Es ist ernüchternd, zu sehen, wenn sich etwas bewegt - und es hat sich etwas bewegt, seitdem Ihr letzter Antrag gestellt worden ist -, dass sich trotzdem in hochrangig wissenschaftlich besetzten Gremien, wie sie ja zwischen der Bundesärztekammer, dem Paul-Ehrlich-Institut usw. gebildet worden sind, um zu einer neuen Richtlinie zu kommen, quasi durch die Hintertür auch bei hochrangigen, reflektierenden Wissenschaftlern weiterhin Vorurteile halten oder neu einschleichen, die in wesentlichen Punkten gerade nicht dazu führen, dass diskriminierende Formulierungen nicht mehr vorkommen.
Es ist wichtig, auf das Risikoverhalten abzustellen. Es wird aber schwierig sein, eine lebenspraktische Regelung zu finden. Denn es bleibt ein diagnostisches Fenster, in dem noch nicht nachgewiesen werden kann, ob bestimmte Infektionskrankheiten bei einem Menschen, der spenden will, vorliegen.
Ansonsten bleibt festzuhalten: Jeder, jede und alles, was sich dazwischen verortet, der, die oder das spenden möchte, ist herzlich dazu eingeladen und ist als Spender willkommen. Über den Sicherheitsaspekt werden wir sicherlich auch ausführlich beraten und Unterrichtungen bekommen, welche Überlegungen es insgesamt gibt, um dann zu einem guten Antrag zu kommen. Ich freue mich auf die Beratungen.
Vielen Dank, Frau Dr. Wernstedt. - Für die AfDFraktion erhält nun Herr Abgeordneter Stephan Bothe das Wort.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss Ihnen hier doch vehement widersprechen.
Ihr Antrag ist ein alter Hut, den Sie in ähnlicher Form, wenn auch mit anderen Parametern, schon 2014 gestellt haben. Die Kernaussage damals wie heute ist: „Diskriminierung“.
dem übergeordneten Ziel, Patientinnen und Patienten, die Bluttransfusionen benötigen, nach dem Stand von Wissenschaft und Technik sicher vor der Übertragung von Virusinfektionen zu schützen.“
Das gilt selbstverständlich auch noch im Jahr 2019. Die Bundesärztekammer und das PaulEhrlich-Institut legen nämlich diese Richtlinien nicht nach Gutdünken oder aus Boshaftigkeit - wie das hier schon fast herüberkam - fest, sondern nach wissenschaftlichen Kriterien. Wenn der aktuelle wissenschaftliche Stand - die Zahlen liefere ich Ihnen gleich - für Sie diskriminierend ist, dann gefährden Sie vorsätzlich die Gesundheit und das Leben von Menschen, die auf Bluttransfusionen angewiesen sind.
Im Übrigen - das wurde eben schon erwähnt - hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil die Auffassung vertreten, sowohl ein Ausschluss als auch eine zeitlich befristete Rückstellung seien mit EU-Recht vereinbar.
Das Robert Koch-Institut schreibt dazu: Sex unter Männern ist nachweislich mit einem erhöhten Infektionsrisiko für sexuell übertragbare Infektionen einschließlich HIV verbunden. Daher ist die Rückstellungspflicht von zwölf Monaten gut begründet, eine Diskriminierung liegt nicht vor.
Das Problem mit der zwölfmonatigen Rückstellungspflicht ist derzeit das diagnostische Fenster, also die Diskrepanz zwischen der Ansteckung und der Nachweisbarkeit einer Infektion im Blut. Dabei reden wir nicht nur über HI-Viren, Hepatitis-B- und -C-Viren, die nach wenigen Wochen nachweisbar sind, sondern beispielsweise über das Zika-Virus,
Hepatitis-A-Virus oder den Gonorrhoe-Erreger, die längere Zeit unerkannt im Blut zirkulieren können.
Aber nun zu den versprochenen Zahlen. 85 % der Syphilis-Neuinfektionen gehen auf Männer zurück, die Geschlechtsverkehr mit anderen Männern haben. Fast 70 % der HIV-Neuinfektionen gehen auf Männer zurück, die Geschlechtsverkehr mit Männern haben.
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Nen- nen Sie doch einmal absolute Zahlen! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Insgesamt lebten Ende 2018 geschätzt 87 900 Menschen mit HIV in Deutschland; davon waren 53 000 Männer, die mit anderen Männern Sex haben. Über 60 % der HIV-Infizierten sind homosexuelle Männer, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung nur ein Bruchteil ist. Natürlich sind dadurch homosexuelle Männer in diesem Kontext eine Hochrisikogruppe, genauso wie Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter; männlich oder weiblich spielt dabei keine Rolle. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.
Aber es gibt ja auch Hoffnung für Sie, werte Kollegen: Im Herbst 2019 soll eine Studie des Robert Koch-Institutes zu den Auswirkungen und Änderungen der Richtlinie starten, insbesondere auch in Bezug auf die Änderung der zeitlichen befristeten Rückstellungen. Also warten wir bitte ab, welche Ergebnisse diese Studie bringt! Dann lassen Sie doch bitte die Bundesärztekammer zusammen mit der Wissenschaft hier neue Parameter schaffen!
Das Risiko in Deutschland, sich über eine Blutkonserve mit einer Krankheit zu infizieren, ist 1 : 5 000 000. Wir wollen, dass es dabei bleibt.
(Beifall bei der AfD - Julia Willie Ham- burg [GRÜNE]: Dass Sie die absolu- ten Zahlen der Neuinfektionen nicht genannt haben, ist bezeichnend!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich den Redebeitrag des Kollegen Bothe noch einmal einordnen, weil er nicht auf die bestehende Diskriminierung eingegangen ist und auch keinen Grund genannt hat, warum diese Diskriminierung fortbestehen soll.
Die einschlägigen Tests der Blutkonserven haben die Sicherheit, alles abzudecken, was in dem Zeitraum von vor vier Monaten an Infektionen stattgefunden hat. Alle Blutspender werden auf ihr sexuelles Risikoverhalten in den letzten vier Monaten hin befragt. Nur Männer, die Sex mit Männern haben, müssen sich merkwürdigerweise für einen Zwölfmonatszeitraum rechtfertigen und müssen darlegen und bestätigen, dass sie in den letzten zwölf Monaten keinen Geschlechtsverkehr mit einem Mann praktiziert haben. Den genauen Grund hierfür kann bisher niemand erklären.
Ich kann Ihnen sagen: Es gibt viele homosexuelle Beziehungen, die monogam sind. Da gibt es kein sexuelles Risikoverhalten. Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, warum diese Menschen zwölf Monate keinen Geschlechtsverkehr in einer monogamen Beziehung, in einer Ehe miteinander praktizieren sollen, weil sie nur dann Blut spenden können.
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. Auf Ihren Beitrag hat sich Herr Bothe zu einer Kurzintervention gemeldet.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Wofür soll ich mich entschuldigen, Frau Kollegin? Ich habe nur die Fakten genannt. Es geht hier überhaupt nicht um Diskriminierung. Ich denke, wir sollten solche Wörter aus diesem Bereich herausnehmen; denn es geht hier um Fakten, es geht um Risikofaktoren.
Es gibt Infektionen, die eine längere Zeit brauchen, bis sie im Blut nachgewiesen werden können. Deswegen hat die Bundesärztekammer hier Richtlinien erlassen. Ich habe vorhin ausgeführt, dass es Hochrisikofaktoren und Risikogruppen gibt. Homosexuelle gehören nach den Zahlen, die ich Ihnen eben genannt habe, dazu.
Damit will ich überhaupt nicht despektierlich sein, dass es Menschen gibt, die schöne, monogame Beziehungen miteinander haben. Das ist ja auch wunderbar. Hier geht es aber um die Gesundheit der Menschen und der Bevölkerung, die an erster Stelle stehen sollte. Ich glaube, das sehen die meisten homosexuellen Menschen in Deutschland genauso.
(Beifall bei der AfD - Julia Willie Ham- burg [GRÜNE]: Das können Sie wohl nicht beurteilen! Das kann ich Ihnen sagen!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bothe, ich kann Ihnen sagen, dass es viele homosexuelle Männer in Deutschland gibt, die bereit wären, Blut zu spenden, und die das auch guten Gewissens tun könnten, weil sie kein sexuelles Risikoverhalten haben. Sie haben es hier wieder versäumt, darzulegen, warum sich diese Gruppe für einen anderen Zeitraum rechtfertigen muss als alle anderen.
Diskriminierung ist, wenn man sich eine Gruppe Menschen heraussucht und anders behandelt als andere. Das ist Diskriminierung, und das findet hier statt. Aber ich weiß, dass Sie mit der Begriffsdefinition „Diskriminierung“ ein Problem haben.
Wer diesen Antrag in den Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung überweisen möchte, den bitte ich nunmehr um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann haben Sie so beschlossen.