Protokoll der Sitzung vom 13.05.2020

(Zwei Mitarbeiter der Landtagverwal- tung desinfizieren das Redepult)

- Vielen Dank.

Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was für eine Fragestunde! Peinlicher kann man der Regierung ja gar nicht zu einer weiteren Regierungserklärung verhelfen als mit dieser Anfrage. Flacher kann man das Schauspiel „Landtag“ ja gar nicht spielen.

Die heute vorgestellten Stufenpläne wurden bereits zum Teil stundenlang in etlichen Pressekonferenzen, offiziellen Schreiben an die Schulen, Pressemitteilungen und erst am vergangenen Freitag - ebenfalls sehr lang - im Kultusausschuss in ganzer Breite ausgerollt. Und was sollte dann diese Fragestunde? Haben wir heute noch irgendetwas Neues, bislang nicht Bekanntes erfahren? - Nein.

Die SPD tut sich mit dieser Fragestunde wirklich keinen Gefallen. Derart offensichtlich ein parlamentarisches Mittel geradezu zu verballhornen, zeugt nicht gerade von guten demokratischen Manieren.

Sie stellen die Pläne zur weiteren Öffnung der Schulen und nun auch der Kitas vor, Stufenpläne. Das ist zunächst einmal gut. Ein Plan bringt ein gewisses Maß an Berechenbarkeit. Was Ihre Pläne leider vermissen lassen, ist das ausreichende Tempo. Wie wir heute Morgen schon besprochen haben: Der Lockdown schadet unserem Land, unserer Wirtschaft, unseren Familien, unseren Senioren, unserer Demokratie und - darüber reden wir an dieser Stelle -: Der Lockdown schadet auch unseren Kindern, und zwar ganz massiv. Daher muss der Lockdown im Bildungsbereich beendet werden, und zwar so schnell, wie es geht, und so vollständig, wie es geht.

Sie, liebe Landesregierung, öffnen nun die Schulen und Kitas schrittweise wieder für Kinder. Wenn Sie allerdings den Schutz vor Corona ernst nehmen würden, dann dürften Sie das gar nicht tun. Kleinere Kinder können sich nämlich nicht zuverlässig an die jetzt vorgeschriebenen Hygieneregeln halten. Und größere Kinder - Jugendliche genannt - wollen das nicht, wie erste Rückmeldungen aus den Schulen belegen.

(Lasse Weritz [CDU]: Und was schla- gen Sie vor?)

Zudem ist das Regelwerk schon für die Schulen überkomplex und in der Praxis nicht durchführbar. Und wie soll das nun mit Kleinkindern an den Kitas funktionieren?

(Minister Grant Hendrik Tonne: Also machen wir noch schneller alles auf, ja?)

- Warten Sie mal!

Herr Minister, Sie können sich nachher gerne auch noch einmal melden.

Jetzt fragt aber erst einmal der Kollege Weritz, ob er eine Zwischenfrage stellen darf. Herr Kollege lassen Sie sie zu?

Ich glaube, ich komme jetzt genau zu der Stelle.

Sie wissen ja gar nicht, was er fragen will. Aber okay.

(Heiterkeit)

Man konnte es ja schon hören: nach den Alternativen. Darauf will ich jetzt eingehen.

(Lasse Weritz [CDU]: Nein, das würde ich Sie doch gar nicht fragen!)

Herr Kollege, ich sage mal: Ein klares Ja oder Nein wäre jetzt angemessen.

Dann sagen wir jetzt Nein.

Dann sagen wir jetzt Nein. Nachher können Sie noch fragen, Herr Kollege Weritz.

Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten in dieser Situation.

Erstens. Sie glauben weiterhin, dass das Virus stark lebensbedrohend für die Mehrheit der Menschen in unserem Land ist. Dann handeln Sie als Landesregierung grob fahrlässig und spielen mit dem Leben Tausender von Menschen.

Zweitens. Sie glauben selbst nicht mehr an die Gefährlichkeit des Virus. Dann kann die jetzt vorgestellte vorsichtige Öffnung nur ein erster Schritt sein. Dann müssen Sie so schnell wie möglich den weiteren Weg zur Normalisierung des Betriebes beschreiten, und diese Normalität muss noch vor den Sommerferien erreicht werden.

Nur so kann unser Land vor Verwerfungen bewahrt werden, die unser Leben weit mehr beeinträchtigen werden, als es das Coronavirus jemals gekonnt hätte. Zum Teil überlastete Eltern, Erzieherinnen - vor Kurzem noch händeringend gesucht - wochenlang in Kurzarbeit, Zigtausend niedersächsische Familien in existenzieller wirtschaftlicher Not, viele Betriebe und damit berufliche Existenzen vor dem Aus und zahllose Kinder, die mit dem Heimunterricht auf digitaler Basis nicht klarkommen.

Das alles muss beendet werden, und zwar schnell. Für die Schulen fordern wir daher: Mehr Schule

wagen! - Für alle anderen Bereiche sagen wir: Mehr Freiheit wagen! - Und Ihnen hier im Parlament rufen wir zu: Mehr Ehrlichkeit statt Fragestunden-Spielchen wagen! - Dann klappt es vielleicht auch mit der Glaubwürdigkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagverwal- tung desinfizieren das Redepult)

Wenn wir hier vorne soweit sind, ist der Kollege Politze, SPD-Fraktion, dran.

(Zuruf von Lasse Weritz [CDU])

- Herr Kollege, meiner Auffassung nach kann es hier keine Kurzintervention geben, auch nicht im Bereich der Aussprache. Ich wollte das gerade noch einmal klären, aber ich bin mir sicher, dass das so ist. Ja? Alles klar.

(Lasse Weritz [CDU]: Dann weiß ich, dass der Kollege Försterling das re- geln wird!)

- Dann wird Herr Kollege Försterling das regeln. Gut, das ist eine Abmachung unter Ihnen. Das werden wir sehen.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE] - zu Lasse Weritz [CDU] -: Du musst ihm nur noch sagen, was er regeln soll!)

Herr Kollege Politze, bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, der Kollege Rykena hat gerade die Begriffe „peinlich“ und „stumpf“ für diese Fragestunde verwendet. Ich kann an dieser Stelle nur feststellen: Die Einzigen, die sich keinen Gefallen tun, sind offensichtlich die AfD-Politiker in diesem Landtag, erstens mit solchen Reden, zweitens mit ihren Verschwörungstheorien und drittens mit ihrer Bildungspolitik der 30er-Jahre. Herr Rykena, es ist einfach erbärmlich, was Sie hier vorgetragen haben.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Eva Viehoff [GRÜNE])

Für den Begriff „erbärmlich“ entschuldige ich mich an dieser Stelle ausdrücklich, Herr Präsident.

Ich möchte noch einmal auf den Satz des Ministerpräsidenten von gestern hinweisen: Alles, was wir tun, ist darauf ausgerichtet, Menschenleben zu retten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen halte ich das, was Sie hier gerade vorgetragen haben, Herr Rykena, für höchst fahrlässig. Wir müssen das alles in Einklang bringen.

Herr Försterling hatte am Freitag gesagt, eigentlich hätte sich die Fragestunde mit der Unterrichtung durch den Minister im Kultusausschuss erledigt. Ich finde, die Debatte hat gezeigt, dass sich die Fragestunde nicht erledigt hat und dass es gut ist, sie angemeldet zu haben, um insgesamt ein breites Spektrum zu diskutieren, was hier auch gerade erfolgt ist.

Wir hatten als unseren Beitrag zur Fragestunde die Frage „Welche Leitlinie verfolgt die Landesregierung bei Schul- und Kita-Öffnung?“ angemeldet. Darauf möchte ich an dieser Stelle gerne eingehen.

Für viele Kinder und Jugendliche und insbesondere auch für die Eltern war die erzwungene Schulabstinenz mit Sicherheit keine leichte Zeit - Eltern sind nicht dafür da, Homeschooling zu organisieren und Unterricht zu Hause zu übernehmen. Aber es geht nicht darum, Bildungsverlierer zu produzieren, liebe Kollegin Julia Hamburg, sondern es geht darum, das Recht auf Bildung mit dem Infektionsgeschehen irgendwie übereinzubringen. Deswegen gibt es - auch das hat der Kultusminister am Freitag gesagt - nicht den einen richtigen Weg. Man muss versuchen, ordentliche Maßnahmen zu wählen. Das macht diese Landesregierung, und ich glaube, das versucht Politik insgesamt. In diese Beurteilung schließe ich zumindest Teile der Opposition mit ein, den rechten Teil der Opposition des Hauses auf jeden Fall nicht.

Es wird auf unbestimmte Zeit eine Kombination des Lernens aus Präsenzunterricht in den Klassenzimmern für Teile der Schülerinnen und Schüler und des Lernens zu Hause geben müssen, um Lerngruppen klein zu halten. Dadurch werden Risikogruppen geschützt und soll das Infektionsrisiko gering gehalten werden, sowohl bei Lehrkräften als auch bei Schülerinnen und Schülern. Denn eins ist sicher: Das schrittweise Hochfahren von Schule wird nicht die gewohnte Normalität in Schule wiederherstellen. Ich bin fest davon überzeugt, dass keine Normalität noch über einen längeren Zeitraum der Fall sein wird.

Das Lernen unter Corona-Bedingungen muss sich erst einspielen und wird kein Vergleich zur Schule

vor Corona sein; auch das hat der Minister gerade in seinen Ausführungen deutlich gemacht. Daran könnte sich jetzt wieder der Hinweis darauf anschließen, was der Minister am Freitag gesagt hat: dass es nicht den einen richtigen Weg gibt und dass wir immer wieder nachsteuern müssen.

Der Minister ist mit allen Ländern und dem Bund im regelmäßigen Austausch darüber, wie eine schrittweise Wiederöffnung der Schulen mit ausgearbeiteten Stufenplänen möglichst auch bundesweit in Einklang gebracht werden kann. Ich glaube im Übrigen, dass das der richtige Weg ist, weil wir möglichst eine Vergleichbarkeit auf Bundesebene auch für Schülerinnen und Schüler haben sollten und Schule in Corona-Zeiten nicht davon abhängen darf, in welchem Bundesland man gerade wohnt und ob man das Glück hat, dass da andere Regeln gelten als in anderen Bundesländern.