Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

Ich rufe nun die Eingaben aus der 20. Eingabenübersicht in der Drucksache 18/5645 auf, zu denen die erwähnten Änderungsanträge vorliegen.

Wir treten in die Beratung ein.

Ich rufe auf die lfd. Nr. 2 der Eingabenübersicht: Eingabe 01235/11/18 betr. Bürokratieabbau für kleinere und mittlere Betriebe.

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP vor. Er lautet auf „Berücksichtigung“.

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Jörg Bode von der FDP-Fraktion. Bitte, Herr Bode!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es handelt sich um eine Eingabe des Fachverbandes Deutscher Floristen, Landesverband Niedersachsen, der uns auf viele bürokratische Hemmnisse aufmerksam macht, die den normalen Betrieb eines kleinen Floristenbetriebes so erschweren und auch so verteuern, dass es nicht mehr hinnehmbar ist.

Aus unserer Sicht ist es nicht sinnvoll, einfach „Sach- und Rechtslage“ zu beschließen. Die Landesregierung sollte vielmehr aufgefordert werden, etwas zu tun.

(Christian Grascha [FDP]: So ist es!)

Es geht u. a. um die Arbeitszeiterfassung nach den neuen EU-Vorgaben, um die Kassenrichtlinie, um die A1-Bescheinigung, um die Ausgestaltung bei Minijobs, um die Mutterschutzgefährdungsbeurteilung - um nur einige Punkte zu nennen.

Es gibt durchaus Dinge, die wir bereits gemeinsam angestoßen haben, wie gestern die A1-Bescheinigung. Die Landesregierung ist aktiv geworden, nachdem das Parlament Druck gemacht hat.

Warum soll das bei anderen Dingen nicht auch passieren? Die Kassenrichtlinie beispielsweise wird uns morgen beschäftigen. Wir könnten aber heute schon ein Signal an die Landesregierung senden.

Wenn ich „Kassenrichtlinie“ sage, ist das vielleicht nicht gleich verständlich: Es geht dabei um diese Bons, mit denen Sie belästigt werden, wenn Sie Brötchen oder andere kleine Dinge kaufen. Sie bekommen die Bons in die Hand gedrückt, weil der Bundesfinanzminister schlicht und ergreifend der Meinung war, Sie würden die gerne sammeln oder die Brötchen im nächsten Jahr umtauschen wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen Unsinn muss man beenden. Dieses Signal sollten wir der Landesregierung geben.

(Beifall bei der FDP)

Ein anderes Beispiel, das Sie vielleicht noch nicht kennen: die Mutterschutzgefährdungsbeurteilung. Nach dem Mutterschutzgesetz muss man anlasslos für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen - unabhängig davon, ob ein Mann oder eine Frau diesen Arbeitsplatz innehat. Es gibt den Fall eines 75-jährigen Schwiegervaters eines Betriebsinhabers, der im Minijob die Buchhaltung führt. Auch hierfür musste eine Mutterschutzgefährdungsbeurteilung durchgeführt werden.

Ich glaube an den technischen Fortschritt. Ich glaube an den medizinischen Fortschritt. Ich glaube aber nicht, dass der 75-Jährige schwanger werden wird.

(Beifall bei der FDP)

Ihre Lösung ist nur: Die Aufsichtsbehörden sollen doch bei der Anwendung des Gesetzes nicht so genau hinschauen! - Das kann doch aber nicht die Antwort in einem Rechtsstaat sein, dass die Anwendung des Gesetzes nicht so ordentlich erfolgen soll! Man muss das Gesetz ändern und eine entsprechende Initiative ergreifen. Deshalb: „Berücksichtigung“!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP - Christian Grascha [FDP]: So ist es! - Unruhe)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bode. - Bevor ich für die CDU-Fraktion Herrn Jörn Schepelmann das Wort erteile, möchte ich noch einmal darum bitten, dass etwas mehr Ruhe einkehrt.

(Anhaltende Unruhe)

- Warten Sie, bitte! - So, jetzt, Herr Schepelmann!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Bode, im Kern Ihres Anliegens - und auch des Anliegens der Petentin - bin ich ganz bei Ihnen: Natürlich brauchen wir mehr Bürokratieabbau.

(Christian Grascha [FDP]: Na also!)

Die Forderung an sich ist richtig. Ich kann Sie auch beruhigen: Wir arbeiten schon intensiv daran. Im Wirtschaftsministerium gibt es unter unserem Minister Dr. Althusmann, ich glaube, drei Stellen, die sich nur darum kümmern. Dem Anliegen wird bereits Rechnung getragen, weil es richtig ist.

(Beifall bei der CDU - Zuruf: Genau! - Christian Grascha [FDP]: Dann kön- nen sie sich ja darum kümmern!)

- Nein, eben nicht!

In einigen Punkten muss ich Ihnen widersprechen. Zunächst einmal lautet der Beschluss des Ausschusses „Material“ und „Sach- und Rechtslage“. Dieser Beschluss ist deutlich besser geeignet als „Berücksichtigung“. Denn - da muss ich Sie einmal darüber aufklären, wie wir im Ausschuss arbeiten -

(Jörg Bode [FDP] lacht)

„Berücksichtigung“ nutzt man dann, wenn man ein konkretes Anliegen von der Landesregierung bearbeitet wissen will. Die Forderung nach Bürokratieabbau ist aber eine sehr allgemeine, wenn auch richtige. Deswegen geben wir der Landesregierung diese allgemeine, aber richtige und wichtige Forderung sozusagen als „Material“ an die Hand, damit sie sie bei allen zukünftigen Gesetzesvorlagen berücksichtigt und so auch dem Wunsch der Petentin gerecht wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schepelmann. - Für die SPDFraktion hat sich - auch zu dieser Petition - der Abgeordnete Sebastian Zinke zu Wort gemeldet. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Schepelmann hat es eigentlich schon gesagt: Herr Bode, zum einen haben Sie relativ wenig Konkretes zu dieser Petition gesagt. Es gibt eine umfangreiche Stellungnahme,

die zeigt, dass die meisten Anliegen der Petition Bundesrecht betreffen. Deshalb war die Entscheidung des Ausschusses richtig.

Im Übrigen wäre es in der Tat richtig gewesen, „Material“ und nicht „Berücksichtigung“ vorzuschlagen. Insofern sollten Sie Ihren Antrag vielleicht einfach zurückziehen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank.

Zu dieser Petition liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Es liegen aber Wortmeldungen zur lfd. Nr. 38 vor: Eingabe 01266/11/18 betr. Genehmigung für Windkraftanlagen.

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD vor. Dazu hat sich der Abgeordnete Stefan Wirtz zu Wort gemeldet. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln die Petition „Genehmigung für Windkraftanlagen“.

Konkret fordert der Petent u. a. die Abschaffung bzw. die Totalreform des EEG, einen Mindestabstand der zehnfachen Höhe von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung - so wie in Bayern; die 10H-Regelung - und die Streichung der Windenergie aus § 35 des Baugesetzbuches als privilegiertes Vorhaben im Außenbereich.

Diese Forderungen sind angesichts der starken Belastungen vor allem für die ländliche Bevölkerung durch Windenergieanlagen, aber auch durch allgemein dramatisch hohe Strompreise nachvollziehbar und verständlich - und das für jeden; da gibt es sicherlich keine abweichende Meinung.

Ein Mindestabstand von 10 H ist zum Schutz der ländlichen Bevölkerung vor Lärm, Sichtbelästigung und Schattenwurf hilfreich und fördert zusätzlich die Akzeptanz der ländlichen Bevölkerung für die Windkraft.

Wenigstens sollte jedoch der auf der Bundesebene neulich vorgeschlagene Abstand von 1 000 m für Niedersachsen verbindlich festgelegt werden. Das ist eine Minimalforderung, auf die Sie sich schon in Hinsicht auf Fairness und Vergleichbarkeit mit anderen Bundesländern festlegen sollten.

Wir schlagen daher vor, die Eingabe der Landesregierung als Material zu überweisen.

Den Forderungen des Petenten kann im Rahmen des geltenden Rechts nicht entsprochen werden. Die Abschaffung bzw. die Totalreform des EEG und die Streichung der Windenergie aus § 35 des Baugesetzbuches betreffen Bundesrecht. Der geforderte Mindestabstand von 10 H ist allerdings Landesrecht - das betrifft den Windenergieerlass.

In der Stellungnahme der Landesregierung wird argumentiert, dass das Baugesetzbuch und das EEG Bundesrecht seien und Niedersachsen daher keinen Einfluss nehmen könne. Das werden Sie sicherlich gleich erwidern - nichts Neues. Das stimmt aber nicht ganz. Man kann über eine Bundesratsinitiative sehr wohl Einfluss nehmen, und das sollten Sie tun - Sie wissen das ja auch.

Das Votum „Material“ besagt nicht, dass es sich bei der Ausarbeitung eines einschlägigen Gesetzentwurfs nicht um einen Entwurf handeln kann, den die Landesregierung als Bundesratsinitiative einbringt. Wie wir wissen, kann sich Niedersachsen über den Bundesrat sehr wohl für eine Änderung des Baugesetzbuches und des EEG einsetzen - und das tun Sie hoffentlich auch.