Ostfriesland wurde in den letzten Jahren zu stark gebeutelt. Wir haben die Werften verloren; die Reeder leiden; die Offshorebranche muss kämpfen. Dazu hat im Übrigen die FDP schon vor einem Jahr einen Strukturplan vorgeschlagen, der nicht nur die Wirtschafts- und Energiepolitik berührte, sondern auch die Bildungs- und die Landwirtschaftspolitik.
Bald wird bei VW durch die Umstellung auf Elektromobilität die Zahl der Arbeitsplätze weiter reduziert.
Sehr geehrte Damen und Herren, Ostfriesland mit seinen Zugängen zur See muss bei der Ansiedlungspolitik des Landes sehr viel stärker in den Fokus gerückt werden. Es hilft uns überhaupt nicht, stets der Zweite auf der Liste zu sein, wie bei Tesla oder der Batteriefabrik. Wir wollen nicht länger immer nur der beste Verlierer sein. Wir brauchen eine ambitioniertere Unterstützung für Ostfriesland. Ansonsten riskieren wir sehenden Auges
das Ausbluten der gesamten Region. Und das geht weit über die Schwäche von Enercon hinaus. Wenn dann noch beispielsweise die Emsvertiefung oder andere Infrastrukturmaßnahmen auf sich warten lassen, werden weitere Entwicklungschancen blockiert.
Sehr geehrte Damen und Herren, mindestens 1 500 Beschäftigte müssen bald gehen, und wir haben Grund, zu fürchten, dass dies erst der Anfang ist. Enercon wird weitere Produktionen verlagern - leider auch mit gesteuerter Einschüchterung der Beschäftigten in einem sehr undurchsichtigen Firmengeflecht. Die von Entlassung Bedrohten, aber auch die noch Beschäftigten brauchen Zukunftsperspektiven. Wir brauchen taugliche Angebote für Weiterbildung, Umschulung und Qualifizierung.
Aber es muss auch noch um etwas anderes gehen. Wir sind gefordert, mutiger und anders zu denken, und zwar weit über Enercon hinaus. Ostfriesland ist das Land der regenerativen Energie. Es muss wieder gelten: Industrie folgt Energie.
Es sollte gelingen, diese Energie, insbesondere aus Offshoreleistung - denn diese landet doch genau dort an -, direkt in der Region zur Verfügung zu stellen. Dies würde auch andere Innovationstreiber und Start-ups in den Norden bringen können. Wir zahlen gigantische Summen, um Überschussenergie im Ausland abnehmen zu lassen. Das ist eine völlig schizophrene Situation, die wir beenden müssen.
Ich will einen Appell an alle Fraktionen richten: Lassen Sie uns mit vereinten Kräften dafür sorgen, dass in Ostfriesland nicht das Licht ausgeht! Lassen Sie uns einen Ostfriesland-Plan auf den Weg bringen, der diese für Niedersachsen so wichtige Region beim Strukturwandel unterstützt.
Vielen Dank, Frau Kollegin Eilers. - Mir liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Kollegen Henze, AfDFraktion, vor. Ich meine - ich brauche noch die Zeitangabe -, Sie haben noch ca. drei Minuten. - 3:06 Minuten, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hangele mich mal ein bisschen durch die Presseartikel der letzten Zeit.
„Für Niedersachsen werden wir die 1 000 m Abstand nicht annehmen und von den Ausstiegsmöglichkeiten Gebrauch machen“.
Herr Ministerpräsident, diese 1 000 m schützen die ländliche Bevölkerung vor Infraschall und Schlagschatten. Das wollen Sie vom Tisch wischen; das ist mit uns nicht zu machen.
Herr Ministerpräsident, für die sichere Landung von Flugzeugen sind diese Funkfeuer unverzichtbar; denn daran orientieren sich die Flugzeuge hinsichtlich der Frage, ob sie in der richtigen Position, Lage und Höhe sind. Wir werden es nicht zulassen, dass Sie für die Windenergie hier Abstriche zulassen. Das lassen wir nicht zu!
Der nächste Punkt: Repowering. Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, beim Repowering müssten die Planungshürden gesenkt werden, ansonsten drohe faktisch ein Rückbau der Windenergie. Heißt das im Umkehrschluss, dass die Bürger, die heute schon so ein kleines röhrendes Gerät vor der Tür stehen haben, zukünftig mit der doppelten oder dreifachen Höhe umgehen müssen?
Ja, sie müssen damit umgehen? - Auch hier stellen wir uns hinter die Bevölkerung im flachen Land, die das eben nicht möchte.
Das Konfliktfeld Stadt/Land ist schon angesprochen worden. Sehen Sie es mir nach, dass ich das noch einmal pointiert auf den Punkt bringen will. Ich habe nämlich einen neuen Vorschlag.
Ich schlage vor, dass die Abstandsregeln für Windräder zukünftig dort bis auf null reduziert werden, wo eine hohe Akzeptanz der Bevölkerung vorliegt. Die Wahlergebnisse gerade in Hannover zeigen, dass sich die Windkraft gerade bei den bisher nicht betroffenen städtischen Bewohnern einer sehr hohen Akzeptanz erfreut. Warum also weiter die Landbevölkerung mit Schlagschatten, Infraschall und 200 m hohen Spargeln in der Landschaft ärgern?
Ich bin nach den letzten Wahlergebnissen der Meinung: Diese 200 m hohen Windanlagen gehören nach Linden oder in die List. Geschredderte Vögel auf den Bürgersteigen sind dort kein Problem. Und selbst wenn einem die liebevoll im Insektenhotel aufgezogenen Tierchen gleich wieder auf den Balkon in den Latte macchiato rieseln: Hier ist man sich bewusst, dass für die Energiewende Opfer zu bringen sind. Diese grünen Hochburgen freuen sich, wenn sie endlich Tag und Nacht am Brummen der Rotoren der Energiewende teilhaben dürfen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Henze. - Mir liegt noch eine Wortmeldung aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Kollegin Byl, Sie haben noch 4:15 Minuten. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin immer noch erschüttert über das, was wir heute von der CDU zu hören bekommen haben. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie immer noch über die 1 000 m diskutieren wollen und sich nicht hinter Ihren Ministerpräsidenten stellen, der ganz klar sagt, dass das für Niedersachsen nicht infrage kommen kann?
Ich frage mich wirklich, wie Sie jetzt noch nach Ostfriesland gehen und den Menschen dort in die Augen schauen wollen. Denn einerseits große Trauerreden zu halten und zu sagen, der Stellenabbau in der Windbranche sei ja so schlimm, aber
Ich finde es auch etwas armselig, dass die Große Koalition hier so tut, als ob Enercon alleine an diesem Stellenabbau schuld sei und das überhaupt nichts mit der Politik zu tun habe. Das ist doch kein Versagen eines einzelnen Unternehmens! Der ganzen Windbranche geht es verdammt schlecht!
Und Sie haben heute bislang ignoriert, dass Enercon eine wichtige, eine breite Wertschöpfungskette in der Region etabliert hat.
Wenn Sie die Anforderungen, die Sie durchaus zu Recht an Enercon stellen, auch einmal an andere Branchen stellen würden - ich sage nur: Schlachthöfe -, dann sähe es dort doch ganz anders aus. Sie behandeln die Branchen aber nicht gleich, sondern picken sich eine heraus und hauen kräftig auf sie drauf. - Aber so funktioniert das doch nicht!
Es ist nicht lange her, dass wir hier schon einmal so standen. Damals ging es um über 800 Arbeitsplätze, die bei Enercon abgebaut werden sollten. Der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Althusmann, hat eine große Trauerrede gehalten. Und was ist seitdem passiert? - Gar nichts!
Im Gegenteil: Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bund haben seitdem fleißig weiter daran gearbeitet, die Windbranche komplett zu Fall zu bringen. Die Atom-, die Kohle- und auch die Erdgaslobby sind bei der GroKo offensichtlich ziemlich erfolgreich gewesen - und das offensichtlich auch in Niedersachsen. Ich erinnere nur an die letzte Plenarwoche, in der wir gefragt haben, wie es denn jetzt mit der Opt-out-Regelung aussieht. Die Antwort war: „Wir prüfen“.
Aber was ist denn da zu prüfen? Auch Ihnen muss doch sonnenklar sein, dass diese pauschalen 1 000 m der letzte Todesstoß für die Windbranche sind!