- Bevor die Kollegin mit ihrer Rede beginnt, möchte ich noch einmal darum bitten, dass wieder Ruhe hier im Saal einkehrt und alle ihre Plätze einnehmen bzw. in ihre jeweiligen Besprechungen außerhalb des Plenarsaals gehen. - Vielen Dank, Herr Kollege Schulz-Hendel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsen ist das Windenergieland Nummer eins. Dieses Bild wird hier vielfach beschworen. Aber: Niedersachsen ist eben auch das Erdgasförderland Nummer eins. 99 % der bundesweiten Erdgasvorkommen liegen in Niedersachsen. Bei Erdöl haben wir nicht den Platz Nummer eins - immerhin -, aber den Platz Nummer zwei und tragen dort 35 % zur bundesweiten Förderung bei. Eines muss uns allen hier zusammen klar sein: Mit Blick auf den Klimaschutz hat die Ausbeutung fossiler Rohstoffe überhaupt keine Zukunft, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Um die internationalen Klimaziele zu erreichen, müssen fossile Rohstoffe im Boden bleiben, anstatt verbrannt zu werden. Das gilt - neben der Kohle - auch für Erdgas und Erdöl. Es gibt kein umwelt- oder klimafreundliches Erdgas, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Spätestens der Umweltskandal in Emlichheim, wo über vier Jahre unbemerkt giftiges Lagerstättenwasser ins tiefe Grundwasser ausgelaufen ist, hat aufgezeigt, welchem Risiko Umwelt und Anwohnende ausgesetzt sind. Trotz aller Beteuerungen der Industrie bedeutet die Förderung erhebliche Risiken für die Umwelt und für den Menschen.
Bei der Förderung und dem Transport werden außerdem offensichtlich erhebliche Mengen mehr an extrem klimaschädlichem Methan frei. Erdgas und Erdöl schädigen das Klima also doppelt. Durch die Erdgasförderung verursachte Erdbeben wie Ende letzten Jahres im Landkreis Verden, aber auch der Verdacht, dass die Öl- und Gasförderung zu - - -
Frau Byl, ich unterbreche Sie ungern. - Herr Kollege Thiele, Herr Calderone und andere! Gerade, wenn man sich unter diesen abgehängten Decken unterhält, ist das ziemlich laut und stört das die Rednerinnen und Redner. Ich glaube, die Rednerin hat bei diesem für uns alle wichtigen Thema unser aller Zuhören verdient. - Danke für Ihr Verständnis.
Das Thema ist für Niedersachsen und damit für uns alle hier Anwesenden in der Tat extrem wichtig. Durch die Erdgasförderung verursachte Erdbeben wie Ende letzten Jahres im Landkreis Verden, aber auch der Verdacht, dass die Öl- und Gasförderung zu einer Häufung von Krebsfällen führt - all das besorgt viele Menschen im Umfeld der Förderanlagen. Sie fordern völlig zu Recht von uns: keine neuen Genehmigungen mehr für das Auslaufmodell Erdöl- und Erdgasförderung!
Gesundheits- und Trinkwasserschutz müssen Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben. - Vielleicht kommt Ihnen dieser Satz bekannt vor, liebe GroKo. So lautet nämlich der Titel eines rotschwarzen Landtagsbeschlusses. Aber die mit diesem Antrag geforderte Bundesratsinitiative zur Reform des Bundesbergrechts war am Ende ein kompletter Rohrkrepierer. Sie wurde im Bundesrat abgelehnt. Die Landesregierung war offensichtlich zu bequem und konnte - oder wollte; auf diese Idee könnte man ja auch kommen - keine Mehrheit für den eigenen Antrag mobilisieren. Das ist definitiv zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Aber was wäre denn jetzt sinnvoll? - Wir fordern einen sofortigen Bohr- und Erkundungsstopp durch eine Änderung des Bundesbergrechts und einen konkreten Fahrplan für den Ausstieg aus der Öl- und Gasförderung. Nur mit einem ganz klaren Fahrplan und indem keine neuen Projekte mehr genehmigt werden, können wir klimaschädliche Fehlinvestitionen in fossile Infrastrukturen verhindern.
und Gasförderung, für einen Scherz, Herr Kollege? Ich bin gespannt, von Ihnen gleich zu hören, was das bedeuten sollte.
Machen wir uns nichts vor: Nur eine rechtzeitige Planung des Ausstiegs wäre eine vorausschauende Politik mit Weitblick. Genau die hat Niedersachsen auch verdient. Wir müssen doch aus den Fehlern des Atom- und Kohleausstiegs lernen. Ich zumindest habe absolut keine Lust, dass wir in ein paar Jahren oder Jahrzehnten wieder riesige Entschädigungssummen an die Industrie zahlen müssen! Wir fordern hier Planungssicherheit. Planungssicherheit für die Förderregionen, für die Anwohnerinnen und Anwohner und auch für die Industrie - das muss doch eigentlich auch das Ziel von SPD und CDU sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dazu muss auch jede Form von Fracking klar und dauerhaft verboten werden. Sonst werden, sobald die Lagerstätten hier Niedersachsen näher dem Ende zugehen, wieder die Stimmen laut, die noch die allerletzten Reste Erdöl und Erdgas durch die Risikotechnologie Fracking fördern wollen. Wir sagen dazu ganz klar: Fracking gehört ausgeschlossen!
Förderausstieg heißt natürlich auch Nutzungsausstieg; auch das ist klar. Die Heizsaison geht ja gerade so richtig los. Auch in einer öl- und erdgasfreien Zukunft muss niemand auf warmes Wasser und warme Räume verzichten. Deshalb muss der Förderausstieg von einem ambitionierten Programm für die Wärme- und Verkehrswende flankiert werden.
Wenn wir es richtig angehen, wären das gigantische Konjunkturimpulse, die wir gerade in der Corona- bzw. Wirtschaftskrise so dringend brauchen. Denn eines ist zumindest uns klar - Ihnen anscheinend aber nicht -: Die Corona-, Wirtschafts- und Klimakrise müssen wir zusammen bekämpfen.
In diesem Plenum zeigt sich aber bislang leider, wie die GroKo die Chancen der Energiewende systematisch verschenkt und ignoriert: Erneuerbare-Wärme-Gesetz - abgelehnt, Solaroffensive -
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Erdgas ist keine Brücke zum Klimaschutz. Fossiles Gas ist Teil des Problems, nicht der Lösung. Werden Sie bitte endlich Teil der Lösung! Tragen Sie dazu bei, die Abhängigkeit von Öl und Gas zu beenden, und machen Sie endlich ernst mit Energiewende und Klimaschutz!
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Kollege Frank Oesterhelweg das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu diesem ohne Zweifel sehr wichtigen Tagesordnungspunkt einige grundsätzliche Dinge ansprechen, bevor wir dann im Ausschuss in die Detaildebatte gehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mal ehrlich: Gas galt lange als sauber, galt lange als ungefährlich, war lange auch in Ihren Kreisen gesellschaftlich anerkannt. Nun hat ein gesellschaftliches Umdenken eingesetzt. Ich denke, deswegen gehört es sich einfach, sehr behutsam vorzugehen und diesen Strategiewechsel und das Umstrukturieren gemeinsam mit allen Betroffenen, also auch der Energiewirtschaft, vorzunehmen.
Selbstverständlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat Sicherheit Priorität. Selbstverständlich haben Gesundheitsschutz, Wasser
schutz, Umweltschutz und Klimaschutz Priorität vor wirtschaftlichen Interessen. Ich bleibe bei der Aussage unseres eben schon erwähnten Antrages von 2019, Frau Kollegin Byl.
Meine Damen und Herren, Sie als Antragsteller sprechen von einem Energiewendefahrplan und davon, das Förderende einzuleiten.
Ich bitte die Kollegen von der CDU, ihrem Kollegen Oesterhelweg zuzuhören. - Vielen Dank, meine Herren
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Diesen Appell möchte ich mich ausdrücklich anschließen, liebe Kollegen!
Energiewendefahrplan und Einleitung des Förderendes - selbstverständlich! Aber es muss ein realistischer Zeitplan sein. Er muss auch orientiert sein an den Interessen und Bedürfnissen der Bevölkerung und auch der Wirtschaft. Es macht keinen Sinn, das dann nicht mehr geförderte Erdöl und Erdgas durch importiertes Erdöl und Erdgas zu ersetzen, das unter ganz anderen Umweltbedingungen gefördert wird. Deswegen erwarte ich ein fakten- und wissenschaftsbasiertes Vorgehen in diesem Bereich, und ich erwarte, dass wir realistische Aus- oder - besser - Umstiegsszenarien auf dann auch noch ganz genau zu benennende Alternativen entwickeln. Das wird unsere gemeinsame Aufgabe sein.
Ich will noch eines sagen: Standort ist nicht gleich Standort. Deswegen erwarte ich eine differenzierte Betrachtung. Sie haben geschrieben, dass unnötige Kosten zu vermeiden seien. Das ist natürlich richtig. Dabei geht es um die Wirtschaft, es geht um den Markt, es geht um Verbraucherinnen und Verbraucher. Deswegen ist es, glaube ich, nicht ganz von der Hand zu weisen, dass man es zulässt, dass Standorte, an denen es keine Probleme gibt und weil sie schon erschlossen sind, zu Ende genutzt werden.