Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Vielen Dank, Frau Kreiser. - Für die SPD-Fraktion - für den Bereich Polizei - hat sich der Abgeordnete Karsten Becker zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Unruhe)

- Herr Becker, einen Moment! Bevor Sie anfangen, möchte ich die kleine Osnabrücker Runde bitten, etwas konzentrierter nach vorne zu schauen und zuzuhören. Der Kollege ist jetzt bereit. Sie auch? - Vielen Dank.

Bitte, Herr Becker!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die geringste Zahl registrierter Straftaten in den vergangenen zehn Jahren! Die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner auf den niedrigsten Wert seit über zehn Jahren gesunken! Aufklärungsquote auf den höchsten Stand seit 2010 gestiegen! Das sind die Kerndaten zu der Sicherheitslage in Niedersachsen, meine Damen und Herren. Das ist die Bilanz einer erfolgreich arbeitenden Landespolizei.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist kein selbstverständliches Privileg, in Deutschland und in Niedersachsen, in einem der sichersten Länder auf diesem Planeten, leben zu dürfen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Gerade darum ist es neben dem Wunsch nach Stärkung der Funktionsfähigkeit der Polizei auch ein Gebot der Fürsorge, sowohl die Personalstärke im Polizeidienst als auch die technische Ausstattung und die sozialen Rahmenbedingungen für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten kontinuierlich zu verbessern. Der Kollege Watermann hat darauf hingewiesen: Wir machen das von Haushalt zu Haushalt in den entscheidenden Funktionsstellen kontinuierlich und kommen damit zu diesen Ergebnissen. Die Kerndaten habe ich Ihnen gerade vorgetragen.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, bauen die Fraktionen von SPD und CDU mit der von ihnen getragenen Landesregierung ihren politischen Schwerpunkt Innere Sicherheit auch mit diesem Haushalt weiter aus. Die Koalitionsfraktionen haben vereinbart, in der Legislaturperiode mindestens 1 500 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte einzustellen. Die ersten Umsetzungsmaßnahmen sind mit den 700 zusätzlichen Einstellungen in den Jahren 2018 und 2019 bereits erfolgt. Ich erwähne das, weil es aufgrund des ausgefallenen Abiturjahrgangs 2020 deutlich weniger qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber geben wird als gewohnt. Von daher wäre es keine besonders gute Idee, ausgerechnet in diesem Jahr einen Schwerpunkt beim Personalaufbau zu setzen.

Entscheidend, meine Damen und Herren, ist aber, dass wir auch in diesem Haushalt die Stellenstruktur im Haushalt wieder deutlich verbessern werden. So haben wir auch im aktuellen Haushalt 250 Stellenhebungen verankert, um den immer noch bestehenden Beförderungsstau in das erste Beförderungsamt weiter aufzulösen. Meine Damen und Herren, damit verbessern wir die Stellenstruktur nachhaltig, geben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine bessere Karriereperspektive und erhöhen die Attraktivität des Polizeiberufs im Wettbewerb mit anderen qualifizierten Arbeitgebern.

Meine Damen und Herren, darüber hinaus wandeln wir 230 Stellen für Anwärterinnen und Anwärter in Kommissarsstellen um, sodass sich die Zahl der Polizeivollzugsbeamten in Niedersachsen auf über 18 000 erhöht. Ich hebe das deswegen so ausdrücklich hervor, weil das ein historischer Höchststand ist, meine Damen und Herren, eine Zahl, die in Niedersachsen bisher noch nicht erreicht worden ist.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Darüber hinaus haben wir die in der technischen Liste vorgesehenen Haushaltsmittel von 7 Millionen Euro mit weiteren 2,5 Millionen Euro aus der politischen Liste aufgestockt. Wir investieren 2,1 Millionen Euro in ballistische Schutzhelme, und wir verbessern die Situation bei den Polizeiliegenschaften mit dem Einsatz von 24 Millionen Euro für die Polizeiinspektion Cuxhaven für einen Neubau und mit dem Einsatz von 9 Millionen Euro für den Ersatz des Bunkers des Kampfmittelbeseitigungsdienstes in Munster.

Meine Damen und Herren, die Sicherheit der Menschen in Niedersachsen ist bei dieser Koalition und der von ihr getragenen Landesregierung in den allerbesten Händen. Wir haben nicht nur eine leistungsfähige Polizei. Wir haben auch die besten Kriminalitätskennzahlen, die dieses Land jemals gesehen hat. Eine schöne Entwicklung!

Ich bedanke mich ganz herzlich für die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr, wünsche Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein sicheres 2020.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU sowie Zustimmung von Hel- ge Limburg [GRÜNE] und Christian Meyer [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. - Für die FDPFraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Marco Genthe das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde den Haushalt des Innenministeriums jetzt wesentlich kritischer sehen, als es meine Vorredner getan haben.

(Bernd Lynack [SPD]: Das muss doch nicht sein!)

Ich möchte, ähnlich wie bei meiner Rede zum Haushalt des Justizministeriums, darauf hinaus aufzuzeigen, dass diese Landesregierung eben zu wenig Geld in den Bereich Innen und Recht investiert, und das halte ich auch gesellschaftspolitisch für einen sehr großen Fehler.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die innere Sicherheit ist weiterhin eines der zentralen Themen hier in Niedersachsen, aber leider auch oft im negativen Sin

ne. Seit Mai 2019 haben wir in Niedersachsen ein neues Polizeigesetz, das zum Nachteil der niedersächsischen Polizeibeamten und der niedersächsischen Bürger leider in etlichen Punkten verfassungswidrig ist und nicht europarechtskonform gestaltet werden konnte.

(Sebastian Lechner [CDU]: Das ist falsch, Herr Genthe! Wie kommen Sie auf diese Beurteilung?)

Aus diesem Grund musste es ja bereits nach einem halben Jahr in wesentlichen Punkten nachgebessert werden.

(Sebastian Lechner [CDU]: Nein, wir haben nicht die Polizeigesetzreform nachgebessert! Das wird auch nicht richtiger, wenn Sie es immer wieder- holen!)

Leider führen auch diese Änderungen nicht dazu, dass wir nun ein verfassungskonformes Gesetz haben, mit dem unsere Polizeibeamten rechtssicher arbeiten können.

Aber auch in anderen Bereichen wird die Polizei zu stiefmütterlich behandelt. Sie lassen leider in diesem Haushaltsentwurf Ihren großen Versprechungen im Koalitionsvertrag keine Taten folgen. Im Koalitionsvertrag hatten Sie noch angekündigt, bis zu 3 000 dringend benötigte neue Stellen für Vollzugsbeamte und Angestellte bei der Polizei schaffen zu wollen. Davon kann jetzt überhaupt keine Rede mehr sein. Der Innenminister plant, für das Jahr 2020 keine zusätzlichen Anwärter einzustellen, und auch auf der politischen Liste ist davon absolut nichts zu sehen.

(Sebastian Zinke [SPD]: Die Gründe wurden ja gerade genannt!)

Das wird dazu führen, dass wir bis Ende 2022 nicht einmal 2 000 zusätzliche Stellen bei der Polizei erreicht haben werden, und davon sind nur 1 200 für Vollzugsbeamte. Meine Damen und Herren, Sie haben Ihr Ziel also deutlich verfehlt.

(Beifall bei der FDP - Sebastian Lech- ner [CDU]: Wir sind ja noch nicht fer- tig, Herr Genthe!)

Umso bedenklicher ist dies auch vor dem Hintergrund der angekündigten organisatorischen Anpassungen bei der Polizei, die mehr Personal nötig machen werden - Stichworte „Kontaktbeamte“ und „Clankriminalität“.

Über das Thema Clankriminalität haben wir in diesem Plenum bereits ausführlich gesprochen. Im Zuge der Anpassungen richten Sie nun ständige Ermittlungsgruppen für OK ein, die auch die Clankriminalität mitbearbeiten sollen. Das ist immerhin ein kleiner Schritt in die Richtung, die wir als Freie Demokraten mit unserem Entschließungsantrag bereits seit eineinhalb Jahren verfolgen.

Bisher haben Sie immer behauptet, die Landesrahmenkonzeption würde ausreichen, und es gebe überhaupt keinen Verbesserungsbedarf. Ein kleiner Erkenntnisgewinn ist bei Ihnen also immerhin erkennbar, so auch bei dem Punkt Schwerpunktstaatsanwaltschaften Clan, auf den ich ja in meiner Rede zum Haushalt des Justizministeriums bereits eingegangen bin. Meine Fraktion hat aus den genannten Gründen auch im Jahr 2020 Mittel für 200 zusätzliche Polizeianwärter in den Haushaltsentwurf eingestellt.

Meine Damen und Herren, eine weitere Baustelle sind die Bedingungen, unter denen unsere Polizeibeamten arbeiten müssen. Es besteht ein Sanierungsstau in Höhe von über 120 Millionen Euro bei den Gebäuden der Polizei. Da laufen Ratten durch Dienststellen und fressen Einsatzkleidung an, Fenster faulen aus den Verankerungen und drohen auf den Gehweg zu klatschen, es gibt Legionellenbefall im Trinkwasser der Gebäude usw. Diese Große Koalition unternimmt dagegen quasi nichts.

(Beifall bei der FDP - Sebastian Lech- ner [CDU]: Das stimmt nicht!)

Stattdessen haben die regierungstragenden Fraktionen tatsächlich Mieten auf der politischen Liste. Mieten! Vielleicht liegt das ja daran, dass man mittlerweile erkannt hat, in welch katastrophalem Zustand sich so manches Gebäude befindet, und dass man jetzt lieber intakte Gebäude anmieten möchte.

(Sebastian Lechner [CDU]: Richtig!)

Man weiß es nicht. Für uns jedenfalls sieht Wertschätzung der herausragenden Arbeit der Polizei anders aus. Deswegen haben wir auch dort einen Millionenbetrag eingestellt.

(Beifall bei der FDP)

Zu begrüßen ist, dass die Große Koalition über die politische Liste Geld für die ballistischen Helme eingestellt hat. Das wurde eben schon erwähnt. Dass jedoch der Innenminister so etwas nicht in seinem Haushaltsplan hat, obwohl er diese Helme

pressewirksam angekündigt hat, und das im Übrigen schon vor zweieinhalb Jahren, im April 2017, ist durchaus bedauerlich.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, im Zuge der Haushaltsberatungen sprechen wir auch über unseren Antrag zum Thema Förderung von Sportstätten. Es ist sehr bedauerlich, dass Sie sich nicht dazu durchringen konnten, unserem Antrag zu folgen und auch ein Programm speziell für vereinseigene Sportstätten zu initiieren. Ihr Sportstättensanierungsprogramm, das nur 20 Millionen Euro für Vereine vorsieht, reicht insoweit nicht aus. Der Sport steht auf zwei Säulen, nämlich darauf, dass die Vereine ordentliche Sportstätten zur Verfügung stellen können, und darauf, dass auch die Kommunen ordentliche Sportstätten zur Verfügung stellen können. Sie sollten beide Säulen gleichermaßen fördern und nicht den Kommunen den Löwenanteil dieser Förderung zugutekommen lassen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der CDU, was mich im Besonderen sprachlos macht, ist, dass die Gelder für den Katastrophenschutz nicht nur nicht erhöht, sondern sogar gekürzt werden.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ja!)

Und das, obwohl Sie wissen, dass der Fahrzeugpark der Hilfsorganisationen bereits jetzt sehr veraltet ist. Insbesondere vor dem Hintergrund der klimatischen Veränderungen halte ich diese Entscheidung jedenfalls für falsch.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der SPD - Sebastian Lechner [CDU]: Das stimmt doch gar nicht! Wir legen 3 Millionen Euro drauf!)

- Selbstverständlich! Eine halbe Million Euro! Ziehen Sie das einmal zusammen!