Protokoll der Sitzung vom 26.02.2020

Dass sich der Landtag damit beschäftigt, finde ich absolut klug. Wir beschäftigen uns ständig mit der Frage, wie es uns mit den einzelnen Bausteinen gelingt, die Daseinsvorsorge Wohnen zu realisieren. Dass wir Entschließungen hier im Landtag fassen, die wir nicht selbst in gesetzliches Handeln umsetzen, sondern an die Bundesebene adressieren, habe ich in den letzten zwölf oder 13 Jahren häufig - ich weiß nicht, wie oft - erlebt.

Wir haben hier eine Vielzahl von Entschließungen gefasst - übrigens auch in Ihrer Regierungszeit -, die wir an den Bund adressiert haben, möglicherweise bei gleicher Farbgebung.

(Johanne Modder [SPD]: Genau!)

So ungewöhnlich finde ich diesen Weg gar nicht. Wir machen im Gegenteil deutlich, dass wir den Einsatz des Baukindergeldes in Genossenschaften für ein kluges Instrument halten und befördern wollen. Gerade die Genossenschaften spielen hier eine besondere, eine hervorragende Rolle.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Grascha zu?

Ja, selbstverständlich.

Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Vor dem Hintergrund, dass es sich hier schon um etwas anderes handelt als beispielsweise um eine Bundesratsinitiative - der Deutsche Bundestag hat den Beschluss schon gefasst -, frage ich Sie: Sie werden ja in der Entschließung, die heute vermutlich eine Mehrheit finden wird, aufgefordert, bei der Bundesregierung auf eine schnelle Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages hinzuwirken. Wie kann ich mir so etwas in der Praxis vorstellen?

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Grascha, das ist der Auftrag, den die Landesregierung übernimmt. Der Baumi

nister des Landes wird nicht nur in schriftlicher Form, sondern auch auf der nächsten Bauministerkonferenz gegenüber dem Bauminister des Bundes, der das mit dem Finanzminister federführend auf den Weg bringt, darauf hinwirken, dass dies jetzt zügig erfolgt.

Ich bin der Meinung: Wenn wir es schaffen, dass das Baukindergeld angerechnet wird, dann werden viele junge Familien bereit sein, das zu machen. Dann haben wir eine Chance, einen Beitrag dazu zu leisten, dass Menschen, die es gerne wollen, Eigentum schaffen und darin - übrigens auf Dauer - bezahlbar bzw. kalkulierbar wohnen können. Das ist ein kluger Weg. Deswegen freue ich mich über das Signal.

Jetzt mag man dieses Signal für sich noch nicht als Lösung betrachten. Das kann sein. Aber die Wohnraumförderung greift auch bei den Genossenschaften. Die Genossenschaften haben neben der Eigenbeteiligung, neben der Eigennutzung auch die Möglichkeit, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dafür können sie auf die Wohnraumförderung zurückgreifen.

Wir haben in den letzten Wochen darüber diskutiert, ob die Genossenschaften selber oder die Kommunen Belegungsrechte haben sollten. Das ist ein Baustein eines generellen Instruments, um im Rahmen der Daseinsvorsorge bezahlbares Wohnen zu generieren. Ich würde mich freuen, wenn das ein breites Signal dieses Parlaments wäre. Es wäre gerade für junge Familien, die den Wunsch haben, Eigentum zu generieren, wichtig. Warum sollten wir sie dabei nicht unterstützen?

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Lies.

Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 21 abgehandelt.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/5072 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die eindeutige Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt, und der Antrag von SPD und CDU ist unverändert angenommen worden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 22: Abschließende Beratung: Verfassungsfeinde entwaffnen - Waffenrecht verschärfen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/5075 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 18/5822 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/5936

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Mit ihren Änderungsantrag zielt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen darauf, ihren eigenen Antrag um weitere Forderungen zu ergänzen.

Wir treten in die Beratung ein. Für die einbringende und beantragende Fraktion hat sich der Kollege Helge Limburg, Bündnis 90/Die Grünen, gemeldet. Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zahlreiche Menschen sind in Deutschland und natürlich auch in Niedersachsen in Schützenvereinen organisiert oder üben in anderen Vereinen und Vereinigungen den Schießsport aus. Wer den Schießsport ausübt, darf eine Waffe besitzen - das klingt trivial, aber das muss festgestellt werden - und natürlich auch - so ist die Rechtslage in Deutschland - Munition zu Hause lagern und besitzen.

Das ist in normalen Zeiten, unter normalen Umständen kein Problem und kein Thema für politische Debatten. Es wird aber dann ein Problem, wenn unter dem Deckmantel, den Schießsport ausüben zu wollen oder sich auf andere Weise eine Erlaubnis zum Waffenbesitz verschaffen zu wollen, Verfassungsfeinde oder anderweitig gefährliche Personen an tödliche Schusswaffen gelangen.

Ich darf daran erinnern, dass der sogenannte Reichsbürger aus Bayern, der Polizistenmörder aus Georgensgmünd zunächst legal Waffen besitzen durfte. Als sie ihm dann wegen zu Recht vermuteter Unzuverlässigkeit abgenommen werden sollten, hat er einen Polizisten erschossen. Der Mörder von Walter Lübcke war Sportschütze. Der Attentäter von Hanau war Sportschütze. Diese und

andere Beispiele zeigen, dass wir keinen Generalverdacht - natürlich nicht - gegen Sportschützinnen und Sportschützen erheben.

(Gudrun Pieper [CDU]: Nein? - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Natürlich nicht! Das macht keiner!)

- Liebe Kollegin Pieper, liebe Kolleginnen und Kollegen, offen gesagt hatte ich nach der Debatte von heute Morgen den verhaltenen Optimismus, dass wir bei allen Unterschieden, die es natürlich geben kann und geben muss, hier zu einem gemeinsamen Kern kommen, nämlich: Es muss Konsens sein, dass Verfassungsfeindinnen und Verfassungsfeinde, dass Menschen, die unser Grundgesetz und unsere Werteordnung ablehnen, selbstverständlich unter keinen Umständen in den Besitz von Schusswaffen gelangen dürfen. Diese Aussagen des Innenministers Pistorius sollten doch in diesem Hause Konsens sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen eben feststellen, dass die bisherigen Regelungen offensichtlich nicht ausreichend waren, um dieses Ziel zu erreichen. Es hat, zugegeben, im vergangenen Jahr - auf Ihre Initiative, Herr Minister Pistorius - eine Waffenrechtsverschärfung gegeben, die wir damals ausdrücklich begrüßt haben. Aber wir müssen konstatieren - das haben Sie ja selber gegenüber der Deutschen PresseAgentur erklärt -, dass diese Maßnahmen auch konsequent umgesetzt werden müssen, dass kontrolliert werden muss, ob den Waffenbehörden tatsächlich sämtliche Informationen zur Zuverlässigkeit von Personen, die sich um eine Waffenbesitzkarte oder eine andere Waffenbesitzerlaubnis bemühen, vorliegen.

Noch einmal: Es geht nicht um einen Generalverdacht. Es geht darum, dass wir die Waffenbehörden in die Lage versetzen müssen, sicherzustellen, dass Waffen nicht in die Hände von Verfassungsfeinden gelangen.

Es gibt weitere Aspekte, die der Kollege Schünemann heute Morgen angesprochen hat, z. B. die Frage, ob Waffenbehörden eigentlich in der Lage sind, ausreichend zu erkennen, ob eine Person, die eine Waffenbesitzerlaubnis beantragt, psychische Auffälligkeiten aufweist. Da kann man schon den Eindruck gewinnen, dass es keinen ausreichenden Informations- und Datenaustausch gibt. Auch da müssen wir nachbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der CDU)

Schließlich müssen wir mal die Frage diskutieren, ob es eigentlich eine objektive Notwendigkeit dafür gibt, dass Sportschützen Munition bei sich zu Hause lagern. Der Schießsport darf und wird ja auch nur auf Schießständen ausgeübt. Warum gibt es dann eine Notwendigkeit, sich Munition jenseits der Vereins- und Verbandsstrukturen zu beschaffen und bei sich privat zu Hause zu lagern,

(Beifall bei den GRÜNEN)

so wie es der Attentäter von Hanau in großem Umfang getan hat, der damit seine schrecklichen Mordtaten verübt hat? Auch diese Frage müssen und sollten wir diskutieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag ist lange vor Hanau gestellt worden, das wissen Sie. Ich will hier überhaupt keinen anderen Eindruck erwecken. Wir sind der Auffassung, dass Hanau eine neue Situation geschaffen hat und weiteren politischen Überprüfungsbedarf, wie es der Innenminister und auch die Bundesjustizministerin postuliert haben, erfordert.

Deswegen beantragen wir heute die Rücküberweisung des Antrags und des Änderungsantrags an den Innenausschuss mit der Zielrichtung, mit der Hoffnung, dass wir wenigstens in den Kernfragen doch zu einem Kompromiss, zu einer Verständigung in der Sache und zu einem starken gemeinsamen Signal kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn ich die Debatte heute Morgen und die Gespräche, die es inzwischen gegeben hat, richtig deute, dann können wir uns auf diese Rücküberweisung verständigen. Ich bin froh, dann sagen zu können: Das ist ein gutes Signal, das heute von diesem Landtag ausgeht. Wir wollen gemeinsam konkrete Schritte gehen, um Verfassungsfeinde effektiv zu entwaffnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Ich habe das notiert. Sie beantragen die Rücküberweisung an den Ausschuss. Sofern es zwischen den Fraktionen irgendwelche Gesprächskontakte gibt, wäre ich dankbar, wenn das zumindest in den Redebeiträgen angesprochen würde. - Es folgt Herr Kollege André Bock von der CDU-Fraktion.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ob es nun die schrecklichen Morde des NSU sind, ob es der Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke ist, ob es antisemitische Taten sind, ob es sogenannte Reichsbürger oder zuletzt die furchtbaren Ereignisse in Hanau sind: Wenn wir hierüber sprechen, sind neben Hass und Terror in der Regel auch Waffen im Spiel, Waffen, die eben nicht im Besitz der so vielen aufrichtigen und sorgsamen Menschen in unserem Lande sind, sondern im Besitz von Terroristen, von Extremisten, von Verfassungsfeinden oder gar von psychisch Verwirrten.

Daher ist es auch richtig, dass der Staat, dass wir als politisch Handelnde und Verantwortliche sehr genau hinschauen müssen, wer hier in diesem Land Waffen besitzt und wer mit ihnen umgeht. Hier muss das Maß der Zuverlässigkeit und müssen auch Kontrollen hoch angesetzt sein, weil es eben um unser aller Sicherheit geht. Nun ist an erster Stelle für die Gesetzesgrundlage im Waffenrecht der Bund zuständig. Aber das entbindet uns natürlich nicht von der Pflicht, uns damit zu befassen. Es geht schließlich um die innere Sicherheit von Niedersachsen.

Der Bund hat sich im letzten Jahr auch damit befasst, nicht weil er musste - Stichwort EU-Feuerwaffenrichtlinie, die im Lichte der schrecklichen Terroranschläge von Paris und Brüssel entstanden ist -, sondern weil es angesichts der verschiedenen Ereignisse und Sorge auch in der Bevölkerung bei uns geboten war. Deutschland hatte zwar bis dahin schon ein sehr starkes Waffenrecht, aber insbesondere ist es darum gegangen, den Zugang von Extremisten zu Waffen möglichst zu verhindern. Herr Limburg hat das gerade angesprochen.

Ich kann zufrieden feststellen, meine Damen und Herren, dass die Koalition in Berlin, dass der Bund gerade hier den nötigen Weitblick gehabt hat und entsprechend am Ende letzten Jahres handelte. Die wesentlichen Punkte aus dem ersten Antrag der Grünen sind durch die Große Koalition im Bundestag im Dezember abgearbeitet worden, unterstützt und flankiert auch aus den 16 Bundesländern heraus, die das BMI über den Bundesrat aufgefordert haben, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Das alles war abschließend im Dezember mit dem sogenannten Dritten Waffenrechtsände