Helmut Dammann-Tamke
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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit 2003 darf ich in diesem Haus den Einzelplan 09 vertreten: zehn Jahre als Haushälter und die letzten sieben Jahre als Agrarpolitiker. Ich muss heute konstatieren: Die Lage in der Land
wirtschaft war noch nie so angespannt, wie sie sich derzeit zeigt.
Dabei schien im Frühjahr dieses Jahres durchaus ein Paradigmenwechsel eingeleitet worden zu sein; denn im Rahmen der Pandemie wurde die Landwirtschaft als systemrelevant eingestuft. Systemrelevant deshalb, weil 80 Millionen Bundesbürger jeden Tag mit gesunden Nahrungsmitteln versorgt werden müssen, und systemrelevant auch deshalb, weil wir im Rahmen dieser Pandemie im Frühjahr die Erfahrung machen mussten, dass selbst innerhalb der Europäischen Union der Warenverkehr stark eingeschränkt wurde. Insofern wurde jedem vor Augen geführt, dass die Sicherstellung der Ernährung von 80 Millionen Menschen eine Kernaufgabe, nämlich eine Aufgabe der Daseinsvorsorge, für verantwortliche Politik darstellt.
Heute stellen wir allerdings fest, dass der LEH und der verarbeitende Bereich mit hoher Auslastung und teilweise mit Rekordumsätzen arbeiten, dass von dieser Wertschöpfung in der Landwirtschaft aber so gut wie nichts ankommt. Sei es der Milchmarkt, der Rindfleischmarkt, der Schweinefleischmarkt, der unter besonderen Vorzeichen steht - Stichwort „ASP“ und Corona-bedingten Engpässen in den Schlachthöfen -, oder auch die Ferkelerzeugung. Die Ferkelerzeuger am Ende dieser Kette leiden maßgeblich unter einem verheerenden Preisverfall. Im Eiermarkt zeigt das Stimmungsbarometer steil nach unten.
Oder nehmen wir die Kartoffelerzeuger! Der Absatzmarkt für die spezialisierten Kartoffelerzeuger, die für den Pommesmarkt produzieren, ist zusammengebrochen. Der Preis von Getreide und Raps ist durch internationale Handelsströme bedingt. Die Preise sind nicht gut. Der Eiweißpflanzenpreis ist abhängig vom Sojapreis. Die Zuckerproduktion ist in ihrer Wettbewerbsfähigkeit am Standort
Deutschland stark eingeschränkt. Südzucker und Nordzucker schreiben Millionenverluste. Und
selbst der Biobereich gerät erheblich ins Trudeln, wenn der LEH im Hörfunk Werbung mit der Aussage schaltet, dass Sie den Biojoghurt für 39 Cent kaufen können. Dann weiß jeder Biobauer, der Milch produziert, dass das ein ruinöser Preis ist und ein ruinöser Wettbewerb.
Eigentlich kann man sagen: Wenn überhaupt etwas noch halbwegs konstant läuft, dann ist es der Hähnchenfleischmarkt. Das ist auch in gewisser Weise nachzuvollziehen, weil von dem Aufsetzen des Bruteis in der Brüterei bis zur Veräußerung des Fleischs im Lebensmitteleinzelhandel an den
Verbraucher gerade einmal knapp zwei Monate vergehen. Wir haben hier eine starke vertikale Integration. Das heißt, durch die vertikale Integration hat man die Möglichkeit, das Angebot sehr stark einzuschränken.
Wir alle glauben, dass wir hier seitens der Politik mit Millionenzuwendungen in die Landwirtschaft hinein viel Gutes tun können. Aber ich möchte das heute ein wenig relativieren. Einer der politischen Mitbewerber in unserem Wettbewerb um die Wählergunst und um die besten Lösungen hat hier Änderungsvorschläge für den Einzelplan 09 in Höhe von 60 Millionen Euro eingebracht.
60 Millionen Euro dividiert durch 2,6 Millionen ha landwirtschaftliche Nutzfläche, sind gerade einmal 23 Euro pro Hektar, der bewirtschaftet wird. Wenn der durchschnittliche landwirtschaftliche Familienbetrieb in Niedersachsen über 69 ha Nutzfläche verfügt, dann kommen pro Betrieb gerade einmal 1 590 Euro pro Hektar in diesem Betrieb an. Zugegeben, das ist für den einen oder anderen Bundesbürger viel Geld. Aber für einen landwirtschaftlichen Betrieb als Unternehmen reicht das gerade, um einen Handwerker, einen Gesellen mit Auszubildenden, zweieinhalb Tage zu entlohnen. Dann sind diese 1 590 Euro weg.
Wir halten fest: Systemrelevant bedeutet nicht automatisch Märkte mit auskömmlichen Preisen. Steuermittel, Hilfen, Unterstützungsmaßnahmen können strukturbedingte Verwerfungen nicht auffangen. Es ist Kernaufgabe des politischen Handelns, politischer Verantwortung, die Ernährung und die heimische Erzeugung sicherzustellen.
Allerdings sind nicht nur strukturelle Probleme zu lösen, sondern gleichzeitig prasseln jede Menge gesellschaftlicher Wünsche, die einen unausweichlichen Transformationsprozess nach sich ziehen, auf die Landwirte ein: mehr Tierwohl, mehr Tierschutz, baurechtliche Rahmenbedingungen, seit Jahren in der Erarbeitung, mehr Grundwasserschutz, mehr Schutz von Oberflächengewässern - beides befindet sich derzeit in der Umsetzung; Stichwort „rote Gebiete“ -, mehr Aufzeichnungspflichten. Machen wir uns nichts vor: Wer kommt denn den Aufzeichnungspflichten in landwirtschaftlichen Familienbetrieben nach? Das ist entweder der Betriebsleiter in den Abendstunden, oder es sind seine Familienmitglieder, allen voran die Ehefrau, die das on top leistet. Weniger Pflanzenschutz, mehr Insektenschutz, mehr Biodiversität, mehr Klimaschutz, mehr Lebensmittelsicherheit sind weitere Beispiele. Kein anderer Wirtschafts
zweig ist auch nur annähernd mit derart vielen gesellschaftlich gewünschten Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert.
Darüber hinaus beinhalten diese auch noch andere Zielkonflikte. Nur ein Beispiel: Mehr Tierwohl, mehr Offenställe bedeuten pro Tier oder pro Produktionseinheit gleichzeitig mehr Ausscheidungen klimaschädlicher Gase.
Es bleibt dabei: Die landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe benötigen für eine dauerhafte Lebensfähigkeit in etwa 60 000 Euro Unternehmensgewinn per anno. Davon müssen Sie Ihre Lebenshaltungskosten und Versicherungen bezahlen, im Regelfall Altenteiler finanziell auskömmlich unterstützen müssen. Hinzu kommen die Entlohnung der familieneigenen Arbeitskräfte, Steuern und Investitionen. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass wir die Strukturen bäuerlicher - oder nennen wir sie - mittelständischer landwirtschaftlicher Familienbetriebe einzig und allein über staatliche Zuschüsse erhalten. Vielmehr muss es unser wesentliches Ziel sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, die bezüglich der Wertschöpfung in der Agrar-, Ernährungs- und Lebensmittelbranche zu einem fairen und dauerhaften Ausgleich und einer fairen Entlohnung über alle Stufen führen.
Eine Schlüsselfunktion kommt in diesem Zusammenhang zweifelsohne dem Verbraucher zu; denn es ist der Verbraucher, der über sein Konsumverhalten bestimmt, was in unseren Lebensmittelmärkten angeboten wird. In dieser Beziehung ist ganz maßgeblich der Bund gefordert; denn wir brauchen saubere und rechtssichere Herkunftsnachweise, was derzeit noch immer am Europarecht scheitert.
Insofern haben wir als regierungstragende Fraktionen eine politische Liste aufgestellt, in der wir über verschiedene Projekte Fragen in Bezug auf die zukünftige Ausrichtung unserer Landwirtschaft beantwortet wissen wollen. Es geht um regionale Wirtschaftsfondssysteme und übergebietlichen
Absatz für den ländlichen Raum in Niedersachsen und um ein Herausarbeiten der Bedeutung des internationalen Handels. Denn machen wir uns nichts vor: Niedersachsen ist Agrarland Nummer eins, die Bundesrepublik Deutschland ist einer der drei größten Nettoexporteure von Lebensmitteln und einer der drei größten Nettoimporteure. Im Saldo sind wir Importeur. Deshalb spielt auch für Niedersachsen der internationale Handel durchaus eine Rolle.
Regionale Strukturen effizient stärken, ein Herkunftszeichen für Niedersachsen, ist unser zweiter Ansatz. Der dritte ist in Kenntnis der Erfahrungen aus dem Lockdown: neue Autarkie, Neuorganisation von Lieferketten, Versorgungssicherheit im Agri-Business in Niedersachsen. Viertens geht es um die Stärkung der regionalen Direktvermarktung und fünftens um regionale Fleischvermarktung und dezentrale mobile Schlachtstrukturen. Mit überschaubaren Mitteln werden wir hier über die entsprechenden Studien Ergebnisse erarbeiten, auf deren Basis unternehmerische Zukunftsentscheidungen seitens unserer Landwirte gefällt werden können.
Ich würde jetzt normalerweise zur Rubrik „Attacke auf die politischen Mitbewerber“ kommen, aber leider ist mein Zeitkontingent erschöpft,
und ich bin heute auch nicht in der Stimmung, diese politischen Mitbewerber zu attackieren. Insofern danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Meyer, können Sie uns und dem Hohen Haus erklären, warum der Bund beim bundesweiten Monitoring alljährlich Mitte September die bundesweiten Monitoringdaten zusammenträgt, diese Zahlen aber dann regelmäßig erst Ende Oktober, also mit sechs Wochen Verzug, veröffentlicht werden
und dann noch ein Jahr weiter im Raum stehen, sodass diese Zahlen im Extremfall anderthalb Jahre veraltet sind? - Genau das ist mit dieser Passage in dem Antrag gemeint.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege Meyer, ich rede hier normalerweise nicht in der Funktion des Vorsitzenden der Landesjägerschaft Niedersachsen. Aber weil Sie Ihre Rede nahezu ausschließlich dazu verwendet haben, sich an der Landesjägerschaft Niedersachsen und ihrer Position abzuarbeiten, möchte ich diese Regel brechen.
Herr Meyer, Sie haben in Ihrer Zeit als Minister, was Jagdabgabemittel angeht, 1,2 Millionen Euro gegen das Benehmen der Landesjägerschaft für ein gänsewissenschaftliches Projekt eingesetzt. Insofern sind Sie der Letzte, der darüber urteilen kann, ob Jagdabgabemittel vernünftig eingesetzt werden.
Was das Wolfsmonitoring angeht: Die Landesjägerschaft finanziert seit 2013 eine Stelle eines Biologen. Wir machen aus eigenen Verbandsmitteln ein Monitoring, das in keinem anderen Bundesland so transparent und zeitnah arbeitet wie das in Niedersachsen. Dafür sollten Sie uns eher loben.
Was die Position zur Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht angeht, ist es ganz einfach: Erstens. Auf der Mitgliederversammlung des ZJEN im November letzten Jahres hat dieser Umweltminister nach der Unterstützung durch die Jägerschaft gerufen. Zweitens. Meine Fraktion hat einen Beschluss dahin gehend gefasst, dass die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht gefordert wird. Drittens. Der Gesamtvorstand der Landesjägerschaft Niedersachsen hat daraufhin beschlossen, dass wir unsere Position neu ausrichten.
Unter anderem die Landesjägerschaft Niedersachsen hat per einstimmigen Beschluss des erweiterten Vorstands beschlossen, die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht zu fordern. - Da können die Kollegin Staudte und der Kollege Meyer noch so viel hier im Plenum zetern,
die Landesjägerschaft Niedersachsen ist in ihrer Entscheidungsfindung noch immer frei. Dass sie eine solche Rolle in diesem Parlament spielt, ehrt uns. Wir werden uns der Aufgabe, die an uns herangetragen wird, aktiv stellen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Kollege Grupe, können Sie dem Hohen Haus bestätigen, dass die FDP in den Bundesländern, in denen sie Regierungsverantwortung trägt, bei der jetzt anstehenden UMK, auf deren Tagesordnung der Wolf zweimal steht, die gleiche Linie verfolgt wie die in diesem Entschließungsantrag von den regierungstragenden Fraktionen vorgegebene, nämlich die Wolfspopulation zu managen? Können Sie bestätigen, dass das auch von den Landesregierungen mit FDP-Beteiligung mitgetragen wird? Oder haben Sie da weitergehende Erkenntnisse?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch vom agrarpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion kommen am Ende dieser Debatte verbindende Worte.
Herr Kollege Birkner, zugegeben, es war ein sehr kurzes parlamentarisches Verfahren, aber wir werden heute den gesetzlichen Rahmen zu der im „Niedersächsischen Weg“ gefundenen Vereinbarung hier beschließen - eine Vereinbarung, Herr Kollege Meyer, die auf ein Maximum an Anreizsystemen und ein Mindestmaß an Ordnungsrecht setzt.
Wenn wir die Vereinbarung aus der Perspektive der Beteiligten sehen, so werden sicherlich alle zustimmen, dass es sich um einen guten, wohl austarierten Kompromiss handelt. Insofern wähnen sich sicherlich alle Beteiligten als Gewinner. Als Gewinner wähnen sich - das haben wir auch den Worten des Kollegen Meyer entnommen - die Initiatoren des Volksbegehrens. Gewinner ist ohne Zweifel die Niedersächsische Landesregierung in persona des Umweltministers Olaf Lies und der Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast.
Gewinner sind die landwirtschaftlichen Verbände, das niedersächsische Landvolk, der LsV, aber auch die Ökoverbände. Und die Gewinner sind die Artenvielfalt, die Biodiversität und die offenen Gewässer im Lande Niedersachsen.
Als agrarpolitischer Sprecher meiner Fraktion möchte ich explizit auf die Gruppe der landwirtschaftlichen Verbände eingehen. Für diese war der Schritt, auf Umwelt- und Naturschutzverbände zuzugehen, sich an einen Verhandlungstisch zu setzen und über die Nutzung ihrer Produktionsgrundlage Boden und damit über die Basis ihres wirtschaftlichen Handelns zu verhandeln, sicherlich der größte Schritt. Ich möchte diesen Verbänden und ganz besonders den Verantwortlichen in den Verhandlungsrunden heute ausdrücklich den besonderen Respekt und die Anerkennung der CDULandtagsfraktion hier aus dem Niedersächsischen Landtag aussprechen.
Sie haben erkannt, dass die Chance auf gesellschaftliche Anerkennung und sich im Sinne des „Niedersächsischen Weges“ einzulassen, am Ende auch eine Standortfrage für eine dauerhaft wettbewerbsfähige Landwirtschaft hier in Niedersachsen darstellt.
Ich wende mich deshalb heute ausdrücklich an die Landwirtinnen und Landwirte und ihre Familienmitglieder in Niedersachsen: Gehen Sie offensiv und mit einer gehörigen Portion Stolz in die gesellschaftliche Debatte in Ihrer Nachbarschaft, in Ihren Dörfern und gegebenenfalls auch in Ihren Städten, und stehen Sie voller Selbstbewusstsein zu den Vereinbarungen des „Niedersächsischen Weges“! Dieser ist bundesweit einmalig.
Eines steht aber außer Frage: Der „Niedersächsische Weg“ bringt nicht per se Artenvielfalt und Biodiversität zurück. Es gibt diesbezüglich auch keine einfachen Antworten. In der Anhörung wurde uns seitens der Wissenschaft erklärt: Eine ökologische Wirtschaftsweise in großflächigen Strukturen, beispielsweise in den neuen Bundesländern, ist nicht automatisch besser als eine kleinstrukturierte, konventionelle Wirtschaftsweise in Niedersachsen.
Um diesen „Niedersächsischen Weg“ dauerhaft zum Erfolg zu führen, bedarf es darüber hinaus intelligenter nationaler Umsetzungsstrategien der zukünftigen GAP-Förderperiode. Die CDU-Landtagsfraktion wird ihren politischen Einfluss und ihre fachliche Expertise über diese Landesregierung mit ihrer Landwirtschaftsministerin Barbara OtteKinast in die AMK hineintragen, damit der „Niedersächsische Weg“ weiter Fahrt aufnimmt - für eine starke und wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die es versteht, Ökonomie und Ökologie zum Wohle aller zusammenzuführen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich
möchte mich ausdrücklich bei der Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast für die heutige Unterrichtung bedanken.
Es ist deutlich geworden, dass die Situation an unseren Schlachthöfen durch das Krankheitsgeschehen Covid-19 bedingt ist.
In Richtung unserer grünen Freundin, der Kollege Staudte, möchte ich sagen: Sie haben hier heute die Aussage getätigt, diese 118 Mitarbeiter hätten sich nicht an einem Tag infiziert. Frau Kollege Staudte, wir alle haben in den letzten Monaten sehr viel lernen müssen bezüglich dieses Virus, bezüglich Covid-19, bezüglich Ansteckungswegen, Ansteckungspfaden. Eines haben wir auch gelernt: dass die Klimabedingungen an Schlachthöfen - Feuchtigkeit und niedrige Temperaturen - offensichtlich die Entwicklung von Bioaerosolen fördern, die dieses Virus weitertragen. Von daher sind Schlachthöfe sozusagen systemimmanent Hotspots in Bezug auf das Covid-19-Geschehen.
Das hat im ersten Moment nichts mit der Unterbringung zu tun, die auf jeden Fall, wie sie in der Vergangenheit gelaufen ist, zu kritisieren ist. Die Schlachthöfe als solche sind von ihren Produktionsbedingungen her Hotspots für dieses Virus.
Ich habe keinerlei Anlass, hier die Entscheidungen der Landräte der betroffenen Landkreise zu kritisieren. Diese Entscheidungen sind sicherlich in enger Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden getroffen worden. Es ist auch das gute Recht von Schlachthofunternehmen, juristische Wege zu beschreiten.
Ich habe die Unterrichtung durch die Ministerin heute vor allen Dingen in eine Richtung verstanden. Die Wertschöpfungskette entlang des Lebensmittels Fleisch ist fünfgliedrig. An erster Stelle stehen die Nutztierhalter. Diese sind im Moment diejenigen, die den ganzen Druck dieser Situation aushalten müssen. Sie müssen ihn wirtschaftlich aushalten - das mögen gesunde Betriebe noch relativ lang ausstehen -, aber sie müssen ihn vor allen Dingen in Bezug auf ihre Tiere und die Unterbringung ihrer Tiere in Ställen aushalten.
Da müssen wir einfach festhalten: Es handelt sich nicht um eine industrielle Produktion. Man kann nicht irgendwelchen Zulieferbetrieben sagen: Mach mal 14 Tage Kurzarbeit! Drossele mal deine Pro
duktion! Oder lege deine Produktion auf Lager! - Nein, das Problem ist hier, dass auch in Niedersachsen jeden Tag neue Tiere geboren werden.
Die Ministerin hat angesprochen, wie träge das System in Bezug auf Sauenhalter ist. Wenn die heute aufhören würden, Sauen zu besamen, würde es nämlich vier Monate dauern, bis die Geburt von Tieren ausbleibt.
Aber das System ist noch viel träger. Eine Sau trägt drei Monate, drei Wochen und drei Tage - sagen wir einmal: vier Monate. Dann sind die Ferkel noch zwei Monate bei dem Ferkelerzeuger - dann sind wir schon bei sechs Monaten -, und dann sind sie vier Monate in den Mastbetrieben.
Selbst wenn wir heute die Besamung von Sauen in den Sauenhaltungsbetrieben stoppen würden, würden wir die Auswirkungen an den Schlachthöfen, an den Schlachthaken frühestens in zehn Monaten erkennen können. Zehn lange Monate, in denen die Bestände in den Ställen, auf den Betrieben anwachsen werden!
Liebe Kollegin Staudte, ich habe heute eine Bitte an die Grünen, die in der Vergangenheit immer sehr gerne mit NGOs sozusagen tierschutzwidrige Bedingungen in unseren Betrieben aufgedeckt haben: Bitte nehmen Sie in den nächsten Wochen und Monaten zur Kenntnis, dass diese Betriebe keine Chance haben, sich dagegen zu wehren, dass die Tiere in ihren Ställen jeden Tag mehr werden, dass die Tiere in ihren Ställen jeden Tag größer werden, dass der Platz in den Ställen jeden Tag weniger wird und dass der Viehhandel den Betrieben die Tiere nicht abnehmen wird, weil unsere Schlachthöfe nicht schlachten!
In diesem Sinne hat die Ministerin heute richtig unterrichtet, weil sie frühzeitig darauf aufmerksam machen wollte - sie hat es auch angesprochen -, dass wir sehenden Auges auf eine Situation zulaufen, in der wir vermutlich mit tierschutzwidrigen Bedingungen in unseren Ställen zu tun bekommen werden.
Die Landwirte sind in diesem Moment das schwächste Glied in der Produktionskette. Deshalb sollten wir hier seitens der Politik genau hinsehen und jede Form der Unterstützung - ich sage auch: wir müssen hier unkonventionelle Wege gehen - gewähren. Dazu brauchen wir kluge Beschlüsse. Dazu brauchen wir ein enges Zusammenspiel aller
in der Produktionskette. Ich erkenne, dass alle dazu bereit sind. Politik sollte hier verantwortlich hinschauen und diesen Weg konstruktiv begleiten.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr verehrte Kollegin Staudte, Sie vermischen hier im Moment zwei Dinge: zum einen die Situation von Mitarbeitern in Schlachthöfen, die Unterbringung dieser
Mitarbeiter und das Infektionsgeschehen an
Schlachthöfen und zum anderen - ich habe Sie gebeten, in Zukunft mit Nachsicht darauf zu schauen - die Situation auf den Höfen.
Die Landwirte und Nutztierhalter auf unseren Höfen haben gegenwärtig keine Chance, aus dieser Situation herauszukommen, weil jeden Tag neue Tiere geboren werden.
Die Biologie - von der Besamung bis zum Schlachthaken - dauert elf Monate. Das dürfen wir hier nicht negieren.
Verehrte Kollegin Staudte, Sie sprechen immer davon, dass wir so exportorientiert arbeiten. Wir produzieren auch Schweinefleisch, in einem gemeinsamen europäischen Markt.
Kennen Sie den Selbstversorgungsgrad unserer Nachbarn? - Dänemark: 650 %, Niederlande: 330 %.
Kennen Sie den Selbstversorgungsgrad in der Bundesrepublik Deutschland? - Zugegeben, es sind 120 %. Damit liegt Deutschland aber genau im europäischen Durchschnitt.
Und wissen Sie, dass dieser Selbstversorgungsgrad von 120 % im Grunde genommen eine Mogelpackung ist, weil der Deutsche nur zwei Drittel - 65 % - des Schlachtkörpers selbst isst? Das andere Drittel - es sind 35 % - müssen wir auf internationalen Märkten absetzen,
weil wir eine so kaufkräftige Kundenklientel haben, dass diese die Teilstücke des Schlachtkörpers gar nicht mehr isst.
Ich glaube, ich hatte noch zusätzliche Redezeit, die ich noch gar nicht ausgeschöpft habe.
Ihre Argumentation - - -
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich versuche, es in einem Satz zu formulieren.
Ihre Argumentation, dass sich jetzt die Exportorientierung rächt, ist im Hinblick auf die landwirtschaftlichen Familien, die emotional so angefasst sind, wie die Ministerin es gerade geschildert hat, nahezu zynisch.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Mit dem ASP-Nachweis von vergangener Woche ist die Globalisierung endgültig beim europäischen Wildschwein angekommen. Was meine ich damit? Wie der Name Afrikanische Schweinepest schon sagt, ist dieses Virus ursprünglich in Afrika beheimatet und bei der dortigen Wildschweinpopulation, den Warzenschweinen, bereits seit sehr langer Zeit nachgewiesen. Im Rahmen der Evolution haben diese Warzenschweine eine Resistenz entwickelt, was allerdings nicht für unser europäisches Wildschwein gilt.
Vermutlich über Lebensmittelreste fand irgendwann in Georgien eine Anlandung statt. Auf offenen Müllkippen haben unsere europäischen Wildschweine dieses Virus vermutlich aufgenommen. Seitdem verbreitet sich dieses mit einer Ausbreitungsgeschwindigkeit von ca. 30 km per anno von Osten nach Westen. Es wird ausschließlich über direkten Körperkontakt, im Wesentlichen über Körperflüssigkeiten, Speichel oder auch Blut, weitergegeben, ist hoch ansteckend, und im Falle einer Infektion tritt bei 90 % einer Population der Tod nach 48 Stunden ein.
In den vergangenen drei Jahren hat dieses Virus große territoriale Sprünge gemacht, vermutlich über Lebensmittelreste nach Tschechien, nach Belgien oder auch in das Gebiet von Westpolen. Seit vergangenem Mittwoch ist es, wie gesagt, auf deutschem Staatsterritorium angekommen.
Was bedeutet das für Niedersachsen? - Besonnenheit und Sorge.
Besonnenheit in Bezug auf die Gefahr eines Ausbruchs in Niedersachsen. Wir reden hier vor allen Dingen über Prävention. Dabei sind wir sehr gut aufgestellt. Seit Jahren sind alle sensibilisiert, entsprechende Übungen haben stattgefunden, die niedersächsischen Jägerinnen und Jäger haben im vergangenen Jahr mit über 70 000 erlegten Wild
schweinen eine Rekordstrecke aufgestellt, 11 000 dieser 70 000 erlegten Wildschweine, also nahezu jedes sechste, ist über Blutproben auf ASP untersucht worden, 600 verunfallte bzw. tot in Niedersachsen aufgefundene Wildschweine wurden
ebenfalls per Blutprobe auf ASP untersucht.
Besonnenheit auch deshalb, weil unsere niedersächsischen Schweinehalter sehr wohl wissen, dass es über entsprechende Biosicherheitsmaßnahmen möglich ist, dieses Virus aus unseren Hausschweinebeständen herauszuhalten. Mir hat ein erfahrener Kreisveterinär dieser Tage gesagt: ASP in den Hausschweinebeständen bekommt man nicht, das holt man sich. - Will sagen: über mangelnde Hygiene und Fahrlässigkeit.
Sorge dahin gehend, dass die Auswirkungen auf die Märkte sehr wohl gravierend sind. Das gilt sowohl für Deutschland als auch für Europa und auch für die Drittmärkte. Obwohl es in Deutschland keine infizierten Hausschweine gibt, haben unsere Drittmärkte entsprechend den Lieferbeziehungen ihre Märkte sofort für deutsche Ware geschlossen. Das ist nicht unerheblich. Wir haben im ersten Halbjahr dieses Jahres allein aus Deutschland 1,4 Millionen t Schweinefleisch und Schwei
nefleischprodukte exportiert, zwei Drittel davon innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, ein Drittel in Drittländer, vor allem nach China.
Warum werden wir auch zukünftig auf diese Exporte angewiesen sein? Wir Deutschen verwerten von einem Schlachtkörper in etwa 65 %. Etwas übertrieben gesagt, essen wir Deutschen den Schinken, das Kottelet, das Filet und zur Grillsaison vielleicht noch das Nackensteak. Alle anderen Teile eines Schweins finden beim deutschen Verbraucher nicht mehr die Wertigkeit, wie es früher der Fall war, und Pfoten, Ohren, Schwänze, Bauchspeck, Leber und andere Innereien finden auf Drittmärkten ihren Absatz.
Ich habe eben China erwähnt. Warum ist die Situation in China so bemerkenswert?
China als weltweit größter Schweinehalter sitzt selbst voll mit ASP. Die Chinesen haben in den letzten zwei bis drei Jahren etwa 50 % ihrer Hausschweinbestände verloren bzw. gekeult, weil sie mit ASP vollsitzen. Gleichwohl haben sie jetzt sofort ihre Märkte zugemacht. - In Deutschland wurde bei nur einem Wildschwein ASP nachgewiesen. - Warum haben sie ihre Märkte zugemacht? Weil die Chinesen natürlich auch Geschäftsleute sind und sehr wohl wissen, dass es, wenn die Märkte hier in Turbulenzen geraten, zu einem Preisverfall
kommt - denn wo es Verlierer gibt, gibt es auch Gewinner - und sie sich in Zukunft auf europäischen Märkten, in Spanien, den Niederlanden oder Dänemark, wesentlich günstiger mit dieser Ware eindecken können.
Jedes dritte Schwein - das wissen wir - wird in niedersächsischen Ställen gehalten. Die Wertschöpfungskette entlang des Nutztiers Schwein ist in Niedersachsen ausgesprochen stark ausgeprägt. Daher sind die Sorgen natürlich auch auf die gesamte Wertschöpfungskette zu beziehen.
Was ist zu tun? - Weiter konsequent an der Prävention arbeiten und internationale Märkte weiter bearbeiten! Im Gegensatz zur polnischen und anderen Volkswirtschaften muss es uns als Bundesrepublik Deutschland gelingen nachzuweisen,
dass wir dieses Virus von unseren Hausschweinen fernhalten und dass wir deshalb die internationalen Märkte weiter mit gutem Gewissen bedienen können. Die Nachfrage ist da.
Sorgen vor allem bezüglich der Ferkelerzeuger. Denn durch das Auftauchen des Virus wird der Strukturwandel der letzten zehn Jahre bei der Ferkelerzeugung nochmals enorm an Fahrt gewinnen. Ich befürchte für unsere Ferkelerzeuger leider Schlimmes.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Können Sie dem Plenum verraten, ob Sie die Initiative der GrünenUmweltministerin aus Thüringen - Thüringen hat ein nachgewiesenes Rudel - unterstützen? Sie hat die Bundesumweltministerin dahin gehend angeschrieben, dass wir zu schnellen, einfachen, pragmatischen Lösungen in Bezug auf die Entnahme von Wölfen in Deutschland kommen müssen.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem mein Kollege Martin Bäumer ein paar grundsätzliche Ausführungen aus der Sicht unseres umweltpolitischen Sprechers gemacht hat, will ich nun aus meiner Sicht als agrarpolitischer Sprecher unserer Fraktion einige grundsätzliche Anmerkungen zum Niedersächsischen Weg und zum Volksbegehren machen.
Ich möchte mit einigen Beispielen beginnen, was den Niedersächsischen Weg angeht.
Erstens. Das Thema der Flächenversiegelung ist ein von vonseiten des Naturschutzes und vonseiten der Landwirtschaft gleichermaßen getragenes Ziel. Ohne einen Einhalt des Flächenfraßes wer
den wir sowohl beim Naturschutz als auch in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht weiterkommen.
Zweitens. Beim Grünlandumbruch wurde nach unserer Auffassung ein guter Kompromiss zwischen dauerhafter landwirtschaftlicher Ertragsfähigkeit, dem Schutz und Erhalt von Grünland und dem damit verbundenen Erhalt von Arten gefunden.
Drittens. Die regelmäßige Überprüfung der Roten Listen ist aus der Sicht der Grundeigentümer, Landwirte und Waldbesitzer eine Grundvoraussetzung, um im Natur- und Artenschutz durch aktive Managementmaßnahmen bedrohte Arten zu
schützen.
Viertens. Die Positivliste der Landschaftselemente ist aus der Sicht der Landwirtschaft nicht nur landschaftsprägend, sondern gerade Feldgehölze und Feldhecken werden im Zuge des Klimawandels - „Winderosion“ ist hier das Stichwort - enorm an Bedeutung gewinnen.
Mit einem fünften Beispiel möchte ich meine Ausführungen zu diesem Punkt abschließen. Der landesweite Biotopverbund ist aus der Sicht der Landwirtschaft ein ambitioniertes Ziel. Nach meiner Auffassung wird von den Landwirten ausdrücklich anerkannt, dass ihr bisheriges Engagement - Stichworte „Blühwiesen“ und „Bioenergie aus Wildpflanzen“ - gewürdigt wird.
Meine Damen und Herren, uns, insbesondere der sogenannten Agrar-Lobby, wird vorgeworfen, wir würden uns nicht klar zu diesem Niedersächsischen Weg bekennen. Das tue ich heute - ich habe es in der Aktuellen Stunde bereits einmal getan - ausdrücklich noch einmal. Die eben aufgeführten Punkte, die ich aufgrund meiner begrenzten Redezeit nicht vollständig abarbeiten möchte, sprechen diesbezüglich Bände.
Aber warum bin ich in diese Betrachtung eingestiegen? - Ich muss zugeben, dass es den PRStrategen des Volksbegehrens - vermutlich aus der Landesgeschäftsstelle der Grünen heraus - gelungen ist, dahin gehend Zweifel zu säen, ob die sogenannte Agrar-Lobby der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag vorbehaltlos hinter dem Niedersächsischen Weg steht. Abgesehen davon, dass der Wahrheitsgehalt der einen oder anderen Meldung, insbesondere bezogen auf meinen Kollegen Martin Bäumer und mich, grenzwertig ist, muss ich Ihnen, Herr Kollege Meyer, attestieren,
dass Sie bezüglich der Qualität Ihrer Tweets mittlerweile zu Donald Trump aufgeschlossen haben.
Wie abwegig die Vermutung bezüglich der Ablehnung durch die Agrar-Lobby war und nach wie vor ist, mag Ihnen die absurde Vorstellung aufzeigen, dass ein Frank Oesterhelweg, ein Karl-Ludwig von Danwitz oder meine Person - um drei Mitglieder unserer Fraktion zu nennen, die auch Mitglied im Niedersächsischen Landvolk sind - sich tatsächlich für schlauer halten sollten als Landvolk, Landwirtschaftskammer, AbL und LSV zusammen, welche bekanntlich die landwirtschaftlichen Positionen im Rahmen des Niedersächsischen Weges ausgehandelt haben.
Gleichwohl - das gebe ich zu - hat es Irritationen gegeben.
Der Niedersächsische Weg wurde von Landesregierung, BUND, NABU, Landvolk und Landwirtschaftskammer gemeinsam angestoßen und in Form einer öffentlichkeitswirksamen Erklärung im April 2020 feierlich unterzeichnet. Das Einzigartige am Niedersächsischen Weg war und ist und wird es zukünftig hoffentlich wieder sein, dass sich die Naturschutzseite und die Landwirtschaft gemeinsam in Form eines durch die Landesregierung moderierten Prozesses auf den Weg gemacht haben. Grundlage von allem sollte Vertrauen sein.
Dieses Vertrauen wurde dann im Mai 2020 auf eine harte Probe gestellt, als der NABU parallel zur Konstituierung des Lenkungsausschusses medienwirksam hier in Hannover die Unterschriftensammlung zum Volksbegehren startete und gleichzeitig mit der Forderung, die entsprechenden Gesetzentwürfe spätestens im November 2020 hier im Parlament zu verabschieden, einen enormen Zeitdruck aufbaute.
Wir haben dieses Ausscheren des NABU im Rahmen der Aktuellen Stunde ausreichend gewürdigt. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich die Rolle des zweiten großen Umweltverbandes, des BUND, würdigen, dem es meines Erachtens zu verdanken ist, dass in den drei eingesetzten Arbeitsgruppen zumindest in Teilen weiter im gegenseitigen Vertrauen verhandelt wurde. Dann, vor ca. 14 Tagen, gab es Signale, dass man auf der Basis der Ergebnisse der eingesetzten Arbeitsgruppen jetzt die entsprechenden Gesetzentwürfe vorlegen könne.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier setzen die Irritationen, von denen ich gesprochen habe, seitens meiner Fraktion ein. Wir hätten erwartet, dass die verschiedenen Protagonisten genau wie im April öffentlichkeitswirksam ein fertig ausgehandeltes Papier vorstellen bzw. übergeben. Stattdessen setzte ein großes Schweigen ein. Bis auf diejenigen, die nach wie vor die Verknüpfung und damit den Aufbau von Druck über das Volksbegehren forderten, hörte man, insbesondere vonseiten der landwirtschaftlichen Vertreter, wenig bis nichts.
Ich sage Ihnen ganz offen: Ich hätte mir von meinem Berufsverband eine offensive Kommunikationslinie gewünscht, welche die guten Ergebnisse gewürdigt hätte. Besser noch - das wäre zu wünschen gewesen - wäre diese Kommunikationsoffensive von allen an den Verhandlungen beteiligten Verbänden und Institutionen zu wünschen gewesen. Viele meiner Kollegen und ich fragen uns: Warum diese Zurückhaltung? Warum diese Bescheidenheit? Ist man sich der Gefolgschaft seiner Basis angesichts der am Ende dann doch zügigen Verhandlungen nicht sicher? Will man den Unmut derer, die sich bisher nur am Rande mit dem Thema beschäftigt haben und demnächst ihre persönliche Betroffenheit feststellen, bei der Politik abladen? - Eines steht fest: Auch diese Betroffenen müssen auf dem Niedersächsischen Weg mitgenommen werden, und es muss gelingen, ihre Zweifel zu zerschlagen.
Vor diesem Hintergrund ist die Fortführung des Volksbegehrens absolut kontraproduktiv. Gleichwohl besteht angesichts der Heterogenität der Initiatoren seitens meiner Fraktion keine Illusion dahin gehend, dass das Volksbegehren sicherlich weitergeführt wird.
Auf den NABU und die Einlösung seiner Zusagen wird man schauen. Was die Grünen in Niedersachsen betrifft, wird die Stunde der Wahrheit zwischen dem 20. und 22. November auf der Bundesdelegiertenversammlung in Karlsruhe schlagen, Herr Meyer.
Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich aus dem Grundsatzentwurf aus Kapitel „Umwelt, Natur und Landwirtschaft“, Seite 14: Sie - die Landwirtschaft - arbeitet ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen - zusammen - mit den Bäuerinnen und Bauern.
Und weiter: Dazu gehört auch, dass sie für ihre vielfältigen Gemeinwohlleistungen fair entlohnt werden.
Sie, Herr Kollege Meyer, Frau Kollegin Staudte und die Mitglieder der Grünen-Fraktion, wollen über das Volksbegehren mittels Ordnungsrecht Ihre naturschutzfachlichen Ziele durchsetzen. Damit widersprechen Sie erstens dem Entwurf Ihres Grundsatzprogrammes in Bezug auf das Mitnehmen der Bäuerinnen und Bauern. Zweitens. Wer über das Ordnungsrecht geht, verbaut den Weg für eine faire Entlohnung der Gemeinwohlleistungen. Drittens zerstört er die Basis dessen, was durch den Niedersächsischen Weg begonnen wurde. Und diese Basis lautet: Vertrauen.
Vor diesem Hintergrund steht viel, sehr viel auf dem Spiel.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Grupe, ich habe insbesondere betont: öffentlichkeitswirksam! Ich kann nachvollziehen, dass Sie als Vorsitzender eines Kreislandvolkverbandes - wie man erwarten sollte - über Ihren Landesverband über die entsprechenden Ergebnisse informiert werden. Aber von denjenigen, die den Niedersächsischen Weg - der jetzt ein wirklich guter, gangbarer Weg ist, bei dem sich alle Seiten im gegenseitigen Vertrauen auf den Weg gemacht haben - über Monate ausverhandelt haben, erwarte ich, dass sie auch den Mut haben, sich gemeinsam hinzustellen und zu sagen: Wir haben gute Ergebnisse erzielt. Wir alle sind Kompromisse eingegangen. Aber in diesem Fall geht es nicht ohne Kompromisse, und deshalb stehen wir gemeinsam für dieses Ergebnis. - Das Stichwort ist also „öffentlichkeitswirksam“.
Was die Information durch die Landesregierung angeht, so habe ich die Arbeit in den drei Arbeitsgruppen so verstanden, dass die Landesregierung diese Arbeit im Wesentlichen moderiert hat. Aber nach mir sprechen sicherlich Vertreter der Landesregierung. Sie werden Ihre Kurzintervention in diesem Punkt viel besser beantworten können, als ich es kann.
Herzlichen Dank.
Danke schön. - Vielen Dank für die Kurzintervention, Herr Kollege Meyer.
Es bleibt dabei: Die Initiatoren des Volksbegehrens spalten und unternehmen insbesondere nichts, um die Landwirtschaft mitzunehmen.
Es ist ja über die sozialen Medien gegangen, dass der Kollege Mohrmann und ich in Verden diesen Bus besucht haben, den Sie engagiert haben, um landesweit für das Volksbegehren zu werben.
Dieser Bus fährt bundesweit herum, um für die Idee von plebiszitären Elementen und Volksbegehren zu werben. Den erfahrenen Herrn, der sich dieser Idee verschrieben hat, haben Herr Dr. Mohrmann und ich bei unserem Besuch damit konfrontiert, dass in unseren Augen mit der Verknüpfung und der Art und Weise, wie man in diesem Prozess den Niedersächsischen Weg diskreditiert, der Idee des Volksbegehrens Schaden zugefügt wird. Es war ein Pressevertreter dabei. Der Herr hat seine Antwort aber leider nicht autorisiert. Dr. Marco Mohrmann, zu dem ich eben noch einmal gegangen bin, ist mein Zeuge. Dieser ältere Herr hat gesagt, er verabscheue die Verknüpfung des Volksbegehrens mit dem Niedersächsischen Weg.
So viel zu Ihrem Ansatz und zu Ihrer Art und Weise, wie Sie insbesondere die Landwirtschaft gegen den Rest der Gesellschaft ausspielen!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der SPD-Fraktion und ganz besonders ihrer Fraktionsvorsitzenden Johanne Modder unendlich dankbar, dass sie dieses Thema auf die Tagesordnung und in die Öffentlichkeit geholt hat.
Warum bin ich ihr so dankbar? - Weil es sich insbesondere ein politischer Gegner bei diesem Thema relativ einfach macht. Denn sobald jemand aus der CDU-Fraktion des Niedersächsischen Landtags spricht, heißt es sofort reflexartig: Jetzt kommt die Agrarlobby der CDU-Fraktion!
- Um es hier ganz unmissverständlich und eindeutig zu formulieren, Frau Kollegin Staudte: Die CDUFraktion im Niedersächsischen Landtag unterstützt ausdrücklich den „Niedersächsischen Weg“
und ist sehr dankbar dafür, dass der Ministerpräsident, der Umweltminister Olaf Lies und die Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast diese Vereinbarung mit den Verbänden, mit der Kammer, mit dem Landvolk Niedersachsen, mit dem BUND und dem NABU abgeschlossen hat. Punkt. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!
- Herr Kollege Meyer, Sie sind kurz auf die Präambel eingegangen, was im Rundblick mit meinem Zitat veröffentlicht wurde.
Ich habe gegenüber dem Rundblick erklärt, dass ich mir eine geänderte Präambel wünschen würde dahin gehend, dass insbesondere betont wird, dass die Landwirtschaft in Niedersachsen eine weitere Aufgabe hat, nämlich die Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung. Das ist nicht passiert.
Das ist insbesondere deshalb nicht passiert, weil der „Niedersächsische Weg“ dieses Parlament bisher überhaupt nicht erreicht hat. Wir haben am vergangenen Mittwoch im Rahmen einer Unterrichtung im Agrarausschuss von der Landwirtschaftsministerin Bärbel Otte-Kinast und Olaf Lies das
erste Mal als Abgeordnete des Niedersächsischen Landtags Details in Bezug auf den „Niedersächsischen Weg“ hingenommen.
Politik seitens der Parlamentarier war in diesem Prozess außen vor. Ich betone ausdrücklich: Das war auch gut so!
Aber jetzt will ich ein wenig auf den zeitlichen Ablauf eingehen, Herr Kollege Meyer, was insbesondere auch Sie getan haben. Es steht außer Frage, dass ein Volksbegehren und ein Volksentscheid wichtige Instrumente unserer Demokratie sind. Ich frage mich allerdings zum heutigen Zeitpunkt: Wer ist denn derjenige, der in diesen Prozessen die Entscheidungen demokratisch basiert trifft? Worauf will ich hinaus? - Im August vergangenen Jahres haben die Initiatoren - Grüne, BUND und NABU - alle Natur- und Umweltschutzverbände in Niedersachsen im Hinblick darauf eingeladen, diesen „Niedersächsischen Weg“ zu unterstützen. Das war am 20. August.
- Das Volksbegehren! Danke für die Korrektur.
Auf Nachfrage haben diese Natur- und Umweltverbände innerhalb von acht Tagen den Gesetzentwurf bekommen, der Grundlage des Volksbegehrens sein sollte. Wiederum acht Tage später lief die Frist ab, in der diese anerkannten Natur- und Umweltschutzverbände erklären sollten, ob sie dieses Volksbegehren unterstützen wollen, ja oder nein, verbunden mit der Bitte um Rückmeldung an den Landesgeschäftsführer der Grünen Josef Voß.
Allein dieses Verfahren ließ bei anderen Natur- und Umweltschutzverbänden den Verdacht aufkommen, dass sie eventuell Gefahr laufen würden, sich hier politisch instrumentalisieren zu lassen.
Deshalb haben diese Natur- und Umweltschutzverbände davon Abstand genommen, sich diesem Volksbegehren anzuschließen.
Das ist ihnen insofern nicht gedankt worden, als sie dann bei den Erarbeitungsprozessen unter Einbeziehung der Landesregierung und der Berufsverbände nicht einbezogen wurden,
als sie auch in den Arbeitsgruppen nicht einbezogen wurden.
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Das zum Verfahren und zu dessen Klarstellung.
Jetzt ist der „Niedersächsische Weg“ vereinbart, und es sind drei Arbeitsgruppen eingesetzt worden. Natürlich sind diese Natur- und Umweltschutzschutzverbände in den Arbeitsgruppen nicht berücksichtigt worden, weil sie sich ja geweigert hatten, sich in den Verdacht zu begeben, sich politisch instrumentalisieren zu lassen. D’accord. Damit muss man leben.
Aber ich empfinde es schon als gewisse Provokation, dass beispielsweise ein Mitglied des NABU, das in der Arbeitsgruppe Natur- und Umweltschutz mitarbeitet - der Name spielt an dieser Stelle keine Rolle -, über Pressemitteilungen, hier über die HAZ, erklärt, wann er oder sie in Hannover oder Gehrden auf welchem Marktplatz oder welcher Fußgängerzone unterwegs ist,
um gemeinsam mit den Grünen Unterschriften für das Volksbegehren zu sammeln, und gleichzeitig diese Person in der Arbeitsgruppe Natur- und Umweltschutz mitverhandelt.
Ich muss sagen - an dieser Stelle spreche ich pro domo für die Landwirte, die dort mit am Tisch sitzen -: Anstelle dieser Landwirte würde ich es schon als Provokation empfinden, dass man mit Leuten am Verhandlungstisch gute, einvernehmliche, auf Vertrauen basierte Lösungen finden soll und es gleichzeitig mit Verhandlungspartnern zu tun hat, die persönlich aktiv Unterschriften für das Volksbegehren sammeln.
In diesem Zusammenhang kommt die folgende spannende Frage auf: Es sind 130 Verbände, die dieses Volksbegehren unterstützen. Inwieweit
werden diese 130 Verbände denn in dem demokratischen Meinungsbildungsprozess dahin gehend einbezogen, die Entscheidung zu treffen, dass dieses Volksbegehren weitergeführt wird?
Danke. Das weiß ich.
Dass dieses Volksbegehren weitergeführt wird, ist offensichtlich einzig und allein eine Entscheidung des NABU.
Frau Präsidentin, Sie haben selbst anerkannt, dass ich durch Zwischenrufe erheblich unterbrochen wurde.
Zwei Sätze.
Es ist für mich sehr bemerkenswert, dass der BUND dieses Volksbegehren nicht unterstützt, im Gegensatz zum NABU. Von daher bin ich voll bei Johanne Modder, wenn sie über die Süddeutsche Zeitung erklärt, dass sich der NABU in den Verdacht begibt, sich hier parteipolitisch instrumentalisieren zu lassen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Herr Minister, vor dem Hintergrund Ihrer Äußerung von eben, dass man eine gewisse Objektivität von den Wolfsbera
tern erwarten kann, und vor dem Hintergrund des OVG-Urteils, dass die Entnahmen rechtmäßig sind, frage ich Sie, ob Sie es in Zukunft tolerieren werden, wenn sich Wolfsberater in offenen Briefen offensiv gegen angeordnete Entnahmen aussprechen. Das ist in meinen Augen mit der Objektivität nicht zu vereinbaren.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Kollege Grupe, in der Tat haben wir über die Thematik „Grundwasser und Düngung“ in diesem Landtag in den letzten Wochen und Monaten häufig debattiert. Man ist der Auffassung: Es ist
im Grunde genommen schon alles gesagt; die Thematik ist klar.
Gleichwohl liegt dieser Antrag heute zur abschließenden Beratung vor. Er ist überschrieben: „Das Agrarpaket der Bundesregierung und die Verschärfung der Düngeverordnung stoppen - Niedersachsen muss sich unterstützend hinter seine Landwirte stellen!“
Ich werde mich in meinen Äußerungen und in meinem Redebeitrag heute im Wesentlichen am Kollegen Grupe abarbeiten. Zwar finde ich es bemerkenswert, Kollege Grupe, wie Sie hier für die Landwirtschaft und Ihre Berufskollegen kämpfen. Aber wenn man im politischen Raum unterwegs ist, sollte man einen Fehler nicht begehen: die Augen vor der Realität verschließen.
Das Agrarpaket der Bundesregierung umfasst im Wesentlichen zwei Punkte. Der eine nimmt bei Ihren Redebeiträgen und bei Ihren Äußerungen immer fast keinen Platz ein. Da geht es um ein eine Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln, um ein Insektenschutzprogramm und um die Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten. Kollege Grupe, ich empfehle Ihnen einfach einmal einen Blick in den „Niedersächsischen Weg“. Dort sehen Sie, was Ihre Berufskollegen, das Landvolk Niedersachsen und der Vertreter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, mit dieser Landesregierung vereinbart haben und gemeinsam mit BUND und NABU unterschrieben haben.
Darin steht explizit die Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten - zugegeben bezogen auf Grünland und nicht auf Ackerland. Insofern kann man aber nicht derart pauschal in Bausch und Bogen sagen, es sei Quatsch, was die Bundesregierung da mit ihrem Agrarpaket - das im Übrigen ein Arbeitspapier ist - vorgelegt habe. Sie sollten schon bereit sein, da einmal etwas genauer hinzuschauen und zur Kenntnis zu nehmen, was Ihre eigenen Berufskollegen bereits vereinbart haben. Die sind in dieser Hinsicht schon viel weiter als Sie, Kollege Grupe.
Jetzt kommen wir zum Thema „Grundwasserbelastung mit Nitrat“. Herr Kollege Grupe, Sie haben hier in Ihrer Rede gesagt, dass Probleme herbeigemessen wurden und dass wir uns als Bundesrepublik Deutschland mit dieser Art der Betrach
tungsweise, mit diesem Messsystem, was die verschiedenen Horizonte angeht, in denen gemessen wurde, im bildlichen Sinne selbst ins Knie geschossen haben. Herr Kollege Grupe, auch da empfehle ich Ihnen einfach einmal den Blick für die Realität. Denn andere EU-Mitgliedstaaten, wie beispielsweise die Niederlande und Dänemark, haben diesen beschwerlichen Weg der Reduzierung der Stickstoffdüngung, um die entsprechenden Nitratwerte in ihrem Grundwasser in einen vernünftigen Bereich - sprich: unter 50 mg - zu kriegen, schon hinter sich. Die sind wesentlich früher gestartet als wir in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb ist das Thema bei denen weitgehend aus der politischen Debatte heraus.
Bei uns in Deutschland brennt dieses Thema nach wie vor. Warum? - Weil wir verschiedene Düngeverordnungen unter verschiedener politischer Verantwortung hatten. Auch die Grünen haben zu Zeiten einer Renate Künast mal eine neue Düngeverordnung auf den Weg gebracht. Wir in Deutschland haben hier nach wie vor dicke Bretter zu bohren.
Sie haben die Statistik bemüht, wonach wir in der Bundesrepublik Deutschland auf dem vorletzten Platz vor Malta seien, und haben gesagt, dass wir dann, wenn wir genauso wie die anderen messen würden, im gesunden Mittelfeld landen würden. Zur Ehrlichkeit gehört auch, dass es unter den 16 Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland 14 gibt, die mit dem Zeigefinger im Wesentlichen auf zwei Bundesländer zeigen, nämlich auf Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, weil natürlich in diesen Bundesländern die Viehhaltung bzw. Tierhaltung eine besondere Rolle spielt und damit ganz maßgeblich zu dem Wirtschaftsfaktor Wertschöpfung Ernährung hier in Niedersachsen beiträgt. Die Vorgehensweise, dieses Thema mit dem Blick auf den Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland zu betrachten, ist ein wenig zu fokussiert und lenkt den Blick ein wenig von der Gesamtproblematik weg.
„Niedersachsen muss sich unterstützend hinter seine Landwirte stellen!“ - so formulieren Sie es in der Überschrift. Ja, das tut Niedersachsen, weil - das wissen Sie - wir, die regierungstragenden Fraktionen im Parlament - in dieser Hinsicht muss ich auch ein wenig Eigenlob in Richtung meiner eigenen Fraktion aussprechen -, dafür gekämpft haben, eine am Verursacherprinzip orientierte Binnendifferenzierung in den roten Gebieten herbeizuführen. Frau Kollegin Staudte, ich glaube, da sind Sie mit Ihren Ausführungen ganz nah bei uns, weil
Sie auch von einer gewissen Gerechtigkeit gesprochen haben und dass man nicht alle Gebiete pauschal über einen Kamm scheren sollte, sondern dass man schon genau hinschauen sollte, wer in der Vergangenheit mit seiner Düngungspraxis zu diesem Problem erheblich beigetragen hat und wer dort heute vielleicht im grünen Bereich unterwegs ist. Wir liegen da mit unserem Basisemissionsmodell und der am Verursacherprinzip orientierten Binnendifferenzierung zu 100 % richtig.
Herr Kollege Grupe, ich möchte Ihnen im Vorfeld etwas verraten: Die Spatzen zwitschern im Moment von den Dächern, dass es durch die BundLänder-übergreifende Arbeitsgruppe unter Einbeziehung von Umweltpolitikern und Agrarpolitikern gelungen ist, genau diesen Weg, eine am Verursacherprinzip orientierte Binnendifferenzierung,
herbeizuführen. Wenn wir das geschafft haben, haben diese regierungstragenden Fraktionen in diesem Niedersächsischen Landtag mit Ministerin Bärbel Otte-Kinast und Minister Olaf Lies mehr für die Landwirtschaft erreicht als alle Ihre Anträge zusammen.
Denn eines muss ich auch sagen: Sie haben hier heute ausgeführt, Probleme würden herbeigemessen, Probleme sollten gelöst werden. - Es gibt auch einen Landwirtschaftsminister im Konzert der 16 Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland, der ein FDP-Parteibuch hat. Wenn Sie der Auffassung sind, dass man Probleme angehen soll, dann hätte zumindest dieser in den Kreis der Agrarminister eine vernünftige Lösung in Ihrem Sinne einbringen können. Von der Seite habe ich leider bis heute nichts erfahren.
Insofern ist hier gute Arbeit geleistet worden, und von daher haben wir heute nur die Alternative, Ihren Antrag abzulehnen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Grupe, ich glaube, wir alle sind sehr darüber erfreut, dass die Stickstoffüberschüsse in Niedersachsen seit Jahren rückläufig sind. Gleichwohl ist das Grundwasser ein sehr träges System. Von daher wird es noch eine Weile dauern, bis wir diesen Effekt messen können.
Sie sagten, wir sollten das honorieren. Ja, der Ansatz einer am Verursacherprinzip orientierten Binnendifferenzierung ist die Honorierung. Denn jemand, der in einer Gemarkung, in einer Gemeinde arbeitet und düngt und nachweisen kann, dass
seine Düngung nicht zu der Problematik beiträgt, müsste nach unserer Auffassung in dem Sinne honoriert werden, dass er nicht durch Restriktionen eingeengt wird.
Es steht außer Frage, dass das ein Prozess ist, den wir nicht von heute auf morgen herbeiführen können, und die Datenlage vermutlich zu Beginn etwas gröber ist. Aber dass es uns gelungen ist, Bewegung in dieser Hinsicht insbesondere auf europäischer Ebene hinzubekommen, dass die EU bereit ist, diesen bundesweit einheitlichen Ansatz zu akzeptieren - die Forderung der EU war ja: kommt uns nicht mit einer Lösung für Niedersachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und BadenWürttemberg, sondern macht einen bundesweit einheitlichen Ansatz! -, dass uns das aus einem der beiden Bundesländer, die hier am meisten am Pranger stehen, durch unsere Initiative gelungen ist, ist in meinen Augen ein wunderbarer politischer Erfolg.
Vielen Dank, Frau Kollegin Staudte. Ich habe nur eine Frage an Sie, weil der Kollege Dr. Mohrmann auf das Positionspapier der jungen Grünen hinge
wiesen hat, wonach sie sehr offen dafür sind, neue Züchtungsmethoden, wie beispielsweise CRISPR/ Cas, einzuführen, und dass das ins Grundsatzprogramm der Grünen aufgenommen werden soll. Uns würde interessieren, wie die niedersächsischen Grünen sich in dieser Frage positionieren.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich bei den Kollegen von der FDP-Fraktion ganz herzlich für die Einbringung dieses Antrags bedanken. Mich hat dieser Antrag an den zumindest von den älteren und erfahreneren Kollegen unter uns sehr geschätzten ehemaligen Umweltminister Hans-Heinrich Sander erinnert; denn Hans-Heinrich Sanders Credo war immer: Arten-, Natur- und Umweltschutz mit den Menschen.
Insofern hätte ich mir von den Liberalen gewünscht, dass Sie vielleicht in der Überschrift dieses Antrags auch darauf Bezug genommen hätten. Denn ich habe mich doch hin und wieder gefragt: Zu wem soll eigentlich beim partnerschaftlichen Schutz die Augenhöhe hergestellt werden?
Kollege Grupe, Sie haben vorhin in Ihrem Zwischenruf vor Ihrem Redebeitrag gesagt: Es ist Ihr Antrag, nicht der Antrag der FDP. Sie haben gesagt: Das ist mein Antrag.
Ich persönlich muss Ihnen sagen: Wenn ein Landwirt, der Sie ja auch sind, und der Vorsitzende des Agrarausschusses einen solchen Antrag hier einbringt, dann hätte ich mir gewünscht, dass er sich im Wesentlichen auf das konzentriert, was auch die Landwirte einfordern, nämlich einen Dialog auf Augenhöhe auch mit den Naturschutzverbänden, und nicht so sehr nach links und rechts abweicht. Denn in Ihrem Forderungskatalog sind Sie auf Punkte eingegangen, die mit Augenhöhe, mit Landwirtschaft und Naturschutzverbänden nicht unmittelbar so viel zu tun haben.
Ich trage bei diesem Thema durchaus verschiedene Hüte. Ich bin Landwirt. Ich bin Landesvorsitzender eines großen Naturschutzverbandes. Ich mache seit 30 Jahren mit Kindern im Grundschulalter „Lernort Natur“. Deshalb habe ich viele Erfahrungen bei diesem Thema.
Aber ich sage Ihnen auch eines: Es gibt keine einfachen Antworten beim Thema Rückgang der Artenvielfalt; denn wir haben es hier mit einem multifaktoriellen Geschehen zu tun. Ich mache das an einem Beispiel deutlich: Wir alle gemeinsam beklagen, dass wir auf dem Grünland einen massiven Rückgang der Wiesenbrüter haben. Gleichzeitig stellen wir auf dem Grünland fest, dass die Zahl der nordischen Gänse nahezu explodiert. Das ist nur ein Beispiel von vielen, wo wir mit Blick auf die gleiche Fläche feststellen, dass es in Sachen Artenvielfalt überhaupt keine einfachen Antworten gibt. Deshalb finde ich es gut und richtig, dass wir diesen Antrag im Agrarausschuss beraten werden.
Ich finde es im Übrigen auch bezeichnend, dass die FDP diesen Antrag zu diesem Zeitpunkt eingebracht hat; denn es pfeifen mittlerweile die Spatzen von den Dächern, dass seit Januar Umweltministerium, Landwirtschaftsministerium, NABU,
BUND, Landvolk und Kammer am Niedersächsischen Weg verhandeln. Wie man von vielen Seiten hört, steht man nah vor einer Vertragsunterzeichnung.
Deshalb ist es auch gut und richtig, dass dieser Antrag jetzt in das Parlament eingebracht wurde. Dann kann die FDP am Ende der Debatte sagen: Auch wir haben etwas dazu sagen können. - Insofern sind die Oppositionsrechte, Herr Kollege Birkner, auch in diesem Punkt gewahrt.
Ich würde mir wünschen, dass dieser Antrag von Ihrer Seite im Nachgang noch ein wenig nachgeschärft wird; denn eine Kritik muss ich an diesem Punkt einbringen, Herr Kollege Grupe. Sie haben bewusst gesagt: Wir wollen das im Agrar- und Ernährungsausschuss beraten. - 25 % der Fläche Niedersachsens sind Wald. Auch im Wald haben wir eine Verantwortung für das Thema Artenvielfalt. Über den Wald verlieren Sie allerdings in Ihrem Antrag nicht eine Silbe.
Insofern: Wenn wir dieses Thema aus der Sicht von Land- und Forstwirten angehen, dann bitte
ganzheitlich. Der Bereich sollte insgesamt beleuchtet werden - nicht nur einzelne Segmente.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir angesichts von Corona fest vorgenommen, heute zu versuchen, sehr sachlich zu diesem Tagesordnungspunkt zu sprechen. Bei der ersten Beratung hatten wir eine sehr hitzige Debatte, und ich bin der Meinung, in diesen Zeiten ist das diesem Thema nicht angemessen.
Herr Kollege Grupe, ich habe Ihren Redebeitrag sehr aufmerksam verfolgt. Ich habe mich allerdings mehrmals gefragt, wozu Sie eigentlich gesprochen haben: Spricht er zur aktuellen Lage der Landwirtschaft, oder spricht er zu dem Antrag, den die FDP-Fraktion hier eingebracht hat? - Das war im Grunde genommen eine Aktuelle Stunde „Landwirtschaft“; denn Saisonarbeitskräfte waren zum Zeitpunkt der Antragstellung und sind bis heute nicht Thema Ihres Antrags - dazu liegen auch keine Änderungsanträge vor.
Herr Kollege Bode, Sie haben in Ihrem Antrag auch in keiner Weise, nicht einmal ansatzweise, formuliert, dass die Landesregierung aufgefordert wird, diese Düngeverordnung abzulehnen, sondern - ich darf aus Ihrem Antrag zitieren -: „sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die großflächige pauschale ‚Minus-20-%-Regelung‘ bei der Düngung keine Anwendung findet“. Also sogar Sie seitens der FDP-Fraktion sind der Auffassung, dass die Minus-20-%-Regelung dann, wenn Sie nicht großflächig und pauschal angewendet wird, doch wohl offensichtlich eine Option ist; denn Sie lehnen Sie in Ihrem Verordnungskatalog nicht explizit ab.
Vor dem Hintergrund fand ich den Beginn dieser Debatte und den kleinen Disput zwischen der Kollegin Staudte und Ihnen, Herr Grupe, durchaus interessant. Ich fand es auch interessant, Frau Kollegin Staudte, dass die Grünen diese pauschale Minus-20-%-Regelung tatsächlich wohl ablehnen wollen. Ich hoffe, dass das weiterhin auch die Position der G-Länder im Bundesrat ist. Dann wird nämlich Niedersachsen mit seiner Position sehr schnell die entsprechenden Mehrheiten zusammenbekommen, um für unseren niedersächsischen Ansatz einer im Sinne von am Verursacher
prinzip orientierten Binnendifferenzierung eine Mehrheit im Bundesrat zu finden.