Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

- Jetzt bekomme auch ich ein Glas Wasser. Insofern schauen wir mal, ob ich da mithalten kann!

(Heiterkeit)

Zunächst aber zur Aufklärung der Sachlage: Der Abgeordnete Schulz-Hendel hat erklärt, es tue nicht weh und sei auch nicht verschreibungspflichtig, einem Antrag der Grünen zuzustimmen. Das mag auf den ersten Blick stimmen.

(Jörg Bode [FDP]: Es kommt immer auf den Antrag an!)

Auf den zweiten Blick stelle ich aber hin und wieder fest, dass mögliche Risiken und Nebenwirkungen bei solchen Anträgen der Grünen gleich mitgedacht werden sollten und müssen. Vor allen Dingen sind solche Anträge dann nicht wirklich zustimmungsfähig, wenn nahezu alles, was darin steht, schon längst auf dem Weg ist, man sich also mit ganzer Kraft hinter einen längst fahrenden Zug schmeißt - um im Wortbild zu bleiben -,

(Jörg Bode [FDP]: Er kann ja nicht fahren, weil kein Lokführer da ist!)

aber gleichzeitig von uns erwartet wird, wir mögen das bitte beschließen. Das macht irgendwie nicht richtig Sinn.

Wir haben uns natürlich damit beschäftigt. Es gibt kaum einen Antrag, mit dem wir uns im Wirtschaftsministerium intensiver befasst hätten als mit dem Ihrigen.

Nun komme ich zu der Frage, was wir jetzt gegen den zunehmenden Zugausfall tun können; denn das ist wirklich eine ernste Problematik. Fast jeder von uns kann eine Anekdote erzählen, dass bei ihm der Zug ausgefallen ist bzw. die Züge nicht fahren. Menschen stehen stundenlang auf den Bahnsteigen und ärgern sich darüber, dass der Metronom, der Errix oder andere Züge nicht kommen bzw. nicht fahren.

Die Grünen haben am Ende in einem Änderungsantrag noch einmal vorgeschlagen, dass die Sprachförderung durch eine gemeinsame Finanzierungsanstrengung in den Blick genommen wer

den müsse. Dazu möchte ich Ihnen die folgende Bewertung nur zur Kenntnis geben: Die Zuständigkeit für die berufsbezogene Sprachförderung liegt nicht beim Land, sondern beim Bund. Wir haben das bereits. Sie wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf der Grundlage der Verordnung über die berufsbezogene Deutschsprachförderung finanziert und durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt.

Auch das Wirtschaftsministerium in Niedersachsen ist seit den ersten Meldungen über angestiegene Zugausfälle aufgrund Lokführermangels nicht untätig geblieben. Wir planen bereits die Förderung von Integrationsbegleitern. Im Einzelplan 08 für das Jahr 2020 sind bereits die Mittel in der politischen Liste der Fraktionen aufgenommen worden, sodass ein Entschließungsantrag zur Förderung von Integrations-Coaches schlicht nicht erforderlich erscheint.

Derzeit bereiten wir einen Arbeitsmarkt-Förderaufruf vor, mit dem der Handlungsgrundsatz des bisherigen Integrationsmoderatoren-Förderprogram

mes zur Anbahnung und Begleitung der betrieblichen Integration für Geflüchtete fortgeführt und zugleich um die Zielgruppe internationaler Zuwanderinnen und Zuwanderer erweitert wird, die zu Ausbildungs- und Erwerbszwecken aus EU-Mitgliedstaaten und aus außereuropäischen Staaten nach Deutschland einreisen. Eine Veröffentlichung dieses neuen Programms ist für das Frühjahr 2020 vorgesehen.

Ich wollte damit nur dokumentieren, dass wir nicht auf den Bäumen schlafen, sondern dann, wenn wir ein Problem erkennen, auch tatsächlich versuchen zu handeln.

Herr Minister Dr. Althusmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schulz-Hendel?

Aber sehr gerne doch.

Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Minister, herzlichen Dank, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen.

Vor dem Hintergrund Ihrer Ausführung, dass Sie ja nicht auf den Bäumen schlafen und schon alles Mögliche unternehmen, frage ich Sie nach der konkreten Anzahl der Geflüchteten, die sich aufgrund Ihrer Gespräche und Initiativen mit verschiedenen Partnern derzeit in der Ausbildung bzw. Quereinsteigerausbildung zu Lokführerinnen und Lokführern befinden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Eine sehr gute Frage!)

Bitte, Herr Minister!

Das ist eine berechtigte Frage. Sollten wir dazu valide Daten haben, die mir jetzt nicht vorliegen, werde ich Ihnen diese selbstverständlich nachreichen. Aber die Integrationsmoderatoren nehmen bereits Flüchtlinge an die Hand. Wenn ich mich nicht sehr täusche, handelt es sich im Moment um maximal ein Dutzend - mehr sind es noch nicht -, aber die Zahl wird sicherlich steigen.

Ich nannte vorhin die Zahl 40 %. Das, was wir in Niedersachsen an Zugausfällen erleben, wird tatsächlich zu 40 % auf das Fehlen von Lokführern zurückgeführt. Deshalb sanktionieren wir im Übrigen die Eisenbahnverkehrsunternehmen. Zukünftig wird auch bei der Ausschreibung von Verträgen auf ein Mehr an Ausbildungsplätzen geachtet, d. h. die Eisenbahnverkehrsunternehmen müssen ihren Verpflichtungen - sie erhalten immerhin öffentliche Gelder - für diese bereitgestellte Leistung nachkommen. Wir wollen ihnen aber auch Unterstützungsmaßnahmen anbieten, um die Fachkräftegewinnung tatsächlich zu gewährleisten.

Unsere Qualifizierungsoffensive für Lokführer/ Triebwagenfahrzeugführer mit der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur hat bereits begonnen. Alle Maßnahmen sind auch mit den Schienenpersonennahverkehrsunternehmen

und der Landesnahverkehrsgesellschaft erörtert.

Besonders interessant erscheint mir das Qualifizierungschancengesetz. Hier wird eine finanzielle Unterstützung bei der Qualifizierung von Beschäftigten ermöglicht. Dazu haben die Unternehmen mit uns bereits Gespräche aufgenommen. Dazu findet, ich glaube, am 7. Februar eine entsprechende Informationsveranstaltung statt.

Wir haben Berufsinformationstage. Wir versuchen, bei der Personalakquise zu unterstützen. Dabei werden wir auch von der Arbeitsverwaltung unterstützt.

Außerdem entwickeln wir entsprechende Maßnahmen für Qualifizierungen von Arbeitslosen zu Triebfahrzeugführer. Im Übrigen sind es nicht nur die Triebfahrzeugführer, die fehlen, es ist auch das Begleitpersonal in Zügen. Dieser Fachkräftemangel wird sich in den nächsten Jahren sicherlich weiterhin als eine große Herausforderung für die Eisenbahnunternehmen darstellen.

Unsere Maßnahmen greifen. Wir stehen erfreulicherweise ganz gut da.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Das haben Sie ja gerade nicht belegt!)

Wir haben laut Arbeitsverwaltung in 2019 bereits deutlich mehr Qualifizierungen durchgeführt. Die genaue Zahl werde ich gerne nachreichen. Dennoch, es bleibt dabei: Ausbildung, Qualifizierung, Gewinnung, Bindung von ausreichendem Personal - hier können wir nur unterstützend tätig werden.

Das war das Problem Ihres Antrages, der in Gänze ja nicht in die verkehrte Richtung geht. Sie verengen das ganze Thema auf die Qualifizierungsoffensive der Personengruppe der Geflüchteten. Das halten wir für sachlich und fachlich nicht geboten.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Ha- ben Sie das Ihren CDU-Kollegen in Baden-Württemberg schon gesagt?)

- In Baden-Württemberg mag man das anders sehen. Die sehen bestimmte Dinge etwa im Zusammenhang mit „roten“ Gebieten oder mit der Automobilindustrie oder mit anderem etwas anders als wir.

Wir springen doch nicht jedem Land hinterher. Wir haben eine eigene Linie. Die haben wir auf den Weg gebracht. Die erscheint mir als richtig; sie scheint erfolgreich zu sein. Wir kriegen es in den Griff. Das ist tatsächlich ein Problem. Wir wollen, dass die Unternehmen in Niedersachsen pünktlich fahren. Dazu haben wir diese Offensive gestartet.

Eines Antrages dazu hätte es möglicherweise nicht wirklich bedurft. Vielleicht hätten wir nur telefonieren sollen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung. Aber in dem Sinne ist Ihr Antrag schlicht nicht vollumfänglich ausreichend für eine Unterstützung.

Ich würde empfehlen, den Antrag von der CDU und der SPD zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Althusmann.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Meine Damen und Herren, die auf Ablehnung lautende Beschlussempfehlung ist die weitergehende Empfehlung. Nach § 39 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 31 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 unserer Geschäftsordnung stimmen wir daher zunächst über die Beschlussempfehlung ab. Nur falls die Beschlussempfehlung abgelehnt wird, stimmen wir anschließend noch über den Änderungsantrag ab.

Wir kommen also zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung.

(Wiard Siebels [SPD] und Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE] sprechen miteinander)

- Haben Sie noch Beratungsbedarf?

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Also erst die Beschlussempfehlung ableh- nen!)

- Wenn man zuhört, kriegt man das auch richtig mit.

Wir kommen also zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/4484 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Meine Damen und Herren, der Beschlussempfehlung ist mit großer Mehrheit gefolgt worden.

Damit ist zugleich der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/5674 nach § 39 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 31 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 unserer Geschäftsordnung abgelehnt worden.

(Wiard Siebels [SPD] - zu Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE] -: Wir haben doch am Abstimmungsergebnis gese- hen, wer recht hat!)