Protokoll der Sitzung vom 20.11.2019

- AfD-Fraktion im Hochtaunuskreis.

Solche Drohungen und Gewaltphantasien gegen Journalistinnen und Journalisten richten sich gegen die Pressefreiheit in unserer Demokratie und sind nicht hinnehmbar, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Die Verrohung der Sprache führt dazu, dass das Gesagte von Einzelnen auch konkret in die Tat umgesetzt wird. Andersdenkende werden von Rechtsextremisten beschimpft, bedroht, diffamiert und angegriffen, oder es werden konkrete Angriffe und Übergriffe angekündigt oder durchgeführt. Das alles führt zu einem Klima, meine Damen und Herren, das unsere Gesellschaft nachhaltig schädigt. Derartigen Entwicklungen müssen und werden wir im Rahmen des rechtlich Zulässigen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln konsequent und entschieden entgegenwirken. Hierbei sind insbesondere natürlich der Staat und seine Sicherheitsbehörden gefordert.

In Niedersachsen und in ganz Deutschland engagieren sich aber eben auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowie Journalistinnen und Journalisten für Demokratie und gegen Rechtsextremismus. Dieser Einsatz des Staates und der Zivilgesellschaft ist das Fundament im Kampf gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit.

Zu den Fragen:

Zu Frage 1: Eine Versammlung kann nach § 8 Abs. 2 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes verboten werden, wenn ihre Durchführung die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet und die Gefahr nicht anders abgewehrt werden kann. Davon ist bei der für den 23. November angemeldeten Versammlung nach Einschätzung der Versammlungsbehörde, der Polizeidirektion Hannover, bis gestern nach der bisherigen Erkenntnislage nicht auszugehen.

Zwar richtet sich die Versammlung nach ihrem Motto ausdrücklich gegen eine Einzelperson und ihre Tätigkeit, ein Aufruf zu Gewalt gegen den betroffenen Journalisten oder gegen andere Journalistinnen und Journalisten konnte derzeit aber weder mit dem Motto noch mit dem Aufruf der NPD zu der Versammlung verbunden werden. Auch sonst lagen der Polizeidirektion Hannover keine Anhaltspunkte dafür vor, dass mit der Versammlung direkt oder indirekt zu Gewalt gegen Personen aufgerufen werden soll.

Die Situation hat sich aber etwas geändert. Zum einen gibt es einen formalen Aufruf, der gestern erneuert worden ist, wie mir bekannt geworden ist, in dem nicht mehr nur der Name eines Journalisten genannt wird - nämlich der von Herrn Feldmann -, sondern auch die Namen von neun weiteren journalistisch tätigen Personen. Der Aufruf weist sie in die Schranken. Er erstreckt sich inzwischen auf einen größeren Personenkreis und wird entsprechend formuliert.

Viel auffälliger ist etwas anderes. Zum Aufruf zur Demonstration gehört dieser Flyer: „Gerechtigkeit für Karl“.

(Minister Boris Pistorius zeigt den Flyer)

Das ist dieser Waffen-SS-Mann, um den es bei der Reportage von Herrn Feldmann ging: „Gerechtigkeit für Karl“.

In einschlägigen Internetkreisen, einschließlich geteilt durch die NPD, aber auch auf vielen anderen Seiten kursiert der gleiche Flyer mit den Worten: „Rache für Karl“. Ich will es nur einmal erwähnt haben.

Ich habe dafür gesorgt, dass die Polizeidirektion von diesen Informationen, soweit nicht schon vorliegend, Kenntnis erhält und sie sie in die Gefahreneinschätzung einbezieht.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Es ist natürlich ein qualitativer Unterschied, ob man - was auch immer man darunter versteht - Gerechtigkeit für irgendjemanden fordert, der Gegenstand einer Reportage geworden ist, oder ob man Rache für ihn fordert. Rache ist der unverhohlene Aufruf, sich an jemandem zu rächen. Das geht nun einmal nur mit Gewalt oder mit Bedrohung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Jörg Hillmer [CDU])

Ohne der Gefährdungseinschätzung durch die Polizeidirektion vorgreifen zu wollen, würde ich es sehr begrüßen, wenn das Ergebnis das nahelegen würde; für mich tut es das jedenfalls, auch wenn ich nicht Versammlungsbehörde bin.

Meine Damen und Herren, die Versammlung richtet sich jetzt nach ihrem Motto ausdrücklich gegen mehrere Journalisten. Die Polizei wird deshalb bei der Veranstaltung - auch für den Fall, dass sie genehmigt bleibt - sehr sorgfältig darauf achten, wie der Ablauf ist und wer sich wie dort äußert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Frage 2 beantworte ich wie folgt:

Dem Landeskriminalamt liegen derzeit keine Anhaltspunkte für eine allgemeine Gefährdung von Journalistinnen und Journalisten in Niedersachsen vor. Auch gibt es der Bewertung zufolge aus der rechten Szene heraus keine grundsätzliche Gefährdung von Journalistinnen und Journalisten. Bisherige Situationen bezogen sich auf konkrete Einzelfälle so wie hier auch oder z. B. wie gegen Herrn Janzen aus dem Bereich der Polizeidirektion Braunschweig.

Nichtsdestotrotz muss man feststellen: Die Situation im Land verändert sich in Niedersachsen und in Deutschland generell schon auf eine durchaus bedenkliche Art und Weise.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Fake News ist ein Kampfbegriff, der von Donald Trump in die öffentliche Diskussion eingeführt worden ist, der aber auch in Deutschland inzwischen weite Verbreitung findet und nichts anderes beinhaltet als den Vorwurf, die Behauptung, die freie Presse in Deutschland lüge und verbreite falsche Nachrichten. Egal ob privat finanziert oder öffentlich-rechtlich finanziert - der Vorwurf trifft alle gleichermaßen. Verbunden mit Facebook-Einträgen wie dem, den ich von dem AfD Kreisverband Hochtaunus zitiert habe, aber auch mit Kommentaren in Kommentarleisten von Zeitungen und anderen Plattformen wird deutlich: Die Pressefreiheit wird von einer immer größer werdenden Gruppe am rechten Rand des politischen Spektrums infrage gestellt.

Die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit sind mit die höchsten Güter, die wir in unserer Verfassung haben. Deswegen muss jedem Versuch, die Pressefreiheit einzuschränken, von allen beteiligten demokratischen Kräften energisch Einhalt geboten werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Mit der Antwort auf die Kleine Anfrage zu Reaktionen und Konsequenzen aus dem Mordfall Lübcke in Braunschweig wurde bereits dargelegt: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte im Fall Janzen als Geschädigter ein Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung eingeleitet. Zwischenzeitlich konnte auch ein Tatverdächtiger ermittelt werden.

Soweit sich die Frage auf Einzelpersonen bezieht, kann eine konkrete Auskunft über die personenspezifische Einschätzung zur Gefährdungslage - ich bitte um Verständnis - natürlich nicht coram publico in einer öffentlichen Sitzung abgegeben werden. Eine solche Veröffentlichung würde die schutzwürdigen Interessen Dritter verletzen.

Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden nehmen jede Form von Kriminalität, aber natürlich auch von Drohungen gegen Menschen, die sich für unsere demokratische Gesellschaft einsetzen, sehr, sehr ernst. Die konsequente Bekämpfung sämtlicher Kriminalitätsformen durch die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, aber auch eine konsequente Gefahrenabwehr und sonstige Präventionsarbeit sind wesentliche Aufgaben der Polizei in Niedersachsen.

Es steht außer Frage, dass sich Bedrohungen von Journalistinnen und Journalisten auf die freie Presseberichterstattung auswirken und diese einschränken können. Solchen Bedrohungen muss daher mit allen Mitteln entgegengetreten werden.

(Beifall bei der SPD)

Dem entschlossenen Vorgehen der Sicherheitsbehörden und Strafverfolgungsbehörden kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Lassen Sie es mich mit den Worten von Willy Brandt sagen - ich zitiere -:

„Die garantierte Presse- und Meinungsfreiheit ist ein für die Demokratie zu hohes Gut, als dass es von irgendeiner Seite beeinträchtigt werden sollte.“

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich komme zur Beantwortung der Frage 3:

Der von den Fragestellern zitierte Aufruf „Schützt die Pressefreiheit!“ enthält eine Reihe von Forderungen, die die Journalistinnen und Journalisten vor Nachstellungen, Bedrohungen, Gewalt aus der

rechten Szene schützen soll. Dieser Schutz ist auch für die Landesregierung von herausragender Bedeutung und ein wichtiges Anliegen.

Ich will ergänzen, was ich an anderer Stelle auch schon gesagt habe: Wenn Bedrohungen, Gefährdungen, Angriffe körperlicher und verbaler Art auf ehrenamtlich Tätige, auf hauptamtlich Tätige, die in dieser Gesellschaft Verantwortung tragen, auf Journalistinnen und Journalisten, die für die Pressefreiheit stehen, dazu führen, dass diese Menschen ihre Aufgaben, ihre Tätigkeiten nicht länger wahrnehmen wollen oder sich das aus Angst vor Konsequenzen nicht trauen, die aus diesen Drohungen für sie erwachsen können, dann, meine Damen und Herren, stirbt Demokratie von unten. Deswegen ist es eine zentrale Aufgabe, hier dagegen zu halten.

(Anhaltender Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Die Forderungen aus diesem Aufruf entsprechen in vielen Bereichen bereits der seit Langem geübten Praxis in Niedersachsen. Dies gilt insbesondere für die fortlaufende Sensibilisierung der Polizei für einen angemessenen Umgang mit Medienvertreterinnen und -vertretern. Ich will die entsprechenden Verhaltensgrundsätze in Erinnerung rufen, die schon vor Jahren auf den Weg gebracht worden sind.

Auch die niedersächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte sind sich der Bedeutung des Strafrechts für den Schutz von Meinungsfreiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bewusst.

Eine konsequente Strafverfolgung zählt auch in diesem Bereich zu den besonderen Anliegen der Landesregierung. Impressumspflichten sind bereits jetzt so ausgestaltet, dass Privatadressen nicht angegeben werden müssen. Auch können bereits nach geltendem Recht Auskunftssperren in Melderegistern eingerichtet werden. Die Landesregierung unterstützt die seitens des Bundes geplanten Verbesserungen zum Schutz bestimmter Berufsgruppen daher ausdrücklich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Minister Pistorius. - Zur ersten Zusatzfrage der AfD-Fraktion hat sich der

Kollege Ahrends gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident, vielen Dank. - Herr Minister, meine Frage bezieht sich auf die Server der rechten Szene. Stehen diese im Inland, sodass die Behörden Zugriff haben und gegebenenfalls die Betreiber zur Rechenschaft ziehen und die Server abschalten können?

Vielen Dank.

Danke schön.- Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ahrends, leider wissen wir nicht, wo diese Server stehen.

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich die Kollegin Hamburg gemeldet. Bitte sehr!