Ich habe in den letzten Tagen ein ausführliches Gespräch mit der Leitung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Hannover zu dem Stichwort „Kinderpornografie“ geführt. Ich kann Ihnen nur sagen: Wer die im Netz zunehmend kursierenden Bilder von kleinen Kindern sieht, die unbekleidet mit gespreizten Beinen auf irgendwelchen Blocks gefesselt fotografiert worden sind, und wer weiß, was für Netze unsere Staatsanwaltschaften bundesweit und auch in Niedersachsen ausheben, in denen ein Bild und eine identifizierte Person 30 bis 300 weitere Täterspuren aufwerfen, der weiß auch, was da auf uns zurollt. Deswegen kann ich Sie alle, parteiübergreifend, nur bitten, mich zu unterstützen, damit wir unsere Staatsanwaltschaften und Strafverfolgungsbehörden weiter stärken können. Denn das muss ein Ende haben!
Die Missbrauchsskandale haben gezeigt, dass auch der reale sexuelle Missbrauch - der übrigens auch hinter jedem Bild steckt; das dürfen wir nicht vergessen - in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen ist. Das betrifft nicht nur eine Randgruppe. Der sexuelle Missbrauch ist - wenn auch oft im Verborgenen - allgegenwärtig. Damit wir diese widerlichen Taten so effektiv und so schnell
wie möglich aufdecken und verfolgen können, ist dieser personelle Aufstockung dringend erforderlich.
Natürlich - da gebe ich dem Kollegen Bajus absolut recht - ist ebenso eine gute Prävention erforderlich, wobei es bei dieser Art von Taten mit der Prävention schwierig ist.
Wir werden im kommenden Jahr mehrere Schwerpunkte setzen. Als ein wichtiger Big Point sind die vielen Beleidigungen zu nennen, die Drohungen bis hin zu Gewalttaten gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträgern und gegenüber Polizeibeamten und Ehrenamtlichen. Die meisten von Ihnen wissen leider nur allzu gut, wovon ich hier spreche; denn das geht wahrscheinlich an niemandem von Ihnen ganz vorbei.
Diese Handlungen treffen einerseits den einzelnen Menschen, der angegriffen wird, sie sind aber zugleich auch immer ein Angriff auf unsere Demokratie und unser Gemeinwesen und damit auf uns alle. Staat und Gesellschaft sind hier gemeinsam in der Verantwortung, die Menschen zu schützen, die sich so für uns einsetzen.
Und neben der vollständigen Ausschöpfung sämtlicher Sanktionsmöglichkeiten ist es eben auch wichtig, die Ursachen von Hass und Gewalt, nach denen man sich ja häufig fragt, anzugehen.
Wir werden da im kommenden Jahr also zusätzlich 250 000 Euro investieren. Damit sollen Projekte zur Prävention von Beleidigungen, Drohungen, Hass und Gewalt gegen kommunale Amts- und Mandatsträger und alle, die sonst dazu gehören, gefördert werden.
Daneben ist es uns gelungen, den Ansatz aus der politischen Liste von 2020 in Höhe von 250 000 Euro für Maßnahmen und Projekte des Landesprogramms für Demokratie und Menschenrechte für 2021 fortzuschreiben. Denn, meine Damen und Herren, die mörderischen Taten von Rechtsextremisten in Halle und Hanau sind grausame Mahnungen, gegen menschenverachtendes Gedankengut, rechtsextreme Hetze und die daraus resultierende Gewalt konsequent vorzugehen.
reich des Extremismus in alle Richtungen schaue. Das geht auch in Richtung Islamismus und Linksextremismus. Das ist mir ganz egal. Extremismus hat bei uns nichts zu suchen.
(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das bestreitet auch nie- mand!)
Meine Damen und Herren, vom Thema Strafe und Prävention ist der Weg zum Thema Sicherheit nicht weit. Um nur einen Punkt zu nennen: Es ist erschreckend, wie wenig Respekt unseren Amtsträgern im Außeneinsatz entgegengebracht wird. Es darf nicht sein, dass Gerichtvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, Betreuungsrichterinnen und
Betreuungsrichter sowie Beschäftigte des Ambulanten Justizsozialdienstes im Außendienst ungeschützt Bedrohungen oder gar tätlichen Angriffen ausgesetzt werden. Das kommt immer häufiger vor.
Zur Erhöhung ihres Schutzes haben wir jetzt ein erst einmal zweijähriges Pilotprojekt auf den Weg gebracht, um Amtsträger im Außendienst mit mobilen Alarmgeräten auszustatten. So kann ein unbemerkter Alarm abgesetzt und zugleich die exakte Position des Alarmauslösenden gesendet werden. So wird unauffällig Hilfe von der Polizei angefordert, bestenfalls bevor überhaupt die wirklich ernste Bedrängnis eingesetzt hat. Für das Projekt werden wir in den Jahren 2021 und 2022 jeweils 200 000 Euro bereitstellen. Davon werden die Kosten für die Bereitstellung der Geräte und einer ganzjährig 24/7-besetzten Leitstelle vollständig abgedeckt.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Zukunftsfähigkeit der Justiz. Der Kollege Genthe hat es angesprochen: Aufgrund des demografischen Wandels werden wir in den kommenden Jahren in erheblichem Umfang qualifizierte, gut ausgebildete Nachwuchskräfte benötigen. Mit 100 zusätzlichen Stellen für Anwärterinnen und Anwärter, die zu Justizfachwirtinnen und Justizfachwirten ausgebildet werden, zwei neuen Stellen zur personellen Verstärkung der Norddeutschen Hochschule für Rechtspflege und zehn zusätzlichen Stellen für Rechtspflegeranwärterinnen und -anwärter zur Einführung des Datenbankgrundbuchs treffen wir hierfür eine erste notwendige Vorsorge.
Zum Thema Zukunftssicherung gehört auch immer die gute IT-Ausstattung. Die Corona-Pandemie hat auch in der Justiz sehr nachdrücklich gezeigt, wie wichtig das Thema Digitalisierung ist. Das Arbeiten
im Homeoffice ohne Qualitätseinbußen in der Zeit des Shutdowns bzw. des Social Distancing, in der wir uns immer noch befinden, ist nur ein wichtiges Beispiel. Auch hier setzen wir unseren Weg, die elektronische Akte in Rechtssachen und Verwaltungssachen einzuführen, konsequent fort. Im Haushalt 2021 stehen hierfür neun zusätzliche Stellen und 600 000 Euro für den Bereich der ITSicherheit zur Verfügung.
Die Justiz, finde ich, hat die besonderen Herausforderungen der vergangenen Monate gut bewältigt. Trotz aller Einschränkungen war die uneingeschränkte Gewährleistung des Rechtsstaates jederzeit sichergestellt. Hierbei hat uns - wie bereits erwähnt - die gute IT-Ausstattung sehr geholfen. Allerdings wissen wir derzeit noch nicht, was die nächsten Monate alles für uns bringen werden.
Eines will ich an dieser Stelle aber einmal sagen: Ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei allen Beschäftigten in der Justiz, die in diesen Monaten eine qualitativ hochwertige und großartige Arbeit in den Gerichten geleistet haben, z. B. insbesondere auch unsere Wachtmeister, die trotz aller Ansteckungsgefahren die Sicherheitskontrollen konsequent weiter durchgeführt haben, ohne dabei auch nur mit der Wimper zu zucken. Ich finde, das verdient höchste Anerkennung.
Die Verfahrenseingänge konnten ganz gut bewältigt werden. Wir müssen aber leider damit rechnen, dass als Folge der Pandemie auch in der Justiz in den kommenden Jahren Mehrbelastungen entstehen werden. Es gibt viele Prognosen, die sagen, dass die Insolvenzverfahren nach Ablauf der derzeitigen Aussetzungsfrist deutlich zunehmen werden. Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt lassen sich auch nicht absehen, und die Arbeitsgerichte werden wahrscheinlich mit Verfahrenssteigerungen zu rechnen haben. In den anderen Bereichen - von der Verwaltungsgerichtsbarkeit bis zu den Zivilsachen - ist eine Zunahme von Verfahren zur Klärung pandemiebedingter Rechtsfragen sehr wahrscheinlich.
Aufgrund dieser Erwartungen haben wir erst einmal acht Richter- und fünf Rechtspflegerstellen sowie drei Beschäftigungsmöglichkeiten für Serviceeinheiten zur Bewältigung der Mehrbelastung als Folge der COVID-19-Pandemie, insbesondere in den Insolvenz- und Arbeitsgerichtssachen, im HPE 2021/2022 aufgenommen, zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2023.
Ich frage Sie vor dem Hintergrund, dass Sie gerade von den anstehenden Belastungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit gesprochen haben und Herr Calderone ausgeführt hat, dass er die 17 000 Altfälle im Asylrecht jetzt schnellstmöglich abarbeiten möchte, wie Sie dieses Versprechen vor dem Hintergrund der Kürzungen, die Sie dort vornehmen, und der Tatsache, dass Stellen nicht besetzt werden, einlösen wollen.
Frau Hamburg, vielen Dank für die Frage. Zu den Verwaltungsgerichten komme ich noch. Zwei von diesen acht erwähnten Richtern sind auch schon jetzt für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgesehen, und ich komme gleich noch zu weiteren fünf.
Abschließend noch zum Thema Justizvollzug. Auch in der zurzeit wirtschaftlich schwierigen Situation werden wir den Justizvollzug - neben zahlreichen kleineren, auch Sachmaßnahmen, die von meinen Vorrednern dankenswerterweise schon genannt worden sind - personell verstärken. Wir schaffen für den allgemeinen Justizvollzugsdienst 15 zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten und setzen damit unseren Weg konsequent fort, die Deckungslücke zwischen dem anerkannten Personalbedarf und dem tatsächlichen Beschäftigungsvolumen im Justizvollzug nach und nach zu schließen.
Übrigens bin ich dem Verband Niedersächsische Strafvollzugsbedienstete besonders dankbar. Wir konnten uns nämlich nach einem langen, intensiven Gespräch darauf verständigen, dass die Personalkostenbudgetierung im Justizvollzug, die vom
Verband nicht für sinnvoll erachtet worden war, von ihm jetzt anders gesehen wird. Wir werden jedoch im Laufe des nächsten Jahres im Rahmen einer Arbeitsgruppe neue und transparentere Kriterien für die Verteilung der Personal- und Sachkostenbudgets erarbeiten und in dieser Weise dem Anliegen des Verbandes Rechnung tragen.
An dieser Stelle will ich auch noch einmal ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Justizvollzugs ganz herzlich danken. Ihnen gebührt tatsächlich ein besonderer Dank. Sie haben in der Zeit, die wir seit Beginn der Pandemie erleben müssen, erstens mit teilweise großen Einschränkungen hervorragend gearbeitet und ganz erheblich dazu beigetragen, dass wir den Justizvollzug bislang weitestgehend virusfrei halten konnten - toi, toi, toi -, und zweitens die Gefangenen immer motiviert, sodass diese - das hat Herr Kollege Bajus schon erwähnt - wirklich gut mitgezogen haben. Bei den Gefangenen war Widerstand nicht einmal im Ansatz zu spüren. Das ist natürlich auch auf ein gutes Miteinander zwischen Bediensteten und Gefangenen zurückzuführen.
Auch haben wir Quarantänestationen in allen Gefängnissen eingerichtet. Das sind immer Sonderaufgaben für die Bediensteten, die hier Großartiges geleistet haben. Ich bin wirklich extrem dankbar, dass das alles so gut gelaufen ist.
Zu guter Letzt: Celle. Ich war natürlich außerordentlich glücklich, als ich in der vorletzten Woche erfahren habe, dass unser nachhaltiges Drängen und Reden mit der Bundesebene dazu geführt hat, dass der Bund nun 25 Millionen Euro gibt. Wir werden das Projekt, den Staatsschutzbau in Celle voranzubringen, nun mit Enthusiasmus und Verve angehen.
Ich möchte an dieser Stelle auch unserem Ministerpräsidenten noch einmal danken, der sich seinerseits in Berlin auch für dieses Projekt mit eingebracht hat.
Abschließend möchte ich noch kurz auf die Änderungsanträge der Opposition eingehen. Dabei weiß ich, dass ich die Redezeit deutlich überzogen habe.
Meine Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ich habe Ihren Änderungsanträgen mit Erstaunen entnommen, dass Sie in meinem Haushalt Reservemittel von gut 30 Millionen Euro entdeckt haben, mit denen ich nach Ihrem Vorschlag 200 zusätzliche Beamtinnen und Beamte im Vollzug beschäftigen könnte. Ich fände
es, ehrlich gesagt, wunderbar, wenn mir diese Reserve zur Verfügung stünde, ich muss Ihnen aber leider mitteilen, dass es diese zusätzlichen Haushaltsmittel tatsächlich nicht gibt. Sie haben bei Ihrer Berechnung bedauerlicherweise übersehen, dass wir im Justizvollzug im vergangenen Jahr neben den mehr als 136 Millionen Euro für Beamtenbezüge - Titel 422 10 - auch noch 28 Millionen Euro für Tarifbeschäftigte - Titel 428 10 - gezahlt haben. Das Zweite entspricht den 30 Millionen, die Sie beantragt haben. Herr Bajus, wenn Sie diese beiden Titel zusammenrechnen und das dann auch noch richtigerweise mit dem Haushaltsansatz für 2019 und nicht mit dem für 2020 vergleichen, werden Sie feststellen, dass tatsächlich so gut wie nichts übrig geblieben ist. Auch in diesem Jahr wird sich ein ähnliches Resultat ergeben. Es tut mir leid.
Soweit Ihr Änderungsantrag und der Änderungsantrag der FDP Personalverstärkungen bei den Fachgerichten vorsehen, rennen Sie bei mir offene Türen ein. Der von Ihnen festgestellte Personalmehrbedarf ist im erforderlichen Umfang bereits berücksichtigt. Ich verweise hierzu auf den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen, der ergänzend zum Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr zusätzlich fünf Richterstellen bei den Verwaltungsgerichten vorsieht - das wollte ich nur noch einmal betont haben -, und auf die in den Haushaltsberatungen angesprochene Verwendung der im Einzelplan 11 zentral veranschlagten zusätzlichen Stellen zur Bewältigung der COVID-19Pandemie, von denen auch die Fachgerichte profitieren werden.