Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

Übrigens: Hessen - Schwarz-Grün - hat eine Weideprämie eingeführt. Sachsen-Anhalt, ebenfalls mit CDU-Regierung, hat eine Weideprämie eingeführt. Thüringen hat eine Weideprämie für Schafe und Ziegen eingeführt. Sie machen nichts und lassen die Weidetierhalter im Stich.

Stattdessen kommen Sie jetzt mit dem neuen Punkt Jagdrecht. Herr Dammann-Tamke, gut, dass Sie eben geredet haben! Ich habe hier noch einen Artikel aus der Land & Forst von 2017. Kurz vor der Landtagswahl erschien dort ein Artikel mit der Überschrift: „Niedersachsens Jäger wollen Wolf nicht im Jagdrecht haben“. Da Sie ja in dieser Doppelfunktion sind, haben Sie damals den stellvertretenden Vorsitzenden der Landesjägerschaft, Herrn Meinecke, in die Pressekonferenz zu den Forderungen von CDU und FDP geschickt, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. Ich zitiere aus der Land & Forst:

„Als bedrohte Tierart würde der Wolf auch im Jagdrecht ganzjährig Schonzeit genießen.“

„Denn an der Rechtslage würde sich nichts ändern“.

„Für die Jäger könnte sich die Situation sogar verschlechtern: Sie würden mit dem (theoretischen) Jagdrecht zugleich die konkrete Verpflichtung zur Hege dieser Wildart übertragen bekommen.“

Die Bürgerinnen und Bürger werden sagen: Die Jäger tun nichts gegen die Wölfe. - Und sie dürfen es auch nicht tun! Was tun Sie eigentlich den Jägerinnen und Jägern an? Gleichzeitig sagte der Vizepräsident:

„Zudem befürchten Revierpächter, künftig für die Schäden der Nutztierhalter aufkommen zu müssen. Eine solche Regelung gibt es bereits bei Ackerkulturen, die zum Beispiel durch Wildschweine geschädigt werden.“

Und dann erwähnt er Ihr Vorbild, nämlich Sachsen. Sachsen hat 2012 als einziges Bundesland den Wolf in das Jagdrecht aufgenommen. Wie viele legale Wolfsabschüsse gibt es seither? - Keinen einzigen! Was bringt Ihnen das also?

Aber - da warnt der Vizepräsident der Landesjägerschaft -:

„In Sachsen, wo der Wolf bereits ins Jagdrecht aufgenommen wurde, finanziert das Land das Wolfsmonitoring, das bis dahin aus dem Haushalt bezahlt worden war, seitdem aus Mitteln der Jagdabgabe.“

Frau Ministerin Otte-Kinast, wenn Sie zuständig sind, verlange ich, dass Sie heute sagen: Wollen Sie, dass in Zukunft das Geld, das momentan für das Wolfsmonitoring aufgewandt wird, von den Jägerinnen und Jägern, die nun wirklich nichts dafür können, aufgebracht wird?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn das ergibt sich aus der Zuständigkeitsübertragung. Ich habe dem Rundblick entnommen, dass Sie schon planen, ganz viele Mitarbeiter aus dem MU zu holen, um dann sozusagen im Jagdministerium das Wolfsmonitoring zu machen.

Herr Dammann-Tamke, stehen Sie eigentlich noch zu den Aussagen Ihres Verbandes kurz vor der Landtagswahl gegen CDU und FDP, dass es nichts bringt, wenn die Jägerinnen und Jäger verantwortlich sind?

Ich gebe Ihnen ein weiteres Argument. Sie kennen ja Herrn Dr. Meyer-Ravenstein, den früheren Abteilungsleiter im Agrarministerium. Er hat ein öffentliches Gutachten zur Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht in Sachsen erstellt. Das findet man auf der Website des dortigen Ministeriums. Er sagt, dass man den Wolf in das Jagdrecht übernehmen kann, was dazu führt, dass man neue Finanzquellen erschließt. Er schreibt:

„Die Überführung des Wolfs in das Jagdrecht erschließt darüber hinaus die Mittel der Jagdabgabe … Dieses Geld steht u. a. für die Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensgrundlagen des Wildes sowie zur Bestandsförderung … zur Verfügung.“

Die Jagdabgabe ist von den Jägerinnen und Jägern zu erbringen.

„Mit einem Teil dieser Mittel könnten auch entsprechende Wolfsprojekte finanziert werden.“

So wie das beim Seehund der Fall ist, würden dann die Jägerinnen und Jäger das Wolfsmanagement bezahlen. - Ich sehe jetzt schon die betretenen Gesichter in der CDU-Fraktion!

Es kommt noch besser! Herr Meyer-Ravenstein schreibt auch, dass das Markieren und Besendern von Wölfen, über das ich gerade gesprochen habe, durch die Aufnahme in das Jagdrecht deutlich erschwert würde. Er schreibt dazu:

„Unterliegt der Wolf dem Jagdrecht, unterliegt er dem ausschließlichen Jagdausübungsausrecht … des Jagdausübungsberechtigten. Ohne dessen Zustimmung wäre es daher unzulässig, einem Wolf nachzustellen und ihn zu fangen.“

Meine Damen und Herren, wenn Sie das machen, erschweren Sie die Jagd auf Problemwölfe; denn Sie müssen von jedem Revierinhaber vorher eine Genehmigung erhalten, dass da jemand, von Lies oder Otte-Kinast beauftragt, einen Wolf entnehmen darf. Sie machen es schwieriger! Auch wer einen Wolf fangen und narkotisieren will, befindet sich, zur Jagd ausgerüstet, in einem fremden Jagdbezirk. Eine Zustimmung des Jagdausübungsberechtigten ist erforderlich.

Meine Damen und Herren, Sie streuen den Weidetierhaltern Sand in die Augen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie suggerieren hier, der Wolfsbestand könne durch die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht reduziert werden. Faktisch erschweren Sie die Jagd auf Problemwölfe, und Sie lassen die Weidetierhalter im Stich. Sie sollten eine Weideprämie landesweit einführen und nicht einen Vorschlag machen, den Sie übrigens nicht umsetzen wollen.

(Glocke des Präsidenten)

- Letzter Satz!

Warum bringen Sie eigentlich einen Entschließungsantrag ein? Das Jagdgesetz macht immer noch der Landtag! Warum ändern Sie eigentlich nicht das Jagdgesetz? Sie fordern die Landesregierung auf, etwas zu tun. Sie müssten aber nur vier Buchstaben im Jagdgesetz ändern, wenn Sie

es tun wollten. Aber das tun Sie nicht. Damit täuschen Sie die Öffentlichkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es! An dem Punkt hat er recht!)

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention durch den mehrfach angesprochenen Kollegen DammannTamke. Bitte sehr, Herr Abgeordneter!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege Meyer, ich rede hier normalerweise nicht in der Funktion des Vorsitzenden der Landesjägerschaft Niedersachsen. Aber weil Sie Ihre Rede nahezu ausschließlich dazu verwendet haben, sich an der Landesjägerschaft Niedersachsen und ihrer Position abzuarbeiten, möchte ich diese Regel brechen.

Herr Meyer, Sie haben in Ihrer Zeit als Minister, was Jagdabgabemittel angeht, 1,2 Millionen Euro gegen das Benehmen der Landesjägerschaft für ein gänsewissenschaftliches Projekt eingesetzt. Insofern sind Sie der Letzte, der darüber urteilen kann, ob Jagdabgabemittel vernünftig eingesetzt werden.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Was das Wolfsmonitoring angeht: Die Landesjägerschaft finanziert seit 2013 eine Stelle eines Biologen. Wir machen aus eigenen Verbandsmitteln ein Monitoring, das in keinem anderen Bundesland so transparent und zeitnah arbeitet wie das in Niedersachsen. Dafür sollten Sie uns eher loben.

(Beifall bei der CDU - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das hat er doch die ganze Zeit gemacht!)

Was die Position zur Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht angeht, ist es ganz einfach: Erstens. Auf der Mitgliederversammlung des ZJEN im November letzten Jahres hat dieser Umweltminister nach der Unterstützung durch die Jägerschaft gerufen. Zweitens. Meine Fraktion hat einen Beschluss dahin gehend gefasst, dass die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht gefordert wird. Drittens. Der Gesamtvorstand der Landesjägerschaft Niedersachsen hat daraufhin beschlossen, dass wir unsere Position neu ausrichten.

(Zurufe von Miriam Staudte [GRÜNE] und Helge Limburg [GRÜNE])

Unter anderem die Landesjägerschaft Niedersachsen hat per einstimmigen Beschluss des erweiterten Vorstands beschlossen, die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht zu fordern. - Da können die Kollegin Staudte und der Kollege Meyer noch so viel hier im Plenum zetern,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Frau Ham- burg und ich auch!)

die Landesjägerschaft Niedersachsen ist in ihrer Entscheidungsfindung noch immer frei. Dass sie eine solche Rolle in diesem Parlament spielt, ehrt uns. Wir werden uns der Aufgabe, die an uns herangetragen wird, aktiv stellen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Dammann-Tamke. - Herr Meyer möchte erwidern.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Es hätte mich auch gewundert, wenn er nicht das letzte Wort hätte!)

- Herr Dammann-Tamke, Ruhe bitte!

Herr Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Sinneswandel ist schon erstaunlich. Ich habe betont: Ich habe einen Artikel über eine Pressekonferenz der Landesjägerschaft kurz vor der Landtagswahl, vom 6. Oktober 2017, vorgelesen. Auch in diesem Artikel ist die Forderung von CDU und FDP aufgeführt, den Wolf in das Jagdrecht zu überführen. Das haben Sie ja vor der Wahl versprochen, aber nach der Wahl nicht umgesetzt. In dem Artikel heißt es: Die Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) lehnt das jedoch ab aus den genannten Gründen.

Zur Jagdabgabe: Die Gänse sind eine jagdbare Art; sie stehen auf dieser Liste. Deshalb kann man die Jagdabgabe für diese Tierart verwenden, genauso wie man sie für den Seehund nutzt, was die Jägerschaft immer wieder begrüßt; denn auch der Seehund steht auf der Liste der jagdbaren Arten, genauso wie Wisent und Luchs.

(Zuruf von Helmut Dammann-Tamke [CDU])

Aber wenn der Wolf ins Jagdrecht kommt - Sie haben es eben ja angedeutet -, dann steht für Frau Otte-Kinast eine zusätzliche Finanzierungsquelle über die Jagdabgabe zur Verfügung. Das sollten Sie den Jägerinnen und Jägern auf jeden Fall sagen.