Protokoll der Sitzung vom 07.10.2020

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich hätte von der CDU als Christlich Demokratischer Union eigentlich erwartet, dass sie diejenige ist, die sich das Anliegen der Kirchen zu eigen macht. Das haben Sie aber ebenfalls nicht getan.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch einen Hinweis zum Denunziantentum: Lesen Sie mal die NWZ! In der Ausgabe von heute steht: Schulleiter fordern die Schüler auf, Schüler und Schülerinnen, die sich nicht an Regeln halten, zu denunzieren.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Titelseite der NWZ!)

Alles das gibt es. Wir haben sehr viele Themen, die wir intensiv bearbeiten müssen und die auch in die Verordnung einfließen müssen. Es geht aber nicht an, sich hier hinzustellen und einfach zu sagen: Das ist es jetzt. Das haben wir uns am Kabinettstisch ausgedacht. - Ich bin gerne bereit und komme gerne zu Ihnen an den Kabinettstisch und berate Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN - Lachen bei der SPD)

Verantwortung und Vertrauen in eine Landesregierung sehen anders aus. Sie verspielen weiter Akzeptanz. Das ist fatal.

Herr Kollege Bothe, noch eine Anmerkung in Ihre Richtung. Sie haben immer wieder gesagt: Frau Janssen-Kucz stört mit ihren vielen Fragen den Ablauf im Sozialausschuss. Aber was Sie heute gemacht haben - Sie haben sich wieder hier hingestellt und gesagt, wir seien aus der Pandemie raus -, das stimmt so nicht. Wir befinden uns immer noch mitten drin. Bitte spielen Sie die Gesundheitsgefährdung durch Corona nicht herunter! Das ist fahrlässig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Danke schön, Frau Kollegin Frau Janssen-Kucz.

Wir haben keine weiteren Wortmeldungen und können damit die Besprechung abschließen.

Wir kommen zur Fortsetzung der Aktuellen Stunde, also zu dem

Tagesordnungspunkt 20: Aktuelle Stunde

Wie bereits gestern angekündigt, setzen wir die Aktuelle Stunde heute mit den Anträgen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP fort. Ich erinnere daran, dass das Rederecht in der Aktuellen Stunde nur den Fraktionen zusteht.

Ich eröffne somit die Besprechung zu

a) „Niedersachsen dreht auf“ - Unterstützung für soloselbstständige Künstlerinnen und

Künstler - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 18/7587

Zunächst hat sich der Kollege Burkhard Jasper für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Bitte sehr, Herr Jasper!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Corona-Pandemie trifft viele Soloselbstständige hart. Dies gilt auch für den Kulturbereich. Die Künstlerinnen und Künstler wollen aktiv sein, aber wegen der Corona-Verordnungen können sie ihren Beruf nur eingeschränkt ausüben. Trotzdem gibt es viel Kreativität. Ich erinnere an die Digitalisierung. Aber es ist nicht einfach, über diese neuen Formate Einnahmen zu erzielen. Viele haben die Freiluftaktivitäten genossen. Aber in den Wintermonaten wird es sehr schwierig, solche Veranstaltungen durchzuführen.

Wie wichtig den Menschen Kulturangebote sind, zeigen die vielfältigen Unterstützungsmaßnahmen. Kommunen haben Sonderprogramme aufgelegt. Unternehmen zahlen in Kulturfonds ein. Vereine, Stiftungen und Kirchen bieten Auftrittsmöglichkeiten an.

Ich danke allen herzlich in Niedersachsen, die sich hier engagieren und dies weiterhin tun.

(Beifall bei der CDU)

Diese Aktivitäten will das Land unterstützen. Die Verordnung wird regelmäßig angepasst, um wieder mehr Veranstaltungen mit auskömmlichen Einnahmen zu ermöglichen. Es gibt Fördermaßnahmen des Wirtschaftsministeriums, die auch Künstlerinnen und Künstler nutzen können. Stipendienprogramme von Land und Bund sind in dieser Zeit sehr hilfreich. Finanzierungsengpässe konnten in Niedersachsen mit dem Programm für die Vereine abgemildert werden. So sollen Einrichtungen erhal

ten werden, die mit Soloselbstständigen zusammenarbeiten.

Gemeinsam wurden Regelungen gefunden, damit Projektmittel bei den Kultureinrichtungen verbleiben konnten. Das Milliardenprogramm des Bundes „Neustart Kultur“ betrifft alle Sparten. Der Landtag hat 10 Millionen Euro zur Kofinanzierung bereitgestellt. Ich kann nur alle Einrichtungen in Niedersachsen ermuntern, Anträge zu stellen. Einen Verteilungsschlüssel gibt es nicht. Das bedeutet, nach Niedersachsen fließen mehr Mittel, wenn auch viele Anträge gestellt werden.

Diese Maßnahmen werden nun durch das 10-Millionen-Euro-Programm „Niedersachsen dreht auf“ ergänzt. Hier gibt es zur Förderung von Soloselbstständigen vier Bereiche.

Die Veranstaltungsförderung ist unbürokratisch. Einrichtungen legen Vertragsentwürfe mit Soloselbstständigen vor, der Antrag wird bewilligt, und die Beträge werden zu 100 % ausgezahlt.

Außerdem ist dieses Programm umfassend, weil es nicht auf Künstlerinnen und Künstler begrenzt ist, sondern beispielsweise auch Ton- und Lichttechniker einbezieht, eben alle Soloselbstständigen, die im Kulturbereich arbeiten.

Schließlich ist das Programm regional verankert, weil die Abwicklung über die Landschaften und die Landschaftsverbände erfolgt.

Der zweite Bereich betrifft die kulturelle Bildung. Hier werden Vertragsabschlüsse mit Soloselbstständigen mit einer Mindestvertragslaufzeit von vier Monaten mit 60 % gefördert. Beim Projektprogramm für innovative Produkte etwa im Bereich der freien Theater, der bildenden Kunst oder der Soziokultur beträgt die Förderquote bis zu 90 %. Auch Künstlerinnen und Künstler aus nicht öffentlichen Bereichen, beispielsweise Musiker, die auf Hochzeiten spielen, können gefördert werden.

In die Programme hat das Ministerium die Erkenntnisse aus „Landkult(o)ur“ einbezogen. Ich danke herzlich für diese Initiative, die den Austausch zwischen den unterschiedlichen Kulturträgern, dem Ministerium und den Abgeordneten intensiviert hat. Bei der abschließenden Videokonferenz dieses Projektes mit mehr als 100 Kulturschaffenden und Soloselbstständigen wurden die Ergebnisse und die Förderprogramme erläutert.

Wir können mit den Maßnahmen die CoronaPandemie nicht ungeschehen machen und finanziell keinen vollkommenen Ausgleich schaffen.

Aber wir können der Kultur eine Perspektive geben. Es nützt nichts, Einzelnen Geld auszuzahlen. Wir müssen verhindern, dass die Strukturen in der kulturellen Szene wegbrechen, damit Soloselbstständige auch in Zukunft auftreten können und Engagements erhalten.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Mit dem Programm wollen wir die Vielfalt des kulturellen Lebens in der Fläche Niedersachsens sichern. Dafür werden wir weiterarbeiten.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr, Herr Kollege Jasper. - Für die FDPFraktion bekommt nun das Wort Kollegin Susanne Schütz.

Danke. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Menschen haben unterschiedliche Lebensmodelle. Dazu gehören Berufe mit sehr unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen. Es gibt Menschen, die sich im Beamtentum wohlfühlen. Viele haben sich fest anstellen lassen. Aber es gibt auch Selbstständige - Selbstständige, die vielleicht in freien Berufen oder als Handwerker selber Angestellte haben, und es gibt die Soloselbstständigen. Das ist ein Begriff, der vielen vor der CoronaKrise wohl noch fremd war.

Beamte mussten sich in der Krise wenig Sorgen um ihre Einkünfte machen. Für viele Angestellte gab es immerhin die Möglichkeit des Kurzarbeitergeldes. Selbstständige, denen ihre Einnahmen wegbrachen, konnten sich zumindest bis zu einem gewissen Grad bei den Betriebskosten über die Förderprogramme, die über die NBank abgewickelt wurden, unterstützen lassen. Soloselbstständige konnten das nicht. Sie haben in der Regel keine großen Betriebskosten, und Kosten für den Lebensunterhalt waren in den Programmen nicht vorgesehen. Menschen, die praktisch auch heute zum Teil von der Hand in den Mund leben, haben viele nicht recht vor Augen.

Besonders viele Soloselbstständige gibt es in der Kulturszene. Kultur ist zwar der drittgrößte Wirtschaftszweig. Die Einkommen sind im Schnitt aber eher als prekär zu bezeichnen. Da ist der Gitarrenlehrer, der womöglich Gruppen unterrichtet und

dann noch Geld auf Hochzeiten verdient. Hochzeiten waren ziemlich reduziert, Gruppenunterricht war lange untersagt. Da ist die Klavierlehrerin, die sich überlegen konnte, wie sie Hygienemaßnahmen durchführt, wenn sie im Wechsel mit den Schülern am gleichen Instrument unterrichtet, und so eine Elfenbeintastatur freut sich nicht über Desinfektionsmittel. Da ist die freie Journalistin, der eine Rahmenvereinbarung beim Radiosender wegen Corona gekündigt wurde und die in ihrer Verzweiflung jetzt in einer Fraktion Social Media betreut. Und da ist der Schauspieler, der sich schon normalerweise von einer schlecht bezahlten Anstellung zur nächsten hangelt und jetzt, ab März, gar keine Einnahmen mehr hatte.

Welche Hilfsangebote gab es? - Vom Land lange Zeit nichts - jetzt schon; darum geht es ja hier - und vom Bund einen vereinfachten Zugang zur Grundsicherung. Immerhin nur etwa 12 Seiten Formulare statt der üblichen 40, immerhin die Miete in echter Höhe und immerhin nur eine gewissermaßen vereinfachte Vermögensprüfung; gar keine gab es denn doch nicht. Allerdings waren die Jobcenter - zum Teil - nicht im Bilde und händigten anfangs öfter mal die langen Anträge aus. Die Alterssicherung von Soloselbstständigen besteht oft aus einfachen Sparrücklagen auf einem Sparbuch. Das aber machte ab einer gewissen Höhe den Zugang zur Grundsicherung schwierig, wenn nicht unmöglich. Und wenn der Flügel oder Streich- oder Blasinstrumente von einem gewissen Wert waren und hier ebenfalls zum Teil als Vermögen angerechnet wurden, statt als Betriebsmittel ausgenommen zu werden, dann war auch das wenig zielführend.

Auf Bundesebene fordert die FDP in diesen Fällen einen Zuschuss zum Lebensunterhalt oder einen fiktiven Unternehmerlohn. Das scheint - das war hier gestern schon Thema - in anderen Bundesländern auch zu klappen, aber in Niedersachsen nicht.

Jetzt gibt es ein Programm des Landes, zugeschnitten auf die Soloselbstständigen der Kulturszene. Hintergrund ist auch die Idee, den Kulturbetrieb wieder anzuschieben, indem man Trägern der Kultur Fördermittel bereitstellt, um Soloselbstständige zu beschäftigen. Die Intention des Programmes, das das Land jetzt aufgelegt hat, geht auch in unseren Augen in die richtige Richtung: Anreize zu schaffen, damit Kultur stattfindet, damit die Szene nicht zerstört wird. Das hilft sowohl den Veranstaltern - die können bei den geringeren Einnahmen, die sie z. B. bei geringeren Zuschauerzahlen ha

ben, zumindest einen Teil der Kosten, der Gagen, bezuschusst bekommen - als auch den Selbstständigen, die wieder mehr Engagements bekommen können.

Ich teile allerdings die Bedenken, die gestern schon der Kollege Wenzel vorgebracht hat, ob diese einmaligen Einnahmen nicht die Zuverdienstgrenze bei der Grundsicherung sprengen und deshalb bei den Künstlern gar nicht ankommen oder ob es - andersherum gedacht - wirklich so einfach geht, dass man aus der Grundsicherung herausgeht, einen Monat Einnahmen hat und anschließend wieder in die Grundsicherung hineingeht. Ich habe starke Zweifel, wie das funktionieren sollte.

Kritisch bleibt auch noch anzumerken, dass der Topf nicht so groß ist, wie die Kollegin Hamburg heute Morgen schon vorgerechnet hat - das Argument, das gestern schon angeführt wurde, dass das besser als nichts sei und wir das deshalb erst mal machen, na ja -, und dass es so lange gedauert hat, die Förderkriterien zu formulieren. Von diesem Programm ist schon quasi seit Monaten die Rede. Das hat sehr lange gedauert. Es bleibt sehr zu hoffen, dass wenigstens die Genehmigung der Anträge deutlich schneller geht. Aber die Richtung stimmt.