen und werden wir weiter ausbauen. Der Maßnahmenkatalog, den wir zusammenstellen, wird das deutlich zeigen.
Das Thema Klimaschutz werden wir nur beherrschen, wenn wir konsequent Hand anlegen. Der Handlungsdruck wird von Jahr zu Jahr weiter zunehmen. Deswegen ist es wichtig, nicht zu warten, sondern konsequent zu beginnen. Das Klima wartet nicht, bis wir uns bewegen, sondern wir haben die Aufgabe und unser Ziel muss es sein, die Prozesse - den Klimaschutz, den wir voranbringen - so zu gestalten, dass wir selber noch Gestaltungsspielraum haben. Das Zeitfenster ist da, aber es wird immer kleiner.
Deswegen begrüße ich sehr, was auf der Bundesebene vorgelegt wurde. Ich bin überzeugt, dass es zusammen mit der Klimaschutzstrategie des Landes Niedersachsen genau den richtigen Weg beschreiten wird.
Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Die erste Zusatzfrage für die CDU-Fraktion stellt der Kollege Dr. Schmädeke. Bitte, Herr Kollege!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lies, wie wollen Sie gewährleisten, dass wir auf dem Weg zu mehr Klimaschutz wirklich alle Bevölkerungsteile mitnehmen, dass keine neuen sozialen Härten entstehen?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Schmädeke, das ist genau der Ansatz, den wir wählen müssen. Wir müssen gesellschaftliche Akzeptanz für ein Thema schaffen, das von extremer gesellschaftlicher Bedeutung ist, nämlich den Klimaschutz. Das müssen sowohl die Bundes- als auch die Landesebene realisieren.
Die CO2-Bepreisung führt dazu, dass sich Kosten für die Menschen verändern. Da brauchen wir Kompensationsmöglichkeiten.
Deswegen begrüße ich sehr, dass wir auf der Bundesebene - ich habe es schon gestern und vorgestern gesagt - in der Lage sind, die energetische Sanierung erheblich voranzubringen - und zwar mit dem Abzug von der Steuerschuld auch auf eine soziale Art und Weise - und die Heizungserneuerung auf den Weg zu bringen.
Wir haben uns auf Landesebene - aber auch auf Bundesebene - vorgenommen, den ÖPNV erheblich auszubauen. Wir haben uns das nicht nur vorgenommen, wir werden das umsetzen. Es wird echte Alternativen geben, auch in der Frage der Mobilität. Auch die Erhöhung der Pendlerpauschale - sie und ihre Auswirkungen sind ja intensiv diskutiert worden - wird dazu führen.
Das heißt, wir brauchen Kompensation. Wir wissen aber auch, dass wir ohne die Herausforderung, wirklich Dinge zu verändern, keine Lenkungswirkung und somit keine Klimaschutzziele erreichen. Deswegen ist die Aufgabe - und so machen wir es -, auf der einen Seite klare Maßnahmen mit Lenkungswirkung zu ergreifen und auf der anderen Seite mit Förderung und Unterstützung auch diejenigen in der Gesellschaft bei der Umsetzung mitzunehmen, die wirtschaftlich nicht so gut dastehen.
Ich bin überzeugt, dass unsere Strategie in Niedersachsen im Einklang mit der Strategie im Bund genau dieser doppelten Aufgabe gerecht wird.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die AfD-Fraktion stellt der Abgeordnete Wirtz.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass mit diesem Paket eine starke Steuererhöhung im KfzBereich verbunden ist: Wie sehen Sie die Auswir
kungen auf Fahrzeugbesitzer durch die Erhöhung der Kfz-Steuer, die jetzt CO2-gebunden angehoben werden soll?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wirtz, ich habe es vorhin gesagt: Klimaschutz ist nichts - aus unserer Sicht hier im Haus -, bei dem wir sagen können: „Wenn wir es nicht schaffen, dann eben nicht!“ Vielmehr führt kein Weg am konsequenten Klimaschutz vorbei. Deswegen führt auch kein Weg daran vorbei, eine lenkende Wirkung aufzugreifen. Die Kfz-Steuer, orientiert am CO2-Ausstoß des Kfz, ist ein richtiger Weg, den wir gehen.
Ich habe es vorhin beschrieben: Es gibt Instrumente, die wir für ganz wichtig halten. Das erste ist die Pendlerpauschale. Gerade die Betroffenheit derer, die lange Strecken zu fahren haben, spielt eine entscheidende Rolle. Mit dem Anstieg, der gewählt wurde, was das Thema „CO2-Bepreisung und Steuer“ angeht, beschreiben wir einen langfristigen Weg - haben also keinen Bruch, auf den man nicht reagieren kann -, mit dem man das umsetzen kann. Ich bin davon überzeugt, dass genau diese Maßnahmen greifen.
Wenn wir aber jede Veränderung ablehnen würden, indem wir sagen: „Das führt ja zu neuen Belastungen“, dann kann ich nur sagen: Wenn wir diese Punkte nicht angehen, dann ist die Summe der Belastungen, die wir, aber vor allen Dingen die uns nachfolgenden Generationen haben, damit überhaupt nicht mehr vergleichbar. Das heißt, wir können nur mit lenkenden Maßnahmen und klugen Ausgleichsmechanismen arbeiten. Zu sagen: „Das können wir als Gesellschaft nicht leisten“, ist keine Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Frau Kollegin Byl. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Ministers zum Thema „soziale Gerechtigkeit“ und der Kritik des Bundesrechnungshofs sowie des DIW an den Ausgleichsmaßnahmen, die nur für Gutverdienende funktionieren und die Belastungen besonders für Geringverdienende nicht ausgleichen, meine Frage: Für welche konkreten Maßnahmen hat sich die Landesregierung auf Bundesebene eingesetzt, damit es nicht zu einer solchen Belastung der Geringverdienenden
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Byl, es geht vor allen Dingen um zwei Sektoren, die in besonderem Maße betroffen sind: Gebäude, also Wärme, und Verkehr.
Zu den Maßnahmen, die wir gemeinsam bei Gebäuden ergreifen: Ich glaube, man muss gar nicht trennen zwischen dem, was das Land macht, dem, was der Bund macht, und dem - die Menschen leben hier vor Ort -, was die Kommune macht. Es muss ein in sich geschlossenes Paket sein, das Lösungen aufzeigt. Eine Lösung ist die energetische Sanierung. Eine weitere Lösung ist die Heizungserneuerung. Die serielle Sanierung ist ja Teil des Bundesprogramms, um auch im Mieterbereich etwas zu machen, damit die Mieter nicht belasten werden, gerade die, die sich in sozialen Schwierigkeiten befinden.
Gerade im Wärmebereich bedeutet das, weniger zu verbrauchen, weil nur weniger Verbrauch die CO2-Emissionen senkt. Die Kosten helfen niemandem weiter. Wenn man am Ende genauso viel verbraucht wie vorher, aber es belastet nicht finanziell, dann hat man nichts erreicht. Es müssen also weniger CO2-Emissionen werden!
Im Verkehrsbereich betrifft es gerade die, die längere Strecken fahren müssen. Damit geht es - ich habe es vorhin gesagt - auch um die Pendlerpauschale. Wir hatten eine lange Debatte darüber,
welche Wirkung sie wofür erzielt. Entscheidend ist, dass wir die Pendlerpauschale nicht mit dem Ziel versehen, dass die Mobilität heute genauso ist wie morgen - ihre Kosten werden nur besser ausgeglichen, weil es teurer wird -, sondern dass wir zusätzliche Angebote im öffentlichen Personennahverkehr schaffen.