Neuverschuldung. Es ist eine notwendige Neuverschuldung, aber eine Verschuldung, die uns trotzdem mit großer Sorge erfüllt. Dies gilt übrigens auch für den Haushalt des Bundes.
Die enormen finanziellen Anstrengungen des Landes sind aber notwendig, wenn wir einigermaßen unbeschadet durch die aktuelle Krise kommen wollen. Der Haushalt 2021 ist und bleibt ein Corona-Haushalt, auch wenn mein Kollege Thiele das nicht so gerne hört. Und so kommen wir auch am Thema Corona nicht vorbei - dies auch deshalb, weil die Pandemie noch lange nicht zu Ende ist, auch wenn einige dies bestreiten.
Wir haben hier vieles zum Thema Pandemie gehört. Einer der absoluten Höhepunkte jedoch findet sich im Protokoll der Plenarsitzung am 7. Oktober 2020 auf Seite 8252. Dort kann man einen Redebeitrag des Kollegen Stephan Bothe, vormals AfDFraktion, nachlesen. Der Kollege sinniert zunächst über Grippeerkrankungen und Sterbequoten, um dann zu folgender Feststellung zu gelangen: „Das bedeutet, dass wir anerkennen müssen, dass die Pandemie vorbei ist“. Liebe Kolleginnen und Kollegen, gäbe es einen Preis für den dümmsten Redebeitrag des laufenden Jahres, diese Aussage wäre mit Sicherheit preisverdächtig.
Herr Kollege Bothe, machen Sie bitte so weiter! Erklären Sie den Erkrankten und ihren Pflegekräften und Ärzten, insbesondere auch den Menschen im Ausland, wo die Zahlen noch weitaus dramatischer sind als bei uns, und all denen, die hautnah unter dieser Pandemie leiden, dass sie sich all das Leid, das sie erfahren, lediglich einbilden! Herr Kollege, Sie können uns keinen größeren Gefallen tun. Was auch immer wir getan haben, um Sie und Ihren Verein zu entzaubern - Sie können es viel besser.
Während Sie die Menschen mit Ihren Verschwörungstheorien und Fake News beglücken, werden wir hier weiterhin gemeinsam daran arbeiten, den Folgen der Pandemie zu begegnen - in wirtschaftlicher, finanzieller, aber auch in sozialer und menschlicher Hinsicht.
Die Pandemie hat diesen Landtag nicht nur als Haushaltsgesetzgeber gefordert, sie wirft auch die Frage auf - es wurde bereits richtigerweise darauf hingewiesen -, wie es in diesem Land künftig wei
Uns stellen sich sowohl ökonomische als auch gesellschaftliche Herausforderungen. Ich will dies anhand einiger Schlüsselbereiche deutlich machen, ohne deren Wirtschaftskraft wir die zur Erfüllung staatlicher Aufgaben benötigen Steuermittel nicht erzielen werden.
Niedersachsen ist Tourismusland - nicht nur deshalb, weil wir in unserem Land Jahr für Jahr Millionen von Gästen begrüßen. Niedersachsen ist die Heimat des größten Reisekonzerns der Welt. Niedersachsen ist die Heimat einer der - ebenfalls weltweit - erfolgreichsten Kreuzfahrtschiffwerften. Niedersachsen verfügt über einen exzellenten Großflughafen.
Daher ist es richtig, dass diese Landesregierung alles tut, um die Tourismuswirtschaft in Niedersachsen auch in diesen Zeiten, in denen eigentlich gar kein Tourismus stattfinden kann, am Leben zu halten,
weil wir wissen, dass die Pandemie vorbeigehen wird und dann auch in dieser Branche die Gelder verdient werden, ohne die wir die enormen Schulden, die wir jetzt aufgenommen haben, niemals werden zurückzahlen können.
Lieber Herr Kollege Grascha, ich schätze Sie als einen nicht nur anständigen, sondern auch wirklich klugen Politiker. Aber was Sie über mögliche Staatshilfen zur Rettung unserer TUI gesagt haben - die Kollegin Hamburg hat es im Wesentlichen bestätigt -, das kann ich bei aller Anstrengung nicht nachvollziehen.
Ich hingegen halte es für unverantwortlich, ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell bis zum Beginn der Pandemie tadellos funktioniert
und in erheblichem Maße zur Wirtschaftskraft und zum Steueraufkommen beigetragen hat, einfach so in den Abgrund gleiten zu lassen.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Was sagen Sie denn den Mittelständlern?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen Unternehmen wie die TUI, um aus der Krise heraus neu starten zu können. Wir brauchen solche Unternehmen auch, um die jetzige Verschuldung zurückzuführen.
Natürlich ist die TUI auch als wichtiger Auftraggeber einer der letzten Perlen der deutschen Werftindustrie gefragt. Auch wenn die fraglichen Kreuzfahrtschiffe in der Vergangenheit nicht am heimischen Standort in Papenburg gefertigt wurden, sind diese Aufträge für den Erhalt niedersächsischer Arbeitsplätze von enormer Bedeutung.
Das Thema Kreuzfahrtschiffe steht aber auch als Beispiel dafür, dass uns die Pandemie nicht nur mit ökonomischen Fragen konfrontiert. Natürlich muss man in jedem von der Pandemie betroffenen Wirtschaftsbereich auch die Frage stellen, ob das alte Geschäftsmodell noch nachhaltig ist
und ob die jetzige Krise Chancen bietet, diese Geschäftsmodelle an eine gesellschaftliche Entwicklung anzupassen, die nicht nur auf ökonomischen Erfolg, sondern auch immer mehr auf Umwelt-, Klima- und Ressourcenschonung abstellt.
(Zustimmung von Julia Willie Ham- burg [GRÜNE] - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie müssen es halt auch machen!)
Bleiben wir beim Tourismus, und reden wir über die Zukunft des einzigen niedersächsischen Großflughafens, des Flughafens Hannover-Langenhagen! Um es von Anfang an ganz unmissverständlich klarzustellen: Die CDU-Fraktion bekennt sich zu diesem Flughafen. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass unserem Flughafen in dieser Zeit durch eine Landesbürgschaft geholfen wird. Wir wollen den Menschen in diesem Land auch zukünftig Flugreisen ermöglichen, und zwar Flugreisen ab Hannover. Wir sind sicher, dass es unserem Flug
Trotzdem ist die Frage erlaubt, ob das Geschäftsmodell unseres Flughafens Veränderungen erfahren kann. Dieses Geschäftsmodell beruht in weiten Teilen auf einer sehr seltenen Eigenschaft - man kann schon fast sagen: Alleinstellungsmerkmal - dieses Airports, nämlich seiner Nachtflugerlaubnis, die im Jahr 1952 aufgrund der strategischen Lage des Flughafens im Luftkorridor nach Berlin erteilt wurde. Sie wurde nicht erteilt, damit Fluggesellschaften in der Sommerzeit extrem kostengünstige Nachtflüge zum Discountpreis anbieten können.
Niemand will diese Nachtflüge in Gänze verbieten. Aber es kann nicht richtig sein, dass unser Flughafen nur noch dadurch Geld verdient, dass diese Nachtflüge immer mehr ausgeweitet werden. Die Zahl aller Flugbewegungen ist in der Zeit von 2003 bis 2018 von 77 000 auf 63 000 gesunken. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Nachtflüge von 10 000 auf 15 000.
Meine Damen und Herren, hier ist in erster Linie der Bundesverkehrsminister gefordert, endlich ein nationales Flugverkehrskonzept zu entwickeln, da der Betrieb zahlreicher dauerhaft subventionierter Regionalflughäfen den ruinösen Wettbewerb unter den Großflughäfen ständig befeuert, weshalb man von und nach Hannover auch in der Nacht fliegen muss.
Auch die Zukunft einer anderen Landesbeteiligung - auch diese haben Sie angesprochen - wird durch aktuelle Nachhaltigkeitsdebatten beeinflusst. Ich spreche vom VW-Konzern, einem Unternehmen, ohne das eine Wiederbelebung der Konjunktur in Niedersachsen kaum denkbar ist,
einem Unternehmen, das glücklicherweise trotz Corona-Krise weiterhin Gewinne erzielt, einem Unternehmen, das daher auch auf staatliche Stützungsmaßnahmen verzichten konnte.
Dennoch ist der Erfolg dieser niedersächsischen Cash Cow nicht gottgegeben und keineswegs selbstverständlich. Trotz der Erkenntnis, dass die Wende in Richtung E-Mobilität kommen muss: Vorsicht an der Bahnsteigkante! - Die derzeit vom Bund gezahlte Mobilitätsprämie ist ein wichtiger Beitrag zum Umbau auch dieses Unternehmens.
Aktuell können gar nicht so viele E-Autos gebaut werden, wie man verkaufen könnte. Im VWKonzern sind einzelne Modelle aufgrund dieser Situation gar nicht mehr bestellbar - mit der Folge, dass viele Nutzer von alten Verbrennern diese einfach weiternutzen.
Vielleicht wäre es sinnvoll, doch einmal darüber nachzudenken, das Prämiensystem ein wenig umzubauen und auch den Kauf neuester, moderner Modelle mit Verbrennungsmotor zu bezuschussen, anstatt die Prämien für E-Autos immer weiter aufzustocken.
Die Steuern zahlenden Beschäftigten in den niedersächsischen VW-Werken und auch in zahlreichen Zulieferbetrieben würden dies sicherlich danken.
Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft gilt es auch in einem anderen Industriebereich zu erhalten. Auch dieser Bereich - ihn haben Sie ebenfalls angesprochen - ist von der Diskussion um Klima- und Umweltschutz in besonderer Weise betroffen: Ich spreche von der Salzgitter AG, die - gemessen an ihrer Wertschöpfung - eines der fünf größten Unternehmen in Niedersaschen ist. Sie ist ein Unternehmen, das sich gerade leider - hoffentlich nur vorübergehend - in einer Talsohle befindet.
Die Produktion von Stahlerzeugnissen war schon vor der Pandemie kein einfaches Geschäftsmodell. Mit der Pandemie ist das nicht besser geworden - und dies in einem gesellschaftlichen Umfeld, in dem so mancher die Schwerindustrie am liebsten ganz aus Deutschland verbannen will.
Wir hingegen wollen auch künftig eine Stahlindustrie in Deutschland und auch in Niedersachsen. Und wir werden um diese wichtige Stütze unserer Wirtschaft gegen alle Widerstände kämpfen - auch gegen die durch jene, die der irrwitzigen Meinung sind, dass Stahl in anderen Teilen der Welt klimaschonender produziert werden könne.