Protokoll der Sitzung vom 17.12.2019

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Woche ist eine Woche der großen Enttäuschungen.

(Zurufe bei der CDU: Oh!)

Die Klimakonferenz von Madrid - das werden Sie nicht bestreiten können - ist trotz der gemeinsamen Erklärung faktisch gescheitert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was hätte das hier bei uns für ein Signal und für eine Ansage an diese Landesregierung sein können! Die klare Ansage ist, endlich mehr zu tun als zu sagen: „Wir müssen mal prüfen“, „wir müssen mal gucken“, „wir müssen die Deiche ein bisschen erhöhen“, und „wir doktern an dem herum, was in der Zwischenzeit passiert ist“!

Völlig klar: Wir müssen nach der langen Zeit des Zauderns endlich mutig und beherzt den Klimaschutz angehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zumindest die neue EU-Kommission hat das klar erkannt. Dagegen liest sich das Klimapäckchen der Bundesregierung, das den Vermittlungsausschuss erreicht hat, wie Klein-Klein. Wenigstens haben wir es noch geschafft, die allernötigsten Korrekturen vorzunehmen. Das ist immerhin ein bisschen. Aber viele andere, außerhalb der politischen Runden, sind schon bedeutend weiter: Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften, die jungen Leute von Fridays for Future.

Sie, Herr Ministerpräsident, haben letzte Woche über die Studie des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und des DGB gesprochen und sie uns als Leselektüre empfohlen.

(Die Rednerin zeigt die genannte Studie)

Diese Studie ist in der Tat ein echter Lesetipp. Aber das gilt insbesondere für Ihre eigene Landesregierung, Herr Weil.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da steht nämlich sehr deutlich drin, was es braucht: 45 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist die Summe, die Deutschland braucht, um endlich mit Klimaschutz und Modernisierung nach vorn zu kommen. Und noch mehr: Führende Industrievertreter und die Gewerkschaften empfehlen, endlich von dem Mantra der schwarzen Null abzulassen.

Meine Damen und Herren, dieser Alarmruf von DGB und BDI gehört nicht unter das Kopfkissen. Sie müssten eigentlich alle noch aus der Schulzeit wissen: Das hat damals schon nichts genutzt. Dieser Alarmruf gehört bei Ihnen auf den Kabinettstisch!

Auf die Überlegungen, die in dieser Studie stehen, hätten Sie übrigens lange schon selber kommen und sie in die Zukunftsstrategie für Niedersachsen einfließen lassen können. Das auch nicht für irgendwann und nicht erst für 2030, sondern jetzt für diesen Haushalt.

Warum, Herr Ministerpräsident Weil, warum, Herr stellvertretender Ministerpräsident Althusmann,

findet sich von diesen guten Ratschlägen so gut wie nichts in Ihrem Haushalt?

Was die Fraktionen von SPD und CDU angeht, müssen wir die an dieser Stelle ausdrücklich loben. Die haben ja versucht, die Löcher zu stopfen. Aber gemessen an dem, was Niedersachsen für die Zukunft braucht, liest sich dieser Haushaltsentwurf immer noch wie eine Mängelliste.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Er ist steckengeblieben in Problembeschreibungen und in Minimalkompromissen. Das ist kein Zukunftsplan für Niedersachsen. Mit diesem Haushalt - das kann ich Ihnen jetzt schon sagen - werden Sie noch nicht einmal über das erste Halbjahr 2020 kommen. Auf den Nachtragshaushalt warten wir schon.

Sie haben ja im Kabinett einen Arbeitskreis zum Klimaschutz gegründet. Sie nennen ihn „Lenkungsausschuss“. Wenn der mehr sein soll als eine Beschäftigungstherapie, dann muss der auch Maßnahmen auf den Weg bringen. Diese Maßnahmen werden Geld kosten.

Keine Frage: Wenn das Klima extremer wird, wenn wir Hochwasser haben, wenn wir Dürren haben, muss man akut handeln. Natürlich muss man die Deiche aufstocken. Aber das geht doch noch nicht an die Ursachen, das geht doch nicht dahin, dass wir wirklich etwas ändern. Das bleibt doch Flickschusterei. Das ist Murks.

Es ist übrigens auch volkswirtschaftlicher Unfug, was Sie da machen. Deshalb noch einmal - auch für Sie, Herr Hilbers, den Kassenwart der GroKo für die schwarze Null -: Alles, was wir jetzt nicht angehen, egal, ob das Klimaschutz ist, ob das sozialer Wohnungsbau ist, ob das bei der Verkehrsinfrastruktur ist, ob das in der Landwirtschaft ist oder bei der Bildung: Für die Versäumnisse wegen Ihrer schwarzen Null, Herr Hilbers, zahlen andere. Sie nicht mehr.

Meine Damen und Herren, wir haben die Ankündigungen von Olaf Lies zu diesem sogenannten Klimagesetz noch im Ohr. Wir sollten uns schon

einmal auf die vielen Maßnahmen freuen. Die kämen ganz sicher, die kämen ganz bald, ganz fest versprochen, Ehrenwort!

(Minister Olaf Lies [SPD]: Ja! - Zuruf von Christian Meyer [GRÜNE])

Mal ehrlich, Herr Lies: Für diesen Haushalt haben Sie sich doch schon wieder den Schneid abkaufen lassen. Denn Geld für richtige Maßnahmen ist da nicht drin.

Wir Grünen haben in den vergangenen Monaten konkrete Vorschläge vorgelegt: einen Klimafonds mit 1 Milliarde Euro. So bekämen wir genügend Schlagkraft für diesen Haushalt, für die Verkehrswende, für die Wärmewende und den Klimaschutz. Das wäre Politik, die nach vorn schaut, Herr Lies.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Für Veränderungen muss man streiten. Wir erleben das gerade besonders bei der Landwirtschaft. Den Landwirtinnen und Landwirten ist viel zu lange vorgegaukelt worden, dass die Folgen ihres wirtschaftlichen Handelns einfach grüner Quatsch wären. Mit Hochwasser und Dürre hat uns alle dann aber die Wirklichkeit eingeholt, und die Bäuerinnen und Bauern fühlen sich zu Recht verschaukelt.

(Jörg Hillmer [CDU]: Von den GRÜ- NEN! - Gegenruf von Christian Meyer [GRÜNE])

Die, die jetzt mit den Traktoren in Berlin und in Hannover demonstrieren - wir haben das gesehen -, die meinen Sie, CDU, und Sie, SPD. Denn Sie sind jetzt diejenigen, die für Planungssicherheit sorgen müssen.

Es wird Zeit, über die Zukunft der Landwirtschaft zu reden - nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg, sondern mit den Betroffenen gemeinsam.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Helmut Dammann-Tamke [CDU])

- Du weißt doch selber, ihr wisst doch alle selber, dass ein einfaches „Weiter so!“ nicht mehr geht, Herr Dammann-Tamke.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Kann er bitte gesiezt werden?)

Ihr wisst doch schon selbst - ich kann Herrn Dammann-Tamke auch siezen -: Die Landwirte und ihre Familien brauchen diese Planungssicherheit.

Ich sage Ihnen - das wissen Sie aber auch selbst -: Der Streit mit den Landwirten wird sich lohnen. Trauen Sie denen doch ruhig einmal was zu! Auch Herrn Dammann-Tamke kann man einiges zutrauen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU)

Aber lassen Sie die Landwirte in Niedersachsen nicht mit den Folgen von Dürre und Hochwasser im Regen stehen!

Meine Damen und Herren, nehmen wir jetzt einmal den Verkehr: Busse und Bahnen sind längst beliebt geworden. Die jungen Leute und Azubis gehen für ein 365-Euro-Ticket auf die Straße. Zu Recht! Deshalb schlagen wir ja dieses Ticket auch vor. Wenn das nämlich in Hessen geht, dann wird das auch bei uns gehen. In Hessen geht das übrigens nicht nur für die jungen Leute, sondern auch für die Senioren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist dann auch sozial. Denn beim Klimaschutz muss beides mitgedacht werden: das Klima und die soziale Gerechtigkeit.

Meine Damen und Herren, apropos soziale Gerechtigkeit: Wo steckt in Ihrem Haushalt eigentlich die bahnbrechende Initiative für bezahlbaren Wohnraum? Mit den bisherigen Zielvorgaben liegen Sie weit unter dem Bedarf. Das sagen nicht nur wir, das hat Ihnen auch die Landesarmutskonferenz ins Stammbuch geschrieben.

Sozialen Wohnungsbau zu finanzieren und dafür die CO2-Bepreisung zu nutzen, das wäre eine kluge Idee. Sozialwohnungen zu sanieren wäre eine noch klügere Idee, weil wir dadurch dort den Energieverbrauch senken würden, wo er wirklich wehtut: wenn die Heizungen im Winter kalt bleiben, weil das Geld ausgeht.

Das alles können wir allein auf Landesebene tun. Wir haben dazu das Konzept für eine grüne Wärmewende in Gebäuden vorgelegt, wir haben Ihnen etwas zu guter Bildung für alle - von klein auf und zur verpflichtenden dritten Kraft in den Kitas - aufgeschrieben.

Herr Tonne, wenn an den Schulen Lehrerstellen unbesetzt bleiben, dann hat das auch etwas mit der Arbeitsbelastung in den Schulen zu tun und mit der vergleichsweise schlechten Bezahlung.

Deutschland rutscht in den internationalen PISAVergleichen immer stärker ab. Eine angemessene Bezahlung der Lehrkräfte, gerade an den Haupt

schulen, wäre ein guter und erster wichtiger Schritt gewesen. An den Haupt- und Realschulen hätten Sie etwas tun können. Das hätte in Ihrer Verantwortung gelegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, warum verharrt diese GroKo so oft im Klein-Klein? Ihr Nichtstun besteht aus Nichts, und dieses Nichts ist düster. Es ist Ihre schwarze Null. Sie stehen mit dem Fuß auf der Schuldenbremse und fragen sich, warum Sie nicht vorankommen.