Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

Lassen Sie uns nicht immer wieder nur von der Systemrelevanz und der Wichtigkeit der Kultur sprechen, sondern lassen Sie uns aktuell zur Unterstützung der Kultur handeln! Machen wir uns auf, ein Kulturfördergesetz für Niedersachsen auf den Weg zu bringen!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Viehoff. - Für die SPD-Fraktion kann sich nun die Kollegin Hanna Judith Naber bereitmachen.

Vielen Dank für das „Bonus-Judith“.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Monate haben die Kultur- und Kreativbranche vor große Herausforderungen gestellt. Abgesagte Konzerte und Großevents, geschlossene Museen und verschobene Workshops haben auch niedersächsische Kreative plötzlich ihrer Existenzgrundlage beraubt.

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung stellt mit dem Programm „Neustart Kultur“ bereits 1 Milliarde Euro zur Verfügung, die einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Infrastruktur im Kulturbereich aufrechtzuerhalten. Auch das Land Niedersachsen hat mit seinen Sonderprogrammen wichtige Anreize und Fördermöglichkeiten geschaffen.

Der von SPD und CDU vorgelegte Entschließungsantrag baut auf diesen Maßnahmen auf; denn: Da ist noch Luft nach oben.

(Unruhe)

Einen Augenblick, Frau Kollegin! - Herr Kollege Meyer und Herr Kollege Limburg, das ist der letzte Tagesordnungspunkt. Hören Sie bitte einen Augenblick zu!

Bitte schön!

Nicht wenige Künstlerinnen und Künstler fallen momentan durch alle Raster. Als Soloselbstständige zahlen sie nicht in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung ein und können damit auch kein Kurzarbeitergeld erhalten. Der erleichterte Zugang zur Grundsicherung klappt nicht in allen Jobcentern und hilft nur denen, die noch keine ausreichende Altersvorsorge getroffen haben. Vielen droht noch dazu eine Rückzahlung bereits erhaltener Fördergelder, weil Projekte nicht, wie geplant, durchgeführt werden konnten.

Im Sinne nachhaltiger und langfristiger Lösungen streben wir eine grundsätzliche Verbesserung der sozialen Absicherung von Arbeitenden in der Kreativbranche an. Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, die Sozialversicherungssysteme zeitgemäß weiterzuentwickeln. Diese Systeme haben sich zwar in Zeiten der Pandemie bewährt, aber mehr Menschen sollten, wenn sie es denn wollen, daran partizipieren können. Dazu gehören für uns ausdrücklich auch die Soloselbstständigen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als SPD stehen für gute Arbeit ein, und zwar in allen Branchen, auch und insbesondere in der Kultur.

Digitale Formate funktionieren für Büromeetings, gemeinsame Kaffeepausen und - darauf bin ich persönlich sehr stolz - sogar große Landesparteitage. Es wird Zeit, dass wir sie auch in der Kulturszene weiter fördern. Denn sie bieten die Chance, neue Zielgruppen anzusprechen und die Beteiligung an kreativen Formaten in der gesamten niedersächsischen Gesellschaft zu ermöglichen. So können wir die leider nötigen Einschränkungen nutzen, um innovative Ideen zu fördern.

Gleichzeitig wird es Zeit, die gegebenen Fördermaßnahmen zu ergänzen. Die bisherigen Hilfen kann man als Akutprogramme verstehen, als Maßnahmen, den dringendsten Bedarfen gerecht zu werden. Wir aber wollen nicht nur das Nötigste leisten, sondern aktiv eine Zukunftsperspektive und Sicherheit für die Kultur- und Kreativbranche schaffen. Wir müssen rechtssicher klarstellen,

dass bereits ausgezahlte Förderungen nicht zurückgezahlt werden müssen. Denken Sie beispielsweise an ein Theaterstück: Die Darstellerinnen und Darsteller mussten für die Proben bereits bezahlt werden, auch wenn sie im Sommer deutlich weniger Aufführungen umsetzen konnten als geplant. - Wir müssen unbedingt verhindern, dass diese Menschen für ihren Einsatz bestraft werden!

(Beifall bei der SPD)

Ein Kulturfördergesetz, wie es nun Bündnis 90/Die Grünen avisieren, kann ohne Frage langfristig eine Bereicherung für unser Niedersachsen sein, wobei ich mich, mit Verlaub, ja schon frage, warum die ehemalige Grünen-Kulturministerin Gabriele Heinen-Kljajić während ihrer Amtszeit nicht selbst ein solches Gesetz auf den Weg gebracht hat, ja noch nicht einmal im Ansatz etwas dazu unternommen hat.

(Wiard Siebels [SPD]: Warum eigent- lich nicht?)

Leider wurden gar keine Weichen gestellt.

(Beifall bei der SPD - Zuruf: Bedauer- lich!)

Ein Kulturfördergesetz könnte Kultur aus den freiwilligen Leistungen befreien und eine nachhaltige Förderung der vielfältigen Kulturlandschaft bedeuten. Es könnte auch Anreize für junge Menschen schaffen, selbst kreativ tätig zu werden. Ich sage: „könnte“, weil nicht jedes beliebige Kulturfördergesetz diese Effekte hat. Wir dürfen auf keinen Fall ein 08/15-Konzept aus der Schublade ziehen und es den Kulturschaffenden überstülpen.

Was wir brauchen, ist eine intensive Diskussion mit Kulturverbänden, mit Soloselbstständigen, mit Kulturvereinen, mit Musikerinnen und Musikern, mit Kunstkollektiven, mit Veranstaltern und den ihnen nachgeordneten Gewerken, natürlich mit den Landschaften und auch und insbesondere mit den Kommunen. Denn gerade aktuell stellen wir noch deutlicher fest, wie bunt und vielfältig die Szene ist, wie verschieden die Bedarfe der Einrichtungen und wie unterschiedlich die Situation der einzelnen Kulturschaffenden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt viel zu tun. Auf Ebene des Landes müssen wir gut funktionierende Programme wieder aufnehmen - beispielsweise das Niedersächsische Investitionsprogramm für kleine Kultureinrichtungen - und auch neue Förderungen entwickeln. In vielen Bereichen benötigen wir mehr Rechtssicherheit. Auf Ebene des

Bundes müssen wir uns für eine bessere soziale Absicherung von Soloselbstständigen und insgesamt von häufig prekär Beschäftigten aus der Kultur- und Kreativbranche einsetzen.

Es kann nicht angehen, dass lebens- und gesellschaftsrelevante Berufsgruppen im Alter - oder wie jetzt in Krisenzeiten - existenzielle Probleme bekommen. Wir wollen Künstlerinnen und Künstlern nicht nur helfen, sondern sie wertschätzen. Denn wir können und wollen auf ihren Beitrag nicht verzichten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Naber. - Zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin Viehoff gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin!

Die Idee, mehr auf digitale Angebote zu setzen, ist nicht wirklich neu. Wer mit den Kreativen, mit den Künstlerinnen und Künstlern spricht, wird hören, dass solche Angebote in Einzelfällen tatsächlich auch dazu führen, dass Einnahmen erzielt werden. Aber in der Mehrzahl sind digitale Angebote dafür da, dass wir Kultur erleben können. Diejenigen, die die Kultur machen, können damit aber leider nicht genug oder sogar gar kein Geld verdienen.

Es ist wichtig, sich das immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Digitale Angebote sind nicht das Allheilmittel. Das Allheilmittel kann eine Planung sein, wie und mit welchen Möglichkeiten Kultur unter Corona-Bedingungen stattfinden kann, und zwar keine Planung von Monat zu Monat. Alle Kulturschaffenden wissen, dass sie wahrscheinlich bis zum Ende des Jahres 2021 nur begrenzt werden Kultur machen können. Dafür brauchen sie Planungssicherheit. Die hat die Kultur aber seit März nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Frau Kollegin Naber möchte antworten. Bitte sehr!

Liebe Kollegin Viehoff, ich habe nicht davon gesprochen, dass digitale Formate für die Kreativbranche das Allheilmittel sind. Schon gar nicht habe ich davon gesprochen, dass sie die Einnah

mesituation der Künstlerinnen und Künstler verbessern.

Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass digitale Formate geeignet sind, uns durch die düstere Zeit der Pandemie zu retten, und dass sie gleichermaßen für Menschen geeignet sind, die aus unterschiedlichen Gründen Kulturangebote sonst nicht wahrnehmen können, weil sie zu weit entfernt sind, weil die Menschen nicht mobil sind, weil sie kein Auto haben, weil sie Beeinträchtigungen haben, die sie in ihrer Mobilität einschränken.

Für solche Menschen und die, die sich so einen Staatstheaterbesuch vielleicht einfach gar nicht leisten können, sind digitale Formate sehr wohl sehr gut geeignet. Wir sollten die Situation schon nutzen, diese auch in der Kulturbranche umzusetzen. - Das war mein Petitum.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Naber. - Für die FDPFraktion hat sich nun der Kollege Lars Alt zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

(Beifall bei der FDP)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine erste Rede im Niedersächsischen Landtag habe ich mir natürlich etwas anders vorgestellt. Letzter Tagesordnungspunkt, schon etwas lichte Reihen im Parlament. Aber das ist gar nicht so tragisch. Tragisch ist, dass ich jetzt auch noch Forderungen der regierungstragenden Fraktionen SPD und CDU zustimmen muss, weil der Antrag in Gänze gar nicht so schlecht ist.

(Beifall bei der FDP sowie Beifall und Heiterkeit bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Jetzt kommt die Pointe! Für mich ist dieser Antrag so eine Art Serviceantrag, der mir zeigt, was die Bundesregierung bisher in der Corona-Pandemie für den Kulturbereich getan hat. Mich als neuem Abgeordneten hätte natürlich auch interessiert, was das Land für die Kultur in Niedersachsen getan hat. Das steht im Antrag weitestgehend leider nicht drin.

(Wiard Siebels [SPD]: Das erfahren Sie im Ausschuss!)

- Das erfahre ich hoffentlich im Ausschuss. Ich bin gespannt.

Der Antrag verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele.

Das erste Ziel ist legitim, nämlich die Bundes- und Landesregierung und die eigenen Minister abzufeiern.

Der zweite Bereich des Antrages ist viel wichtiger, nämlich die Fördermöglichkeiten für die Kulturbranche in Niedersachsen passgenauer auszugestalten. Sehen Sie es mir nach: Ich kann für die FDP-Fraktion hier natürlich nur zu dem zweiten Antragsziel sprechen.

(Heiterkeit bei der FDP)