Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bode, ich möchte noch einmal zu bedenken geben, dass jedes Projekt einzeln genehmigt wird - in Form eines bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung.
Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Martin Bäumer zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Bäumer!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick in die Geschichte der Kaliproduktion in Niedersachsen. Diese gibt es hierzulande seit 130 Jahren.
Lieber Kollege Försterling, der Kalibergbau und die Herstellung des entsprechenden Düngers waren und sind Voraussetzungen für den Fortschritt in der Landwirtschaft. Ohne diesen Fortschritt in der Produktion wäre es nahezu unmöglich, eine Weltbevölkerung von mehr als 7 Milliarden Menschen zu ernähren. - Diese Tatsache kommt mir bei der Diskussion hier heute Abend viel zu kurz.
Nun hat die Gewinnung - und deswegen reden wir darüber - in den vergangenen 100 Jahren zur Aufschüttung von Kalihalden geführt, die weithin sichtbar unser Landschaftsbild prägen; denn nicht alles, was unten im Berg gewonnen wurde, konnte über Tage wirtschaftlich verwertet werden. Und obwohl es in Niedersachsen die Pflicht gibt, die unter Tage entstandenen Hohlräume zur Vermeidung von Absenkungen zu verfüllen, konnten die
Haldenmaterialien nicht komplett unter Tage verbracht werden. Dahinter steckt kein böser Wille, sondern eine physikalische Ursache; denn beim Aufmahlen des Rohsalzes entstehen aus 1 m³ Rohsalz ca. 2,3 m³ Rückstand. Das Volumen verdoppelt sich also und kann unter Tage nicht wieder entsprechend zusammengepresst werden. Die Halden, die wir vorfinden, werden also bleiben.
Sie einfach stehenzulassen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist vermutlich keine gute Lösung; denn Wind und Wetter werden dafür sorgen, dass die aus Salz bestehenden Halden nach und nach zusammenschrumpfen. Dabei wird das Salz ausgewaschen und vermischt sich mit Oberflächen- und Grundwasser - Wasser, das wir für andere Zwecke brauchen und das mit Salz ungenießbar wird. Deshalb sind die Bergbauunternehmen verpflichtet, die Halden abzudecken, um die Auswaschungen deutlich zu reduzieren. Ganz vermeiden lässt sich das Auswaschen aber nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie können sich sicherlich vorstellen, wie viel Material man braucht, um eine Halde abzudecken.
Herr Bäumer, warten Sie eben kurz! Hier gibt es so viele Zweier- und Dreiergesprächsrunden im Raum, obwohl er nicht vollständig gefüllt ist, dass selbst wir hier oben Sie kaum verstehen können. Anscheinend wird auch mein Klingeln nicht wahrgenommen. - Wir warten, bis Ruhe einkehrt, damit wir den Ausführungen des Abgeordneten Bäumer lauschen können.
Bei der Frage, woher das Material zur Abdeckung einer Halde kommen kann, gibt es mehrere Alternativen. Man könnte dafür neue Kiesgruben, Sandgruben oder Steinbrüche erschließen. Aber Sie ahnen, dass das in der heutigen Zeit vermutlich nicht ganz konfliktfrei verlaufen würde. Unter den größten Gegnern wären vermutlich auch welche mit grünem Parteibuch. Außerdem widerspräche das diametral - mein Kollege Pott hat es gesagt - den Vorgaben der Kreislaufwirtschaft, von der ich grüne Politiker sehr häufig sprechen höre.
Wenn wir uns also einig sind, dass neues Material für die Abdeckung von Halden ausscheidet, was spricht dann gegen recyceltes Material? - Prinzipiell nichts, es sei denn, man suggeriert mit plakativen und populistischen Thesen, auf Kalirückstandshalden würden illegal schädliche Stoffe entsorgt.
Es gibt weitere Alternativen: Man könnte so eine Kalihalde mit einer Folie abdecken. Sie können sich vorstellen, wie viel Folie man dafür braucht. Man könnte auch eine Pipeline quer durch Niedersachsen bauen und die Kalihalden nach und nach über diese Pipeline in die Nordsee leiten. Man könnte auch - auch diese Idee gab es mal - die Kalihalden einfach in den nächstgelegenen Fluss kippen, um sie dann in die Nordsee zu verbringen. - Ich glaube, das alles sind keine guten Ideen.
Deshalb läuft das Ganze in Niedersachsen auch im Jahr 2020 nach Recht und Gesetz - übrigens wie in den Jahren 2013 bis 2017. Bundesweit gelten für die Abdeckung von Kalirückstandshalden überall die gleichen Kriterien - in Niedersachsen wie in Baden-Württemberg. Üblicherweise wird vor der Abdeckung einer Halde ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Aber das scheint die Kollegen von den Grünen hier in Niedersachsen wenig zu interessieren.
Der Kollege Pott hat es gesagt: Sie behaupten schon in der Überschrift, eine abzudeckende Kalihalde sei eine Deponie. Liebe Kollegin, mir scheint, dass Sie das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht genau genug gelesen haben, sonst würden Sie solche Behauptungen nicht aufstellen.
Ebenso frech behaupten Sie in Ihrem Antrag, die Abdeckung einer Kalihalde würde mit verringerten Umweltauflagen umgesetzt. Planfeststellungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfung sprechen da eine andere Sprache. Ihre Behauptung ist daher nicht nur frech - sie ist schlichtweg falsch.
Das gilt auch für Ihre Behauptung im Antrag zur Kalihalde Wathlingen. Sie behaupten, der Betreiber rechne gemäß den Antragsunterlagen damit, dass auch künftig 20 % des Regenwassers durch die Abdeckung sickern würden. Das ist falsch. Nach meiner Kenntnis steht in diesen Antragsunterlagen, dass der Betreiber von einer Restdurchsickerung von 2 % ausgeht. Da haben Sie sich doch glatt um den Faktor 10 vertan!
Ferner behaupten Sie in Ihrem Antrag, dass die Landesregierung zugebe, dass es „bislang keine Erfahrung zur Wirksamkeit von Haldenabdeckungen gibt.“ Als Quelle für diese Behauptung führen Sie die Landtagsdrucksache 18/2823 an. Ich habe mir die Drucksache mit dieser Nummer einmal durchgelesen. Dort steht auf Seite 24 oben:
„Die in Niedersachsen gesammelten Erfahrungen an anderen Standorten mit laufender oder bereits abgeschlossener Abdeckung zeigen, dass auf diese Weise eine signifikante Verbesserung der langfristigen Umweltauswirkungen im Bereich von ehemaligen Kalihalden erreicht werden kann.“
Liebe Grüne, so wird das nichts. Ihr Antrag ist ungenau und in mehreren Teilen auch falsch. Sie stellen unwahre Behauptungen auf und lassen die Menschen vor Ort bei der Lösung alleine, da Sie uns mit keinem Wort sagen, was man alternativ zur Nutzung von recyceltem Bauschutt als Material nehmen könnte. Ich habe Alternativen genannt, aber Sie können sich vorstellen, dass die in der Praxis nicht durchsetzbar sind.
Wir reden hier übrigens von Material, das man auch für Lärmschutzwälle einsetzt. Deshalb machen Sie es uns leicht, Ihren Antrag abzulehnen.
(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Anja Piel [GRÜNE]: Frenetischer Beifall in den eigenen Reihen!)
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bäumer. - Der Abgeordnete Bode von der FDP-Fraktion hat sich auch auf Ihren Beitrag zu einer Kurzintervention nach § 77 der Geschäftsordnung gemeldet. Bitte, Herr Abgeordneter Bode!
Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Bäumer, Ihrer Argumentation liegt eine falsche Annahme zugrunde: Sie gehen davon aus, dass ausschließlich die Abdeckung einer Kalihalde ein mögliches Instrument sowie gesetzlich vorgeschrieben sei. Aber das ist definitiv nicht so. Die Europäische Kommission hat in einem sehr viele Seiten umfassenden Dokument unterschiedliche Maßnahmen vorgeschlagen, die als geeignet gelten. Dabei ist
Die EU-Kommission hat in Spanien bei einem Unternehmen, das sicherlich ein viel größerer Umweltsünder ist als alle Unternehmen, die wir in Niedersachsen kennen, den Rückbau angeordnet. In Spanien sind neue Vakuumisierungsverfahren entwickelt worden, die angeblich sogar einen wirtschaftlichen Rückbau möglich machen. Der Wirtschaftsausschuss beabsichtigt, sich genau dies dort anzuschauen, um es in die hiesige Debatte einzuführen und das Know-how nach Niedersachsen zu holen; denn weder das LBEG noch die Landesregierung haben irgendwelche Kenntnisse über die anderen Verfahren. Ich kann Sie nur dazu einladen, dass Sie ein CDU-Mitglied im Wirtschaftsausschuss vertreten und mitkommen, um sich das vor Ort einmal anschauen und zu sehen, wie es anders gehen kann.
Wie gesagt, es stimmt nicht, dass nur die Abdeckung der Weg der Wahl sei. Es gibt auch andere. Der Rückbau wäre der wesentlich bessere.
Man stelle sich das einmal vor! 20 Jahre lang sollen alle zehn Minuten Lkw durch niedersächsische Dörfer fahren, teilweise auf Kreisstraßen, die dafür gar nicht ausgelegt sind - und der einzige Gewinn wäre - so das LBEG -, dass sich der Zustand nicht verschlechtern würde. Warum tut man das den Menschen das an?
Ich glaube, erstens, bei Ihrer Argumentation liegt auch ein Fehler vor; denn wenn eine Kalihalde zurückgebaut werden soll, wird es natürlich auch Lkw geben,
die vermutlich alle 15 Minuten durch die Dörfer fahren, weil sie das Zeug ja irgendwohin bringen müssen.
Zweitens halte ich wenig davon, dass man in der Hoffnung auf Wunder von morgen die Probleme der Gegenwart nicht angeht und bei den schlech
ten Lösungen der Vergangenheit bleibt. Ich glaube, wir müssen an dieser Stelle zu Lösungen kommen, die auch tragfähig sind.
Meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss werden sich diese Sache in Spanien sicherlich sehr genau anschauen. Aber ich halte unser LBEG für so vernünftig, dass es diese Methode auch geprüft und sich dazu auch eine Meinung gebildet hat. Und wenn das LBEG zu dem Schluss kommt, dass es besser ist, diese Halden abzudecken, dann wird das aus meiner Sicht vermutlich richtig sein.
Weiteres Material nach unten zu bringen, ist mit einem riesigen Aufwand verbunden. Sie schütteln den Kopf, Herr früherer Minister Bode. Vielleicht haben Sie vergessen, das in Ihrer Regierungszeit anzuordnen.
(Zustimmung von Veronika Koch [CDU] - Jörg Bode [FDP]: Da gab es dieses Verfahren der Haldenabde- ckung noch gar nicht! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU] - Imke Byl [GRÜNE]: Das LBEG kannte das Beispiel aus Spanien ja nicht mal!)