Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Herr Kollege Ahrends, Sie haben natürlich wieder entlarvt, worum es der AfD in diesem Bereich geht, wenn sie sogar die Mittel für die freiwillige Ausreise zurückfahren will. Wie wir wissen, ist die freiwillige Ausreise die am wenigsten belastende Form der Aufenthaltsbeendigung. Das gilt sowohl für die Betroffenen selbst - darauf ist Herr Lechner gerade eingegangen - als auch für die Polizistinnen und Polizisten. Man darf nicht vergessen: Auch für die Polizistinnen und Polizisten ist eine Abschiebung immer belastend; nicht zuletzt für die Landeskasse ist eine Abschiebung sehr belastend.

Dass die AfD diese Alternative der freiwilligen Ausreise zurückfahren will, entlarvt: Ihnen geht es nicht um eine rechtsstaatlich ordnungsgemäße Aufenthaltsbeendigung, sondern darum, Härte auf Kosten von Menschen zu demonstrieren. Das ist das Gesicht der AfD.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte würdigend sagen: Im Kontrast dazu steht erfreulicherweise der Wissenschaftsminister, der gestern im Plenum völlig zu Recht gesagt hat, dass es aus seiner Sicht Sprachkurse für alle geben muss und nicht sortiert nach Aufenthaltsstatus. Ich hoffe, dass diese Linie auch Linie der Landesregierung wird und auf Bundesebene durchgesetzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute im Zusammenhang mit dem Rechtsterrorismus auch viel über den Verfassungsschutz gesprochen. Wir hatten einen Wechsel an der Spitze des Verfassungsschutzes. Ich möchte darauf hinweisen, dass der Verfassungsschutz in Niedersachsen vor fünf, sechs Jahren in sehr schwierigem Fahrwasser war und es einige sehr problematische Maßnahmen und Entscheidungen gab.

Dann hat ein Reformprozess unter Frau Präsidentin Brandenburger eingesetzt. Unsere Erwartung an den aktuellen Präsidenten ist, dass auch er diesen Reformprozess hin zu einem modernen bürgerrechtssensiblen Verfassungsschutz konsequent fortsetzt. Aus unserer Sicht muss dieser Reformprozess zunächst erfolgreich abgeschlossen und zu Ende geführt sein, bevor man über mehr Stellen oder gar mehr Befugnisse nachdenken sollte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viel wichtiger finde ich es, dass wir, wenn wir über Rechtsextremismus reden, die Zivilgesellschaft nicht vergessen dürfen. Wir werden Rechtsextremismus nicht allein mit repressiven Sicherheits- und Justizmaßnahmen bekämpfen können. Wir werden ihn nur mit einer engagierten Zivilgesellschaft, mit Stiftungen und zivilgesellschaftlichen Initiativen erfolgreich bekämpfen können. Das darf bei den Haushaltsberatungen nie vergessen werden.

Auch ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten und ein gutes Jahr 2020.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Für die Landesregierung erhält nun Herr Minister Pistorius das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf setzen wir ein starkes Signal für den Geschäftsbereich des Innenministeriums. Wir stärken die Sicherheitsbehörden mit mehr Geld und Personal. Der Sport bekommt so viele Mittel wie noch nie zuvor. Die Verwaltung des Landes insgesamt erhält endlich wieder eine ausreichende Anzahl an Nachwuchskräften - um nur einige Beispiele vorwegzunehmen.

Zusätzlich stärken wir auch und gerade weiterhin den Bereich der IT-Sicherheit ganz gezielt. Wir setzen damit konsequent die Verabredung aus dem Koalitionsvertrag um. Ich danke an dieser Stelle ganz ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses für die engagierte und zuverlässige fachliche Mitarbeit an diesem gelungenen Entwurf.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich danke dem Finanzministerium und dem Finanzminister für den konstruktiv-kritischen Dialog und gleichfalls all Ihnen hier im Hohen Hause, dem Haushaltsgesetzgeber, für die Unterstützung und das Vertrauen in die Arbeit meines Hauses.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme nun zu den einzelnen Bereichen. Ich fange bei der Polizei an und freue mich, dass der Vorsitzende der GdP in der Besucherloge sitzt und dieser Debatte folgt.

Bei der Polizei werden im kommenden Jahr 250 Stellen von A 9 nach A 10 angehoben. Damit stärken wir nicht nur in Fortsetzung der Maßnahmen schon aus den Vorjahren die Attraktivität des Polizeiberufes. Es ist auch Ausdruck der Wertschätzung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei, die rund um die Uhr 365 Tage im Jahr hervorragende Arbeit für die Menschen in unserem Land leisten.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, um von dieser Stelle auch den Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Bereichen der Polizei ausdrücklich für ihre wichtige und außerordentlich herausragende, zuverlässige, immer mit Vertrauen der Bevölkerung ausgestattete Arbeit zu danken. Das ist außerordentlich wichtig.

Gleichzeitig wissen wir, dass die Bedingungen, unter denen diese Arbeit seit einiger Zeit geleistet werden muss und geleistet wird, schwieriger sind,

als sie es früher waren. Das hat mit vielen Faktoren zu tun. Das hat mit Veränderungen in den Kriminalitätsphänomenen zu tun. Das hat damit zu tun, wie diese Gesellschaft auf Veränderungen reagiert, wie sich Polemik und Hetze in der Gesellschaft breitmachen, wie der Ton rauer wird, wie Sprache verroht und gleichzeitig Grundlage und Ausgangspunkt für Gewalt gegenüber anderen ist.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich will sehr deutlich sagen, dass diese Bedingungen unsere ganze Aufmerksamkeit erfordern. Die Polizei in Niedersachsen und auch anderswo steht unter besonderer Beobachtung, nicht weil sie verdächtig wäre, irgendetwas falsch zu machen, sondern weil es mehr denn je auf ihre Zuverlässigkeit und auf ihre Neutralität im Umgang mit den Menschen in diesem Land ankommt.

Die Demokratie steht in Deutschland - das ist meine Wahrnehmung, aber nicht nur meine - so sehr unter Druck wie noch nie seit 1949. Die Bedrohung kommt von innen. Deswegen ist es so wichtig, dass die Polizei - genau wie die Justiz, aber auch die öffentliche Verwaltung - davor gefeit ist und davor gefeit bleibt, jeden Anschein zu erwecken, der dazu dienen könnte, sie in einen Verdacht zu stellen, nicht auf dem Boden dieser freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stehen.

Wir gemeinsam hier im Hohen Haus - die demokratischen Parteien - tun alles dafür, damit das so bleibt. Das Projekt „Polizeischutz für die Demokratie“ ist ein solches Beispiel, mit dem wir deutlich machen: Wir stärken die Polizei in ihrer Widerstandskraft gegen all solche Bestrebungen, bevor wir es mit einer nennenswerten Zahl von Fällen zu tun haben. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie diesen Kurs mittragen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Außerdem werden wir bei der Polizei die Haushaltsmittel für Sachausgaben und Investitionen um insgesamt 11,6 Millionen Euro erhöhen. Auch hiervon wird die Polizei nachhaltig profitieren. Kostensteigerungen, wie z. B. bei Mietpreisen für Liegenschaften und erhöhte Kosten durch neue Anmietungen können so ausgeglichen werden.

Für eine größtmögliche Sicherheit der Polizeibeamtinnen und -beamten sind 2,1 Millionen Euro dieser Gesamtsumme für die weitere Beschaffung - ich betone: für die weitere Beschaffung - von ballistischen Schutzhelmen vorgesehen.

1 Million Euro sind für die Bearbeitung und Speicherung großer Datenmengen eingeplant. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt nämlich: Die Anforderungen an die polizeiliche Ermittlungsarbeit sind de facto in nahezu allen Deliktsbereichen gestiegen, auch weil sich die Kriminalität durch die digitalen Techniken und deren Nutzungsmöglichkeiten gewandelt hat und weiter wandeln wird. Die Auswertung von riesigen Datenmengen muss auf andere Beine gestellt werden. Es soll nicht länger und auf Dauer Aufgabe von Ermittlern sein, die eigentlich ganz andere Aufgaben haben, sondern es muss anderen Auswertungsmöglichkeiten zugeführt werden.

Darauf reagieren wir mit dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf. Die Polizei wird mit den zusätzlichen Haushaltsmitteln für Sachausgaben und Investitionen bei der Kriminalitätsbekämpfung noch besser aufgestellt sein.

Wir setzen damit konsequent den eingeschlagenen Weg der Stärkung der niedersächsischen Polizei fort. Wie Sie wissen, habe ich mich seit meinem Amtsantritt 2013 mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass die niedersächsische Polizei für ihre wichtige Arbeit nicht nur die entsprechende Ausrüstung, sondern auch ausreichend Personal zur Verfügung hat.

2016 konnten wir einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung zukunftsfeste Polizei machen. Seitdem haben wir nämlich über den Durst eingestellt. Zu einer Zeit, als andere Länder noch den Kurswechsel von Einsparprogrammen bei der Polizei vornehmen mussten, haben wir den konsequenten Kurs des Personalaufwuchses fortgesetzt und werden das auch in Zukunft tun.

Meine Damen und Herren, daran ändert auch die Ausnahme im Jahre 2020 nichts. Die Begründung kennen Sie. Es ist ein knapper Jahrgang. Es ist ein Jahrgang ohne Abitur. Deswegen ist es richtig, die Konzentration auf anderes zu lenken.

Wir können in der niedersächsischen Polizei - das ist die Quintessenz unserer bisherigen Arbeit - also mehr neue Polizeibeamtinnen und -beamte in den nächsten Jahren begrüßen, als altersbedingt ausscheiden werden. Auch das ist relativ einzigartig. Wir haben in Niedersachsen heute - das ist schon gesagt worden - so viele Polizistinnen und Polizisten wie noch nie zuvor in der Geschichte des Landes.

Außerdem haben wir unsere Polizei durch zusätzliche Einstellungen in der Verwaltung von Verwaltungsaufgaben entlastet.

Wir haben zusätzlich bereits zahlreiche Stellen angehoben. Seit 2013 - ich will es noch einmal sagen, weil es wirklich eine schöne Zahl ist - konnten wir beispielsweise über 1 700 Stellen von A 9 bis nach A 11 anheben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nicht nur bei der Polizei, auch beim Verfassungsschutz werden 50 Stellen in ihrer Wertigkeit angehoben. Eine weitere wichtige Maßnahme ist, dass in 2020 750 000 Euro für die Verbesserung der technischen Ausstattung des Verfassungsschutzes sowie zusätzliche Observationsfahrzeuge bereitgestellt werden. Wir stärken damit auch den niedersächsischen Verfassungsschutz - wie bereits in den vergangenen Jahren - konsequent weiter.

Außerdem stärken wir mit dem Haushalt 2020 den Brand- und Katastrophenschutz. Die im Katastrophenschutz aktiven Hilfsorganisationen erhalten im kommenden Jahr 2,687 Millionen Euro für die Beschaffung von Katastrophenschutzfahrzeugen. Insbesondere für Fahrzeuge und Einsatzmittel zur Bekämpfung von Vegetationsbränden sind zudem 1,385 Millionen Euro vorgesehen. Das ist angesichts der Erfahrungen der vergangenen Sommer ein wichtiger und notwendiger Schritt.

Für den Lehrgangsbetrieb der NABK werden wir über die aus der Feuerschutzsteuer zur Verfügung stehenden Mittel hinaus auch im Jahr 2020 weitere Landesmittel in Höhe von 1,272 Millionen Euro bereitstellen. Davon werden Ersatzfahrzeuge für den Lehrgangsbetrieb beschafft.

All das sind wichtige Investitionen, die den ehrenamtlich Aktiven in unserer Gesellschaft bei den Feuerwehren zugutekommen und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger gewährleisten.

Meine Damen und Herren, eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre für die Landesverwaltung ist das Thema Digitalisierung und Ausbau der IT in der Landesverwaltung. Das ist zugegebenermaßen kein Thema mit besonders viel Sex-Appeal, aber dafür mit besonders weitgehender Reichweite.

Unser niedersächsischer Handlungsplan „Digitale Verwaltung und Justiz“ hat ein klares Ziel: Alle Online-Verwaltungsleistungen sollen so ausgebaut werden, dass auch die verwaltungsinternen Abläu

fe medienbruchfrei elektronisch erfolgen und in elektronischen Akten gespeichert werden. Dadurch können auch konkrete Verwaltungsleistungen, z. B. Bescheide, den Bürgerinnen und Bürgern oder Unternehmen elektronisch zur Verfügung gestellt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erspare mir auch mit Blick auf die Zeit den weiteren Ausflug in die digitale Welt. Das alles können Sie nachlesen.

Wir investieren beträchtlich in Personal und Technik, um die IT-Sicherheit und die IT-Infrastruktur des Landes weiter zu verbessern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiteres Thema, das gerade in Zeiten des demografischen Wandels von besonderer Bedeutung ist, ist die Stärkung der Nachwuchsgewinnung, die noch bis vor wenigen Jahren stiefmütterlich behandelt worden war. Der Haushalt 2020 sieht daher vor: Künftig wollen wir jedes Jahr 120 statt bisher 30 Regierungsinspektoranwärterinnen und -anwärter pro Jahrgang für das Land Niedersachsen einstellen. Dafür haben wir jetzt Planungssicherheit für die kommenden Jahre, meine Damen und Herren. Mit diesen jährlich 120 Nachwuchskräften wird dem Land als Arbeitgeber kontinuierlich gut ausgebildeter Nachwuchs zur Verfügung stehen. Das ist wichtig und zukunftsweisend, weil wir wissen, welche demografischen Veränderungen auf uns zukommen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Haushalts, meine Damen und Herren, ist die bereits angesprochene Stärkung der Sportförderung. Der Sport in Niedersachsen wird mit so hohen Mitteln gefördert wie nie zuvor. Das ist ein riesiger Erfolg für die Sportlerinnen und Sportler in diesem Land.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)