Zur Tagesordnung. Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 34; das ist die Fragestunde. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 13.45 Uhr enden.
Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr der Schriftführer Herr Onay mit. Bitte, Herr Onay!
Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Finanzminister Reinhold Hilbers, von der Fraktion der SPD Karsten Becker, von der Fraktion der CDU André Bock und Clemens Lammerskitten, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Stefan Wenzel und von der Fraktion der FDP Horst Kortlang.
Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich darum, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.
a) Fridays for Future - Gemeinsam gegen die Klimakrise - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 18/2892
Die Anfrage wird von dem Abgeordneten Volker Senftleben, SPD-Fraktion, vorgetragen. Bitte, Herr Kollege!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fridays for Future - gemeinsam gegen die Klimakrise.
Die Bewegung Fridays for Future geht auf die 16jährige Schülerin Greta Thunberg aus Schweden zurück, die seit Monaten freitags vor dem schwedischen Parlament für mehr Klimaschutz kämpft. Ihre Forderungen hat sie schon vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos und der UN-Klimakonferenz im polnischen Katowice deutlich gemacht und hierdurch weltweit Jugendliche animiert, sich auch für dieses Thema stark zu machen.
Auf der Internetseite der deutschen Bewegung von Fridays for Future führen die Schülerinnen und Schüler aus:
„Der Klimawandel ist längst eine reale Bedrohung für unsere Zukunft. Wir werden die Leidtragenden des Klimawandels sein. Gleichzeitig sind wir die letzte Generation, die einen katastrophalen Klimawandel noch verhindern kann. … mit jedem Tag, der ungenutzt verstreicht, setzt ihr unsere Zukunft aufs Spiel!“
1. Was plant die Landesregierung in Bezug auf den Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung in Niedersachsen?
2. Welche sozialen und ökologischen Folgen durch den Klimawandel zeigen sich schon heute in Niedersachsen?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir ein paar Vorbemerkungen, bevor ich auf die Fragen eingehe.
Wir alle erleben - auch heute wieder -, dass auch in Niedersachsen seit Wochen Tausende junger Menschen für den Klimaschutz protestieren. Ich finde, wir alle sollten diese jungen Menschen in ihrem Anliegen unterstützen, weil es nicht nur um unsere, sondern um ihre Zukunft sowie um die Zukunft darüber hinaus geht.
Ich bin überzeugt davon - und das erleben wir gerade -, dass Jugend damit wieder eine politische Kraft hat und diese auch darstellt. Das haben wir in der Intensität, glaube ich, lange nicht mehr wahrgenommen. Deswegen, finde ich, gilt denen, die ihr Anliegen deutlich machen, unser Dank. Ich finde ferner, wir sollten weniger über die Frage diskutieren, an welchem Tag das stattfindet, sondern immer darauf achten, dass es um den Inhalt geht.
Ich bin fest davon überzeugt, dass es den jungen Menschen um Klimaschutz, um den Inhalt geht. Und darum sollte es auch uns gehen!
Wir tragen, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Verantwortung dafür, den jungen Menschen die gleichen Zukunftsperspektiven zu geben, die wir hatten. Wir sind mit der Industrialisierung sozusagen gesellschaftlich und, was Wohlstand und Wachstum angeht, einen Riesenschritt vorausgegangen. Aber wir müssen auch denen, die nach uns kommen, ein stabiles, ein gesichertes Klima hinterlassen. Das Handeln der Menschen auf der Welt - das ist die Aufgabe, vor der wir stehen - muss in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts klimaneutral werden. Das ist eine Herausforderung, die sich nicht bewältigen lässt, wenn wir sie nicht konsequent angehen.
Die wissenschaftlichen Forderungen zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C sind eindeutig. Eine Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030 und eine Verminderung auf netto null bis 2050 sind das Ziel.
Natürlich ist der Klimaschutz eine globale Aufgabe. Aber - das muss uns klar sein - es ist keine Entschuldigung, nichts zu tun, weil man sagt, dass es eine globale Aufgabe ist, sondern ich bin fest davon überzeugt: Wir müssen vorangehen, gerade weil wir in Niedersachsen - ein Küsten- und Industrieland und das Land der erneuerbaren Energien - Lösungen liefern können, wie der Klimaschutz als wirkliche Chance begriffen werden kann.
Wir haben das Wissen, wir haben die Technologien, und wir haben die besten Voraussetzungen, daraus einen Erfolg zu machen. Wir können aufzeigen, wie Klimaschutz als Chance für Innovation, für moderne Arbeitsplätze und für eine industrielle Transformation begriffen werden kann. Genau für diese Aufgabe kann und muss Niedersachsen der Motor sein.
Zu Frage 1: Zentral für die Klimapolitik der Landesregierung ist, den Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung als Staatsziele in der Verfassung zu verankern, das Landesklimagesetz umzusetzen und die Umsetzung der konkreten Maßnahmen für den Klimaschutz, für die Energiewende und für die Klimafolgenanpassung auf den Weg zu bringen. Klimaschutz und Anpassung an die Folgen aus dem nicht mehr zu vermeidenden Klimawandel - zum Teil ist er bereits gegeben - müssen gesetzlich verankert werden. Nur dann werden wir es schaffen, einen langfristigen, verbindlichen und berechenbaren Rahmen zu setzen.
Die Niedersächsische Landesregierung bekennt sich ausdrücklich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Entsprechend setzt die Landesregierung auf eine konsequente Umsetzung der Energiewende als einen zentralen Baustein zur Verminderung der Treibhausgasemissionen.
Im Übrigen liegt seit der letzten Woche auch der Referentenentwurf eines Bundesklimaschutzgesetzes vor.
Das hat zu Diskussionen geführt, die zeigen: Die Bedeutung des Klimaschutzes in Politik und Medien ist groß. Das niedersächsische Klimaschutzgesetz
ist daher, glaube ich, gemeinsam mit dem Bundesklimaschutzgesetz eine gute Basis und eine gute Brücke.
Zudem hat die Landesregierung das Ziel, die Energieversorgung in Niedersachsen bis zum Jahr 2050 vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen. Ich betone das immer wieder: Wind ist der Rohstoff des Nordens. Wir müssen es schaffen, diesen Rohstoff künftig viel stärker sektorübergreifend zu nutzen und damit nicht nur eine klimaneutrale Energieversorgung, sondern eben auch eine klimaneutrale Industriepolitik mit allen Chancen auf den Weg zu bringen.
Der Verkehrssektor ist ein Sektor, in dem immer noch größere Anstrengungen erforderlich sind. Wir brauchen einen Verkehrssektor, der umfassend auf die erneuerbaren Energien setzt. Es gibt gute Beispiele - ich habe sie mehrfach genannt -, die zeigen, dass wir in Niedersachsen nicht nur auf einem guten Weg sind, sondern auch zeigen können, wie diese Anwendungen funktionieren.
Zudem ist aus Sicht der Landesregierung der kommunale Klimaschutz eine weitere wichtige Säule. Die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen ist dafür eine zentrale Stelle.
Einen besonders wichtigen Teil des Klimaschutzes in Niedersachsen stellt auch die Landwirtschaft dar; denn aus der Landwirtschaft und der Landnutzung in Niedersachsen stammt insgesamt knapp ein Drittel der niedersächsischen Treibhausgasemissionen. Auch da brauchen wir gemeinsame Lösungen - wie auch im Entwurf des Bundesklimaschutzgesetzes verankert - dafür, wie auf der einen Seite die Versorgung mit Nahrung sichergestellt wird und auf der anderen Seite die Klimaschutzziele erreicht werden.
Aber Klimaschutz, meine Damen und Herren, ist im Moment nur die eine Seite der Medaille. Ich habe eingangs deutlich gemacht, dass auch die Folgen des Klimawandels schon heute deutlich zu spüren sind. Sie werden sich weiter verstärken. Selbst wenn wir alle Maßnahmen ergreifen, wird das die Folge sein.
Deswegen haben wir uns gerade die Fortschreibung der niedersächsischen Anpassungsstrategie aus dem Jahr 2013 vorgenommen. Die Anpassungsstrategie wird auch Maßnahmen einbeziehen, die von der Landesregierung schon heute verfolgt und umgesetzt werden.
Der Schutz des Binnenlandes vor Sturmfluten und Hochwasser ist für Niedersachsen von elementarer Bedeutung. Für den Küstenschutz stellt das Land jährlich 62 Millionen Euro, für den Hochwasserschutz ca. 23 Millionen Euro bereit. Wir haben im letzten Jahr auch darüber diskutiert, aus dem Sondervermögen nochmals 27 Millionen Euro für den kommunalen Hochwasserschutz bereitzustellen.
Am Ende stellen wir fest: Kein Klimaschutz kostet Geld, weil die Folgen des Klimawandels teurer sind als das, was wir auf Dauer für Klimaschutz investieren müssen. Das sollte der Maßstab unseres politischen Handelns sein, meine Damen und Herren.
Dazu haben wir eine Reihe von Projekten wie auch das Konzept zum Ausbau der Wasserversorgung. Auch das wird sich mit zunehmendem Klimawandel verstärken, und dort brauchen wir Antworten.
Wir werden in Niedersachsen ein Klimakompetenzzentrum auf den Weg bringen, das zentraler Partner sein wird für die Fragen des Klimawandels und übrigens auch für die Fragen der Folgenabschätzung.