Protokoll der Sitzung vom 17.12.2019

Die Hochschulen sind das Herzstück des Wissenschaftssystems. Sie sind Orte der Ideen, der Innovation. Die differenzierte Hochschullandschaft in Niedersachsen prägt und bereichert die Innovationsfähigkeit unseres Bundeslands als Wissenschafts-, Industrie- und Technologiestandort. Mit dem vorgelegten Entwurf stärken wir diesen Standort.

Ich mache an dieser Stelle Schluss. Jetzt wird Hanna Naber zum Bereich Kultur sprechen, wenn sie denn darf.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung von Jörg Hillmer [CDU])

Vielen Dank, Frau Lesemann. - Mir liegt tatsächlich eine Wortmeldung der Abgeordneten Hanna Naber von der SPD-Fraktion zum Kulturbereich vor. Bitte, Frau Naber!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kultur darf niemals einer Idee von Nützlichkeit unterworfen werden. Sie ist keine Optimierungsmaßnahme. Sie ist identitätsstiftend, fördert kritisches Denken und die Vermittlung demokratischer Werte. Kulturgüter sind keine Ware wie jedes andere Gut, sondern sie sind kulturelles Erbe, ein kollektives Gedächtnis.

Deshalb ist es so wichtig, dass die Politik die Kultur und deren Freiheit beschützt. Die Gelder, die wir mit diesem Haushalt beschließen, dienen dieser Sache.

Ich bin stolz auf die Kulturlandschaft Niedersachsens in Stadt und Land, auf die vielfältigen Kultureinrichtungen, die - auch wenn sie manchmal sehr knapp haushalten müssen - ihre gesellschaftliche Rolle mit Engagement und Leidenschaft ausfüllen. Dafür danken wir seitens der SPD-Landtagsfraktion allen, die ehren- oder hauptamtlich in der Kultur tätig sind.

(Beifall bei der SPD)

Kommen wir nun zu einigen Maßnahmen, die beispielhaft für den Kulturetat stehen sollen!

Mit Mitteln in Höhe von 2,5 Millionen Euro fördern wir Investitionen in kleinere Kultureinrichtungen und die Soziokultur. Zugleich sorgen wir mit mehr als 200 000 Euro für den Tarifausgleich in unseren kommunalen Theatern und somit für gerechtere Arbeitsbedingungen - für uns Sozialdemokratinnen eine Herzensangelegenheit.

Auch die Theaterpädagogik profitiert mit 250 000 Euro von unserer politischen Liste und kann damit ihre wertvolle Arbeit auf hohem Niveau fortsetzen.

Die Landschaften, die sich u. a. um den Erhalt der plattdeutschen Sprache kümmern und kulturell nicht wegzudenken sind, erhalten 380 000 Euro zusätzlich.

(Ulf Thiele [CDU]: Dat ist heel wichtig!)

- Heel wichtig, seggt der Kollege Thiele.

Sehr erfreulich ist zudem, dass wir das Programm „Wir machen die Musik!“ mit Mitteln in Höhe von 500 000 Euro unterstützen. Musik ist ein wichtiger Bestandteil der Bildung. Wir wollen weiter dafür Sorge tragen, dass alle Kinder in Niedersachsen Zugang zu musikalischer Bildung erhalten. Die Zusammenarbeit von Musikschulen mit Kitas und Schule fördern wir, um möglichst früh alle Kinder in Niedersachsen zu erreichen und kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. So viel zum Thema der Schädlichkeit des Krippen- und Kitabesuches, Herr Rykena.

Es ist wichtig, dass wir diesen Weg der flächendeckenden verlässlichen Kulturförderung konsequent weitergehen; denn wir dürfen diejenigen, die unsere Demokratie mit ihren Beiträgen stärken, nicht allein lassen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus den demokratischen Fraktionen,

(Dana Guth [AfD] lacht)

die kulturelle Arbeit befindet sich unter Druck von rechts außen, ideell und finanzwirksam. In Flandern beispielsweise hat die nationalkonservative Regierung die Mittel für die freien Kulturträger um bis zu 60 % gekürzt.

Doch zum Kampf gegen die Kunst- und Kulturfreiheit gehören Angriffe auch bis ins Private. Die AfDFraktion im Landtag von Baden-Württemberg wollte im Juni 2019 per Anfrage erfahren, wie viele Balletttänzer, Schauspielerinnen, Sänger und Musikerinnen an den Opern und Theatern des Bundeslandes keinen deutschen Pass besitzen, welche Staatsangehörigkeit die Künstlerinnen haben und wo sie ausgebildet wurden.

Ganz abgesehen davon, dass das Theater Ulm knackig und humorvoll mit der Gegenfrage „Wie viele Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion sind vorbestraft?“ antwortete,

(Heiterkeit bei der SPD)

sehen wir doch, dass der Kulturbetrieb, dass Menschen mit Haltung eingeschüchtert werden sollen.

So auch bei uns in Niedersachsen: Im Juni dieses Jahres haben Schülerinnen und Schüler in Osnabrück ein selbstgeschriebenes antirassistisches Theaterstück aufgeführt, woraufhin Herr Rykena

von der Schulleitung forderte, „die parteipolitische Instrumentalisierung ihrer Schüler zu unterbinden“.

Absurd, will man meinen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Aber rich- tig absurd!)

Und doch ist es wichtig, sich die Grundhaltung der neuen Rechten bezüglich der Kunst- und Kulturfreiheit immer wieder vor Augen zu führen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Die Freiheit der Kultur wird die SPD niemals preisgeben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Kollegin Naber. - Für die FDPFraktion liegt eine Wortmeldung der Abgeordneten Susanne Victoria Schütz vor. Bitte, Frau Schütz!

Danke. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank auch von meiner Seite, besonders an das Haushaltsreferat im MWK. Auch zum Teil lästige Fragen der Opposition wurden schnell, sehr freundlich, umfangreich und verständlich beantwortet. Danke dafür!

Jetzt zum Inhaltlichen: Ich war neulich an meiner alten Universität nach längerem Aufenthalt dort auf der Suche nach einer Toilette. Sie war natürlich noch da, wo ich sie in Erinnerung hatte. Der Vorteil von Räumen mit hoher Installationsdichte: Sie wechseln selten den Ort. Was ich nicht unbedingt erwartet hatte, war, dass es dort noch genauso aussah wie vor 30 Jahren - mit zwei bezeichnenden Unterschieden: Erstens. Es gab jetzt einen Wickeltisch. Zweitens. Die Klosprüche waren jetzt fast ausnahmslos auf Englisch. - So viel zu den Themen Vereinbarkeit von Familie und Studium und Internationalisierung der Hochschulen in der Praxis.

Wir stellen Forderungen an die Hochschulen zu diesen Punkten genauso wie zu Digitalisierung, exzellenter Forschung und Lehre, die eine sehr heterogene Studierendenschaft erreicht. Aber

werden sie entsprechend ausgestattet? Der Aufwuchs der Studierendenzahlen in den letzten Jahren wurde durch Mittel aus den alten Hochschulpakten unterlegt. Baulich wurde der Mehrbedarf

allerdings eher ausgesessen. Doch auf die Dauer ist das Zumieten von Räumen auch keine Lösung. Wenn im Obergeschoss über Kleiderläden Institute untergebracht oder Büroflächen dort angemietet werden, wo doch Labore gebraucht würden, fällt das zum Teil auch dem Wissenschaftsrat nicht so positiv auf.

Auch der Zustand der bestehenden Bauten ist zum Teil erbärmlich. Aus den ASten der Hochschulen hören wir ständig neue Schilderungen über undichte Dächer oder angekündigte, aber nie erfolgte Ersatzbauten. Die Landeshochschulkonferenz erstellt jetzt ein Gutachten über den Finanzbedarf für Sanierungen. Das wird dann allerdings erst im nächsten Haushalt richtig spannend.

Zu unseren Vorstellungen zum studentischen Wohnen kommen wir morgen etwas mehr; denn wir haben sie zum Einzelplan 15 angemeldet und fordern Geld für Sanierungen in dem Bereich.

Die Ausstattung der Hochschulen - besonders im Hinblick auf die digitale Zukunft - ist ebenfalls ausbaufähig. Da vergibt das Land diverse Digitalisierungsprofessuren - auch die FDP hat letztes Jahr noch für diese Professuren mitgekämpft, als sie zunächst nicht im Haushalt vorgesehen waren. Und was passiert? Die Hochschulen, die erstklassige Grundlagenforschung betreiben, gehen zum Teil leer aus, und das Thema Lehrerbildung war offenbar ziemlich außen vor. Dabei sind die Lehrer unsere wohl wichtigsten Multiplikatoren, um die kommenden Generationen auf die digitale Zukunft vorzubereiten.

Die genauen Kriterien der Vergabe interessieren uns schon. So viel sind 50 Professuren nun auch wieder nicht. Vielleicht hätte man doch engere Vorgaben machen und Schwerpunkte setzen sollen, um an einigen Stellen eine signifikante Größe und Relevanz in der Forschungslandschaft zu erreichen. Das wäre vielleicht auch ein Ansatz gewesen.

Wir fordern darüber hinaus eine bessere Vernetzung der Forschung im Bereich Klimaschutz - sowohl der Klimafolgenforschung als auch der Grundlagenermittlung zur CO2-Einsparung und CO2-Bindung.

Das Ergebnis auf eine Anfrage unsererseits ist eine lange Liste verschiedener Beteiligungen an Forschungsvorhaben mit vielen, vielen Lücken. Ich finde z. B. nichts über klimaresiliente Landwirtschaft von morgen. Das kann doch, bitte, in Niedersachsen gar nicht sein!

Die Landesregierung sieht u. a. selber noch diverse Forschungsbedarfe in unterschiedlichsten Bereichen. Das kann ich aus unserer Sicht nur bestätigen.

Mir erscheint es vor allem auch wichtig, für mehr Vernetzung der Forschung und für mehr Kommunikation von wissenschaftlichen Ergebnissen in die Öffentlichkeit zu sorgen. Diese Ergebnisse, aufbereitet präsentiert, sind dann mit der Bildungscloud zu vernetzen, wenn sie denn irgendwann mal kommt, damit sie wiederum unsere Schulen und Hochschulen erreichen. So wird das Ganze eine runde Sache.

Apropos Schüler und Studenten erreichen: Für den Bereich der Digitalisierung und deren Gestaltung sind in unseren Augen neue und andere Lernformate angezeigt. Daher kommt unsere Idee - der Kollege Grascha hat es heute Morgen auch schon angesprochen - einer Code-University: eine Ausschreibung, auf die sich bestehende Institute bewerben könnten, um neue Lehr- und Lernformate zu testen.

Informatiker sind ja nicht so die Typen für Frontalbeschulung - mehr die für kollektives Herumhocken mit Rechner auf dem Schoß und fürs Ausprobieren. Wir sollten unseren Hochschulen zutrauen, neue Formate vermehrt auszubauen.

Ein kleines Detail noch zum Hochschulbereich: Wer Stationsapotheker einführen will, der sollte vielleicht auch deren Ausbildung regeln. Wir fordern hier ein Aufstocken der Mittel für die Pharmazie, um mehr Apotheker ausbilden zu können.

(Beifall bei der FDP)