Damit komme ich zunächst zu den Forderungen der Grünen, liebe Kollegin Hamburg, und zu Ihrer Forderung nach einem Sonderausschuss. Ich habe mich zunächst gefragt, was das werden soll, was das für ein Sonderausschuss sein soll. Dann habe ich Ihre Pressemitteilung gelesen und festgestellt, dass diese zwei Punkte enthält, und zwar eine Kritik und eine Forderung. Die Kritik lautet: Es gab keine Beteiligung des Parlaments am Stufenplan, wie es eben Herr Birkner hier formuliert hat. Und die Forderung ist: Wir brauchen ein Mitentscheidungsrecht für künftige Maßnahmen.
Dazu kann ich Ihnen Folgendes sagen: Natürlich war dieses Parlament am Stufenplan, seiner Geschichte und Entstehung beteiligt. Sie haben es nur nicht gemerkt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
warum er an dieser Stelle lacht - erklären, wie das mit dem Parlamentarismus funktioniert! Das lernt man in der Staatsrechtsvorlesung.
Die Funktion dieses Parlamentes ist es, Dinge zu benennen, Kritik zu formulieren, Forderungen zu erheben, die die Exekutive in ihrem Handeln aufzunehmen hat. Das hat sie getan, Herr Birkner. Sie haben ja selbst gesagt, dass Sie diesen Stufenplan gefordert hätten und ihn richtig fänden. Jetzt beschweren Sie sich und erklären, nicht beteiligt worden zu sein. Das verstehe ich nicht.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Gesetze sind etwas anderes, Herr Kollege! Das wissen Sie!)
Wir alle - und da sollten wir uns als Parlamentarier nicht kleinreden - haben uns in den letzten Wochen in die Meinungsbildung der Regierung eingebracht. Mein Dank gilt ausdrücklich diesem Ministerpräsidenten, von dem ich weiß, dass er sich außerhalb der Debatten, die wir hier führen, immer wieder in die Diskussion eingebracht und mit Fraktionsvorsitzenden Kontakt aufgenommen hat, um herauszufinden, was in den Fraktionen gedacht wird, wie die Stimmung in den Wahlkreisen und bei den Abgeordneten ist. Selbstverständlich ist all das in diesen Stufenplan eingeflossen.
Natürlich, Frau Kollegin Hamburg, hätten wir alle gerne selbst mitentschieden. Exekutivhandeln ist eine Sache, die einen wirklich reizen kann. Natürlich hätte ich auch an vielen Punkten gerne selbst entschieden. Ich habe es aber nicht getan, ich konnte es auch nicht. Herr Birkner, auch ich hatte manchmal das Gefühl, gerne mehr mitwirken zu wollen. Aber ich kann Ihnen auch sagen, dass es aus gutem Grund in diesem Land eine Gewaltenteilung gibt. Die Aufgaben des Niedersächsischen Landtags sind in Artikel 7 unserer Verfassung beschrieben. Das ist die Ausübung gesetzgebender Gewalt. Darüber kann man unter Tagesordnungspunkt 5, lieber Kollege Birkner, heute noch diskutieren.
Zu unseren Aufgaben gehören der Beschluss über den Landeshaushalt und die Wahl des Ministerpräsidenten.
Außerdem sind wir bei der Bildung der Regierung behilflich und kontrollieren die Regierung. Aber wir wirken nicht an der Regierung mit, meine Kolleginnen und Kollegen. Das ist nicht unsere Aufgabe. Ich kann Ihnen eines sagen: Sie können hier nicht für Grundrechte streiten, aber durch die Hintertür die Verfassung aushebeln und sich in die Regierungsbeteiligung schummeln wollen. So funktioniert es eben nicht.
(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Das Wesentlichkeitsprinzip ist auch Teil der Verfassung! Das wis- sen Sie ganz genau!)
(Helge Limburg [GRÜNE]: Den Frau Modder gefordert hat! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Das stimmt!)
Ich habe einmal nachgeguckt, wo es so etwas schon gab, ob das andere auch gemacht haben. Einen solchen Sonderausschuss hat beispielsweise die AfD in Brandenburg gefordert. Das wurde mit den Stimmen der Grünen zurückgewiesen. Man hat gesagt: Das brauchen wir nicht!
Auch in Baden-Württemberg ist ein solcher Sonderausschuss gefordert worden. Das grün-geführte Baden-Württemberg hat das zurückgewiesen:
(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Wir sind eine eigenständige Fraktion! Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist!)
- Lieber Herr Limburg, ganz vorsichtig! Wir begeben uns auf dünnes Eis. Wenn Sie mir jetzt sagen: „Wir sind eine andere Fraktion“, dann ist das ganz, ganz dünnes Eis. Das erkläre ich Ihnen gerne draußen vor der Tür. Das werfen wir anderen Kolleginnen und Kollegen im Hause häufig vor.
Auch wir als regierungstragende Fraktionen fühlten uns manchmal nicht unbedingt super und optimal informiert. Ich habe manchmal die Kollegin Modder angerufen und gefragt: Hast du das gewusst? - Dann hat sie gesagt: Nein. - Dann haben wir gesagt: Naja, es passiert vielleicht in Krisenzeiten, dass die eine oder andere Information verloren geht. Das passiert schon.
Zum Thema mehr Transparenz, Herr Birkner: Unbedingt! Auch da bin ich dabei. Gar keine Frage! Aber ich kann Ihnen auch sagen, was ich bestimmt nicht will: Ich will keine Mitentscheidung des Parlaments bei einzelnen Corona-Maßnahmen.
Ich will nicht mit Frau Hamburg darüber diskutieren, ob die Saunen geöffnet werden sollten. Ich will nicht darüber diskutieren, ob möglicherweise Waschanlagen aufmachen können oder nicht. Denn jede einzelne dieser Maßnahmen ist hoch umstritten, und es wird draußen immer Leute geben, die bestimmte Maßnahmen nicht gut finden. Wenn wir solche Maßnahmen an die Bevölkerung herantragen wollen, dann müssen wir sie geeint tragen und dürfen sie nicht mit Mehrheit beschließen.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Und wenn die das allein entscheiden, ist das geeint? - Christian Meyer [GRÜ- NE]: Dafür sind wir doch gewählt wor- den, dass wir entscheiden!)
- Frau Hamburg, wir beide würden schon ein Problem haben, wenn es darum geht, nach welchen Maßstäben wir eigentlich diskutieren. Ich habe das eben mit Interesse gehört: Als es um das Beispiel der Öffnung der Saunen ging, haben Sie gesagt: Entscheidend ist die gesellschaftliche Relevanz.
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Nein, es geht um das Kriterium! - Das haben Sie so gesagt. (Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Die Landesregierung wertet nach gesell- schaftlicher Relevanz!)
Für uns ist das Infektionsrisiko entscheidend. Schon da sprechen wir also unterschiedliche Sprachen.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wirt- schaftliche Relevanz - das ist die Maßgabe von Herrn Althusmann! - Christian Meyer [GRÜNE]: Alles, was strittig ist, entscheidet die Regierung!)
- Frau Hamburg, Sie haben mir neulich gesagt: Wer schreit, hat Unrecht. Aber wissen Sie, warum ich bei Ihnen immer laut werden muss? Weil das bei Ihnen selbst aus der letzten Reihe kommt. Ich frage mich, wie das wird, wenn die Plastikwände hier stehen, ob einem dann auch noch dieser Sound aus der Grünen-Fraktion entgegenschallt. Hören Sie doch einfach mal zu! Das habe ich bei Ihnen auch getan. Das können Sie nachlesen.
(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD - Christian Meyer [GRÜNE]: Wie kann man das denn nachlesen?)
Ich weiß nicht, ob Ihnen das in all den Jahren im Parlament verborgen geblieben ist. Das kann man machen. Den einen oder anderen, Herr Meyer, finde ich im Übrigen richtig gut.
Wenn Sie fordern, einen solchen Sonderausschuss einzurichten, dann müssen wir auch einmal darüber reden, was eigentlich mit den bestehenden Ausschüssen passiert. Die machen gute Arbeit! Und was ist mit den Themen, die Coronarelevant sind und möglicherweise derzeit im Innen- oder Sozialausschuss beraten werden, wenn künftig ein Sonderausschuss dafür zuständig ist? Werden die dann doppelt beraten, oder werden die anderen Ausschüsse dann in ihren Rechten beschnitten? Diese Fragen müssen Sie doch auch einmal diskutieren.
Wir können sicherlich über alles reden, aber das System darf nicht noch komplizierter werden. Wir können auch über die Dinge reden, die insgesamt beim Management falsch gelaufen sind. Ich will diese Dinge nicht schönreden; das ist nicht meine Art. Ich habe die Dinge offen angesprochen: Die Systematik der derzeitigen Rechtsverordnung - schrecklich! Als Jurist weiß man: Normalerweise gibt es bei einem Gesetz bzw. einer Verordnung einen allgemeinen Teil und einen besonderen Teil, und dann kann man sich da einigermaßen einfach durchlesen.
schwer. Denn in dieser Verordnung geht das teilweise durcheinander. Es gibt Allgemeines, Besonderes, dann kommt wieder etwas Allgemeines. Das ist schwierig. Und mich ärgert auch, dass die Verordnung so spät veröffentlicht worden ist.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Deshalb wäre es vielleicht besser, das Parla- ment zu beteiligen, Herr Kollege!)
Das macht es für diejenigen, die damit arbeiten müssen, nicht leichter. Und mich ärgert in der Tat auch, dass vieles in der Verordnung nicht präzise formuliert ist.
Aber ich kann Ihnen eines sagen: All diese Fehler sind bemerkt worden - von Ihnen und von uns. Und die Regierung wird das auch berücksichtigen.
Ich sage Ihnen auch: Hätte man gewusst, wie sich das Corona-Geschehen entwickeln würde, dann hätte man die Verordnung vielleicht von Anfang an anders angelegt. Deswegen geht mein Dank an all diejenigen in dieser Regierung, die es trotzdem schaffen, mit dieser Verordnung zu arbeiten. Das entbindet uns aber nicht davon, sie vielleicht zu verbessern.