Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Kollege Grupe, in der Tat haben wir über die Thematik „Grundwasser und Düngung“ in diesem Landtag in den letzten Wochen und Monaten häufig debattiert. Man ist der Auffassung: Es ist
Gleichwohl liegt dieser Antrag heute zur abschließenden Beratung vor. Er ist überschrieben: „Das Agrarpaket der Bundesregierung und die Verschärfung der Düngeverordnung stoppen - Niedersachsen muss sich unterstützend hinter seine Landwirte stellen!“
Ich werde mich in meinen Äußerungen und in meinem Redebeitrag heute im Wesentlichen am Kollegen Grupe abarbeiten. Zwar finde ich es bemerkenswert, Kollege Grupe, wie Sie hier für die Landwirtschaft und Ihre Berufskollegen kämpfen. Aber wenn man im politischen Raum unterwegs ist, sollte man einen Fehler nicht begehen: die Augen vor der Realität verschließen.
Das Agrarpaket der Bundesregierung umfasst im Wesentlichen zwei Punkte. Der eine nimmt bei Ihren Redebeiträgen und bei Ihren Äußerungen immer fast keinen Platz ein. Da geht es um ein eine Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln, um ein Insektenschutzprogramm und um die Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten. Kollege Grupe, ich empfehle Ihnen einfach einmal einen Blick in den „Niedersächsischen Weg“. Dort sehen Sie, was Ihre Berufskollegen, das Landvolk Niedersachsen und der Vertreter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, mit dieser Landesregierung vereinbart haben und gemeinsam mit BUND und NABU unterschrieben haben.
Darin steht explizit die Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten - zugegeben bezogen auf Grünland und nicht auf Ackerland. Insofern kann man aber nicht derart pauschal in Bausch und Bogen sagen, es sei Quatsch, was die Bundesregierung da mit ihrem Agrarpaket - das im Übrigen ein Arbeitspapier ist - vorgelegt habe. Sie sollten schon bereit sein, da einmal etwas genauer hinzuschauen und zur Kenntnis zu nehmen, was Ihre eigenen Berufskollegen bereits vereinbart haben. Die sind in dieser Hinsicht schon viel weiter als Sie, Kollege Grupe.
Jetzt kommen wir zum Thema „Grundwasserbelastung mit Nitrat“. Herr Kollege Grupe, Sie haben hier in Ihrer Rede gesagt, dass Probleme herbeigemessen wurden und dass wir uns als Bundesrepublik Deutschland mit dieser Art der Betrach
tungsweise, mit diesem Messsystem, was die verschiedenen Horizonte angeht, in denen gemessen wurde, im bildlichen Sinne selbst ins Knie geschossen haben. Herr Kollege Grupe, auch da empfehle ich Ihnen einfach einmal den Blick für die Realität. Denn andere EU-Mitgliedstaaten, wie beispielsweise die Niederlande und Dänemark, haben diesen beschwerlichen Weg der Reduzierung der Stickstoffdüngung, um die entsprechenden Nitratwerte in ihrem Grundwasser in einen vernünftigen Bereich - sprich: unter 50 mg - zu kriegen, schon hinter sich. Die sind wesentlich früher gestartet als wir in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb ist das Thema bei denen weitgehend aus der politischen Debatte heraus.
Bei uns in Deutschland brennt dieses Thema nach wie vor. Warum? - Weil wir verschiedene Düngeverordnungen unter verschiedener politischer Verantwortung hatten. Auch die Grünen haben zu Zeiten einer Renate Künast mal eine neue Düngeverordnung auf den Weg gebracht. Wir in Deutschland haben hier nach wie vor dicke Bretter zu bohren.
Sie haben die Statistik bemüht, wonach wir in der Bundesrepublik Deutschland auf dem vorletzten Platz vor Malta seien, und haben gesagt, dass wir dann, wenn wir genauso wie die anderen messen würden, im gesunden Mittelfeld landen würden. Zur Ehrlichkeit gehört auch, dass es unter den 16 Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland 14 gibt, die mit dem Zeigefinger im Wesentlichen auf zwei Bundesländer zeigen, nämlich auf Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, weil natürlich in diesen Bundesländern die Viehhaltung bzw. Tierhaltung eine besondere Rolle spielt und damit ganz maßgeblich zu dem Wirtschaftsfaktor Wertschöpfung Ernährung hier in Niedersachsen beiträgt. Die Vorgehensweise, dieses Thema mit dem Blick auf den Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland zu betrachten, ist ein wenig zu fokussiert und lenkt den Blick ein wenig von der Gesamtproblematik weg.
„Niedersachsen muss sich unterstützend hinter seine Landwirte stellen!“ - so formulieren Sie es in der Überschrift. Ja, das tut Niedersachsen, weil - das wissen Sie - wir, die regierungstragenden Fraktionen im Parlament - in dieser Hinsicht muss ich auch ein wenig Eigenlob in Richtung meiner eigenen Fraktion aussprechen -, dafür gekämpft haben, eine am Verursacherprinzip orientierte Binnendifferenzierung in den roten Gebieten herbeizuführen. Frau Kollegin Staudte, ich glaube, da sind Sie mit Ihren Ausführungen ganz nah bei uns, weil
Sie auch von einer gewissen Gerechtigkeit gesprochen haben und dass man nicht alle Gebiete pauschal über einen Kamm scheren sollte, sondern dass man schon genau hinschauen sollte, wer in der Vergangenheit mit seiner Düngungspraxis zu diesem Problem erheblich beigetragen hat und wer dort heute vielleicht im grünen Bereich unterwegs ist. Wir liegen da mit unserem Basisemissionsmodell und der am Verursacherprinzip orientierten Binnendifferenzierung zu 100 % richtig.
Herr Kollege Grupe, ich möchte Ihnen im Vorfeld etwas verraten: Die Spatzen zwitschern im Moment von den Dächern, dass es durch die BundLänder-übergreifende Arbeitsgruppe unter Einbeziehung von Umweltpolitikern und Agrarpolitikern gelungen ist, genau diesen Weg, eine am Verursacherprinzip orientierte Binnendifferenzierung,
herbeizuführen. Wenn wir das geschafft haben, haben diese regierungstragenden Fraktionen in diesem Niedersächsischen Landtag mit Ministerin Bärbel Otte-Kinast und Minister Olaf Lies mehr für die Landwirtschaft erreicht als alle Ihre Anträge zusammen.
Denn eines muss ich auch sagen: Sie haben hier heute ausgeführt, Probleme würden herbeigemessen, Probleme sollten gelöst werden. - Es gibt auch einen Landwirtschaftsminister im Konzert der 16 Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland, der ein FDP-Parteibuch hat. Wenn Sie der Auffassung sind, dass man Probleme angehen soll, dann hätte zumindest dieser in den Kreis der Agrarminister eine vernünftige Lösung in Ihrem Sinne einbringen können. Von der Seite habe ich leider bis heute nichts erfahren.
Insofern ist hier gute Arbeit geleistet worden, und von daher haben wir heute nur die Alternative, Ihren Antrag abzulehnen.
Vielen Dank, Herr Dammann-Tamke. - Es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention. Herr Kollege Grupe, Sie haben wieder die freie Auswahl: das Mikrofon rechts oder links. - 90 Sekunden. Bitte sehr!
Herr Kollege Dammann-Tamke, wir hören positive Nachrichten sehr gerne. Wenn es so kommt, wie Sie es hier angekündigt haben, und etwas Positives bewegt werden konnte, dann haben wir die geringsten Probleme, das zu loben und herauszustellen. Denn es ist der Zweck von Anträgen der Opposition, die Regierung dahin zu bewegen, etwas in ihrem Sinne, in diesem Fall im Sinne der Landwirte, zu erreichen. Wenn das geschehen sein sollte, ist das sehr positiv.
Sie haben sich an mir abgearbeitet. Deshalb möchte ich Sie etwas fragen. Die Landwirtschaft hat in dieser Debatte gesagt, es gebe einen Bilanzüberschuss. Sie haben gesagt, die anderen Länder zeigten auf Niedersachsen und NordrheinWestfalen. Aber der Überschuss von 80 000 t ist in den vier bis fünf Jahren nicht gestiegen. Das ist ja auch eine Aussage. Muss man das nicht wenigstens würdigen?
Wenn die Landwirtschaft das, was sie tun soll, nämlich gerade in den Problemgebieten deutlich einzusparen, besser zu verteilen und dadurch den Gesamtüberschuss zu reduzieren, so nachhaltig macht, dann muss man das doch mit einbeziehen! Dann kann man doch nicht in den Gebieten, in denen wenig Nährstoffe im Boden sind, noch eine Unterdüngung wollen! Insofern hoffe ich, dass Sie mit der Ankündigung recht haben. Der Zweck unserer Intervention ist es doch, dass wir hier zu besten Ergebnissen kommen.
Herr Grupe, ich glaube, wir alle sind sehr darüber erfreut, dass die Stickstoffüberschüsse in Niedersachsen seit Jahren rückläufig sind. Gleichwohl ist das Grundwasser ein sehr träges System. Von daher wird es noch eine Weile dauern, bis wir diesen Effekt messen können.
Sie sagten, wir sollten das honorieren. Ja, der Ansatz einer am Verursacherprinzip orientierten Binnendifferenzierung ist die Honorierung. Denn jemand, der in einer Gemarkung, in einer Gemeinde arbeitet und düngt und nachweisen kann, dass
seine Düngung nicht zu der Problematik beiträgt, müsste nach unserer Auffassung in dem Sinne honoriert werden, dass er nicht durch Restriktionen eingeengt wird.
Es steht außer Frage, dass das ein Prozess ist, den wir nicht von heute auf morgen herbeiführen können, und die Datenlage vermutlich zu Beginn etwas gröber ist. Aber dass es uns gelungen ist, Bewegung in dieser Hinsicht insbesondere auf europäischer Ebene hinzubekommen, dass die EU bereit ist, diesen bundesweit einheitlichen Ansatz zu akzeptieren - die Forderung der EU war ja: kommt uns nicht mit einer Lösung für Niedersachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und BadenWürttemberg, sondern macht einen bundesweit einheitlichen Ansatz! -, dass uns das aus einem der beiden Bundesländer, die hier am meisten am Pranger stehen, durch unsere Initiative gelungen ist, ist in meinen Augen ein wunderbarer politischer Erfolg.
Vielen Dank. - Die Debatte geht weiter. Es folgt für die SPD-Fraktion Kollegin Thordies Hanisch. Bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geehrte Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion, wenn Sie in Ihren Landwirtschaftsanträgen schreiben würden, was Sie wollen, dann könnten wir auch darüber diskutieren und wüssten alle hier, was wir beschließen.
In Ihrer ersten Forderung fordern Sie, die Düngung und den Pflanzenschutz weiterhin praxis- und bedarfsgerecht auch in Schutzgebieten sicherzustellen. Die Betonung möchte ich hier mal auf „weiterhin“ legen. Während also in der Öffentlichkeit die Bürgerinnen und Bürger aufstehen und für mehr Biodiversität und Artenschutz auf die Straße gehen, fordern Sie ein „Weiter so!“. Vermitteln Sie doch bitte einmal den Bürgerinnen und Bürgern, dass das heißt, dass bisher in Schutzgebieten Herbizide und biodiversitätsschädigende Insektizide angewendet werden durften und Sie das weiterhin tun möchten!
Wir können hier nicht mit einem „Weiter so!“ reagieren. Wir müssen die Problematik sehen und eine Lösung finden, die auch für unsere Landwirte und Landwirtinnen vertretbar ist. Mit einem „Weiter
so!“ schüren Sie wieder einmal den Konflikt zwischen Verbrauchern und Verbraucherinnen und Landwirten und Landwirtinnen. Es muss darum gehen, Lösungen zu finden und anzubieten. Leider und doch nicht wirklich überraschend kann ich die in Ihrem Antrag nicht wirklich finden.
Sie fordern zwar auch eine Kooperation von Naturschutz, Umweltschutz und Landwirtschaft - ein durchaus vernünftiger Lösungsvorschlag -, aber im weiteren Antrag ist dazu nichts zu finden. Sie stellen sich jedenfalls nicht vermittelnd zwischen Naturschutz und Landwirtschaft auf.
In den Forderungen geht es darum, Verbote und Einschränkungen ausschließlich faktenbasiert und auf wissenschaftlicher Grundlage festzulegen. Ich bin dafür sehr zu haben. Nur, es gibt im Bereich Glyphosat tatsächlich auch unterschiedliche Studienlagen. Falls Sie in dieser Forderung Glyphosat meinen, das Sie in Einleitungen und Begründungen immer wieder zum Thema machen, dann möchte ich Sie bitten, im Antrag zu schreiben: Die FDP-Fraktion spricht sich für ein „Weiter so!“ im Bereich Glyphosat aus.
Nun möchte ich die Gelegenheit nutzen, um darauf hinzuweisen, dass etliche Ihrer Ansätze, wie schon mein Vorredner Herr Dammann-Tamke betont hat, auf Regierungsseite bereits in Arbeit sind.
Bei der Gebietskulisse für die „roten“ Gebiete werden Verhandlungen mit dem Ziel geführt, Restriktionen dort anzulegen, wo es zu Überschreitungen bei der Düngung kommt. Im „Niedersächsischen Weg“ sind weitere Insektenschutzprogramme angedacht, von denen wir ohnehin schon einige haben.
Witzig finde ich, dass Sie zusätzliche Insektenschutzprogramme fordern und gleichzeitig das Agrarpaket der Bundesregierung stoppen wollen. Im Agrarpaket sind nämlich auch 100 Millionen Euro jährlich für mehr Insektenschutz vorgesehen.
Es ist den meisten Beteiligten doch inzwischen klar, dass sich Ökosystemdienstleistungen auch für die Landwirtschaft lohnen müssen. Ohne die Landwirtschaft werden wir das nicht schaffen.
Es würde sich lohnen, Titel der Anträge so zu formulieren, dass sie mit dem Inhalt übereinstimmen. Der Titel des Antrags lässt sich aber gut bei Ihrer Zielgruppe verkaufen; das kann ich irgendwie verstehen.
Es gibt aus verschiedenen Gründen ein bedrohliches Höfesterben: Zwischenhandel, Einzelhandel, Globalisierung, Bürokratie, Umweltbelange, Konsumverhalten, Flächenfraß und Flächenspekulation. Alle diese Bereiche tragen dazu bei, dass nicht auskömmlich gewirtschaftet werden kann.
Wenn Sie aber hier mit Ihrer Verhinderungstaktik verkaufen wollen, den Status quo erhalten zu können, dann machen Sie den Landwirtinnen und Landwirten etwas vor - und die haben Besseres verdient.
Wir brauchen eine gesellschaftlich vertretbare und auf nachhaltigem Fundament gegründete Landwirtschaft, die sich auch für die Landwirtinnen und Landwirten lohnt. Es ist mir völlig rätselhaft, welche Ansätze Sie dabei verfolgen, die dazu beitragen sollen.
Sie merken gar nicht, wie Sie hier immer wieder Öl ins Feuer gießen und die Kluft zwischen Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Landwirtinnen und Landwirten vertiefen, wenn Sie mit solch einfachen Forderungen wie „Agrarpaket stoppen!“ oder einem „Weiter so!“ für Pestizide in Schutzgebieten versuchen, bei den Landwirtinnen und Landwirten zu punkten. Versuchen Sie bitte lieber, zu vermitteln und Lösungen zu überlegen, die dann tatsächlich tragen!