Protokoll der Sitzung vom 27.02.2018

Sie haben dann gesagt, die Gefahr, dass die ASP im Wildschweinbestand ausbricht, ist groß, während die Gefahr, dass sie im Hausschweinbestand ausbricht, nicht so groß ist. Dem muss ich widersprechen: Natürlich ist gerade bei großen Wildschweinbeständen die Gefahr groß, dass die ASP durch eine Verschleppung des Virus auf Hausschweinbestände übergreift, sodass es dann zu massenhaften Keulungen kommen muss.

Wenn der Markt zusammenbricht, sind Millionen von Schweinen nicht vermarktbar und auch nicht verwertbar, sodass sie im Zweifelsfall gekeult werden müssen. Das haben Sie so lapidar abgetan, aber das ist genauso ein Schreckensszenario wie das, was Sie mit der Erkrankung aufgestellt haben. Das macht die Sache eher noch schlimmer und ist gerade nicht, wie Sie es getan haben, zu verharmlosen.

Ich finde, bei Ihnen sind diese Gefahr eines riesengroßen Tierleids und das Milliardenrisiko überhaupt nicht angekommen.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Grupe. - Frau Staudte möchte antworten. Bitte sehr!

Herr Präsident! Vielen Dank für die Frage, Herr Grupe. Sie gibt mir Gelegenheit, noch einmal auszuführen, warum wir in der starken Reduzierung der Wildschweinbestände nicht die Lösung der Probleme sehen.

Aus unserer Sicht lassen sich die Bestände nicht nachhaltig reduzieren, solange sich die Futtergrundlage nicht ändert. Sie wissen, dass die Reproduktionsrate bei Wildschweinen bei 300 % pro Jahr liegen kann. Wenn Wildschweine genug zu fressen haben - und das haben sie; denn hier hat niemand gefordert, die Mais- oder die Rapsflächen, die den Wildschweinen Futter und Deckung bieten, zu reduzieren -, können sie sich praktisch ohne Ende vermehren. Selbst wenn man die Bestände um 70 % reduzieren würde - oder sogar um 90 %, wie die Landesregierung sagt -,

(Hermann Grupe [FDP]: Und auch halten wird!)

wären ein Jahr später wieder ebenso viele Wildschweine da wie vorher. Und wir können doch nicht ernsthaft mit Steuergeldern dagegen anfinanzieren, indem wir mit 50 Euro pro abgeschossenem Wildschwein dafür sorgen, dass die Wildschweinbestände niedrig gehalten werden.

Insofern ist die Biosicherheit zwischen den Wild- und den Nutztierbeständen das Entscheidende. Außerdem ist perspektivisch zu prüfen, ob wir nicht die hiesigen Nutztierbestände reduzieren müssten, damit es nicht zu solchen potenziellen Milliardenschäden kommen kann - aber vielleicht auch aus ganz anderen Gründen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Staudte. - Das Wort hat jetzt Frau Ministerin Otte-Kinast. Frau Ministerin, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die Landesregierung verfolgt das Ziel, durch intensive Schwarzwildbejagung den Bestand zu reduzieren, um bei einem möglichen Eintrag der ASP die Infektionskette zu minimieren.

Unser präventives Handeln für die Zielerreichung sieht allerdings anders aus. Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 25 Euro für jeden erlegten Frischling bis 25 kg Gewicht sowie für jede erlegte nicht führende Bache ab dem Alter von zwei Jahren ist nicht zielführend; denn damit wird kein Mehrabschuss gefördert, sondern nur der Abschuss, der auch bislang schon getätigt wurde.

Ein Mehr an Schwarzwildstrecke wird nur zu erreichen sein, wenn dieses Mehr auch durch finanzielle Anreize unterstützt wird. Daher haben wir vorgesehen, eine Aufwandsentschädigung für das Schwarzwild zu zahlen, welches in einem Jagdrevier im Vergleich zu den Vorjahren zusätzlich erlegt wird.

Der Einsatz von Nachtzieltechnik ist waffenrechtlich sehr problematisch. Auch ist wissenschaftlich nicht erforscht, welche Auswirkungen ihr Einsatz auf das Verhalten der Wildschweinpopulation hat. Vordergründig ist die Frage zu klären, ob damit nur kurzfristige Erfolge erzielt werden, weil das Schwarzwild künftig Kirrungen meidet und weiter in die Nachtaktivität getrieben wird. Kurzfristig ist daher nicht geplant, diese Technik zuzulassen.

(Unruhe)

Frau Ministerin, einen Augenblick, bitte! - Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist sehr unruhig im Saal, und es ist gegenüber der Ministerin nicht höflich, hier eine solche Geräuschkulisse zu fabrizieren. - Bitte schön, Frau Ministerin!

Eine kostenfreie Bereitstellung von Sammelbehältern für Aufbruch und Tierkörper von Schwarzwild ist mit hohem finanziellem Aufwand verbunden; denn ein Sammelbehälter pro Landkreis wird in den meisten Fällen nicht ausreichen, wenn man davon ausgeht, dass die Jäger allein schon wegen des zeitlichen Aufwands nicht weiter als 20 km pro Strecke für die Entsorgung der Schwarzwildabfälle fahren würden. Bei einem Ausbruch der ASP wür

den selbstverständlich Sammelcontainer im gefährdeten Bezirk zur Verfügung gestellt.

Die kommunalen Veterinärbehörden sind von mir aufgefordert worden, den Verzicht auf die Erhebung der Trichinengebühr beim Wildschwein zu prüfen; denn nach der Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens sind Gebühren zu erheben. Allerdings kann ganz oder teilweise davon abgesehen werden, wenn daran ein öffentliches Interesse besteht. Einige Landkreise haben die Erhebung der Trichinengebühr bereits ausgesetzt.

Die Niedersächsischen Landesforsten sind gebeten worden, die Jagd auf Schwarzwild ohne Einschränkungen, aber in den Grenzen der Rechtsordnung zu intensivieren.

Eine kostenfreie Überlassung aller erlegten Wildschweine an Jäger ist erst eine Option, wenn der Wildbretmarkt kein Schwarzwild mehr aufnimmt. Damit es nicht dazu kommt, ist die Nachfrage nach heimischem Wildfleisch zu steigern. Dazu sind miteinander verzahnte Maßnahmen im Produkt-, Vertriebs-, Marketing- und Kommunikationsbereich notwendig. Die Akteure sind dahin gehend zu unterstützen, zu schulen und auch zu begleiten. Aktuelle Gespräche zur Vermarktung von Schwarzwild in Niedersachsen finden bereits seit ein paar Wochen statt.

Aus den dargelegten Gründen lehne ich Ihren Entschließungsantrag ab und unterstütze den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen. Neben dem Mehrabschuss von Schwarzwild plädiere ich u. a. für eine Intensivierung der Fallwildsuche, da eine frühzeitige Erkennung des Ausbruchs nur durch ein passives Monitoring sinnvoll möglich ist, d. h. die Untersuchung von offensichtlich kranken Stücken oder von Fallwild durch die Revierinhaber. Die Aufwandsentschädigung soll einen Anreiz für ein vermehrtes Suchen und Beproben gefundenen Schwarzwilds bieten und gleichzeitig einen Teil des zusätzlichen Aufwands decken.

Neben der Zahlung von Aufwandsentschädigungen müssen erforderliche Maßnahmen zur Prävention und gegebenenfalls Bekämpfung der ASP in das Niedersächsische Jagdgesetz aufgenommen werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist in Vorbereitung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir schließen damit die Beratung.

Ich bitte jetzt um besondere Aufmerksamkeit, weil die jetzt kommende Abstimmung nicht ganz einfach wird.

(Ulrich Watermann [SPD]: Wir sind doch hier!)

- Der Kollege Watermann ist zusammen mit anderen Erfahrenen dabei, sodass ich überhaupt keine Sorge habe, dass ich das gleich nicht hinkriege. Danke schön. Im Zweifelsfalle würde ich mich aber eher auf die Landtagsverwaltung verlassen.

(Heiterkeit)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die auf Ablehnung lautende Beschlussempfehlung ist die weitestgehende Empfehlung. Nach § 39 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 unserer Geschäftsordnung stimmen wir daher zunächst über die Beschlussempfehlung ab. Nur falls die Beschlussempfehlung abgelehnt wird, stimmen wir abschließend noch über die Änderungsanträge ab. Da in diesem Fall nicht eindeutig festzustellen ist, welcher der Änderungsanträge sich weiter vom Ausgangsantrag entfernt, gehe ich von Ihrem Einverständnis aus, dass wir über die Änderungsanträge gegebenenfalls in der Reihenfolge ihres Eingangs abstimmen. Um also zu einer Abstimmung über die von der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU einerseits und der Fraktion der AfD andererseits eingereichten Änderungsanträge zu kommen, müsste zunächst die Beschlussempfehlung abgelehnt werden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer die Beschlussempfehlung ablehnen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind die anderen vier Fraktionen. Ich frage aber noch nach Enthaltungen. - Ich sehe keine Enthaltungen. Demzufolge ist die Beschlussempfehlung abgelehnt. Der Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde also nicht gefolgt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die Änderungsanträge.

Der Änderungsantrag in der Drucksache 18/373 wurde zuerst eingereicht. Wir stimmen also zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der

SPD und der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/373 ab.

Wer diesem Änderungsantrag von CDU und SPD zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die deutliche Mehrheit. Dem Änderungsantrag von CDU und SPD wurde also gefolgt.

Damit wurde der Antrag in der Fassung des Änderungsantrages angenommen. Damit ist zugleich der Änderungsantrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 18/402 nach § 39 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 unserer Geschäftsordnung abgelehnt.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt.

(Zuruf von der SPD)

- Ich freue mich über das Lob von der linken Seite. Ich habe ja auch ein bisschen geübt.

(Heiterkeit)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe nun auf den

Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung: Keine Beteiligung niedersächsischer Unternehmen an Waffenexporten in Krisen- und Konfliktregionen: So leistet Niedersachsen einen wichtigen Beitrag zur Fluchtursachenbekämpfung - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/344

Zur Einbringung hat sich der Kollege SchulzHendel zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Immer wieder werden Rüstungsexporte deutscher Unternehmen in Kriegs- und Krisenregionen bekannt. Damit machen sich diese Unternehmen mitschuldig an der Anheizung von Konflikten und Kriegen, mitschuldig am Tode von Zivilisten und mitschuldig daran, dass es laut UNO mit weltweit mehr als 65 Millionen Menschen so viele Flüchtlinge gibt wie nie zuvor.

Schuldig macht sich aber auch eine Bundesregierung, die ihr Okay für solche Geschäfte gibt, obwohl sie klar den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern sowie dem Ge

meinsamen Standpunkt der EU zu Waffenexporten widersprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN)