Protokoll der Sitzung vom 12.05.2020

Sie verlangen als Dogma umweltfreundliche Mobilität zulasten des Straßenbaus. Ein Vorredner hat es schon gesagt: Auch E-Autos brauchen Straßen. - Vielleicht ganz ideologiefrei ein Tipp für den Herrn, der gerade mit dem Rücken zu mir sitzt - dann kann ich auch nicht wissen, wer es ist -: Mehrspurige Fahrzeuge brauchen gut ausgebaute Straßen. Das wird sich nicht ändern lassen, auch wenn Sie auf E-Autos setzen wollen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Auch wir sind für den Straßenerhalt! Das wussten Sie!)

Der zweite Punkt, der uns aufgefallen ist: Ende April haben Sie 4 Milliarden Euro für den ÖPNV nachgelegt, die vielleicht reichen, vielleicht aber auch nicht reichen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Na ja, wo sollen die Busse denn fahren? Sie merken selbst, dass da ein kleiner Widerspruch ist: Den Straßenbau zurückstellen, die Straßen am liebsten zu Radwegen umwidmen, aber den ÖPNV wiederbeleben, ausbauen, attraktiv machen - das geht nicht! Das geht auch nicht mit viel Geld, wenn Sie keine Verkehrswege haben.

(Widerspruch von den GRÜNEN)

Aber das sind Tatsachen und Realitäten, um die Sie sich jetzt nicht kümmern müssen.

(Wiard Siebels [SPD]: Das kann man ignorieren!)

Das kommt schon einmal vor.

Sie, liebe Grüne, befinden sich mit den großspurigen und radikalen Ansätzen und Ideen auf Kosten der Architektur unseres Zusammenlebens in bester Gesellschaft. Sollten Sie 2021 zufällig im Bund mitregieren - möge es der Wähler verhindern! -, dann können Sie sicherlich sogar von einem Fünfjahresplan träumen, den mit beeinflussen. Ich hoffe, so kommt es nicht.

Weil es ein bisschen arg sozialistisch und nach Karl Marx klingt, sollte man den Fünfjahresplan doch auf ministerieller Ebene im Bundesministerium ändern. Außerdem klingt Ihr Antrag auch noch ein bisschen schulmeisterlich. Ich lasse mal offen, ob die Landesregierung bei diesem Thema tatsächlich Nachhilfe von Ihnen gebraucht hätte und braucht, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Flächenverbrauch teuer ist. Manchmal ist es auch ganz begrüßenswert, wenn Flächenverbrauch etwas kostet, weil man dann merkt, dass das, was man da treibt, Sinn haben muss. Das wäre vielleicht ein zu hoher Preis für das, was Sie vorhaben.

Abschließend sei noch gesagt, dass das von Ihnen angesprochene Problem des Flächenverbrauchs im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD im Bund sowieso erkannt wurde und dass entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind. Die Gesellschaften und die Träger des ÖPNV erkennen selber, wo die Probleme sind. Wir werden das sicherlich noch festlegen müssen, aber das wird im Ausschuss zur Debatte stehen. Wir freuen uns darauf.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der AfD)

Danke sehr. - Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich der Wirtschafts- und Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann gemeldet. - Einen kleinen Moment noch, Herr Minister.

(Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Landtagsverwaltung desinfizieren das Redepult)

- So, vielen Dank.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte die Ernsthaftigkeit des Antrages der Grünen nicht in Zweifel ziehen. In der Frage des Klimaschutzes müssen wir uns mit Nachdruck einer zentralen Aufgabe stellen. Auch die Klimaziele von Paris und den Vorgängerkonferenzen haben die Messlatte sehr hoch gelegt.

Die Kernfrage für die Landesregierung lautet allerdings: Wie können wir das Gleichgewicht zwischen den wirtschaftlichen Notwendigkeiten mit Blick auf einen Industriestandort wie Niedersachsen und Deutschland, der eine verkehrliche Infrastruktur notwendigerweise vorhalten muss, und einem Mehr an Klimaschutz erreichen? Deswegen glaube ich, dass wir nicht so weit voneinander entfernt sind. Ich glaube nur, dass manche Ihrer Aussagen, Herr Abgeordneter Schulz-Hendel, vielleicht einer gewissen Fehleinschätzung unterliegen. Zumindest sind wir uns in der Bewertung der Frage nun einmal nicht einig.

Ich glaube nämlich nicht, dass man in der Bevölkerung automatisch einen Zuwachs an ÖPNV-Umstiegen erzielen wird, wenn man sich zum politischen Ziel setzt, den Neubau von Autobahnen in Deutschland zu verhindern. Es gibt nämlich Unterschiede zwischen den Menschen, die in städtischen Ballungsgebieten einen relativ einfachen Zugriff auf den ÖPNV haben, und denjenigen im ländlichen Raum, für die die Wege bis zu den nächsten Haltestationen von SPNV und ÖPNV deutlich weiter sind.

Ich bezweifle nicht, dass man sich anstrengen muss, dort etwas zu tun. Für ein kluges ÖPNVKonzept - auch für Niedersachsen - müssen die Ziele Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Platzverfügbarkeit, Anschlusssicherung, durchgehende Reisemöglichkeiten und einfache Erreichbarkeit von

Stationen und Haltestellen im Blick behalten werden.

Ich glaube allerdings auch, dass das von Ihnen in den Vordergrund gestellte Straßenbaumoratorium - eine Ankündigung, den Autobahnbau oder generell den Straßenbau aufzuhalten - in dieser Zeit eines deutlichen Einbruchs der wirtschaftlichen Konjunktur in Niedersachsen - mindestens minus 8 % des Bruttoinlandsprodukts; derzeit 70 000 Kurzarbeitergeldanzeigen mit ungefähr 1 Million Betroffenen; Bedrohung von 30 bis 50 % der Existenzen im Einzelhandel und in anderen Branchensektoren in Niedersachsen - ein kontraproduktives Ziel wäre.

Insofern gilt es jetzt, beherzt und mit dem notwendigen Nachdruck die Fragen anzugehen, die zukünftige Fahrzeuggenerationen betreffen. Das tun wir im Bereich der Elektromobilität genauso wie in Fragen des Wasserstoffantriebs.

Als nicht richtig und vielleicht auch schon etwas überholt muss ich allerdings eine Kritik mit Blick auf den Bundesverkehrswegeplan und das Kernziel Ihres Antrages - dem deswegen so nicht zugestimmt werden kann - darstellen: Erstmals im Jahr 2016 wurde im Rahmen der Vorbereitung des Bundesverkehrswegeplans die gesetzlich vorgeschriebene Strategische Umweltprüfung durchgeführt. Also ist definitiv das Gegenteil Ihrer Behauptung - die Bundesverkehrswegepläne, die jetzt auf den Weg gebracht würden, würden umweltschutzfachliche Belange nicht in ausreichendem Maße und naturschutzfachliche Belange nicht angemessen berücksichtigen - der Fall.

Diese Strategische Umweltprüfung dient im Wesentlichen dazu, die Umweltauswirkungen des Bundesverkehrswegeplanes zu ermitteln und diese auch in einem Umweltbericht festzuhalten. Es werden Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligungen durchgeführt, und die Ergebnisse werden einer kritischen Prüfung unterzogen. Die Vorhaben, die von hoher Umweltbeeinträchtigung gekennzeichnet sind, werden herausgestellt. Insofern finde ich, dass der Untersuchungsrahmen sowohl mit dem Bundesumweltministerium als auch mit dem Bundesverkehrsministerium, was die umwelt- und naturschutzfachliche und damit auch klimabedeutsame Planung betrifft, ausgesprochen positiv und sinnvoll dargestellt ist.

Unser Wohlstand und unsere Lebensqualität in Deutschland und in Niedersachsen hängen ganz maßgeblich von den Möglichkeiten der Mobilität und des Verkehrs und einer gut ausgebauten In

frastruktur ab. Das dürfen wir bei allen Maßnahmen letztendlich nicht vergessen.

(Beifall bei der CDU)

Ohne Mobilität und ohne Innovation werden weder Wachstum noch die damit verbundene Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen denkbar sein.

Wir brauchen eine Entlastung von Ballungsräumen, und wir brauchen jetzt natürlich einen zügigen Ausbau, eine Beschleunigung der bestehenden Verkehrsprojekte in Niedersachsen, die wir als vordringlich ansehen und als prioritär beim Bund angemeldet haben. Das schafft wirtschaftlichen Aufschwung und wirtschaftlichen Wohlstand. Gerade in einer Krise ist das dringender denn je.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Althusmann.

Weitere Wortmeldungen liegen jetzt nicht mehr vor.

Wir können zunächst zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 15 kommen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/5863 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist dieser Beschlussempfehlung gefolgt worden.

Wir kommen jetzt zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 16.

Wer diesen Antrag in den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung überweisen möchte, den bitte ich nunmehr um ein Handzeichen. - Gibt es hierzu Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? - Dann haben Sie so entschieden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind für heute am Ende der Tagesordnung angekommen. Ich wünsche Ihnen einen sehr schönen Feierabend. Wir sehen uns morgen früh um 9 Uhr.

Schluss der Sitzung: 20.14 Uhr.