Protokoll der Sitzung vom 21.11.2019

Zur Erinnerung, falls Sie jetzt schon nicht mehr wissen, was Sie damals in der ersten Beratung dazu gesagt haben: „Auch wir wollen, dass das Land mehr baut.“ In der Schlussdebatte zu unserem Antrag haben Sie dann allerdings schon völlig anders geklungen und zu uns gesagt: Der Ansatz der AfD, einfach nur neu zu bauen, sei falsch.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das habe ich nicht gesagt!)

- Das steht im Protokoll, ich habe es nachgeschaut.

Und genau so liest sich Ihr Antrag auch. Sie reden mehr vom Aufsatteln.

Ihr Antrag ist länger als die eine Zeile, mit der wir das beantragt haben. Sie beschreiben ausführlich, was so eine Baugesellschaft eigentlich macht, nämlich Bauen, Sanieren und Kaufen. Das klingt detailliert, ist es aber nicht.

Bei Ihnen geht es dem Tonfall nach mehr ums Sanieren, ums Aufsatteln, ums Aufstocken, ums Verdichten, ums Nachverdichten, um Innenbebauung, kurz: um Dachböden und Ähnliches. Um das Wort „neu bauen“ machen Sie einen Bogen; bei Ihnen heißt das „selbst bauen“. Das wundert mich, denn Ihr Antrag legt eigentlich nahe, in großem Stil Bodenmanagement zu betreiben, also Böden und Grundstücke zu kaufen. Und was macht man auf denen anderes, als neu zu bauen?

Ich hoffe, ich habe Sie da ein bisschen festlegen können. Sind wir uns vielleicht einig? - Ja, auch Sie werden mit Ihrer Landeswohnungsbaugesellschaft neu bauen wollen, und das ist ja auch völlig in Ordnung.

In der Unterrichtung - zu unserem Antrag, wohlgemerkt - haben wir gehört, dass die Arbeitsgruppe Öffentliches Wohnungswesen selbst darüber diskutiert, Bauland und Böden stärker ins Eigentum der öffentlichen Hand zu bringen. Langfristig gesehen macht eine Landeswohnungsbaugesellschaft auch sehr viel Sinn. Die Betonung liegt auf „langfristig“. Wir als Politik müssen natürlich auch ein bisschen längerfristig planen. Aber was merken wir an ihrem Antrag? Die AfD wirkt - wenn auch manchmal bei den Falschen, in dem Fall bei der Opposition.

(Zustimmung bei Dana Guth [AfD])

Aber das ist wenigstens der Beweis, dass es wirkt: dass es bei denen landet und ankommt und sie die Tablette schlucken. Das ist zwar nicht entscheidend, weil sich die Regierungskoalition hier schon wieder so halb rauswindet. Aber immerhin ist unser Antrag nicht falsch gewesen.

Ihrer ist thematisch auch richtig. Ich weiß nicht, ob Sie vergesslich sind und sich nicht mehr so gern an das erinnern wollen, was wir selbst am 11. Juni beantragt haben, oder ob Sie jetzt schon so ungeduldig sind, wie es Herr Adomat diagnostiziert hat. Aber im Gegensatz zur SPD wollen Sie wenigstens etwas machen.

Bislang gab es zu diesem Thema erst eine einzige Aktuelle Stunde: vor einem Jahr, am 12. November. Das war ein wenig müde. Sie wollten lieber direkt in den sozialen Wohnungsbau investieren. Herausgekommen sind zwar 1 385 Wohnungen, aber bis 2030 wollen Sie 40 000 schaffen. Da darf ich dann doch mal fragen, wie Sie das das eigentlich hinkriegen wollen.

In der Unterrichtung wurde auch ein Gesetzentwurf von Herrn Minister Lies - dann heißt er Bauminister - für die Innenbereiche angekündigt. Er ist jetzt gerade mal wieder am Platz. Dieser Gesetzentwurf soll demnächst vorgelegt werden.

(Dirk Adomat [SPD]: Er ist doch im- mer am Platz!)

- Sie müssen sich öfter umdrehen. Dann wissen Sie, was auf der Bank los ist.

(Sabine Tippelt [SPD]: Das ist eine Frechheit!)

„Demnächst“, so hieß es im September, soll der angekündigte Gesetzentwurf aus Ihrem Hause für die Gestaltung der Innenbereiche vorgelegt werden. Vielleicht definieren Sie einfach einmal - es ist ja immer schwer, Sie zu greifen und konkret werden zu lassen - bzw. deuten Sie einmal an, was „demnächst“ heißt und wann dieser Gesetzentwurf kommt. Dann wäre es den Grünen vielleicht etwas schwerer gefallen, jetzt noch mit diesem Antrag zu kommen. Wie gesagt, Sie sind ein bisschen ungeduldig. Eventuell legen Sie da noch etwas vor.

Die Hilfe für die Bodenbevorratung soll die NBank vornehmen. Zum Thema Finanzierung und Bezahlung, Herr Meyer, haben Sie allerdings nichts gesagt. Das können Sie dann ja im Ausschuss nachholen. Wir freuen uns darauf und überweisen gern in diesen Ausschuss.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wirtz. - Für die CDUFraktion hat nun der Kollege Martin Bäumer das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bündnis 90/Die Grünen beantragt die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft auf Landesebene. Es ist ja nicht das erste Mal, dass diese Forderung erhoben wird. Insofern macht es Sinn, sich mit dieser Frage auch eingehend zu beschäftigen.

Wenn Sie, lieber Kollege Meyer, eine Landeswohnungsbaugesellschaft gründen wollen, dann brauchen Sie drei Dinge: Sie brauchen Personal, Sie brauchen Kapital, und Sie brauchen Grundstücke.

Ich glaube, das Problem beginnt schon beim Thema Personal. Nach dem, was ich von Experten aus der Wohnungsbaubranche höre, wäre es momentan schon schwierig, das Fachpersonal, dass dann in dieser Gesellschaft arbeiten soll, zu bekommen. Die Kollegin von der FDP hat das gerade auch gesagt. Ich glaube, das wird der erste Punkt sein, bei dem man Schiffbruch erleiden könnte.

Das Zweite ist das Thema Kapital. Das kann man sich natürlich besorgen, aber da sehe ich schon Ihren Kollegen Wenzel, der dann sagt: „Oh Gott, da wird sich wieder Kapital am Kapitalmarkt besorgt. Das sind neue Schulden. Was machen wir

da eigentlich?“ - Also, auch das ist nicht ganz unproblematisch.

Das Dritte, was man dann braucht, sind Grundstücke. Da, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir in der Vergangenheit ja schon erlebt, dass das nicht so ganz einfach ist. Da ist das Land auch relativ heterogen. Im Kern steckt hinter Ihrer Forderung ja die These, eine Landesgesellschaft könnte das alles viel günstiger.

Dazu will ich einmal mit einem Beispiel aus meinem Landkreis Osnabrück kommen. Dort ist es nämlich so, dass es eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft aus dem Wahlkreis von Herrn Calderone schafft, bei Neubauten mit Mieten von über 7 Euro zu starten, während es einem privaten Anbieter in meinem Wahlkreis gelingt, unter 6 Euro zu bleiben. Das zeigt, dass der Öffentliche nicht immer günstiger baut als der Private. Man kann es auch mit privaten Partnern hinbekommen, dass bezahlbares Wohnen entsteht.

(Zustimmung von Christian Calderone [CDU])

Auch das Bündnis für bezahlbares Wohnen hat sich mit der Frage beschäftigt, ob so eine Gesellschaft hilfreich wäre. Dazu liegen mir Unterlagen vor, aus denen ich einmal zitieren will. Da steht:

„Allerdings scheint nach überwiegender Auffassung der Arbeitsgemeinschaftsmitglieder unter den heute vorherrschenden Bedingungen die Gründung einer Gesellschaft zum jetzigen Zeitpunkt nicht realisierbar. Die Bereitstellung der notwendigen Mittel und des notwendigen Fachpersonals ist kurzfristig nicht möglich, weshalb dieser Weg nicht dazu beiträgt, den jetzt drängenden Problemen auf dem Wohnungsmarkt wirkungsvoll zu begegnen.“

Also, die Menschen aus über 60 Gruppierungen außerhalb der Politik, die da zusammengesessen haben, haben gemeinsam festgestellt, dass eine Wohnungsbaugesellschaft wohl nicht der richtige Weg ist. Insofern haben Sie sich an dieser Stelle wahrscheinlich Ihre Gedanken allein gemacht.

Zu dem, was Sie zu Bayern gesagt haben, Herr Kollege: Ja, das stimmt. Markus Söder und Co. haben eine Landeswohngesellschaft gegründet. Aber Sie haben vergessen, uns zu erzählen, dass diese Gesellschaft erst 2021 wirksam wird.

Herr Kollege Bäumer, entschuldigen Sie bitte! Der Kollege Schönecke möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Kollege Bäumer, vielen Dank.

Sie haben eben Bayern angesprochen. Spiegel Online wartet heute mit einer Statistik auf, wonach München jetzt nicht mehr Spitzenreiter hinsichtlich der Miethöhe ist, sondern auf Platz 6 zurückgefallen ist, und die Stadt Stuttgart, die bekanntlich seit Längerem von einem grünen OB regiert wird, bei den Mietpreisen mittlerweile die Spitzenstellung unter den Großstädten einnimmt.

Jetzt kommt die Frage!

Was, meinen Sie, hat das damit zu tun, dass man Wohnungsbaugesellschaften gründet?

Ich glaube, das von Ihnen, Herr Schönecke, genannte Beispiel zeigt, dass das Ganze eben keine Sache von Parteipolitik ist. Man kann feststellen, dass selbst in Bundesländern mit grüner Regierung und in Landeshauptstädten mit grünem Oberbürgermeister die Mieten davongaloppieren. Insofern scheint man auch dort nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. - Vielen Dank für diesen Hinweis.

(Beifall bei der CDU)

Ich fahre fort: Bayern kriegt seine PS erst 2021 auf die Straße. Nächstes Jahr passiert da gar nichts. Und dann - das ist die Kernbotschaft - wollen die mit kaum mehr als 20 Wohneinheiten starten.

Das große Land Bayern, das mehr als ein Jahr braucht, um zu starten, dieses große Land, in dem deutlich mehr Menschen als bei uns leben und das mit 20 Wohneinheiten startet, ist, so glaube ich, nicht das richtige Beispiel. Das ist kein Grund für die Behauptung: Die Bayern machen das besser als wir.

Der Bundesverband der deutschen Wohnungsbauunternehmen hat gestern 20 Vorschläge gemacht, wie man relativ schnell zu bezahlbarem Wohnraum kommt. Ich habe mir diese 20 Forderungen angesehen, will aber darauf verzichten, sie hier vorzutragen. An keiner Stelle steht in diesen Forderungen, man müsse eine Wohnungsbaugesellschaft gründen.

Darin stehen andere Dinge. Darin steht: Wir brauchen bezahlbare Maßnahmen zum Klimaschutz. Manche übertreiben an dieser Stelle, weil sie glauben, dass das wichtiger sei, als bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Wir müssen uns mit der EEG-Umlage befassen. Eigentlich sollte sie sinken. Sie steigt aber eher und macht das Wohnen teurer. Wir brauchen einen vernünftigen CO2-Preis, damit sich keine Fehlwirkungen ergeben. Und wir brauchen mehr Personal in den Genehmigungsbehörden. Daran krankt es teilweise. Ich glaube, in diesen Bereichen könnte man viel mehr Impulse setzen als mit der Einrichtung einer Landeswohnungsbaugesellschaft.

Lieber Kollege Meyer, seien wir ehrlich! Die neue Förderrichtlinie für den sozialen Wohnungsbau in Niedersachsen ist gerade erst seit ein paar Monaten auf dem Markt. Trotzdem ist es schon gelungen, eine ganze Menge anzuschieben. Das könnte natürlich mehr sein. Aber nachdem wir gesagt hatten, dass es eine neue Richtlinie geben wird, haben viele auf diese Richtlinie gewartet. Manches Mal gibt es, wenn etwas Neues angekündigt wird, zunächst einmal einen Stau, und dieser muss dann abgearbeitet werden. Insofern hat mein Kollege Adomat völlig recht: Das, was Sie hier beantragen, kommt eigentlich zu früh. Wenn Sie das vernünftig machen würden, würden Sie dem Ganzen noch sechs Monate Zeit geben. Sie würden dann sehen, dass noch eine ganze Menge kommt. Wir sind sicher, dass noch weitere Anträge formuliert werden.

Zu der Frage, wie schnell Wohnungen gebaut werden können und welcher Vorlauf dafür erforderlich ist, will ich darauf verzichten danach zu fragen, wer früher hier in Niedersachsen regiert hat. Das würde uns an dieser Stelle auch nicht weiterbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, es macht Sinn, über einen Punkt aus Ihrem Antrag nachzudenken, nämlich über das Thema Energie. Es macht Sinn, intensiver über das nachzudenken, was mein Kollege Adomat gesagt hat, und zu schauen, ob es nicht auch noch andere Unternehmen gibt, die eingebunden werden könn

ten. Es ist ja nicht so, dass niemand in Niedersachsen Wohnungen bauen würde. Es gibt genug Gesellschaften, auch kluge Gesellschaften, auch Genossenschaften. Die kann man alle motivieren. Ich glaube nicht, dass wir eine neue Gesellschaft brauchen. Es bedarf eher anderer Dinge, um das Ganze voranzutreiben.