Aber wie sieht es aus? - Bei der Universitätsmedizin Göttingen waren die Planungen eigentlich schon alle fertig. Sie sind jetzt wieder kassiert worden. Da fängt man wieder von vorne an.
Bei der MHH hat es lange gedauert, bis man sich auf einen Standort geeinigt hat. Jetzt gibt es ein Konzept, aber keinen Plan. Wann dort begonnen wird - in einem der wichtigsten Krankenhäuser und Maximalversorger in Niedersachsen und in der Bundesrepublik Deutschland -, ist weiterhin unklar.
Man muss doch nur einmal lesen, was der Landesrechnungshof schreibt. Nach dessen Worten werden 4 bis 5 Milliarden Euro gebraucht, um bei UMG und MHH die Bauten durchzuführen, eventuell sogar 2 Milliarden Euro mehr. Für Oldenburg rechnet man für Krankenhaus und Uniklinik dann noch einmal mit einer halben Milliarde. Im Landeshaushalt stehen aber nur 2,2 Milliarden Euro, die sich MHH und UMG nun teilen können. Das reicht hinten und vorne nicht!
Ein Schelm, der Böses dabei denkt! Denn da kommt schnell das Gespenst von ÖPP auf. Da hat der Kollege Stefan Wenzel recht: Der Staat hat dann das Risiko und das Unternehmen den Gewinn. - Das ist mit uns nicht zu machen, auch wenn Sie von der Landesregierung immer wieder behaupten, ÖPP sei nicht im Gespräch.
Wer die Arbeit der Enquetekommission - und vielleicht auch mal seinen eigenen Koalitionsvertrag - ernst nimmt, der zaudert und zögert nicht, sondern tut alles, um den Nachholbedarf bei den Medizinstudienplätzen und der medizinischen Versorgung anzugehen.
Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Die Hochschulmedizin spielt für das Wissenschafts- und Gesundheitssystem in Deutschland eine maßgebliche Rolle. In der Universitätsmedizin sind Forschung, Lehre und Krankenversorgung untrennbar miteinander verwoben. Die Herausforderungen bei der Bewältigung der
Corona-Pandemie haben diese Bedeutung nochmals unterstrichen. Sowohl bei der Behandlung schwer erkrankter COVID-19-Patientinnen und -Patienten, bei der Übernahme wichtiger Koordinationsaufgaben in den einzelnen Regionen, der Beratung von Politik und Behörden als auch bei der Erforschung von Behandlungsstrategien zur Bekämpfung des Virus, die Universitätsmedizin erbringt für unser aller Wohl unverzichtbare Leistungen.
Meine Damen, meine Herren, der Koalitionsvertrag dieser Landesregierung misst der niedersächsischen Hochschulmedizin eine große Bedeutung bei. Es ist erklärter Wille der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, die erforderlichen Modernisierungsmaßnahmen der Hochschulmedizin in Göttingen und Hannover sowie den Ausbau der Uni-Medizin in Oldenburg in dem dafür erforderlichen Rahmen zu unterstützen.
Gleichzeitig will die Koalition die Anzahl der Medizinstudienplätze deutlich erhöhen; denn Niedersachsen hat unter den großen Flächenländern die geringste einwohnerbezogene Anzahl an Studienplätzen. Durch den Ausbau der Hochschulmedizin in Oldenburg, der EMS, und die Umwandlung von Teilstudienplätzen in Vollstudienplätze in Göttingen sollen bis zum Ende dieser Wahlperiode bis zu 200 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Bis zum Wintersemester 2024/25 sollen dann pro Jahr auch 200 junge Menschen ihr Medizinstudium in Oldenburg aufnehmen können.
Mit den zusätzlichen Medizinstudienplätzen soll insbesondere die ärztliche Versorgung auf dem Land verbessert werden.
Wichtige Weichen sind bereits gestellt worden, liebe Kollegin Viehoff. Gehandelt worden ist bereits. Das heißt aber nicht, dass alles schon erledigt wäre. Wir müssen uns weiter auf den Weg machen. Ich erinnere beispielsweise an das Sondervermögen für die Sanierung der Uni-Kliniken in Hannover und Göttingen sowie die Einrichtung einer gemeinsamen Dachgesellschaft zur Realisierung der Bauvorhaben. Der Ausbau der Medizinstudienplätze ist auf einem guten Weg: plus 50 an der Medizinischen Hochschule Hannover, plus 60 in Göttingen. Es ist uns auch gemeinsam gelungen, die Zahl der Studienplätze an der European Medical School zum jetzt auslaufenden Semester von 40 auf 80 Plätze aufzustocken. Das war ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die Zahl der Studienplätze muss aber schrittweise weiter erhöht werden, um den ärztlichen Bedarf gerade im Nordwesten unseres Bundeslandes abzudecken.
Der Ausbau der Medizinstudienplätze und die Sanierung der in die Jahre gekommenen Klinikgebäude sind eine riesige organisatorische und finanzielle Kraftanstrengung. Es ist uns bewusst, dass für eine Erweiterung auf bis zu 200 Plätze die zurzeit vorhandene Infrastruktur nicht ausreichend ist. Das gilt übrigens bereits jetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang ist es sehr enttäuschend, dass die für den Ausbau der EMS erforderlichen Mittel keine Berücksichtigung im Haushaltsplanentwurf der Landesregierung für 2021 gefunden haben.
Im Flächenland Niedersachsen ist es in Bezug auf den Hausärztemangel von besonderer Wichtigkeit, dass die EMS bereits im Studium Aspekte der Allgemeinmedizin in den Fokus der Studierenden stellt. Auf diese Weise unterstützt sie die Ausbildung von Hausärzten mit Blick auf den ländlichen Raum. Die EMS ist nicht nur ein regionaler Leuchtturm, sondern auch eine einzigartige grenzübergreifende Kooperation mit den Niederlanden, regionalen Krankenhäusern und Ärzten. Sie wurde kürzlich vom Wissenschaftsrat zum zweiten Mal positiv evaluiert. Die Kosten für den notwendigen Ausbau der Infrastruktur werden auf ca. 142 Millionen Euro geschätzt. Der Antrag auf Bewilligung von 80 Millionen Euro für den ersten Bauabschnitt wurde nun abgelehnt.
Diese Baumaßnahmen für Forschung und Lehre sind über das MWK zu finanzieren. Parallel dazu hat das niedersächsische Sozialministerium für Baumaßnahmen an den kooperierenden Krankenhäusern zur Sicherung und Verbesserung der Krankenversorgung mit einem Landeszuschuss von über 167 Millionen Euro gesorgt. An dieser Stelle gilt mein herzlicher Dank Frau Ministerin Dr. Reimann.
Meine Damen und Herren, der Koalitionsvertrag gilt weiterhin, und wir erwarten, dass die vereinbarten Maßnahmen bis zum Ende dieser Wahlperiode umgesetzt werden. Aktuell zeigt uns die Pandemie, wie unverzichtbar die durch eine gut ausgebaute Hochschulmedizin geleistete Daseinsvorsorge für jeden von uns ist.
Was die Universitätsmedizin Göttingen und auch die MHH angeht, werden wir sehr darauf achten, dass der Zeitplan auch nach den vorgenommenen organisatorischen Änderungen nicht weiter beeinträchtigt wird. Dies ist nämlich unabdingbar für eine gute medizinische Versorgung, besonders in Niedersachsen.
Vielen Dank, Frau Dr. Lesemann. - Als Nächster erhält der Abgeordnete Jörg Hillmer für die CDUFraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Universitätsmedizin in Niedersachsen steht nicht auf dem Spiel, wie die Grünen hier suggerieren wollen. Frau Viehoff, Sie haben von Verantwortung gesprochen. Ja, lassen Sie uns gerne einmal über Verantwortung reden. Unsere Verantwortung als großes Bundesland ist es nämlich, so viele Mediziner auszubilden, wie hier gebraucht werden, was nicht heißt, dass jeder, der hier studiert hat, auch hier bleiben muss. Aber hinsichtlich der Zahl muss es unser Anspruch sein, dass wir uns nicht auf andere Bundesländer und nicht auf das europäische und außereuropäische Ausland verlassen, wenn es um die Ausbildung von Medizinern geht. Das müssen wir schon alleine hinbekommen.
Die EMS, meine Damen und Herren, ist 2012 von einer CDU-geführten Landesregierung gegründet worden - mit zunächst 40 Studienplätzen und der Absicht, den Standort sukzessive weiterzuentwickeln. Dann gab es aber eine Zeit, nämlich von 2013 bis 2017, in der eine Ministerin von den Grünen Verantwortung hätte tragen können. - Sie hören das nicht gern; ich weiß das. Sie haben ihren Namen in den letzten zweieinhalb Jahren hier nicht über die Lippen gebracht.
(Zustimmung bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Falls Sie es nicht wissen: Sie hieß Heinen-Kljajić, und sie hat hervorragende Arbeit gemacht! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
In dieser Zeit wurde nämlich nicht ein einziger zusätzlicher Medizinstudienplatz in Niedersachsen geschaffen. Wir mussten geradezu froh sein, dass die Ministerin von den Grünen die EMS nicht wieder geschlossen hat. Wir haben 2017 nämlich eine Situation vorgefunden, in der über ein Sondervermögen - das übrigens nur zu einem kleinen Teil anfinanziert war - Neubauten für die Hochschulmedizin in Hannover und Göttingen geplant waren.
Oldenburg hatten Sie völlig ausgeblendet. Wir haben 2017 eine Situation vorgefunden, in der rund 600 Mediziner pro Jahr ein Medizinstudium in Niedersachsen abschließen konnten. Wenn in den nächsten Jahren ca. 1 000 Mediziner pro Jahr in den Ruhestand gehen, führt das zu einem staatlich geplanten Ärztemangel.
Wir haben daher in unserer Koalitionsvereinbarung festgeschrieben und uns für die Periode von 2017 bis 2023 vorgenommen, bis zu 200 zusätzliche Medizinstudienplätze zu schaffen. Da ein Arzt frühestens nach elf Jahren in der Praxis ankommt, kommt diese massive Steigerung objektiv viel zu spät. Die zusätzlichen Medizinstudienplätze des Jahres 2020 bringen frühestens 2031 zusätzliche Ärzte hervor. Es ist also Eile geboten.
Minister Thümler hat sich vom ersten Tag an darum gekümmert, Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten, und er war dabei erfolgreich. An der Universitätsmedizin Göttingen wird die Kapazität um 60 Studienplätze erhöht, an der MHH um 50 und an der EMS um 40 auf 80. Das sind schon einmal 150 der von uns angestrebten 200 Studienplätze. Eine Perspektive für uns als CDUFraktion, wenn wir über die 150 Studienplätze hinaus denken, ist die EMS in Oldenburg. Im Nordwesten unseres Landes möchten wir gerne noch mehr Mediziner ausbilden. Dafür haben wir z. B. die jährlichen Zuführungen an die EMS bereits von 17 Millionen auf zunächst 27 Millionen Euro jährlich erhöht.
Mein Eindruck ist, dass die Regionen, unabhängig von den Dingen, die Sie gerade berichtet haben, eines besonders interessiert - das ist die Frage -, nämlich ob die CDU-Fraktion in den Haushaltsberatungen sicherstellen wird, dass die erforderlichen Mittel - insgesamt sind es 145 Millionen Euro - für den ersten Abschnitt im nächsten Jahr auch bereitgestellt werden.
Herr Kollege Dr. Birkner, vielen Dank für diese Frage. Sie haben mir damit die Gelegenheit genommen, von mir aus darauf einzugehen.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ja! - Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Sie können doch auch antworten! Ein klares Ja wäre schön!)
Ich wollte nämlich gerade sagen: Dazu müssen wir aber auch so schnell wie möglich zusätzliche Investitionen in Oldenburg tätigen. Dass diese Investitionen im Haushaltsplanentwurf der Landesregierung für 2021 nicht berücksichtigt werden konnten, haben wir zur Kenntnis nehmen müssen. Pandemien wie Corona machen aber den Ausbau zusätzlicher Medizinstudienplätze nicht überflüssig, sondern dringender.