Protokoll der Sitzung vom 21.11.2019

Vielen Dank. - Bitte, Frau Ministerin!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Stiftung Opferhilfe und der Weiße Ring haben immer schon sehr eng zusammengearbeitet, sich gut vernetzt, sich miteinander ausgetauscht und die entsprechenden Bedarfe gemeinsam abgedeckt. Das sind keine Konkurrenten, sondern das sind gemeinsam mit einem Anliegen bestehende Organisationen.

Das Gleiche gilt für andere Einrichtungen. Im Landespräventionsrat, bei Programmen gegen Rechtsextremismus oder wo auch immer Opfer zu beklagen sind, verschaffen sich die Stiftung Opferhilfe und der Opferschutzbeauftragte stetig einen Überblick und vernetzen sich.

All das wird niemals als Konkurrenzveranstaltung angesehen, sondern es ist immer ein Zusammenwirken zum Schutze von Opfern und auch zur Vorbeugung, damit Opfer erst gar nicht entstehen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei Andrea Schröder-Ehlers [SPD])

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Kollege Limburg hat das Wort zur zweiten Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der schrecklichen Vorfälle in Lügde, die Sie selber angesprochen haben, und vor dem Hintergrund

der Berichte, dass die dortige Landesopferschutzbeauftragte in einem Brief an die Betroffenen deutlich sichtbar mit Absender „Opferschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen“ die Personen gegen ihren Willen quasi geoutet hat, frage ich Sie: Was unternehmen Sie oder Herr Pfleiderer, um solche Dinge in Niedersachsen auszuschließen, damit so etwas hier nicht vorkommt?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Bitte, Frau Ministerin Havliza!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Limburg, mir steht es nicht an, das Agieren einer Opferschutzbeauftragten aus einem anderen Bundesland zu kommentieren oder zu kritisieren.

Die einfachste Antwort kann lauten, so etwas einfach nicht zu schreiben. Allerdings muss man sagen: Der Opferschutzbeauftragte des Landes Niedersachsen ist qua seiner beruflichen Vita sehr sensibel dafür, unbewusst oder bewusst, fälschlicherweise oder unglücklicherweise Daten oder Namen preiszugeben. Er wird das sicherlich sehr gut im Blick haben, wann man was irgendwo öffentlich oder auch offen darlegt. Da bin ich mir ganz sicher. Wie gesagt, am besten wäre es, so etwas nicht zu schreiben.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen mehr vor, sodass ich die Aussprache eröffne.

Frau Ministerin Havliza hat ihre Redezeit um vier Minuten überzogen. Das heißt, die Fraktionen erhalten diese Redezeit zusätzlich, sodass ihnen acht Minuten für das Statement zur Verfügung stehen.

Zu Wort gemeldet hat sich für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Dr. Niewerth-Baumann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Opfer kann jeder werden - Opfer eines Terroranschlags, Opfer eines Amoklaufs, Opfer einer Gewalttat oder einer anderen Straftat. Es sind allerdings nicht nur

diese großen Fälle, die uns aus der Presse und aus den Medien bekannt sind. Es sind auch die kleinen Gewaltdelikte, die kleinen Verbrechen, die die Menschen schwer belasten. Das müssen wir dabei bedenken. Wir denken immer nur an die großen Schlagzeilen, die wir lesen. Es ist auch wichtig zu erkennen, dass viele Menschen Opfer von kleinen Straftaten sind, über die vielleicht nicht einmal in der Zeitung berichtet wird, die diese Opfer aber auch besonders belasten.

Alle Opfer benötigen schnelle, unbürokratische und qualifizierte Hilfe. Frau Ministerin, ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass wir in Niedersachsen sehr gut aufgestellt sind. Es gibt die Stiftung Opferhilfe mit den elf Opferhilfebüros in den Landgerichtsbezirken. Es gibt die psychosoziale Prozessbegleitung mit 54 Fachkräften, und es gibt das Trauma-Netzwerk Niedersachsen mit 22 Kliniken für Erwachsene und 10 Einrichtungen für Kinder und Jugendliche.

In meinem Beruf als Anwältin und dort insbesondere als Fachanwältin für Medizinrecht hatte ich es schon häufig mit diesem gut aufgestellten Land zu tun, wenn ich Opfer von Gewalt- und Straftaten beraten durfte, die einen Berechtigungsschein für eine für sie als Opfer kostenlose Beratung bei einem Anwalt bezüglich der medizinrechtlichen Folgen einer solchen Gewalttat bekamen.

Wir sind also gut aufgestellt in Niedersachsen. Das erfreut uns natürlich. Wir freuen uns besonders, dass jetzt auch der Landesbeauftragte für Opferschutz, Herr Thomas Pfleiderer, seine Arbeit aufgenommen hat und dass er heute hier ist. Mit ihm erhält die Opferhilfe in Niedersachsen ein Gesicht, und das ist gut so. Wir wünschen ihm und seinem Team sehr viel Erfolg.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Andrea Schröder-Ehlers [SPD])

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nun erhält für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Schröder-Ehlers das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es gehört: Niedersachsen ist beim Opferschutz gut aufgestellt. Die Entscheidung der Landesregierung, einen Opferschutzbeauftragten zu ernennen, war richtig. Dies folgt der

Verabredung der Bundesregierung und der Bundesländer.

Herrn Pfleiderer übermittle ich seitens der SPDFraktion ganz herzliche Glückwünsche und wünsche ihm für die verantwortliche Tätigkeit alles Gute.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Pfleiderer, die ersten Arbeitstage, habe ich mir sagen lassen, haben schon sehr deutlich gezeigt, wie wichtig Ihre Aufgabe ist und wie viel Nachfrage nach Ihrer Expertise besteht.

Meine Damen und Herren, falls Sie sich selbst einmal einen Überblick verschaffen wollen, falls Sie selbst einmal gefragt werden, verweisen Sie gern auch auf die Homepage des Opferschutzbeauftragten. Sie ist wirklich gut aufgebaut. Hier finden Sie viele Informationen, die weiterhelfen können.

Es ist richtig, für die Fälle von Anschlägen und großen Schadensereignissen eine Struktur aufzubauen, die schnell und professionell helfen kann. Ich selbst erinnere mich noch an das große Zugunglück in Eschede vor 20 Jahren. Eine Nachbarin saß in diesem Zug, der verunglückt ist, und hat von ihren Erlebnissen berichtet. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern können. Es gab über 100 Tote, sehr viele Schwerverletzte. Wie durch einen Zufall waren viele Pastoren in der Nähe, die auf einem Seminar waren, die dann schnell zur Unglücksstelle eilen und den Opfern und auch den Einsatzkräften zur Seite stehen konnten.

In der Folge führte das dazu, dass man für Einsatzkräfte eine Begleitung aufgebaut hat, damit man Einsatzkräften heute besser helfen kann. Dieser Einsatz hat in der Evaluation aber auch gezeigt, dass es wichtig ist, dass jene, die helfen wollen, eine gute Ausbildung haben. Alleine die Bereitschaft zu helfen, reicht nicht. Vielmehr muss man sehr genau wissen, was man tut.

Wir begrüßen es sehr, dass jetzt nicht nur diese Struktur für Einsatzkräfte entsteht, sondern dass es auch eine professionelle Struktur für die Opfer solcher Unglücke gibt. Ich will aber auch sagen, meine Damen und Herren, dass wir in Niedersachsen schon seit sehr vielen Jahren im Opferschutz gut aufgestellt sind. Im Jahr 2001 hat die SPDFraktion für Niedersachsen und damit für das erste Bundesland beantragt, eine Struktur aufzubauen, die dann in Form der Stiftung Opferhilfe gegründet worden ist. Bereits im Jahr 2001 konnte die Stif

tung Opferhilfe ihre Tätigkeit aufnehmen. Sehr schnell ist dann auch in allen elf Landgerichtsbezirken ein Opferhilfebüro eingerichtet worden.

Es war übrigens damals Dr. Christian Pfeiffer, der dies angeschoben hat. Ich will ihm an dieser Stelle noch einmal für diese vorbildliche Arbeit, die er hier geleistet hat, danken. Er hat Niedersachsen damit wirklich in diese Vorreiterposition gebracht.

In der Zwischenzeit - mir liegen die Zahlen bis Ende 2018 vor - konnte mehr als 26 000 Opfern von Straftaten geholfen werden. Allein im letzten Jahr waren es 2 357 Menschen, denen die Opferhilfebüros mit Rat und Tat zur Seite stehen konnten.

Noch eine Zahl ist vielleicht interessant: Seit 2001 sind mehr als 6,3 Millionen Euro im Wege der schnellen Hilfe an Betroffene ausgezahlt worden.

Meine Damen und Herren, auch wenn unsere Präventionsangebote mittlerweile schon sehr gut ausgebaut sind - wir haben es gehört; wir sehen es immer wieder; wir haben es jetzt an dem Mord an Herrn von Weizsäcker gesehen -, können nicht alle Straftaten verhindert werden. Jeder kann Opfer einer Straftat werden. Aber wenn jemand Opfer einer Straftat geworden ist, dann dürfen wir uns nicht nur darum kümmern, dass die Täter ein Verfahren bekommen; wir müssen uns auch um die Opfer kümmern. Dafür haben wir eine Verantwortung. Wir müssen den Opfern helfen, ihre erlittenen körperlichen, psychischen und auch materiellen Schäden zu kompensieren.

Dazu ist es wichtig - auch das ist schon gesagt worden -, dass wir die Opferhilfebüros nicht als Konkurrenz im Markt sehen, sondern dass es eine gute Zusammenarbeit mit allen Einrichtungen, die sich in diesem Bereich betätigen, gibt. Dazu gehört selbstverständlich der WEISSE RING. Das will ich hier auch noch einmal ausdrücklich sagen.

In der letzten Legislaturperiode konnten wir unsere Vorreiterrolle im Opferschutz ausbauen. Wir haben unter Rot-Grün, unter Ministerin Niewisch-Lennartz, die psychosoziale Prozessbegleitung besonders voranbringen können. Auch hier waren es übrigens wieder die Opferhilfebüros, die durch ein Projekt dafür gesorgt haben, dass Qualitätsstandards und ein Schulungskonzept entwickelt werden konnten. Das ist ein sehr gutes Verfahren, das wir damals unter Rot-Grün angestoßen haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In dieser Legislaturperiode ist nun der Opferschutzbeauftragte hinzugekommen. Das ist, so denke ich, eine sehr gute Weiterentwicklung. Ich bin mir sehr sicher, dass es auch in Zukunft weitere Handlungsbedarfe gibt.

Abschließend möchte ich noch einmal allen, die sich im Opferschutz betätigen, ganz herzlich danken. Viele Hauptamtliche, aber auch sehr viele Ehrenamtliche helfen hier. Ihnen allen einen großen Dank. Ich hoffe sehr, dass diese gute Arbeit auch in Zukunft gut weitergeführt werden kann.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung bei der CDU und von Helge Limburg [GRÜNE])

Vielen Dank, Frau Kollegin Schröder-Ehlers. - Nun erhält in der Aussprache Herr Kollege Dr. Genthe für die FDP-Fraktion das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir von der FDP-Fraktion begrüßen es ausdrücklich, dass Niedersachsen nunmehr einen zentralen Ansprechpartner für die Opfer von Straftaten bekommt. Mit Thomas Pfleiderer ist eine integre Person gefunden worden. Als ehemaliger Leitender Oberstaatsanwalt verfügt er zudem über das notwendige Fachwissen.

Ich kenne Thomas Pfleiderer als Vorsitzenden des Landesfachausschusses der FDP für Innen und Recht. Daher weiß ich, dass er auch eine Persönlichkeit ist, die sich mit der notwendigen Sensibilität um die betroffenen Menschen kümmern kann. Ich wünsche Thomas Pfleiderer viel Glück und die notwendige Kraft in diesem Amt.

(Beifall bei der FDP sowie Zustim- mung bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, mit Niedersachsen haben jetzt sechs Bundesländer eine solche zentrale Anlaufstelle. Die Opfer und ihre Angehörigen fühlen sich zu oft alleingelassen. Es ist richtig, dass der Staat darauf reagiert. Gerade bei Vorkommnissen mit vielen Opfern, wie z. B. bei Anschlägen, Zugunglücken oder Ähnlichem, ist eine solche Anlaufstelle für die Menschen extrem wichtig.