Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit beenden wir Punkt c und damit die Aktuelle Stunde insgesamt.
Die für die Behandlung der Dringlichen Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise wie üblich besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.
Ich bitte Sie, um uns den Überblick zu erleichtern, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen wollen. Die Schriftführerinnen und Schriftführer werden versuchen, die Reihenfolge im Ablauf entsprechend festzulegen.
a) Neuartiger COVID-19-Antikörpertest - welches Konzept hat die Landesregierung? - Anfrage der Fraktion der AfD - Drs. 18/6439
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor neun Tagen, am 4. Mai 2020, verkündete Bundesgesundheitsminister Spahn laut Medienberichten eine Bestellung von drei Millionen neuartiger Antikörpertests der Firma Roche aus
der Schweiz mit dem Namen „Elecsys Anti-SARSCoV-2“. Diese sollen laut diesen Presseberichten noch im Mai an die Gesundheitsämter ausgeliefert werden. Für die kommenden Monate seien je fünf Millionen Antikörpertests für Deutschland geordert. Die Firma Roche selbst gab an, der Test erreiche ein „völlig neues Qualitätsniveau“. Es würden mit diesem Test 100 % aller Infektionen erkannt; die Trefferquote in Bezug auf richtige Testergebnisse liege bei 99,8 %.
Im Sozialausschuss teilte die niedersächsische Gesundheitsministerin Reimann mit, dieser Test werde zunächst durch ihr Haus untersucht. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
2. Gibt es für den Einsatz des Tests in Niedersachsen ein Konzept der Landesregierung, oder muss dieses erst noch erstellt werden?
3. Stellt die Landesregierung sicher, dass alle eng am Menschen arbeitenden Gruppen wie medizinisches Personal, Polizei und Pflegekräfte, um nur einige zu nennen, sowie Risikogruppen diesen Test zeitnah ohne Diskussion um die Kosten erhalten, oder ist jeder Einzelne darauf angewiesen, dass seine Krankenkasse diesen Test bezahlt mit der Konsequenz, dass je nach Krankenkasse Einzelne diesen Test möglicherweise gar nicht erhalten?
Ich bitte darum, dass Sie, wenn wir zu den Zusatzfragen kommen, abwechselnd die Seitenmikrofone nutzen, damit das Redepult für die Antworten von Frau Ministerin frei und desinfiziert ist und wir nicht so viel hin und her wechseln müssen.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Fragen sehr gerne.
Lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen. Bei Laboruntersuchungen muss man zwischen zwei Prinzipien unterscheiden:
Zum einen gibt es den direkten Nachweis von Genmaterial des Virus, den sogenannten PCRTest - die Polymerase-chain-reaction-Untersu
Zum zweiten bildet der Körper nach einer Infektion in der Regel unterschiedliche Antikörper, die dann nach einigen Tagen im Blut nachgewiesen werden können.
Die Bildung von Antikörpern im Rahmen der Immunantwort auf solch ein Virus ist jedoch ein sehr komplexes biologisches Geschehen und daher auch noch mit etlichen offenen Fragen verbunden; denn noch ist nicht klar, wie spezifisch die gebildeten Antikörper gegen eine bestimmte neue Infektion gerichtet sind und ob und wie lange sie dagegen schützen können, also den Menschen gegen eine erneute Infektion immunisieren. Auch die Bestimmung von Antikörpern ist schwieriger, da es sich um komplexe Stoffe, um Proteine, handelt, deren Nachweis entsprechenden Unsicherheiten unterliegt.
Deshalb sind noch viele wissenschaftliche Untersuchungen notwendig, bevor es eine Strategie geben kann. So ist seitens des Bundesministeriums für Gesundheit geplant, hier langfristig repräsentative Studien durchzuführen, die ein Bild über den Verlauf der Pandemie in Deutschland vermitteln können. Diese Studien sind jedoch noch nicht mit den Ländern abgestimmt. Auch ist der Landesregierung bislang kein konkreter Plan des BMG bekannt, wie, wann und an wen die Tests dann tatsächlich ausgeliefert werden.
Ich will Ihre Frage beantworten, bis wann die Untersuchungen des Tests durch das Ministerium dauern.
Neben dem „Elecsys Anti-SARS-CoV-2“-Antikörpertest der Firma Roche bieten auch weitere Firmen derartige Tests an. Wie ich bereits erläutert hatte, wurden im Niedersächsischen Landesgesundheitsamt mittlerweile Antikörperuntersuchun
gen mit Testkits des Herstellers Euroimmun - also mit einem Analysegerät, das korrespondierend dazu benötigt wird - etabliert. Diese können dort seit vergangener Woche durchgeführt werden. Und es gibt einen Labortest der Firma Medac auf einem zweiten Analysegerät, das in Kürze zur Verfügung stehen wird.
Die Landesregierung ist der Auffassung, dass entsprechende Programme wissenschaftlich begleitet und koordiniert werden müssen, um einen möglichst hohen Erkenntnisgewinn zu erzielen. Aktuell sind deutschlandweit - auch in Niedersachsen - verschiedene Prävalenzstudien in Planung, z. B. durch das HZI der Helmholtz-Gemeinschaft in Braunschweig, über das wir heute Morgen schon einiges gehört haben, und durch die Uniklinik Göttingen. Gegenüber dem HZI hat das Landesgesundheitsamt seine Kooperationsbereitschaft signalisiert. Die Kapazitäten des Landesgesundheitsamtes werden wir deshalb zunächst für spezifische Einzelfragen beanspruchen, wie z. B. die Frage, ob und wann der Antikörpertest bei einer mit dem PCR-Verfahren nachgewiesenen Infektion positiv ist.
Sie haben nach der Bezahlung der Tests gefragt. Der Entwurf des zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite - das ist das Gesetz, das im Deutschen Bundestag aktuell beraten wird - sieht nach § 20 i eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Gesundheit vor. Hiernach sollen Kosten für bestimmte Testungen auf eine Infektion, aber auch auf eine Immunität, in Hinblick auf eine bestimmte Krankheit von den Trägern der Krankenversicherungen für GKV-Versicherte übernommen werden können. Ich würde mich freuen, wenn das BMG nach Abschluss der Beratung von dieser Verordnungsermächtigung Gebrauch
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die erste Zusatzfrage kommt aus der AfD-Fraktion. Herr Abgeordneter Wichmann, bitte!
Ich bin jetzt doch ein bisschen irritiert. Durch Ihre Antwort bekam ich den Eindruck, dass der Test wissenschaftlich komplett neu durchgecheckt werden muss. Aber Bundesgesundheitsminister
Spahn hat 3 Millionen Exemplare sofort geordert und wird ab jetzt monatlich 5 Millionen ordern. Was passt da denn nicht zusammen? Weiß Niedersachsen da mehr als der Bund oder der Bund mehr als Niedersachsen? Wieso ist die Neuprüfung erforderlich, wenn der Bund das bereits ordert?
Ihre drei bis vier Fragen sind angekommen. Ich vermute, dass Frau Ministerin Ihnen darauf eine Antwort geben kann.
Ja, die Tests werden gecheckt, aber nicht der Roche-Test, wie ich gerade erklärt habe. Es werden vor allen Dingen die Testkits der Firmen Euroimmun und Medac getestet.
Es gibt durchaus noch Fragen zur Sensibilität und Sensitivität der Tests. Die Hersteller machen Angaben dazu, das ist auch richtig. Nichtsdestotrotz ist es aber so, dass sie über Wissen darüber verfügen müssen, zu welchem Zeitpunkt der Test welche Sensibilität und welche Sensitivität hat. Und das sind Dinge, die das Landesgesundheitsamt - das ja eine sehr hohe Expertise in der Labordiagnostik hat - jetzt testet.
Ich hatte versucht, das in meiner Eingangsbemerkung deutlich zu machen: Die Antikörper werden nach einer gewissen Latenzphase gebildet. In welchem Umfang sie gebildet werden, ob das mit der Schwere der Erkrankung korreliert, das ist alles noch nicht klar. Um Tests seriös bewerten zu können, muss man all diese Dinge wissen.