Am Ende werden wir den Lehrermangel genauso wenig wie den Erziehermangel allein mit Geld in den Griff bekommen. Das ist nicht mehr ein ausschließlich pekuniäres Problem, sondern wir müssen diese Berufe wirklich deutlich attraktiver gestalten. Es kann doch nicht sein, dass man als angehender Erzieher keine Ausbildungsvergütung bekommt und bei privaten Schulen sogar noch Geld mitbringen muss, während Kommunen den in der Ausbildung befindlichen Personen gerne Geld bezahlen würden, wenn sie sie vermehrt auch in der Praxis einsetzen könnten. Aus meiner Sicht muss es auf eine duale, besser: auf eine dualisierte Ausbildung hinauslaufen, die aber gleichzeitig das wirklich hohe Ausbildungsniveau sichert. Dabei müssen wir auch die Hochschulabsolventen
pädagogischer Fächer in den Blick nehmen: Sie müssen es künftig leichter haben, auf den Erzieherberuf umzusatteln.
Drittens. Mit dem Nachtragshaushalt werden Polizei und Justiz personell gestärkt. Das ist hier mehrfach gesagt worden. Jetzt geht es in der Tat darum - da, lieber Herr Birkner, sind wir nicht ein Jota von unserer bisherigen Position abgerückt -, den Sicherheitsbehörden in Niedersachsen zügig ein rechtliches Instrumentarium an die Hand zu geben, mit dem sie den Bedrohungen des islamistischen Terrorismus, der organisierten Kriminalität und der Internetkriminalität angemessen begegnen können.
Auch als Konsequenz aus den Erfahrungen der letzten Jahre, in denen sich Hildesheim und Wolfsburg zu bundesweiten Hotspots der salafistischen Szene entwickeln konnten, ist es dringend notwendig, unsere Polizisten mit größeren Befugnissen im Kampf gegen den islamistischen Terror auszustatten. Ebenso ist es richtig und notwendig, auch die Präventionsbefugnisse der Polizei gegen sogenannte Gefährder auszuweiten.
Anders als Sie, Herr Birkner, bin ich froh über die Zusage des Ministerpräsidenten, der in seiner Erklärung heute Morgen eine zügige Beratung des Polizeigesetzes im Landtag in Aussicht gestellt hat.
Viertens. Häufiger als uns lieb sein kann, wird die Landespolitik von bundes- und europapolitischen Themen überlagert. Die aktuelle Debatte um drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge führt uns deutlich vor Augen, wie eingeschränkt der Spielraum der Landespolitik mitunter ist. Gleichwohl sind wir nicht ohne Einfluss. Dazu ist es jedoch notwendig, die Zuschauertribüne zu verlassen und aktiv am Spielgeschehen in Brüssel und Berlin teilzunehmen. Die neue Landesregierung muss weitaus stärker als ihre Vorgängerregierung in Brüssel und Berlin präsent sein und ihren Einfluss im Bundesrat stärker zum Wohle Niedersachsens nutzen.
- Nicht während des Plenums. Ich muss sagen, ich habe Ihr Schreiben gelesen und konnte ihm durchaus einiges abgewinnen.
Wie Sie wissen, diskutieren die EU-Mitgliedstaaten derzeit die Finanzplanung ab 2021. Ich habe die klare Erwartung, dass die bestehende Regionalförderung trotz des Brexits auch in der künftigen EU-Haushaltsperiode in ihrem bisherigen Umfang erhalten bleibt. Gerade in den ländlichen Regionen werden die EU-Strukturfonds dringend benötigt. Wir begrüßen es daher, dass der Ministerpräsident letzte Woche in Brüssel mit Kommissionspräsident Juncker auch über die Zukunft der EU-Strukturfonds gesprochen hat.
Fünftens. Selbst wenn die Asylbewerberzahlen im letzten Jahr rückläufig waren, so ist die Flüchtlingskrise in Europa längst nicht gebannt. Wir müssen jetzt endlich wieder konsequent zwischen Asyl, Flucht und qualifizierter Zuwanderung unterscheiden. Denen, die es wirklich brauchen, können wir nur dann auch künftig Asyl oder subsidiären Schutz gewähren, wenn wir jene abweisen, die sich zu Unrecht darauf berufen.
Und da sind wir ganz schnell in der aktuellen Landespolitik angelangt. Ein Blick in den aktuellen Nachtragshaushalt zeigt nämlich, dass die Kosten für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Niedersachsen sprunghaft gestiegen sind. Es ist ein offenes Geheimnis, dass nicht wenige Flüchtlinge, die sich als minderjährig vorstellen und keine Papiere vorweisen, in Wirklichkeit volljährig sind. Das ist ein Problem, vor dem wir nicht länger die Augen verschließen können, wenn wir die Akzeptanz von Zuwanderung und Migration in der Bevölkerung erhalten wollen. Dieses Problem müssen wir ohne Angst vor Beifall aus der falschen Ecke lösen.
(Beifall bei der CDU und bei der AfD - Christian Meyer [GRÜNE]: Die falsche Ecke klatscht! - Zuruf von Anja Piel [GRÜNE])
- Wissen Sie, Frau Piel, die werden auch künftig an solchen Stellen klatschen. Aber wir lassen es uns eben nicht nehmen, die Dinge trotzdem zu benennen.
Es soll nicht passieren, dass die Probleme, die draußen bestehen, die die Menschen angesprochen wissen wollen und von denen sie wollen, dass sie hier debattiert werden, möglicherweise nicht mehr genannt werden, weil wir Angst vor
diesem Applaus haben. Ich habe diese Angst nicht. Diese Debatte führen wir kraftvoll und selbstbewusst.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Anja Piel [GRÜNE]: Es geht um minderjährige Flüchtlinge! Sie sind selbst Vater! Es geht um minderjähri- ge Flüchtlinge! Das ist doch nicht zu glauben!)
- Liebe Frau Piel, ich bemühe mich an dieser Stelle wirklich um Sachlichkeit. Man muss sich doch einmal Gedanken darüber machen, warum diese Abgeordneten jetzt hier sitzen. Sitzen die jetzt hier, weil gewisse Probleme zu oft angesprochen worden sind, oder sitzen die jetzt hier, weil manche Probleme vielleicht nicht angesprochen worden sind?
(Beifall bei der CDU und bei der AfD - Christian Meyer [GRÜNE]: Also rechts überholen! Rechtsruck der CDU!)
- Wissen Sie, Herr Meyer, mir können Sie nun wirklich vieles unterstellen, aber wahrlich keinen Rechtsruck.
- Ich weiß nicht, warum Sie das nicht merken. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Ich habe vor solchen Debatten, auch mit Ihnen, jedenfalls keine Furcht.
Abschließend: Ein gutes Verhältnis zur Bundesregierung und eine konstruktive Rolle im Bundesrat sind elementar wichtig, um unser Land nach vorn zu bringen. Viele Projekte, die CDU/CSU und SPD in ihre Koalitionsvereinbarung geschrieben haben, werden Niedersachsen zugutekommen. Es kann uns als Landespolitik daher nicht gleichgültig sein, wer zukünftig im Bund regiert.
Ich bin froh darüber, dass der Ministerpräsident alles in die Waagschale wirft, um in seiner Partei für die Große Koalition zu werben. Bei der CDU haben wir das gestern wirklich sehr, sehr erfolgreich in Berlin getan.
Es waren eben auch unsere positiven Erfahrungen aus Niedersachsen, lieber Herr Birkner, die zu der breiten Akzeptanz des Koalitionsvertrages beigetragen haben. Wir haben nämlich erzählt, dass es tatsächlich funktioniert.
Unabhängig von Berlin: SPD und CDU werden in den nächsten Jahren dieses Bundesland zum Wohle der Menschen erfolgreich regieren. Die ersten 100 Tage waren nur der Auftakt. Uns stehen noch ein langer Weg und viel Arbeit bevor.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Toepffer. - Meine Damen und Herren, im Rahmen dieser Aussprache steht noch der Beitrag der Fraktion der AfD offen. Ich erteile Herrn Abgeordneten Wichmann das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 100 Tage GroKo und alles ist schön? - Wohl kaum! Was kann man über die neue Landesregierung nach 100 Tagen sagen? - Nun, sie weist überwiegend zivile Umgangsformen auf. Darüber hinaus bleibt sie meist unauffällig. Sie muss ihre Rolle offenbar erst noch finden.
Was haben wir zu Beginn der Legislaturperiode nicht alles gehört! Die Rechte der Opposition im Landtag sollten gestärkt werden - ein erklärtes Ziel der Großen Koalition. Und was ist in diesem Hause in den ersten 100 Tagen in dieser Richtung geschehen? - Nun, die Lage der Opposition hat sich jedenfalls nicht verschlechtert. Wenn man so will, ist das Ihr Verdienst - erreicht durch Untätigkeit. Auf Kreisebene wollen Sie allerdings die Fraktionsmindestgröße von zwei auf drei Abgeordnete erhöhen. Das geht in eine ganz andere Richtung.
Sie haben umfangreich zusätzliche Stellen geschaffen, ohne dass irgendjemandem klar wäre, ob das im Einzelfall wirklich Sinn macht. Auch im Hinblick auf die Schuldentilgung wäre ein Stellenabbau grundsätzlich sinnvoller.
In der Wirtschaftspolitik haben wir mit Herrn Minister Althusmann die Quadratur des Kreises geschafft. Die Forderung, im Aufsichtsrat von VW müsse ein Fachmann sitzen, er könne das nicht
leisten, machte einer wunderbaren Übernachtqualifizierung Platz. Damit das Wunder aber gelingen konnte, mussten zwei neue hochdotierte Stellen geschaffen werden.
Gleichzeitig können Sie zum Thema Schuldentilgung - ich habe das, was Herr Toepffer eben dazu gesagt hat, sehr wohlwollend gehört - zunächst gar nichts vorweisen. Auch das ist eine sportliche Leistung. Früher sagte die CDU gern, die SPD könne nicht mit Geld umgehen. Da hat bei der CDU offenbar ein Lernprozess stattgefunden.
Bei der Digitalisierung haben wir ein angekündigtes Sondervermögen von 1 Milliarde Euro. Mehr als eine Ankündigung gab es in den ersten 100 Tagen aber nicht. Auch zu dem sogenannten Masterplan, der immer angekündigt wird, kennen wir bis heute keine Einzelheiten. Wenn Ihnen das Thema so wichtig ist, dann muss auch in 100 Tagen ein wenig mehr passieren. Wir hätten z. B. einmal erfahren können, was mit dem Sondervermögen konkret passieren soll.
Sie haben darüber hinaus ein neues Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten geschaffen. Niemand weiß, wofür wir es konkret brauchen. Die zuständige Ministerin sagt, sie möchte die Idee Europas befördern. Mehr wissen wir dazu nicht. Und dafür wird natürlich gleich ein ganzes Ministerium geschaffen! Man könnte meinen, die Schuldentilgung sei etwas, was die Regierung bei zukünftigen Generationen besser aufgehoben sieht. Die jungen Menschen wird so viel Vertrauen freuen.
In der Landwirtschaft wurde von der letzten Regierung noch von einer Weideprämie gesprochen. Sie wurde sogar fest versprochen. Daran war die SPD beteiligt. Diese Weideprämie wird jetzt gar nicht weiter verfolgt.
Im Sozialbereich haben Sie - unabhängig davon, wie man zur Zuwanderung steht - kein Konzept für die Integration von Zuwanderern. Es gibt in Niedersachsen Wartezeiten für Deutschkurse von zum Teil einem Jahr und länger. Das zeigt, es reicht nicht, einfach nur Geld hin- und herzuschieben. Sie brauchen vielleicht auch hier ein Gesamtkonzept. Was tun Sie z. B., um eine Ghettoisierung wie in Salzgitter zu verhindern? - Genau: gar nichts!
In nur 100 Tagen kann man die Infrastruktur eines Landes sicherlich nicht in Schuss bringen. Aber Sie haben in diesem Bereich gar nichts unternom
Gehen wir weiter zur Kostenfreiheit der Kitas! Wir haben es heute schon mehrfach gehört: Sie haben sie ganz groß angekündigt, aber bezahlen sollen es ganz offensichtlich die Kommunen selbst.