Ich wollte nämlich gerade sagen: Dazu müssen wir aber auch so schnell wie möglich zusätzliche Investitionen in Oldenburg tätigen. Dass diese Investitionen im Haushaltsplanentwurf der Landesregierung für 2021 nicht berücksichtigt werden konnten, haben wir zur Kenntnis nehmen müssen. Pandemien wie Corona machen aber den Ausbau zusätzlicher Medizinstudienplätze nicht überflüssig, sondern dringender.
Herr Dr. Birkner, um auf Ihre Frage einzugehen, weil es an dieser Stelle gut passt: Selbstverständlich ist die Absicht da. Wir haben jetzt einen Vorschlag der Landesregierung. Sie wissen, wie das parlamentarische Verfahren ist. Sie dürfen sich darauf verlassen, dass wir alles daran setzen, dieses Geld zu mobilisieren.
Die Haushaltsberatungen kann ich als Sprecher für Wissenschaft hier aber natürlich nicht vorwegnehmen. Das würden Sie dann auch kritisieren, weil es nicht parlamentarisch wäre. Wir müssen den Haushalt in sorgfältiger Art und Weise bearbeiten. Es bleibt aber unser Ziel, die für diese Periode angestrebten 200 zusätzlichen Studienplätze zu schaffen und gerne auch darüber hinaus zu gehen. Die EMS in Oldenburg ist dabei für uns ein unverzichtbarer Baustein.
Danke sehr, Herr Kollege Hillmer. - Für die FDPFraktion spricht nun Kollegin Susanne Schütz. Bitte schön!
Danke. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Universitätsmedizin in Niedersachsen: Da sind zum einen die beiden erfahrenen wissenschaftlichen Flaggschiffe UMG und MHH, also die Universitätsmedizin Göttingen und die Medizinische Hochschule Hannover. Zum anderen ist da die noch zarte kleine Pflanze - gemessen an den beiden anderen - der EMS, der European Medical School in Oldenburg. Kaum dass diese durch die Begutachtung des Wissenschaftsrates jetzt sozusagen die Phase des Licht-Bekommens und des Weiter-Wachsens erreichen würde, müssen wir aufpassen, dass sie niemand platttritt, sondern dass sie sich weiterentwickeln kann. Deshalb bleibe ich am Anfang mal bei der EMS.
Da begannen seit ein paar Jahren jedes Jahr 40 Studenten und Studentinnen mit dem Medizinstudium in einem einzigartigen Modellstudiengang, einem modular aufgebauten Studium, bei dem praktisch von Beginn an Phasen in Hausarztpraxen und eben auch vielen Landarztpraxen eingebaut waren. In unseren Augen genau die richtige Antwort auf den Landärztemangel im Unterschied zu Quotenregelungen!
Später studieren die angehenden Ärzte und Ärztinnen dann auch an der Uni Groningen. Sie lernen so ein komplett anders aufgebautes und auch ebenfalls sehr erfolgreiches Gesundheitssystem im Nachbarland Niederlande kennen. Die Studenten haben ausgesprochen gute Prüfungsnoten. So etwas muss ich als frühere Lehrerin mit einbauen. Und auch die EMS hat im vergangenen Sommer die Begutachtung durch den Wissenschaftsrat mit ebenfalls guten Noten quasi erfolgreich abgeschlossen. Aus dem Modellstudiengang sollte nun ein vollwertiger dritter Standort für das Medizinstudium in Niedersachsen werden.
Momentan sieht es aber eher schlecht aus. Zwar wurde die Studentenzahl verdoppelt; auch in Zusammenarbeit mit den Kollegen in Groningen ist es sicher kein einfaches Unterfangen, den jeweiligen Jahrgang bei sich unterzubringen. Apropos Unterbringung - und damit sind wir schon beim Thema -:
Der Wissenschaftsrat hat dem Land Niedersachsen in der Begutachtung auch ins Stammbuch geschrieben, dass dringend Räume zu schaffen sind. Bislang gibt es im Wesentlichen angemietete Flächen. Das sind Büroflächen, bessere Klassenräume für Vorlesungen. Medizinstudenten brauchen aber - das können wir alle uns vorstellen - Labore und angemessene Ausstattung, vollwertige Vorlesungssäle. Forschung und Lehre brauchen Platz und Ausrüstung.
Dem MWK liegt dazu ein Antrag der EMS vor. Rund 140 Millionen Euro wären zu investieren. Es wurde schon gesagt: Zunächst werden 80 Millionen Euro gebraucht, damit ein weiterer Aufwuchs gelingt. Doch bei den Verhandlungen über den Haushalt des kommenden Jahres - so weit wie sie bisher sind - sind diese wohl irgendwo zwischen MWK und dem Finanzministerium verloren gegangen.
Wenn die Landesregierung den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zuwachs der Zahl an Medizinstudienplätzen allerdings darstellen will, sind die Plätze in Oldenburg unumgänglich. Und diese sind schon spitz kalkuliert. Was das MWK dort pro Studienplatz ansetzt, ist schon relativ wenig - jetzt auch noch ohne Räume. So wird das nichts.
Die beiden anderen Medizinstandorte - lassen Sie mich darauf noch kurz eingehen - haben andere bauliche Probleme. Hier ist vor allem der Bereich der Krankenversorgung betroffen. Beide Zentralgebäude sind, gelinde gesagt, abgängig. Der Schaltschrank im Keller der UMG lässt nur das Herz von Museumsfreunden hochschlagen. Dem Präsidium der Hochschule wird er wohl eher den Schlaf rauben. Undichte Fenster und Dächer, provisorisch anmutende Installationen, Container mit medizinischem Gerät: Dem soll bekanntlich mit zwei großen Neubauvorhaben abgeholfen werden, und zwar dringend.
Die MHH hat mittlerweile einen Masterplan für die Bauvorhaben vorgelegt: für einen Neubau auf dem Nachbargrundstück und die Umgestaltung des gesamten Geländes in einen großen MedizinCampus. Ambitioniert, eindrucksvoll, aber natürlich nicht billig.
Die UMG ist schon einen Schritt weiter, dachten wir alle. Hier gab es einen Masterplan. Die ersten beiden Gebäude wurden ausgeschrieben. Nun ist das Vergabeverfahren kürzlich durch die überwachende Dachgesellschaft gestoppt worden. Es sollen Fehler im Vergabeverfahren erfolgt sein. Offenbar war es wohl nicht so gut, den einen Teil
auszuschreiben und den anderen dann im Verfahren anzudocken. Diese Fehler waren angeblich nicht zu heilen, und nun ist alles auf Anfang gesetzt. Schade! Die UMG lag ganz gut im Rennen.
Aber für beide Vorhaben gilt: Von dem Geld, das sie kosten werden, ist aktuell nur ein Teil im bisherigen Sondervermögen vorhanden. Genau da bekommen wir Bauchweh. Es sollen 2,1 Milliarden Euro zusammenkommen. Die Hälfte ist da. Selbst wenn die 2,1 Milliarden Euro aufwachsen: Es reicht ohnehin nicht für alle notwendigen Maßnahmen. Es reicht vielleicht für die beiden Zentralgebäude mit OPs, Intensivstationen, Intermediate Care, Pflegestationen, aber bestimmt nicht mehr für Räume für Lehre und Forschung; die sind damit nicht abzubilden.
Angesichts der Kosten der Corona-Pandemie für den Landeshaushalt machen wir uns zudem Sorgen, ob die 2,1 Milliarden Euro in absehbarer Zeit überhaupt zusammenkommen. Deshalb hat der Kollege Grascha die Idee ins Spiel gebracht, jetzt doch mal über ÖPP als Alternative nachzudenken. Seien wir doch ehrlich: Spätestens wenn die 2,1 Milliarden Euro aufgebraucht sind und es in der Kinderklinik immer noch durchs Dach regnet, werden wir darüber reden müssen. Nicht nur zu Corona-Zeiten braucht Niedersachsen leistungsfähige Universitätsmedizin in der Patientenversorgung und Forschung. Niedersachsen braucht auch dringend die Ärzte, die wir dort ausbilden. Das bitte nicht aus den Augen verlieren!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Wahlkreis liegt im Nordwesten von Niedersachsen. Entsprechend hatte ich in der Vor-Corona-Zeit im Landtag viele Besuchergruppen, die aus diesem Landesteil stammen. Eine Frage wurde uns immer wieder gestellt: Liebe Politiker, was gedenken Sie gegen den Ärztemangel auf dem Land zu unternehmen? - Die Antwort aller Kollegen war immer etwas weitschweifig; die Materie ist ja nun auch wirklich komplex. Am Ende jeder Erklärung stand aber immer der Verweis auf die EMS in Oldenburg. Dort sollte mit einem neuen Ansatz zur Medizinerausbildung etwas ganz Neues
Ein besonderes Merkmal waren studienbegleitende Praktika in Arztpraxen. Auf diese Weise hoffte man, wieder mehr angehende Ärzte für Hausarztpraxen auf dem Land begeistern zu können. Doch nun stellt sich die Frage: Wird dieser Leuchtturm, den die EMS darstellt, letztendlich am Rotstift scheitern? Denn die EMS war und ist ein Leuchtturmprojekt. Doch als solches muss sie auch ausreichend mit Sachmitteln unterstützt werden. Experten sehen hier vor allem das Land in der Pflicht, das ihr bisher in nicht ausreichendem Maße nachkam.
Der Wissenschaftsrat beispielsweise kam in seiner Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Universitätsmedizin Oldenburg zu einer Einschätzung, die ich hier einmal flapsig zusammenfassen will: Lehre gut, Forschung - sagen wir mal - ausbaufähig. Hauptgrund: die völlig unzureichenden Zuschüsse vom Land für den laufenden Betrieb der Fakultät.
An diesem Zustand hat sich seitdem nichts geändert. Im Gegenteil: Im Bericht des Landesrechnungshofes von 2020 wird zusätzlich von einem bislang nicht gedeckten Investitionsbedarf für die angeschlossenen Kliniken von ca. 500 Millionen Euro ausgegangen. Insgesamt hat der Landesrechnungshof für den Bereich der Universitätsmedizin in Niedersachsen eine Finanzierungslücke von 3,5 Milliarden Euro für die nächsten Jahre ausgemacht. 3,5 Milliarden Euro!
Die aktuelle Entscheidung des Kabinetts, 142 Millionen Euro für den Bau von Lehr- und Laborgebäuden der Oldenburger Universitätsmedizin aus der mittelfristigen Haushaltsplanung zu streichen, ist aus unserer Sicht falsch. Ich hatte etwas andere Erwartungen, aber es ist ja eine interessante Debatte; denn selbst CDU und SPD äußern sich heute in diesem Sinne.
Finanzminister Hilbers, CDU, verkündet, ein zentrales Projekt aus dem Ministerium des CDUMinisters Thümler streichen zu wollen und auf unbestimmte Zeit ruhen zu lassen. Ohne Neubau keine Erweiterung der Studienkapazitäten! Ohne Erweiterung der Studienkapazitäten keine langfristige Perspektive! Und hier stellt sich die zentrale Frage: Ist das vielleicht schon der Einstieg in den Ausstieg? Laut Aussagen aller Fraktionen nicht. Aber wir müssen das jetzt einmal genauer betrachten.
Warum beschädigt die CDU ihren eigenen Minister in einer gerade in Bezug auf die regionale Entwicklung und die Ärzteversorgung auf dem Land so wichtigen Frage? Die Aufstockung der Zahl der Studienplätze gerade in Oldenburg, die nun in Gefahr gerät, ist nämlich zugleich ein wichtiges kommunalpolitisches Projekt im Nordwesten.
„Schon jetzt fehlen uns in den Gesundheitsämtern, in der ambulanten Versorgung und in Krankenhäusern Ärztinnen und Ärzte.“
Das sagt die Präsidentin der niedersächsischen Ärztekammer, Dr. Martina Wenker. Und dieser Mangel wird sich noch weiter verschärfen. Bis zum Jahr 2030 wird fast ein Viertel der Mediziner das Rentenalter erreichen. Die Kassenärztliche Vereinigung rechnet mit einem Bedarf von 1 400 Hausärzten und von mehr als 1 000 Fachärzten bis 2030 - allein in den Praxen im Nordwesten. Woher, bitte schön, sollen die kommen?
Angesichts der zunehmend angespannten Haushaltslage muss gespart werden. Das ist klar. Ob das aber ausgerechnet bei der Versorgung mit Ärzten erfolgen darf, ist fraglich. Eine ausreichende medizinische Grundversorgung gehört zweifelsfrei zur Daseinsvorsorge, und ausgerechnet dort den Rotstift anzusetzen, lehnen wir ab. Da muss es andere Lösungen geben.
Danke auch Ihnen. - Abschließend hat sich der Wissenschaftsminister, Herr Björn Thümler, zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal eine Feststellung, weil ich finde, dass alle Superlative, die Sie hier benutzen, nicht zutreffend sind: Die EMS in Oldenburg steht stabil und bildet in jedem Semester 80 Studierende aus, und diese haben in diesem Jahr mit dem drittbesten Ergebnis aller medizinischen Fakultäten in Deutschland abgeschlossen.
Ich finde, das wäre ein Grund gewesen, sich erstens für die Leistung, die dort gebracht wird, zu bedanken,
und zweitens vielleicht einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass es sehr schwierig ist, in diesem Feld solch eine Leistung zu bringen, meine Damen und Herren. Das wäre einmal eine Botschaft gewesen, die Sie hätten nach vorn stellen sollen.
Zudem haben diverse Redner darauf hingewiesen - insbesondere Herr Hillmer hat das noch einmal deutlich gemacht -, dass wir jetzt ab diesem neu beginnenden Wintersemester in Niedersachsen 150 Medizinstudierende zusätzlich zu denen, die wir bisher aufgenommen haben, aufnehmen.
Das ist eine Leistung, die das Land Niedersachsen bringt - in einer Blase einer finanziellen Gesamtbelastung, die - Sie selbst haben vorhin gerade darüber diskutiert - schwierig ist, um es einmal freundlich auszudrücken. Das heißt, wir leisten das Maximale da, wo es möglich ist, nämlich in der Universitätsmedizin: 50 zusätzlich hier in Hannover, 60 in Göttingen und - schon seit dem letzten Jahr - 40 in Oldenburg. Das bedeutet, dass wir diese Herausforderung annehmen, eben gerade auch, weil uns Corona gezeigt hat, wie wichtig es ist, ein leistungsfähiges, funktionierendes medizinisches System zu haben.
Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten das nicht! Stellen Sie sich vor, wir hätten diese Zustände gehabt wie in Italien, die wir im Fernsehen gesehen haben und von denen wir, Gott sei Dank, hier nicht einmal im Ansatz betroffen gewesen sind, weil wir nämlich ein funktionsfähiges medizinisches System haben! Deswegen sage ich es noch einmal: Gerade die Universitätsmedizin in Hannover, in Göttingen, aber auch in Oldenburg ist eine Hochleistungsmedizin und verdient unser aller Anerkennung und unseren Dank in dieser schwierigen Situation.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Schöne Reden verhindern nicht, dass es reinregnet!)
Und, meine Damen und Herren, es ist richtig: Die Herausforderung besteht darin, zusätzliche Haushaltsmittel zu bekommen, nämlich für den Ausbau der EMS in Oldenburg. Dieser Herausforderung gilt
natürlich auch für die Infrastruktur. Aber da frage ich einmal: Was haben Sie denn in den fünf Jahre gemacht, als Sie das Ressort verantwortet haben? Die Antwort ist: nichts, gar nichts - und das bei viel besseren finanziellen Voraussetzungen, als wir sie heute haben. - Sie haben das heute Morgen hier festgestellt. Nichts haben Sie dort in die Entwicklung gebracht, gar nichts! Und das ist ein schweres Versagen. Wir hätten heute schon viel weiter sein können. Auch das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren!