Am 28. April kam dann der im Oktober angekündigte Antrag der GroKo in den Ausschuss, und die Forderungen in diesem Antrag waren eine Bundesratsinitiative für moderne Züchtungsmethoden, faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU, Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen sowie Intensivierung der Forschung zu Pflanzenschutzmitteln. Kommt Ihnen das bekannt vor? - Ja, mir auch! Diese Innovation hat insgesamt acht Monate gedauert. Das sagt mir einiges über die Wichtigkeit dieses Themas.
Wo liegen nun die Unterschiede, mag man sich fragen. Das ist ganz einfach: Während wir gefordert haben, die Ausnahmegenehmigungen, mit denen sich andere EU-Länder per Notzulassung deutliche Wettbewerbsvorteile gesichert haben, auch für deutsche Landwirte gelten zu lassen, möchte die GroKo mit ihrem Antrag erreichen, dass die Sonderregelungen in den anderen Ländern ebenfalls verboten werden.
Der eigentliche Stein des Anstoßes ist die Saatgutbeize: in Deutschland verboten, in anderen EULändern erlaubt. Was hat das Verbot in Deutschland - außer Wettbewerbsnachteilen - gebracht? - Um die Grüne Pfirsichblattlaus zu bekämpfen,
werden nun zwei bis drei vorsorgliche Spritzgänge mit Insektiziden gefahren, was mit der Beize nicht nötig war. Ist das jetzt besser für die Umwelt, muss man fragen. Ich glaube, nicht.
Sechs Herbizidwirkstoffe wurden gerade oder werden in den nächsten zwölf Monaten verboten. Auch durch diese Maßnahme wird der Rübenanbau gefährdet, da eine Unkrautkontrolle dann kaum noch möglich ist. Vernünftiger Ersatz ist nicht in Sicht. Man verbietet, ohne Alternativen zu haben.
Statt es genauso wie die anderen Länder zu machen und sich um die Belange der eigenen Landwirte zu kümmern, fordert man eben schlicht Verbote für die anderen. Das wird „bestimmt“ funktionieren! Die europäische Solidarität, über die wir gestern so viel gehört haben, funktioniert in solchen Fällen wohl eher selten. Dessen ist man sich auch bei der GroKo bewusst. Man fordert gleich, tragfähige Lösungen für Betriebsschließungen mit zu entwickeln. Man kalkuliert das Sterben einer weiteren Branche dank der EU gleich mit ein.
Wem nützt das? - Grundsätzlich erst mal den solidarisch handelnden EU-Ländern. Ausfälle in der deutschen Zuckerproduktion wird man gern mit Lieferungen aus dem eigenen Land ersetzen. Natürlich ist es für die Umwelt und das Klima nicht so schädlich, wenn die Rüben mit Notfallzulassung in Frankreich oder Polen produziert werden. Schädlich ist das nur in Deutschland.
Bereits im letzten Jahr war das Mercosur-Abkommen ein Thema in diesem Parlament. Die Öffnung des lateinamerikanischen Marktes ist nach wie vor ein verlockendes Ziel für die europäische Industrie. Der Wegfall von Zöllen und eine Erweiterung der Absatzmärkte sind ein Traum der Globalisierer. Natürlich möchten die Mercosur-Staaten dafür auch etwas nach Europa exportieren, vorrangig Rindfleisch, Geflügelfleisch und - Zucker! Der weltweit größte Zuckerproduzent ist Brasilien, einer der Mercosur-Staaten.
Man möchte hier neue Absatzmärkte schaffen. Was muss man sich fragen? Die EU jedenfalls ist ganz wild auf dieses Handelsabkommen. Sie, meine Damen und Herren, müssen sich einmal mehr die Frage gefallen lassen: Sind Sie die Vertreter unseres Volkes oder Erfüllungsgehilfen der EU?
Wenn Ihnen die Interessen der Landwirte am Herzen liegen, müssen Sie unserem Antrag zustimmen. Wenn Sie kein Problem damit haben, eine
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu Niedersachsen gehört zweifelsohne eine funktionierende Zuckererzeugung als Teil einer kompletten Wertschöpfungskette. Zu dieser Wertschöpfungskette gehören die Zucht und der Anbau der Rüben, aber auch die Verarbeitung, die Zuckererstellung in der Zuckerfabrik. Ein Arbeitsplatz in der Zuckerfabrik sichert weitere vierzehn Arbeitsplätze.
Diese für Niedersachsen so wichtige Wertschöpfungskette „Zucker“ steht erheblich unter Druck - bis hin zur realen Gefahr, dass wir diese auch verlieren können.
Die Vorzüglichkeit des Zuckerrübenanbaus hat seit 2017 durch die Auflösung der Zuckermarktordnung ohnehin erheblich gelitten. Volkswirtschaftlich betrachtet, war das so weit richtig. Nicht eingeplant waren aber die Wettbewerbsnachteile, die es unseren Ackerbauern schwer machen, hier am Markt zu bestehen.
Es sind insbesondere zwei Aspekte, die wettbewerbsverzerrend innerhalb der EU wirken und die durchaus im Deckungsbeitrag mehrere hundert Euro pro Hektar verursachen können und damit über Wohl und Wehe entscheiden.
Als Erstes ist hier das Verbot der Saatgutbeizung mit Neonicotinoiden durch die EU im Jahr 2018 zu nennen. Deutschland hält sich daran. In rund 20 anderen Ländern der EU gibt es aber Ausnahmegenehmigungen, auch bei unseren Nachbarn, z. B. in Dänemark, Österreich und Belgien oder auch im zuckerrübenstarken Polen. Das ist nicht akzeptabel. Es ist kaum erklärbar, dass deutsche Bienen durch Neonicotinoide gefährdet sein sollen, die Bienen in den Nachbarländern aber nicht.
Zweitens verzerren die ordnungspolitischen Dauersündenfälle gekoppelter Prämien die Wettbewerbsbedingungen zu unserem Nachteil. In der agrarwissenschaftlichen Marktlehre ist unisono unstrittig, dass produktionsgebundene Subventionen zu Fehlanreizen führen. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, wie hartnäckig diese Systematik in diversen Ländern der EU zum Nachteil der niedersächsischen Zuckerwirtschaft erhalten bleibt.
Es gibt also einiges auf europäischer Ebene zu diskutieren. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft bietet vielleicht einige Möglichkeiten, in diesen Fragen voranzukommen.
Meine Damen und Herren, kommen wir zu einem ganz entscheidenden, geradezu fundamentalen Aspekt unseres Entschließungsantrages. Das ist eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel, moderne und zukunftsorientierte Züchtungsmethoden zu bewerten.
Denn was nicht nur die Zuckerwirtschaft der gesamten EU eint, ist der Wettbewerbsnachteil gegenüber fast allen anderen wichtigen Agrarländern auf der Welt in Bezug auf die Nutzung züchterischer Möglichkeiten.
Pflanzen, meine Damen und Herren - jetzt wird es ein bisschen fachlich -, die züchterisch mit der Genschere aus dem sogenannten CRISPR/Cas‐ Verfahren bearbeitet wurden, fallen nach dem EuGH-Urteil von 2018 unter die Gentechnikgesetze. Das ist aber nicht nur - ich sage das deutlich - fachlicher Unsinn, sondern führt zu allem Überfluss auch zur weiteren Manifestierung agrarindustrieller Strukturen, weil die Marktzugangsbarrieren für mittelständische Züchter und öffentliche Forschungseinrichtungen unerreichbar hoch sind.
Pflanzenmaterial aus herkömmlichen Zuchtverfahren oder aus CRISPR/Cas‐Zucht ist nun definitiv nicht zu unterscheiden. Im Übrigen geht es bei CRISPR/Cas eben auch nicht um das Einschleusen fremder DNA. Das ist aber das zentrale Charakteristikum der Gentechnik und damit auch des Gentechnikgesetzes. Das passt also nicht.
Kurz gefasst: Wir unterstützen jedwede Initiative, die den Wissenschafts- und Technologiestandort Niedersachsen fördert, es dabei unseren Züchtern ermöglicht, von Technologiesprüngen zu profitieren, und die Landwirtschaft damit nachhaltiger macht, anstatt nur solchen Entwicklungen in fernen Ländern zuzuschauen.
Dass dieser Standpunkt, meine Damen und Herren, inzwischen auch durch eine wissenschaftsaffine Gruppe von Grünen - die gibt es - getragen wird, gibt mir Hoffnung auf einen gesellschaftspolitischen und parteiübergreifenden Konsens - einen Konsens in dieser für unsere Zuchtunternehmen zentralen Frage ihrer Perspektiven in Deutschland und speziell bei uns in Niedersachsen. Da haben Ihre Kolleginnen und Kollegen ein bemerkenswertes Papier verfasst.
Es gibt weltweit 5 Millionen ha Zuckerrüben. Das ist ein knappes halbes Prozent der Ackerfläche. Damit stehen die Rüben auf Dauer nicht gerade im Fokus global agierender Agrarkonzerne. Sehr wohl steht die Zuckerrübe aber im Fokus unserer mittelständisch geprägten Unternehmen und der Landwirte in Niedersachsen. Lassen Sie uns dieser Wertschöpfungskette „Zucker“ die Chance geben, die sie verdient. Unterstützen Sie unseren Antrag!
Vielen Dank, Herr Dr. Mohrmann. - Jetzt hat für die FDP-Fraktion der Kollege Hermann Grupe das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Zunächst einmal kann ich dem Kollegen Mohrmann vollumfänglich zustimmen, und zwar jedem Wort, das er gesagt hat -
angefangen von den Neonicotinoiden, die von der EU 2018 verboten wurden, aber per sogenannter Notfallzulassung anderswo am laufenden Band zugelassen werden. Was Sie zur Züchtung gesagt haben - CRISPR/Cas usw. -, kann ich nur voll und ganz unterstützen.
Und: In der Tat ist es so, dass es ganz offensichtlich eine Gruppe junger Grüner gibt, die immer wieder mit dem Thema kommt und dann von de
nen, die das schon Jahrzehnte machen, wieder eingefangen wird. Aber lassen Sie uns einmal sehen, ob die Jugend sich nicht auch bei den Grünen in Zukunft wieder durchsetzen kann! Das wäre doch eine sehr interessante Entwicklung.
Im Ausschuss haben wir ja - ursprünglich aufgrund des Antrags der AfD-Fraktion - eine Anhörung gehabt. Da wurden schon harte Zahlen genannt. Wenn man dann hört, dass der Unterschied in der Förderung in anderen Ländern in der EU im Durchschnitt der Länder, die das fördern, 360 Euro ausmacht, weiß man als Rübenanbauer: Wenn wir das als Gewinnspanne wirklich übrig haben, dann haben wir schon einmal etwas. - Das ist ja nicht irgendein kleiner Betrag. Vielmehr werden wir dadurch in der Konkurrenz weit zurückgesetzt.
Ich habe mir einmal herausgesucht, was auch gesagt wird. Wichtig ist einfach, zu wissen, dass viele Länder ihre Zuckererzeugung subventionieren. Es sind vorrangig die Zuckerrohr erzeugenden Länder, die ihre Märkte durch Importbeschränkung, Exportförderung, Marktverwaltung, Garantiepreise, direkte Beihilfen oder indirekte Stützungen schützen oder stützen.
Meine Damen und Herren, dann steht man wieder vor dem Thema, dass in diesen Ländern der Regenwald abgeholzt wird, um subventioniert unsere gute Produktion hier zu unterwandern. Das kann in keinster Weise in unserem Sinne sein. Da müssen wir einschreiten.
Ich möchte hier auch einen Zusammenhang darstellen, weil ich persönlich davon hart betroffen bin. Bei mir im Betrieb werden, seit ich das mache, Rüben angebaut. Derzeit kriege ich den Pflanzenschutz für vielleicht 250 Euro hin und erlöse dann mit Zuschlägen 3 Euro pro Doppelzentner Rüben. Wir haben einen Betrieb auf Bio umgestellt und beschäftigen uns jetzt damit, dort auch Zuckerrüben anzubauen, wenn dieser Prozess nächstes Jahr vollendet ist. Dann stehen wir vor der interessanten Aufgabe, diese Rüben unkrautfrei zu kriegen. Um nur einmal die Dimension klarzumachen: Dann steht man vor 2 000, 2 500 oder, wenn es schlecht läuft, 3 000 Euro Lohnkosten statt 250 Euro für chemischen Pflanzenschutz.
Das machen aber auch keine Deutschen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich frage mich, was für ein Bild wir denn da haben. Da kommen Kolonnen aus Rumänien. Mir wird gesagt: Da kannst du dich
erkundigen; dann wird dafür gesorgt. Die kommen also hierher, machen die Arbeit, werden auch untergebracht usw. Und das für solche Beträge!
Das sind interessante Themen. Ich halte es auch für hochinteressant, einmal zu sehen, was wir verlangen, aber nicht bereit sind, zu tun, sodass es dann andere für uns machen.
Deswegen bin ich heilfroh, dass wir in Zukunft vielleicht auch Hightech haben, nämlich einen Roboter, der einem die Rüben setzt. Mir wird gesagt, er soll 60 000 Euro kosten. Bei 20 ha ist das kein Geld, wenn es denn funktioniert. Das ist also ein hoch spannendes Thema.