1. In welchem Umfang (Anzahl der Anträge, Aus- zahlungsvolumen) wurden die Soforthilfen des Landes für das Gastgewerbe in Anspruch genommen?
Bis zum 11. Mai wurden für das Gastgewerbe insgesamt 12 710 Anträge auf Soforthilfe bewilligt. Die Bewilligungssumme betrug bis dahin fast 119 Millionen Euro.
2. Wie beurteilt die Landesregierung in Anbetracht des aktuellen „Neustarts“ die aktuellen Perspektiven für Unternehmen und Beschäftigte in der Tourismusbranche in Niedersachsen?
Die bereits in Kraft getretenen und geplanten Lockerungen für die Tourismusbranche bieten auf jeden Fall die Chance für einen verantwortbaren Neustart. Auch wenn die Unternehmen ihre Kapazitäten noch nicht wieder vollständig ausnutzen dürfen, können sie ihre wirtschaftliche Tätigkeit wieder aufnehmen.
In den vergangenen Jahren hat das Wirtschaftsministerium im Rahmen der Tourismusförderung viele Projekte, insbesondere im Bereich des Beherbergungsgewerbes und der öffentlichen touristischen Infrastruktur, aber auch sonstige touristische Projekte unterstützt. Dies hat bekanntlich dazu beigetragen, dass Niedersachsen ein attraktives touristisches Angebot für seine Gäste bereithält. Von diesen guten Rahmenbedingungen wird die Tourismusbranche auch in der derzeit schwierigen Situation sicherlich noch weiter profitieren.
Urlaub im eigenen Land wird in der nächsten Zeit mangels Alternativen - derzeit noch - eine noch höhere Bedeutung haben als in normalen Zeiten. Dies bietet auch die Chance, neuen Gästen zu zeigen, wie vielfältig und erholsam ein Urlaub in den niedersächsischen Ferienregionen sein kann.
Die Tourismusbranche wird noch eine schwierige Zeit vor sich haben und noch einige neue Herausforderungen bewältigen müssen. Aber es ist durchaus denkbar, dass die niedersächsische Tourismusbranche zumindest mittelfristig gestärkt aus dieser Krise hervorgeht.
3. Wird die Tourismusstrategie Niedersachsens angesichts der Auswirkungen der Corona-Krise überarbeitet werden?
Ja, der strategische Handlungsrahmen für die Tourismuspolitik auf Landesebene war von Beginn an als lebendiges Papier entwickelt. So habe ich die Tourismusstrategie bereits um vier neue tourismuspolitische Ziele ergänzt und damit neue Schwerpunkte setzen können: Die direkte Bruttowertschöpfung soll gesteigert werden. Der Niedersachsentourismus soll internationaler werden.
Niedersachsen soll sich zu einem ganzjährig attraktiven Reiseziel entwickeln. Und die Digitalisierung im Tourismus muss vorangetrieben werden.
Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Tourismus sind in ihrer gesamten Ausprägung derzeit noch nicht absehbar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die tourismuspolitischen Ziele des Landes weiter überdacht und angepasst werden müssen. Auch wenn es jetzt akut zunächst einmal nur darauf ankommt, den Tourismus in Niedersachsen wieder ins Laufen zu bringen, dürfen und werden wir unsere bisherigen Ziele und Werte aber nicht aus den Augen verlieren. Gerade nach der Corona-Krise wird es wichtig sein, den Tourismus nachhaltig zu gestalten; denn nur so wird er auf Dauer erfolgreich sein.
Dem Thema Klima kommt dabei eine immer größere Bedeutung zu. Hier gilt es natürlich auch, kluge Ideen zu entwickeln, den Tourismus klimafreundlich zu gestalten. Das steigende Bewusstsein für Klimabelange kann übrigens durchaus eine Chance für den niedersächsischen Tourismus sein.
Qualität im Tourismus wird weiterhin eine große Rolle spielen; denn auch wenn der Inlandstourismus, bedingt durch die Corona-Krise, vielleicht einen höheren Zuspruch erfährt, wird sich Niedersachsen im Wettbewerb mit anderen Bundesländern, insbesondere Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern als Nachbarländern, behaupten müssen.
Wir werden uns künftig aber auch weiter die Frage stellen müssen, wie Tourismus für die Ortsansässigen verträglich gestaltet werden kann - denken Sie an die Inseln! -; denn der Tourismus darf nicht zulasten nur der Einheimischen gehen. Nur dann werden diese dem Tourismus offen und positiv gegenüberstehen, und nur dann werden sich unsere Gäste in Niedersachsen wohl und willkommen fühlen.
Last, but not least hat die Corona-Krise auch gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung im Tourismus ist. Diese hat z. B. die Chance geboten, selbst während des Shutdowns Kontakt mit den Gästen zu halten. Auch könnten z. B. angepasste digitale Lösungen die Leistungsanbieter bei der Bewältigung der Auflagen unterstützen, die mit jetzt bestehenden Lockerungen verbunden sind.
Lassen Sie uns gemeinsam nach vorne schauen und neue Chancen nutzen, den Tourismus in Niedersachsen zu seiner alten Stärke zurückführen! Wenn alle an einem Strang ziehen und verantwortungsvoll handeln, wird dies - da bin ich optimistisch - gelingen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Fragerunde ein, wobei die jeweiligen Fragesteller gebeten sind, die Saalmikrofone links und rechts zu benutzen, damit die Mitte für den Herrn Minister frei bleibt, so er denn antworten will.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich werde gleich zwei Fragen stellen; dann können wir das mit einem Mal abarbeiten.
Die erste Frage bezieht sich auf die Hotelbranche. Sehen Sie, wenn diese Ende Mai wieder für den Tourismus geöffnet werden soll - da denke ich besonders an die Hotels in den Städten -, die Möglichkeit, von der Sieben-Tage-Belegungsfrist abzuweichen?
Die zweite Frage betrifft den Komplex Freizeit, Tourismus und Gastrogewerbe. Wir beide haben vorhin die Demonstration „Rettet die Reisebüros“ besucht und wissen, dass alle mit dem Rücken zur Wand stehen. Sehen Sie die Möglichkeit, hierfür außer der Soforthilfe noch andere finanzielle Möglichkeiten zur Unterstützung bereitzustellen?
Sie alle erhalten derzeit als Abgeordnete in ihren Wahlkreisen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit Anfragen von Pensions-, Hotel- oder Ferienwohnungsbetreibern, wie diese oder jene Regelung zu verstehen sei. Nicht jeder liest tagtäglich eine Verordnung des Landes, die dann durch die Behörden vor Ort umgesetzt wird. Dabei kommt es häufig zu Nachfragen, wie es mit der 50-%-Regelung und der Sieben-Tage-Belegung gemeint sei.
Auch ich sage im Moment allen Anfragenden - telefonisch, per E-Mail oder wie auch immer -, dass es zunächst einmal nicht darum geht, den Hotel- oder Pensionsbetreibern - ab 25. Mai - oder den Ferienwohnungsbetreibern - ab sofort - irgendwelche Umsätze nicht zu gönnen bzw. diese zu beschränken. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass ein Hotelbetreiber bei der betriebswirtschaftlichen Rechnung sehr genau abwägt, ob es sich unter den Bedingungen einer 50-%-Belegung angesichts der dann anstehenden Personalkosten und der Beschaffungskosten für gastronomische Angebote überhaupt lohnt, schon zu öffnen, oder ob man gegebenenfalls noch wartet.
Die Antwort darauf ist nicht einfach vermittelbar und wird auch nicht gerne angenommen, hat aber letztendlich mit dem Wort „Umschlagshäufigkeit“ zu tun. Sie soll im Grunde die Touristen in Niedersachsen, aber auch aus anderen Bundesländern, bezüglich des häufigen Anlaufens von touristischen Destinationen etwas bremsen, damit es nicht durch viele Menschenansammlungen und häufige Wechsel in den Wohnanlagen, Ferienwohnungen und zukünftig auch Hotels zu einem besonders stark wachsenden Umschlag kommt. So versuchen wir, unseren Beitrag zu leisten, das Infektionsgeschehen weiterhin auf dem sehr niedrigen Stand zu halten.
Vergessen wir nicht, dass es im März dieses Jahres deutschlandweit noch 3 000 Neuinfizierte pro Tag gab! Um den 25. März waren es etwa 5 000 und mehr, wenn ich es richtig erinnere. Am Montag waren es 357 bundesweit. In Niedersachsen waren es 27. Gestern - ich schaue zu Frau Ministerkollegin Reimann - waren es meines Wissens etwa 36. Die Neuinfektionszahlen sind also sehr niedrig. Wir dürfen uns aber nicht täuschen lassen: Sie können schnell wieder nach oben gehen. Deshalb sind solche Beschränkungsmaßnahmen dazu gedacht, hierbei einen besonnenen Weg zu gehen.
Um die Frage der Abgeordneten Tippelt konkret zu beantworten: Ich persönlich hielte eine Zweifachbelastung - also 50-%-Auslastung plus SiebenTage-Regelung - für Hotels ab 25. Mai nicht für geeignet. Wenn jemand womöglich weniger als sieben Tage verreist, also z. B. nur vier Tage im Hotel wohnt, dann muss das Hotelzimmer gegebenenfalls drei Tage frei stehen, damit nicht zu viel Wechsel stattfindet und nicht so viel vermietet werden kann, um die Umschlagshäufigkeit etwas zu reduzieren. Das ist der eigentliche Grund.
Insofern glaube ich persönlich, Frau Abgeordnete Tippelt, wir sollten uns gerade ab dem 25. Mai noch einmal eng mit dem Sozialministerium abstimmen. Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass man von der Sieben-Tage-Belegung abweicht und unter Umständen noch bis Ende Mai nur mit einer 50-prozentigen Beschränkung versucht, all dies, am Infektionsgeschehen orientiert, zu regeln. Wir werden ohnehin Ende Mai, spätestens aber im Laufe des Junis zu einer Neubewertung der Regelungen im Bereich des Tourismus, was Auflagen und Beschränkungen betrifft, kommen müssen.
Zur zweiten Frage, die Freizeit bzw. die Tourismusbranche betrifft: Was ist über die Soforthilfe hinaus zu tun?
Unterschätzen wir nicht, was im Moment stattfindet. Die Reisebüros hier in Hannover, in Niedersachsen, in Deutschland insgesamt sind so massiv vom Einbruch des Tourismusbereichs getroffen, dass ich befürchte, dass mehrere kleinere Reisebüros im Laufe des Mais Insolvenz anmelden werden müssen. Auch mit den erhaltenen Zuschüssen und selbst unter Nutzung der Kurzarbeitergeldregelung werden sie ihren Mitarbeitern - sofern sie noch welche eingesetzt haben - vielleicht noch im Mai oder Juni ihr Gehalt zahlen können. Dann aber werden die Läden dicht machen. Warum? Weil sie in der Sandwich-Position zwischen ihren Kunden, die die vermittelte Pauschalreise nach Griechenland, Bulgarien, Mallorca oder wohin auch immer nicht mehr antreten können und denen sie das Geld zurückerstatten müssen, und den Reiseveranstaltern sind, die stornieren, weil die Flugreisen nicht mehr stattfinden. Insofern stehen die Reisebüros vor einer wirklich existenziellen Krise.
Das habe ich dem Bundeswirtschaftsminister zweimal sehr nachdrücklich vorgetragen und bin der Auffassung, dass wir auf Bundesebene einen Fonds für den Tourismusbereich einrichten müssen. Es muss sich um einen gezielt und eigens dafür eingerichteten Rettungsschirm handeln, weil
wir hier - wenn wir Hotel, Gastronomie und Tourismus in Gänze zusammennehmen - über 2,2 Millionen Menschen in Deutschland reden. Das ist sogar mehr als der von uns immer wieder in den Raum gestellte Bereich der Automobilindustrie, in der im weitesten Sinne etwa 1,8 Millionen Menschen arbeiten.
Wenn wir über Unterstützungsmaßnahmen sprechen, dann finde ich, dass dieser große Bereich mit zu denen gehört, die diese Maßnahmen benötigen. Und wer von uns weiß nicht, wie es den Dorfgastronomen im ländlichen Raum, den Dorfgaststätten, kleinen Pensionen und Hotels im Harz, auf den Ostfriesischen Inseln, an der Nordseeküste oder wo auch immer geht? Die stehen im Moment mit dem Rücken zur Wand und befinden sich im freien Fall.
Deshalb lautet mein Plädoyer - ohne den Beratungen vorzugreifen zu wollen -, dass wir im Rahmen eines Nachtragshaushaltes darüber nachdenken müssen. Das, Herr Finanzminister, werde ich vorschlagen. Ob wir das am Ende dann so im Landtag beschließen, bleibt sicherlich abzuwarten. Aber ich halte die Überlegung, dass wir eine zweite Zuschusswelle über den 31. Mai hinaus - denn dann laufen unsere Programme aus - in Erwägung ziehen müssen, zumindest für gerechtfertigt.
Denn sonst haben wir in allen Teilen Niedersachsens ein ernsthaftes Problem. Wir sind ein stark vom Tourismus geprägtes Land. Über 5 %, fast 6 % des Bruttoinlandsprodukts stammen allein aus dem Bereich Tourismus und Gastronomie. Dieses Problem dürfen wir nicht einfach hinnehmen, sondern werden alles dafür tun. Zunächst setze ich erst einmal auf eine Verlängerung der Soforthilfe des Bundes über Anfang Juni hinaus. Und ich setze darauf, dass wir gegebenenfalls parallel dazu an dieser Stelle noch mit einer eigenen Maßnahme nachhelfen können.
Was können wir noch tun? Wir können die Förderprogramme Niedersachsens, die bereits jetzt auf den Weg gebracht wurden - ob nun im Harz zur Hotelförderung oder in anderen Bereichen -, darauf überprüfen, ob diese Richtlinien aufzustocken sind. Wir zahlen bei einem Tourismusprojekt bekanntlich prozentual. Es bleibt zu prüfen, ob wir diese Förderrichtlinien gegebenenfalls um eine weitere Fördermöglichkeit ergänzen können, um den Tourismus anzuschieben.
Machen wir uns nichts vor: Einer der umsatzstärksten Zeiträume ist Ostern. Die ausgefallenen Urlaubsreisen über Ostern werden in diesem Jahr
nicht kompensiert werden können. Dieser Umsatz ist unwiederbringlich weg. Deshalb glaube ich, dass wir an dieser Stelle etwas Entsprechendes für den Tourismus des Landes Niedersachsen - wie auch für viele andere Branchen wie dem Einzelhandel, aber das steht im Moment nicht zur Diskussion - unternehmen müssen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt von Herrn Bode, FDP-Fraktion. Wenn Sie zwei Fragen in petto haben, stellen Sie diese bitte sofort. Sie können das rechte oder linke Saalmikrofon benutzen, wie Sie wünschen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich habe erstens eine konkrete Frage dazu, wie man die Rechtsverordnung lesen und verstehen muss. Vor dem Hintergrund, dass für die Gastronomie eine besondere Regelung in § 6 eingeführt worden ist, frage ich die Landesregierung, ob die Regelungen der anderen Paragrafen additiv ebenfalls erfüllt werden müssen oder ob die Regelung für die Gastronomie in § 6 abschließend ist. Um das an einem Beispiel verständlich zu machen: Müssen, wenn beispielsweise eine Hochzeitsgesellschaft essen geht, nur die Gastronomieregeln eingehalten werden, oder
muss dann auch die Höchstgrenze von 20 Personen eingehalten werden? Das ist jedenfalls mir als angelerntem Leser solcher Schriften nicht erklärlich, nicht verständlich. Deshalb die Frage: Wie ist die Rechtsverordnung in dieser Frage zu verstehen?
Zweitens. Vor dem Hintergrund, dass sowohl Wirtschaftsminister Althusmann als auch seine zuständige Abteilungsleiterin am Freitag im Wirtschaftsausschuss erklärt haben, dass aufgrund der 50-%Regelung und von Stornos bei Kunden, die durch sie ausgelöst werden, ein Schadensersatzanspruch für entstandene Mehrkosten gegenüber dem Land geltend gemacht werden könnte, würde mich interessieren: Auf welcher Rechtsgrundlage haben Sie diesen Schadensersatzanspruch gesehen?