Auch dabei werden wir - ich will es noch einmal beschreiben; Stichwort „Kläranlagen“: vor der Klärung, nach der Klärung - wirklich versuchen zu differenzieren.
Ich will aber an der Stelle noch eines sagen - denn ich habe das natürlich auch genutzt und habe die Bundesumweltministerin angeschrieben -: Dass wir in Niedersachsen diesen konsequenten Weg gehen und diese Beprobung durchführen, ist gut. Noch besser wäre es natürlich, die anderen Bundesländer würden dem entsprechend folgen und würden ebenfalls mit vergleichbarem Aufwand die Proben machen, weil wir dann nicht nur mehr Proben und Untersuchungen hätten, sondern wir hätten auch eine Datenbasis, die deutlich breiter und größer wäre.
Ich glaube, es ist auch der Appell über die Bundesumweltministerin an die Kollegen, eben nicht abzuwarten, was Niedersachsen macht und sich die Ergebnisse anzusehen, sondern sehr frühzeitig mit einzusteigen und genauso aktiv die Untersuchungen durchzuführen und das am Ende auch bundesweit zu koordinieren. Ehrlicherweise ist es natürlich weder ein niedersächsisches Problem noch ein bundesweites Problem, sondern ein europa- und weltweites Problem. Insofern wird man, glaube ich, darüber hinaus noch Erfahrungen sammeln müssen.
Ob dann weitere Beprobungen von Gewässern auf multiresistente Keime durch die Landesdienststellen vorzunehmen sind, wird nach Vorliegen der Ergebnisse der aktuellen Analysen zu prüfen sein.
Wie in der gemeinsamen Strategie gegen Antibiotikaresistenz der Landesregierung ausgewiesen, gibt es bereits mehrere Initiativen, den Antibiotikaeinsatz in der Humanmedizin zu minimieren bzw. die Ärzteschaft bei einer fachgerechten Antibiotikatherapie zu unterstützen.
Der Ratgeber „Rationale orale Antibiotikatherapie für Erwachsene im niedergelassenen Bereich“ wird derzeit aktualisiert. Eine Veröffentlichung ist nach dem derzeitigen Stand für das zweite Quartal 2018 zu erwarten. Als Autorinnen und Autoren wurden Partnerinnen und Partner des NLGA aus den Laboren, die sich am Antibiotikaresistenz-Monitoring in Niedersachsen (ARMIN) beteiligen, und weitere niedergelassene und auch stationär tätige Ärztinnen und Ärzte gewonnen.
Im Rahmen von EurHealth-1Health wurde bereits ein Curriculum für eine Fortbildung für den öffentlichen Gesundheitsdienst entwickelt, um auch diesen auf die neuen Anforderungen in der Überwachung von Krankenhäusern und deren Antibiotikaregime vorzubereiten.
Im Herbst 2016 wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung in Zusammenarbeit mit dem NLGA ein Informationsflyer „Kein Antibiotikum! Warum?“ herausgegeben, der Ärztinnen und Ärzte bei der Kommunikation mit Patienten unterstützt, wenn ein Antibiotikum nicht indiziert ist. Es werden die individuellen negativen Effekte einer nicht indizierten Therapie aufgezeigt und mögliche Alternativen genannt, auch um dem Wunsch nach Einsatz von Antibiotika, was wir oft hören, um möglicherweise zügiger gesund zu werden, zu begegnen. Das bedeutet natürlich, auch Aufklärung zu betreiben und genau an der Stelle die Alternativen noch deutlicher zu machen.
Auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes und der Niedersächsischen Verordnung über Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen ist für Krankenhäuser und Einrichtungen für ambulantes Operieren vorgeschrieben, dass sie den Verbrauch von Antibiotika mit fachlich anerkannten standardisierten Verfahren erfassen und unter Berücksichtigung veröffentlichter Vergleichsdaten bewerten.
Die Leitung einer medizinischen Einrichtung muss außerdem fachkundige Ärztinnen, Ärzte, Apothekerinnen oder Apotheker berufen, die das ärztliche
Personal beim Einsatz von Antiinfektiva beraten und die Leitung bei der beschriebenen Erfassung und Bewertung unterstützen.
Speziell für diesen Personenkreis wird seit einigen Jahren der Basiskurs Antibiotikatherapie für den stationären Bereich vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt angeboten. Es wird angestrebt, diesen dreitägigen Kurs auf einen 40stündigen Wochenkurs gemäß Curriculum der Bundesärztekammer auszuweiten. In einigen Fortbildungen für hygienebeauftragte Ärztinnen und Ärzte ist die Antibiotikatherapie bereits ein wichtiges Mittel.
Die Landesregierung begrüßt darüber hinaus Projekte anderer Akteure, wie z. B. das Projekt „RESIST - Resistenzvermeidung durch adäquaten Antibiotikaeinsatz“. Der Verband der Ersatzkrankenkassen e. V. konnte gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und weiteren Kassenärztlichen Vereinigungen eine Vereinbarung schließen, die aus Mitteln eines Innovationsfonds die Förderung von neuen Versorgungsformen ermöglicht.
Die Vereinbarung optimiert für Versicherte von Ersatzkassen die bestehenden Möglichkeiten einer bedarfsgerechten Versorgung mit Antibiotika durch eine verstärkte Einbeziehung der Patientinnen bzw. der Patienten in die Verordnung. Ziel der Vereinbarung sind die Förderung der adäquaten und indikationsgerechten Antibiotikaverordnung und die Reduktion der Verordnung von Reserveantibiotika.
Darüber hinaus wird mit Interesse das vom Bund geförderte Modellprojekt „Rationaler Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation“ verfolgt. Es sind aktuell Gespräche mit den Projektverantwortlichen geplant, inwieweit erfolgreich evaluierte Elemente für Niedersachsen übernommen werden können. Hierfür wurde auch Kontakt zu den Lehrstühlen für Allgemeinmedizin der MHH und der UMG aufgenommen.
In der Tiermedizin konnte u. a. durch die Etablierung des von Niedersachsen entwickelten Antibiotikaminimierungskonzeptes der 16. Arzneimittelgesetznovelle erreicht werden, dass sich der Einsatz von Antibiotika im Bereich der Nutztierhaltung seit dem Jahr 2011 insgesamt um mehr als 50 % reduziert hat. Ich finde, das ist ein Riesenerfolg ange
Im Rahmen des vom Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover durchgeführten Forschungsprojekts konnte festgestellt werden, dass nicht nur die Gesamtmenge an Antibiotika - in Tonnen gemessen - gesunken ist, sondern auch die Anzahl der Antibiotikabehandlungen in der Nutztierhaltung in den vergangenen Jahren erheblich reduziert werden konnte.
Auch der Einsatz sogenannter kritischer Antibiotika oder Reserveantibiotika, die grundsätzlich der Humanmedizin vorbehalten sein sollten, hat grundsätzlich abgenommen. Dies gilt beispielsweise auch für den in der Diskussion befindlichen und gerade hier auch vorgetragenen Wirkstoff Colistin. Die Menge der Polypeptid-Antibiotika, bei denen es sich überwiegend um Colistin handelt, konnte in Deutschland gegenüber 2011 um rund 46 % gesenkt werden.
Die Landesregierung geht, wie bereits gesagt, davon aus, dass die bisher erfolgte Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes auf der Umsetzung des Antibiotikaminimierungskonzeptes nach der 16. Arzneimittelgesetznovelle in Verbindung mit den „Leitlinien der Bundestierärztekammer zum sachgemäßen Umgang mit Antibiotika“, den sogenannten Antibiotikaleitlinien, basiert. Hinsichtlich weiterer Erkenntnisse hierzu bleibt die bis zum 1. April 2019 vorzunehmende Evaluation der 16. Novelle zum Arzneimittelgesetz abzuwarten.
Das Ziel der Landesregierung ist es, den Antibiotikaeinsatz in der Tiermedizin noch weiter zu senken. Hierzu soll zukünftig eine bundesweite Regelung einen Beitrag leisten, und zwar die Novelle der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken.
Der Novelle nach soll der Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin damit künftig noch stärker reglementiert werden. In vielen Fällen wird mit der geplanten Verordnungsänderung die Anwendung von Antibiotika bei Tieren an einer Antibiogrammpflicht geknüpft.
Das Antibiogramm ist ein Labortest zur Bestimmung der Empfindlichkeit bzw. der Resistenz von bakteriellen Krankheitserregern gegenüber Antibiotika.
Die vorgesehenen Regelungen beziehen sich auf den Einsatz von Antibiotika bei Bestands- und Gruppenbehandlungen von Rind, Schwein, Huhn und Pute.
Darüber hinaus gilt eine Antibiogrammpflicht generell z. B. auch bei der Anwendung von zu den sogenannten Reserveantibiotika zählenden Cephalosporine der neueren Generation und der Fluorchinolone - man kann das aussprechen, wenn man es richtig liest; ich bemühe mich -
- das stimmt; ich würde das Papier gleich nachreichen; dann kann man das abschreiben; das ist, glaube ich, ein guter Weg -, und zwar bei den Tierarten Rind, Schwein, Pferd, Hund und Katze.
Ein vollständiges Verbot des Einsatzes sogenannter Reserveantibiotika auf Landesebene ist nicht möglich. Dies ist Bundesangelegenheit.
Deshalb hat sich Niedersachsen bereits in der Vergangenheit dafür eingesetzt, dass der Begriff der Reserveantibiotika klar definiert und eine Liste von Wirkstoffen festgelegt wird, die dem Einsatz in der Humanmedizin vorbehalten bleiben sollen. Welche Wirkstoffe dort genannt werden, sollte vom Stand der Wissenschaft abhängig gemacht werden. Eine entsprechende Liste liegt allerdings bisher nicht vor.
Zu hoffen ist, dass zumindest auf EU-Ebene eine solche Klarstellung des Begriffs „Reserveantibiotika“ und eine Auflistung erfolgen, welche Wirkstoffe darunter fallen. Hintergrund: In dem Entwurf einer neuen EU-Tierarzneimittelverordnung ist eine Ermächtigungsgrundlage für entsprechende Regelungen enthalten. Ob und wann diese Regelungen kommen, bleibt abzuwarten.
Insofern gilt es, die bisherigen und angekündigten nationalen Regelungen konsequent umzusetzen, um die weitere Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verhindern.
Dazu ist zunächst zu bemerken, dass die niedersächsischen Kläranlagen die bundesrechtlichen Vorgaben zur Abwasserbehandlung und -beseitigung erfüllen.
Die Einrichtung eines weiteren Reinigungsverfahrens zur Verringerung des Eintrags multiresistenter Keime wird zurzeit auf der Bundesebene kontrovers diskutiert. In Niedersachsen ist die Einführung eines weiteren Reinigungsverfahrens derzeit nicht vorgesehen. Es bleibt abzuwarten, ob nach Vorlage weiterer Erkenntnisse die Einführung eines solchen weiteren Reinigungsverfahrens bei kommunalen Kläranlagen vom Bundesgesetzgeber vorgeschrieben wird.
Auch dafür macht es doch Sinn, erst einmal die Messungen und Untersuchungen abzuwarten, sie wirklich auszuwerten und auch wirklich zu überlegen, ob nicht an ganz anderer Stelle anzusetzen ist, ob nämlich der Eintrag multiresistenter Keime an der Quelle reduziert werden kann. Insofern bitte ich, auch an dieser Stelle die wissenschaftlichen Auswertungen und Erkenntnisse zu berücksichtigen, bevor Schlussfolgerungen gezogen werden.
Zu Frage 3: Bei der Bewertung der berichteten festgestellten Belastungen von Gewässern durch antibiotikaresistente Erreger sind zwei unterschiedliche Sachverhalte zu unterscheiden: die akute Gesundheitsgefahr für eine Person und das grundsätzliche Problem der Verbreitung antibiotikaresistenter Erreger in der Umwelt.
Gerade die Bedeutung des zweiten Aspektes ist derzeit Gegenstand unterschiedlicher Forschungsvorhaben. Dies wird von der Landesregierung unterstützt und ist bereits Bestandteil der angeführten gemeinsamen niedersächsischen Strategie gegen Antibiotikaresistenz.
Zum ersten Sachverhalt hat der NDR Ergebnisse der Untersuchungen von Proben, die der NDR aus Badegewässern genommen hatte, ins Netz gestellt. Eine konkrete Bewertung kann nicht vorgenommen werden, da weder national noch international - ich habe es vorhin gesagt - Bewertungskriterien und Grenzwerte dafür vorliegen.
Dennoch kann und muss die Aussage getroffen werden, dass das Risiko einer Infektion durch antibiotikaresistente Erreger durch ein Bad in überwachten Badegewässern gering ist. Diese Bewertung gründet sich auf die Badegewässerüberwachung, die EU-weit vorgeschrieben ist. Eine derartige Gefährdungsbeurteilung geschieht stets auf Grundlage einer entsprechenden Risikoeinschätzung.
Bei einzuleitenden Schutzmaßnahmen gilt es, ein Risiko zu minimieren. Das bedeutet nicht, dass damit die Gefährdung gänzlich ausgeschlossen ist.
Es bedeutet aber, dass sie geringer oder sehr gering wird. Auf diesem Prinzip setzt auch die Badegewässerüberwachung an. Es ist Ziel, die bakterielle Belastung insgesamt und insbesondere durch fäkale Verunreinigungen so gering wie möglich zu halten, da wissenschaftlich festgestellt wurde, dass mit ansteigender Bakterienkonzentration in Badegewässern auch das Risiko der Badenden beispielsweise für Magen-Darm-Erkrankungen steigt.
Meine Damen und Herren, die Bildung von Antibiotikaresistenzen ist zunächst ein natürlicher Vorgang. Bakterien haben im Laufe der Evolution Mechanismen entwickelt, um sich gegen natürliche Bedrohungen wie z. B. Schimmelpilze zu schützen. So gibt es natürliche Resistenzen, die dazu führen, dass ein Antibiotikum gegen eine bestimmte Bakterienspezies nicht wirkt und daher auch nicht eingesetzt wird. Darüber hinaus können sich jedoch auch Resistenzen ausbilden, z. B. unter Antibiotikagabe. Sowohl die natürliche als auch die erworbene Resistenz ist zu beachten, wenn eine Infektion antibiotisch behandelt werden muss.
Der menschliche Organismus setzt sich mit unterschiedlichen Bakterien auseinander und ist auf sie angewiesen. Ein Leben ohne Bakterien ist nicht denkbar. Die unterschiedlichen Schutzfunktionen des Körpers verhindern Infektionen.
Erreger mit einer erworbenen Resistenz sind nicht krankmachender als sensible - also nicht resistente - Erreger der gleichen Spezies. Der Kontakt mit einem Erreger bedeutet nicht, dass er auf oder im Körper länger nachweisbar wäre, sich vermehren könnte oder gar zu einer Infektion führte.
Die Ausbildung einer Infektion hängt von vielen Faktoren ab, z. B. von der Dosis der aufgenommenen Erreger, von der Art, wie die Erreger aufgenommen werden, aber auch von der Abwehrlage der betroffenen Person.