Protokoll der Sitzung vom 01.07.2020

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft wird wichtige Impulse setzen. Da bin ich mir sicher. Ob alle Erwartungen erfüllt werden können, liegt jedoch nicht allein in der Verantwortung der Bundesregierung. Wir werden nur gemeinsam dafür Sorge tragen können, dass die Europäische Union gestärkt aus der Krise hervorgeht. Anders, mit dem Motto der deutschen Ratspräsidentschaft gesagt: Gemeinsam Europa wieder stark machen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gehe von Ihrem Einverständnis aus, dass wir über die vorliegenden Änderungsanträge in der Reihenfolge Ihres Eingangs abstimmen. Sollten diese Änderungsanträge abgelehnt werden, stimmen wir anschließend über die Beschlussempfehlung ab.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/6833 zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Zustimmung bei Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? - Das scheinen alle anderen zu sein. Ich frage dennoch: Enthält sich jemand? -

Das ist nicht der Fall. Dem Änderungsantrag wurde nicht gefolgt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/6852 zustimmen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der FDP. Wer ist dagegen? - Das sind scheinbar alle anderen. Ich frage vorsichtshalber: Wer enthält sich? - Das ist Bündnis 90/Die Grünen. Somit wurde auch diesem Änderungsantrag nicht gefolgt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der AfD.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 18/6880 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? - Das sind offenbar alle anderen. Dennoch frage ich: Enthält sich jemand? - Das ist nicht der Fall. Auch diesem Änderungsantrag wurde nicht gefolgt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/6478 unverändert annehmen will, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. - Das sind CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? - Die Fraktion der AfD und die Fraktion der FDP. Enthält sich jemand? - Das ist nicht der Fall. Der Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde gefolgt.

Somit können wir in unserer Tagesordnung fortfahren.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 29: Abschließende Beratung: a) Offensive für Lesekompetenz - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/5065 - b) Schreiben, Lesen und Rechnen als Grundkompetenzen in der Grundschule stärken - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/6735 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 18/6787

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU unverändert anzunehmen und den Antrag der FDP abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Somit kommen wir zur Beratung. Zunächst hat sich für die CDU-Fraktion Herr Kollege Lasse Weritz gemeldet. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass der Iglu nicht nur ein Schneehaus ist und Pisa nicht nur eine Stadt in Italien, wissen alle an Kultuspolitik interessierten Menschen. Bei anderen Studien, die die Bildungsqualität in unserem Land messen, sieht es schon ein bisschen anders aus. Die TIMSS-Studie und IGLU sind schon eher Fachbegriffe.

Die IQB-Studie, die in den vergangenen Wochen auf den Markt gekommen ist, zeigt uns, dass 28 % der Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen am Ende der 4. Klasse nicht die Standards erreichen, die wir erreichen wollen. Darauf folgt normalerweise immer das politische Kalkül: Die Oppositionsfraktionen sagen, der Minister habe viel zu wenig gemacht, und die Regierungsfraktionen verteidigen ihn. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir das in diesem Fall nicht gemacht haben, sondern dass wir uns als Parlament gemeinsam angesehen haben, wo es hapert und wo Probleme bestehen.

Deswegen bin ich - das möchte ich an dieser Stelle explizit erwähnen - dem Kollegen Försterling für den Antrag zur Lesekompetenz, den er eingebracht hat und den wir heute mit beraten, sehr dankbar. Aber uns, den regierungstragenden Fraktionen, ging er nicht weit genug. Wir finden eben nicht nur, dass die Lesekompetenz ganz entscheidend für die Bildung junger Menschen ist, sondern wir finden auch, dass die Mathematik ganz wichtig ist und dass diese Grundkompetenz ebenfalls mit aufgenommen werden sollte, weshalb wir Ihnen heute den in der Drucksache 6735 vorliegenden Antrag präsentieren.

Meine Damen und Herren, gute Bildung von Beginn an ist den regierungstragenden Fraktionen ein stetes Ziel, weshalb wir Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, in einem Acht-Punkte-Programm mehrere Maßnahmen mit auf den Weg gegeben haben, um dieses Ziel auch in Zukunft zu erreichen. Ich bin

mir ganz sicher, die Kollegin Liebelt von der SPDFraktion wird noch viele Punkte darstellen. Lassen Sie mich meine Redezeit dafür nutzen, auf einige Punkte besonders einzugehen.

Wir sind ganz beim Kollegen Försterling, wenn er meint, dass der Aufbau von Bibliotheken bei uns im Land weiter zu fördern ist. Gerade Schulbibliotheken bilden für junge Menschen einen Zugang zu Lesestoff, der spannend und attraktiv sein kann. Wir sind bei ihm, das zu fördern. Er geht etwas weiter als wir. Das ist ihm unbenommen. Wir sehen hierin vor allen Dingen eine kommunale Aufgabe, die es zu unterstützen gilt, und sind uns sicher, dass das Kultusministerium in den nächsten Jahren die Weichen stellen wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Im Fach Mathematik möchten wir die Schulen dabei unterstützen, spezielle Materialbände anzuschaffen, die sie dann auch als Multiplikatoren nutzen können, um weitere Kolleginnen und Kollegen Lehrkräfte selbstständig in der Schule fortzubilden, um Aufgaben, die in der heutigen Zeit sachgerecht sind, stellen zu können. Wir wollen dadurch eine bessere Mathematikförderung an unseren Schulen erreichen, und das auch gerne mit der Niedersächsischen Bildungscloud, die jetzt auf den Weg gebracht ist, mit der dann auch die Möglichkeit eines breit aufgestellten Tools in der Mathematik gegeben ist.

Besonderes Anliegen ist uns als CDU-Fraktion allerdings der zweite Punkt des Antrags. Ich weiß, didaktisch nach Herrn Brügelmann heißt es: Lesen durch Schreiben. - Lassen Sie es mich etwas deutlicher sagen: Mit dieser Forderung wollen wir in Niedersachsen die Methode „Schreiben nach Gehör“ abschaffen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Björn Försterling [FDP])

Das ist für uns eine ganz wichtige Aufgabe. Wir verhindern dadurch nämlich, dass die Reinform in Niedersachsen durchgeführt werden kann. Wir wollen dies dadurch erreichen, dass Fehler, die beim Lernen gemacht werden, von den Lehrerinnen und Lehrern im Deutschunterricht korrigiert werden müssen, weshalb die Reinform der Methode nach Herrn Brügelmann in Niedersachsen eben nicht mehr möglich wäre. Wir wissen, sie wird nicht sehr oft in Niedersachsen angewandt; die Fibelmethode ist die durchaus verbreitetere Methode. Aber durch diese neue Möglichkeit wollen wir den Schu

len den Rücken dabei stärken, die Fibelmethode in Gänze zu benutzen.

Dadurch, meine Damen und Herren, werden gerade benachteiligte Schülerinnen und Schüler beim Lernen nicht mehr benachteiligt. Ich möchte Ihnen dazu ein Beispiel aus der Praxis nennen: Versuchen Sie einmal, einem Fünftklässler, der stets gelernt hat, dass das Wort „Kuh“ als Buchstabe Q geschrieben wird, beizubringen, dass das falsch ist. Wenn das vier Jahre so erlernt wurde, ist dies ein enormer Aufwand; denn das muss erst einmal korrigiert werden. Diese Korrekturzeit würde in Zukunft wegfallen und damit würden wir den Kindern mit der Fibelmethode eine bessere Bildungschance geben.

(Beifall bei der CDU)

Aufgabe der Grundschule ist es, alle Basiskompetenzen, also Lesen, Rechnen und Schreiben, von Anfang an richtig zu lehren. Es ist eine Frage von Bildungsgerechtigkeit, dass dies von Beginn an gemacht wird und dass wir nicht unnötig Zeit verlieren, um falsch Erlerntes zu korrigieren. Wir glauben, dass wir damit auch für die weitere Entwicklung der Kinder an unseren Schulen die richtige Basis setzen, und bitten Sie deswegen, diesem Antrag zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Weritz. - Jetzt kann sich der Kollege Volker Bajus für Bündnis 90/Die Grünen auf den Weg machen.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lesen, Schreiben und Rechnen, diese Grundkompetenzen sind nicht nur für den Bildungsweg und den folgenden Berufsweg von entscheidender Bedeutung; diese zentralen Kulturtechniken sind auch Voraussetzung für soziale Teilhabe in modernen Gesellschaften überhaupt. Deswegen - so weit reicht der Konsens in jedem Fall - ist es aller Ehren wert, dass wir uns darum auch politisch kümmern.

Wir müssen allen Kindern so früh wie möglich Freude am Lernen, am Lesen, am Schreiben, am Rechnen beibringen. Denn dann ist es noch einfacher. Nicht umsonst heißt es im Volksmund: „Was Hänschen nicht lernt …“

Der Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, Jörg Maas, fordert darum zu Recht:

„Man kann nicht früh genug [mit dem Vorlesen] anfangen. Schon mit Babys sollten Eltern regelmäßiger Bilderbücher anschauen und dazu erzählen. Unser Rat lautet, jedem Kind jeden Tag mindestens eine Viertelstunde lang vorzulesen bzw. sich gemeinsam mit Bilderbüchern zu beschäftigen.“

Klar wäre es wünschenswert, dass es keine bücherlosen Haushalte in diesem Land gibt. Angesichts von über 6 Millionen funktionalen Analphabeten ist das aber zurzeit noch ein Wunschtraum. Es gilt daher, sich die Bedingungen im Lernumfeld von Kindern ganz genau anzuschauen, ja das Gesamte in den Blick zu nehmen: frühkindliche Hilfen, die Alphabetisierung der Eltern, die Kita, die Grundschule und last, but not least auch die soziale Lage der Familien.

Bei aller Einigkeit über das Ziel: Was CDU und SPD hier vorlegen, beschreibt zwar ganz treffend im Problemaufriss, worum es geht; die Maßnahmen aber greifen doch zu kurz.

Auch das Programm „Lesen macht stark“, das der Minister jüngst an den Start gebracht hat, hat nur wenig Strukturverbesserungen im Blick. Nun ja, es hat selbst auf die Regierungsfraktionen offensichtlich keinen Eindruck gemacht. Es wird im Antrag nicht einmal erwähnt. - Ich kann es verstehen.

Viele Ihrer Antragsforderungen wiederum bleiben im Vagen und sehr allgemein, oder Sie arbeiten sich - wie gerade wieder der Kollege Weritz - an der Vergangenheit ab. Okay, das Konzept „Lesen durch Schreiben“ hat viel Kritik erfahren. Doch längst ist die Fibelmethode wieder der Standard. Aber je nach individueller Problemlage können doch auch Mischformen sinnvoll sein. Dogmatische Ausschließeritis, nur um in einer verkürzten öffentlichen Debatte gut dazustehen, hilft betroffenen Kindern nicht weiter. Ich will Ihnen sagen: Ich finde es nicht okay, das dann so zu machen.

Stichwort „Invidualität“: Mehr individuelles Lernen zu ermöglichen, würde beim Lesen, Schreiben und Rechnen sehr helfen. Aber genau darauf verzichten Sie in Ihrem Antrag. Denn das würde etwas kosten. Gute Ziele, viele Worte, aber keinen Cent? Sorry, so weit reichen meine Rechenkompetenzen dann doch noch: Ohne echtes Geld, ohne Ressourcen keine gute Bildung. - Ohne finanzielle Deckung können wir diesen Ihren Antrag nicht mittragen.

Die FDP, Herr Försterling, ist da deutlich weiter und schon mittendrin in Maßnahmen, die sie auch finanzieren will. Das ist zumindest finanzpolitisch ehrlich. Deswegen werden wir diesem Antrag zustimmen, auch wenn es auch in ihm natürlich viele Lücken gibt, die wir gerne gefüllt hätten.

Insofern hoffe ich, dass wir bei diesem Thema irgendwann wirklich gemeinsam vorankommen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.