Ein ähnliches Bild bietet sich bei den Kindertagesstätten. Das Kultusministerium befindet sich im ständigen Austausch mit den Trägerverbänden. Auch von dort wird eine unauffällige Entwicklung berichtet. Derzeit können - so hieß es - für neun Gruppen in sieben Einrichtungen keine Angebote gemacht werden, und fünf Kitas mussten vorübergehend ganz schließen. Wie gesagt: In Anbetracht der großen Anzahl an Kindertagesstätten in unserem Land ist das, glaube ich, insgesamt recht unauffällig. Das wiederum ist ebenfalls das Ergebnis der Arbeit der Menschen in den Kinderstätten. Sie möchte ich an dieser Stelle gerne herzlich grüßen und mich bei Ihnen ebenfalls bedanken. Dahinter steckt genauso viel Arbeit wie an den Schulen. Herzlichen Dank dafür!
Eine letzte Bemerkung in diesem Zusammenhang: Ich habe am Freitag das Schulzentrum in der Wedemark besucht. Dort sind drei Schulen mit insgesamt 2 500 Schülerinnen und Schülern zusammengefasst. Nach den Gesprächen mit den Schulleitungen und mit Schülerinnen und Schülern war ich wirklich beeindruckt davon, mit welcher Ernsthaftigkeit allseits daran gearbeitet wird, Schule unter den Bedingungen von Corona wieder möglich zu machen. Das gilt erkennbar für die Lehrkräfte, aber ebenso - wirklich beeindruckend! - für viele Schülerinnen und Schüler. Sicher gibt es nach wie vor Engpässe - das ist überhaupt nicht zu bestreiten -, aber die bisherigen Erfahrungen sind alles in allem wirklich ermutigend. Ich finde, auch das ist ein Grund, dankbar zu sein.
Die Landesregierung bereitet eine Fortführung ihres Stufenplans vor, mit dem wir die Lockerung noch bestehender Restriktionen nach und nach möglich machen wollen. Eigentlich hatten wir das schon zum 1. September vorgesehen. Durch die erhöhten Infektionszahlen im Sommer, über die ich gesprochen habe, haben wir uns dann aber gezwungen gesehen, zunächst einmal den bisherigen Stand beizubehalten. Ausnahme bildet die jüngste Änderung der Verordnung, die die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung zu Messen und zur Prostitution berücksichtigt.
Unter dem ausdrücklichen Vorbehalt eines konstanten oder hoffentlich sogar sinkenden Infektionsgeschehens wollen wir nun zum 1. Oktober in die nächste Stufe eintreten.
Wir haben dann mehr als sechs Monate Erfahrungen mit der Bekämpfung des Coronavirus und wollen auf dieser Grundlage einen Wechsel der Vorzeichen vollziehen. Es geht uns darum, künftig mehr auf der Grundlage von allgemeinen Geboten als auf der Basis von Einzelregelungen für einzelne Bereiche vorzugehen. Damit - so hoffen wir - wird die Verordnung allseits deutlich verständlicher werden.
Fundament einer solchen Strategie - auch das muss sehr klar hervorgehoben werden - sind die AHA-Regeln, also Abstand, Hygiene, Alltagsmaske. Ich denke, wir alle haben in den letzten Monaten gelernt, dass bei einer konsequenten Befolgung dieser Regeln viele Freiheiten möglich sind - umgekehrt wird allerdings auch ein Schuh daraus.
Für die Verordnung gehen wir von dem Grundsatz aus, dass an der frischen Luft keine Maske notwendig ist, außer wenn der Mindestabstand nicht gewährleistet ist. Umgekehrt soll es in geschlossenen Räumen sein. Dort soll grundsätzlich eine Maske vorgesehen werden, außer wenn der Mindestabstand gewährleistet ist oder pädagogische Gründe gegen eine Maske sprechen. Parallel dazu geht es auch um konsequente Hygienekonzepte für die jeweiligen Angebote und, damit verbunden, auch um eine klare Verpflichtung der jeweiligen Betreiber.
Das werden die Grundsätze sein, von denen es - das will ich an dieser Stelle auch deutlich sagen - natürlich immer wieder auch Ausnahmen geben muss, über die wir derzeit beraten.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist klar anzusprechen: Je nach Infektionsgeschehen sind immer wieder auch lokale oder regionale Verschärfungen ausdrücklich möglich. Ein Ergebnis unserer bisherigen Erfahrungen ist auch, dass die akute Krisenintervention vor Ort Teil einer erfolgreichen Strategie ist.
Sobald der Inhalt der neuen Verordnung abschließend regierungsintern beraten ist, erfolgt selbstverständlich die Unterrichtung des Landtages.
Eine Erfahrung der vergangenen Monate lautet: viele Menschen, viele Risiken. - Vor diesem Hintergrund ist die künftige Regelung von Veranstaltungen derzeit das vielleicht schwierigste Thema, das sich in dieser Hinsicht stellt. Dabei geht es nicht nur um die Fußball-Bundesliga oder um Weihnachtsmärkte, sondern um eine Vielzahl unterschiedlicher Veranstaltungen drinnen und draußen.
In etlichen Bereichen laufen derzeit die Gespräche über die jeweils angemessenen Konzepte. Im Bereich des Sports arbeiten die Chefs der Staatskanzleien mit dem Bundeskanzleramt an Grundsätzen, die insbesondere auch in den jeweiligen Bundesligen zu einer hoffentlich gleichmäßigen Praxis führen werden. Auf der Landesebene sind Sozial- und Wirtschaftsministerium im Gespräch mit den Schaustellern und den Kommunen, um zu klären, unter welchen Bedingungen wir in diesem Jahr Weihnachtsmärkte wieder möglich machen können. In dem einen wie in dem anderen Beispiel habe ich den Eindruck, dass wir zu vernünftigen Lösungen kommen werden.
Etwas Ähnliches gilt für Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen. Wir werden z. B. voraussichtlich den Saalbetrieb in den Gaststätten innerhalb bestimmter Grenzen wieder möglich machen. Und auch Kinos sollen unter Wahrung der AHARegeln erweiterte Möglichkeiten haben.
Ich möchte allerdings keine Missverständnisse aufkommen lassen: Von einer Rückkehr zu den guten alten normalen Zeiten kann man dabei nicht ausgehen. Das lässt die Infektionslage nun einmal nicht zu. Der Infektionsschutz ist für uns die Grundlage, von dem aus wir gerne auch in Zukunft so gut wie möglich Handlungsspielräume nutzen wollen. Der Infektionsschutz muss aber die Grundlage der Überlegungen sein. Deswegen müssen Veranstalter und Betreiber auch weiterhin mit Einschränkungen rechnen.
Wir befinden uns nach wie vor inmitten einer harten Wirtschaftskrise. Die Bundesregierung hat für dieses Jahr allerdings inzwischen wieder positivere Prognosen veröffentlicht. Auch in Niedersachsen stellen wir fest, dass unterschiedliche Branchen durchaus unterschiedlich betroffen sind.
Die Ernährungswirtschaft, die Bauwirtschaft und einige Dienstleistungsbranchen sind mehrheitlich recht zufrieden. Die stark exportabhängigen Industriebranchen, einige Teile des Handels und viele Dienstleister fürchten sich allerdings nach wie vor einer anhaltend schlechten Geschäftslage. Die kleinen und mittleren Zulieferer für die Automobilindustrie beispielsweise verzeichnen in Niedersachsen derzeit eine durchschnittliche Auslastung von nur etwa 70 %, und wir alle können uns ausmalen, was das heißt.
Die Landesregierung befindet sich unverändert in einem sehr engen Austausch mit den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen. Für den Bereich der Industrie werden wir regelmäßig Gespräche mit den Verbänden und den Gewerkschaften führen, um gegebenenfalls unseren Beitrag leisten zu können.
Die Förderrichtlinien, die auf der Grundlage des vom Landtag beschlossenen zweiten Nachtragshaushaltsplans möglich sind, sind bereits weit überwiegend in Kraft. Wir hoffen, dass sie alle ihren Beitrag zu einer schnellen Überwindung der Wirtschaftskrise leisten können.
6,3 %. Das ist im Bundesvergleich unauffällig. Gleichzeitig ist aber unübersehbar, dass durch Corona die Arbeitslosigkeit auch in Niedersachsen um ein Viertel gestiegen ist und sich auch weiterhin viele, viele Tausend Menschen in unserem Land in Kurzarbeit befinden. Besonders davon betroffen sind Menschen mit niedrigem Qualifizierungsgrad und niedrigen Gehältern. Deswegen werden im zweiten Halbjahr die wirtschaftliche Erholung und eine Unterstützung für unsere Wirtschaft auf Basis der vor der Sommerpause getroffenen Entscheidungen zur Sicherung der Arbeitsplätze ein besonderer Schwerpunkt der Landesregierung bleiben.
Inzwischen liegt eine Interims-Steuerschätzung vor, die für unseren Landeshaushalt leider keine Entwarnung, sondern nur eine Verschiebung zwischen einzelnen Jahren bedeutet. Im Jahr 2020 sind die Zahlen etwas besser als erwartet, dafür im Jahr 2021 und in den Folgejahren schlechter als bislang erwartet.
Entscheidend für die vor Ihnen stehenden Haushaltsberatungen wird die Steuerschätzung im November sein, auf deren Grundlage die Landesregierung Ihnen dann die notwendigen Anpassungen vorschlagen wird.
Neuntens. Ein Wort zur Stimmung und auch zur Akzeptanz der Corona-Politik: Was heißt das, was ich hier in bündiger Kürze vorgetragen habe, eigentlich unterm Strich? Weltweit hat die Pandemie inzwischen fast 30 Millionen bekannt gewordene Infektionen ausgelöst - die Dunkelziffer ist ja unbekannt -, und fast 1 Million Todesfälle sind zu beklagen. In diesem internationalen Vergleich - das wiederhole ich - schneidet Deutschland sehr gut ab. Wir haben in Deutschland erkennbar manches richtig gemacht. Und das gilt eben auch ganz konkret für uns in Niedersachsen.
Aber die eigentliche Grundlage dafür, dass wir bis jetzt relativ gut durch diese weltweite Krise gekommen sind, sind meines Erachtens die anhaltend hohe Zustimmung der Bürgerschaft und das erkennbare Engagement, das Mitmachen vieler Bürgerinnen und Bürger. Das ist das Fundament der Infektionsbekämpfung bei uns in Deutschland und in Niedersachsen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Umfragen beweisen ein um das andere Mal, dass sich die große Mehrheit in unserem Land der nach wie vor bestehenden Gefahr sehr bewusst ist und auch Einschränkungen zugunsten des Infektionsschutzes ausdrücklich mitträgt. Wir erleben, dass die Menschen richtigerweise sehr vorsichtig sind, wenn es um ihr persönliches Verhalten geht - jedenfalls in den meisten Fällen. Diese Grundhaltung wollen wir weiter intensiv unterstützen. Der übergreifende Zusammenschluss „Niedersachsen hält zusammen“ und die Kampagne „Wir sind stärker“ tragen dazu ihren Teil bei. Wir wollen auch in den nächsten Monaten immer und immer wieder diejenigen bestärken, die vorsichtig sind, die Verantwortung auch für andere übernehmen und sich engagieren.
Es gibt - das ist nicht zu bestreiten - leider zu viele Ausnahmen von dieser Regel. Aber insgesamt ist das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger in dieser schwierigen Phase anhaltend ermutigend. Das soll hier sehr klar gesagt werden.
Wir haben am Wochenende auch in Hannover Anti-Corona-Demonstrationen erlebt. In unserer freiheitlichen Demokratie muss es möglich sein, Kritik zu äußern. Umso wichtiger ist es aber, die klare Haltung der großen Mehrheit unserer Gesellschaft auch immer wieder ebenso klar zum Ausdruck zu bringen. Das heißt für mich: Verschwörungstheoretiker und Rechtsextremisten, die auf der Welle von Ängsten und Sorgen reiten, werden in Niedersachsen keine Chance haben, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die relativ bescheidene Resonanz auf die genannten Aktionen kann uns darin, so meine ich, durchaus bestärken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss: Es sind weiter sehr schwierige Zeiten. Das lässt sich überhaupt nicht bestreiten. Wenn wir allerdings die vergangenen Monate insgesamt betrachten, dann haben wir in Niedersachsen durchaus Grund zur Zuversicht. Unser Land stellt sich unverändert erfolgreich der Corona-Krise. Das wird auch in den nächsten Monaten in gleicher Intensität notwendig sein. Die Landesregierung wird dazu ihren Beitrag leisten.
Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten für die Abgabe der Regierungserklärung und stelle fest, dass sie 22 Minuten gedauert hat.
Für die nun folgende Aussprache erhalten, wie üblich, die beiden großen Fraktionen ebenso viel Redezeit, wie die Landesregierung verbraucht hat, also ebenfalls je 22 Minuten. Die drei Oppositionsfraktionen erhalten in der Summe so viel Redezeit wie die beiden Regierungsfraktionen zusammen. Für die kleineren Fraktionen ergibt sich danach eine Redezeit von je 15 Minuten.
Ich eröffne nun die Aussprache zur Regierungserklärung. Das Wort hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Limburg. Bitte!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst, Herr Ministerpräsident, vielen Dank für diese Regierungserklärung. Guter Brauch wäre es allerdings gewesen, Regierungserklärungen so rechtzeitig anzukündigen, dass der Landtag sich beim Erstellen der Tagesordnung darauf einstellen kann.
Aber da, Herr Ministerpräsident, wussten Sie ja nicht, dass es vielleicht angezeigt gewesen wäre, in der ersten Sitzung nach der parlamentarischen Sommerpause in einer - wie Sie selbst eingeräumt haben - immer noch bewältigten Pandemie das Parlament über Ihren aktuellen Kurs in dieser Krise zu informieren. Das ist leider symptomatisch für den Umgang dieser Regierung mit dem Parlament. Kommen Sie endlich von Ihrem hohen Ross gegenüber den gewählten Abgeordneten herunter, Herr Weil!
Vielsagend und aussagekräftig ist bekanntlich auch das, was man nicht gesagt hat. Und das war bei Ihnen leider einiges. Herr Weil, auch wenn Sie sich kurz gefasst haben - was ja erst einmal nicht schlecht sein muss -,
hatten Sie vielleicht trotzdem Gelegenheit, alle wichtigen Aspekte anzusprechen, anstatt sich allein in immerhin weitgehend zutreffenden Zustandsbeschreibungen zu ergehen. Sie haben
wenig dazu gesagt, was die Regierung in den kommenden Monaten in dieser Situation ganz konkret zu tun gedenkt.
Wir stehen in einer dramatischen Wirtschaftskrise, in einer nicht bewältigten Pandemie, vor gewaltigen Herausforderungen im Bildungsbereich, vor einem völligen Einbruch der kommunalen Einnahmen. Konkrete Maßnahmen und Handlungsschritte von Ihnen? - Heute leider Fehlanzeige, Herr Ministerpräsident!