Beim Thema Tierwohllabel möchte ich Sie ausdrücklich loben. Ich finde es richtig, dass Sie sich schon lange für ein verpflichtendes Tierwohllabel einsetzen. Es muss an strengere Kriterien geknüpft werden, und es muss auch für alle Tierarten gelten. Da warte ich auch noch auf ein bisschen Initiative von Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die FDP-Fraktion gibt es noch eine Restredezeit von 50 Sekunden für den Abgeordneten Hermann Grupe und zusätz
liche Redezeit von zweieinhalb Minuten, wenn Sie die denn wirklich benötigen. Sie haben sich eben so wunderbar kurz gefasst.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, auch ich habe eine Antwort in irgendeiner Form auf diese zugespitzte Situation von Ihnen vermisst. Wir haben in der Debatte hier ja beschrieben, dass wir hier schwere Schieflagen haben. Ein Mitglied ihrer eigenen Fraktion hat von oligopolistischen Strukturen gesprochen. Da müssen wir doch dringend ran! Das ist die eine Seite der Medaille.
Wenn bei den Erlösen aus den genannten Gründen solche Fehlbeträge zu verzeichnen sind - um es noch sehr sachlich zu formulieren -, dann ist meine zusätzliche Frage, ob Sie in dieser Gesamtsituation nicht wirklich einmal darüber nachdenken wollen, ob Sie die millionenschweren Belastungen, die gerade aktuell für unsere Landwirtsfamilien in Niedersachsen geplant sind - - -
An dieser Stelle spreche ich auch die „roten Gebiete“ an, die zig Millionen ausmachen werden, die nach allem, was wir wissen, in der Sache überhaupt nichts bringen. Das haben die Dänen über neun oder zehn Jahre ausprobiert. Sie haben den Eiweißgehalt in ihrem Getreide auf 12,4 auf 8,4 % gesenkt. Das ist, wie Sie wissen, Vogelfutter. Da können wir noch das Kümmerkorn vermarkten. Wir können Werbemaßnahmen machen: Vogelfutter aus Niedersachsen.
Das wird die Betriebe ruinieren, ohne jeden wirklichen Anlass. Sind Sie denn wirklich einmal bereit, so wie andere Länder die Möglichkeiten auszuschöpfen, diese unsäglichen „roten Gebiete“ auf ein Minimum zu reduzieren, wie es SchleswigHolstein gemacht hat - von 50 auf 5 % -, und dann mit den Landwirten zusammen Maßnahmen zu erarbeiten, die in der Sache wirklich etwas bringen und die unsere Betriebe nicht um die Existenz bringen?
Hier erwarten wir doch dringend Antworten. Das ist doch die Grundlage dafür, dass diese Landwirte so verzweifelt auf die Straße gehen.
Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. Sie sind in Teilen schon in das Thema der Dringlichen Anfrage der FDP, die „roten Gebiete“, eingestiegen.
Frau Ministerin hat sich zu dem Wortbeitrag der Kollegin Staudte von der Grünen-Fraktion und dem Beitrag des Kollegen Grupe von der FDP-Fraktion noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Ministerin!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sie erwarten Antworten, Frau Staudte, und die erwarten auch die Landwirte von uns. Das ist mir klar.
Ich erwarte vom LEH, dass er faire Preise für diese verantwortungsvolle Landwirtschaft zahlt, und der LEH weiß, dass ich das vom LEH erwarte. Das sage ich auch, wenn ich in Branchengespräche mit der Schlachtindustrie an einem Tisch sitze. Ich erwarte einfach, dass unsere Lebensmittel wertgeschätzt werden, und zu einer Wertschätzung gehört eine faire, angemessene Bezahlung. Da sind wir noch lange nicht. Da müssen wir hinkommen. In diese Wunde werde ich persönlich immer wieder meinen Finger legen.
Natürlich stehe ich für einen Umbau in der Landwirtschaft. Das wissen auch die Landwirte. Auch die sind bereit. Aber wir müssen eben viele Hindernisse überwinden, damit dieser Umbau möglich wird.
In der nächsten Woche wird es wieder gemeinsame Gespräche mit dem Bauminister, Olaf Lies, geben, damit die TA Luft und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit den zugehörigen niedersächsischen Ausführungsbestimmungen endlich zu Ende beraten werden und auf den Weg kommen, damit unsere Landwirte wissen, wie wir es haben wollen, wie Baugenehmigungen auf den Weg gebracht werden sollen. Da muss jetzt endlich einmal eine Ansage an die Landwirtschaft gehen. Die wartet seit Jahren darauf. Dessen bin ich mir bewusst.
Wenn wir unsere Tierhaltung umbauen müssen, weil die Gesellschaft mehr Tierwohl fordert - zu Recht -, dann sind die Landwirte bereit. Aber die Gesellschaft - sprich: unsere Verbraucherinnen und Verbraucher - sind nicht bereit, an der Ladenkasse für das Mehr an Tierwohl, für das unsere Landwirte auf ihren Höfen investieren müssen, auch mehr zu zahlen. Die Bereitschaft ist im Kaufverhalten nicht zu finden.
Deswegen habe ich Anfang dieses Jahres - ich glaube, es war am 8. Januar 2020 - gesagt: Wir brauchen eine Tierwohlabgabe, weil das Mehr an Tierwohl unseren Landwirten sonst nicht über den Preis an der Ladentheke bezahlt wird.
Das sind meine Antworten. Ich erwarte einfach, dass wir den Landwirten den gesellschaftlich gewollten und gewünschten Umbau der Landwirtschaft auch aus gesellschaftlichen Geldern bezahlen.
Hermann Grupe, zu den „roten Gebieten“ kommen wir in der Dringlichen Anfrage. Meine Redezeit ist irgendwie im Minus.
Herzlichen Dank für die sachliche Debatte! Die Landwirtinnen und Landwirte auf den Höfen in Niedersachsen haben es verdient, dass wir alle in diesem Hohen Haus an der Seite unserer Landwirtschaft stehen. Vielen Dank an alle Fraktionen!
Wir müssen für die Landwirtschaft einstehen. Wir müssen politische Rahmenbedingungen setzen. Das erwarten die Landwirtinnen und Landwirte von uns. Ich will mich nicht nur hier, sondern auch in Berlin und Brüssel für die niedersächsische Landwirtschaft starkmachen.
Auch das Präsidium möchte sich bei allen Fraktionen für die gute, sachliche Debatte zu diesem nicht ganz einfachen Komplex bedanken.
Wir stellen hiermit die Erledigung dieses Punktes der Aktuellen Stunde fest und eröffnen die Besprechung zu
b) 100 Jahre Betriebsräte - mitbestimmte Unternehmen gehen stabiler und erfolgreicher durch die Krise! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 18/8115
Zu Wort gemeldet hat sich für die SPD-Fraktion der Herr Kollege Abgeordnete Frank Henning. Bitte, Herr Henning!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Antrag zur Aktuellen Stunde „100 Jahre Betriebsräte - mitbestimmte Unternehmen gehen stabiler und erfolgreicher durch die Krise!“ wollen wir ein deutliches Zeichen für die Wichtigkeit eines fairen und partnerschaftlichen Umgangs der Sozialpartner miteinander setzen.
Gerade in der Corona-Pandemie zeigt sich deutlich, dass Unternehmen, bei denen der Arbeitnehmerschutz eine große Rolle spielt, besser durch die Krise kommen und bei ihnen Arbeitsplätze erhalten bleiben. Mitbestimmte Unternehmen sind innovativer. Sie sind wirtschaftlich erfolgreicher. Sie sind familienfreundlicher. Letztlich wird dort auch besser bezahlt, um es einmal ganz deutlich zu sagen.
Die betriebliche Mitbestimmung ist aus SPD-Sicht ein Ausdruck demokratischer Teilhabe der Beschäftigten und wesentlicher Baustein für das, was wir Sozialdemokraten unter guter Arbeit verstehen. Die Mitbestimmung schafft gute Arbeitsbedingungen in den Unternehmen, ist ein Faktor des wirtschaftlichen Erfolgs und trägt zu unser aller Wohlstand bei, vor allen Dingen hier in Niedersachsen, was man bei am Beispiel des VW-Konzerns sehr gut sehen kann.
An dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, gratuliere ich übrigens dem Betriebsrat von VW, der Ende November vor 75 Jahren gegründet wurde und VW zum größten Automobilkonzern der Welt gemacht hat, mit guten Arbeitsbedingungen, Tariflöhnen und starker Mitbestimmung. Herzlichen Glückwunsch übrigens auch an die IG Metall an dieser Stelle!
SPD und CDU haben sich in ihrer Koalitionsvereinbarung zu Tarifbindung und Tarifautonomie bekannt. Die SPD-geführte Landesregierung hat das klare Ziel, die Mitbestimmung der Betriebsräte zu stärken und die Beschäftigten am Unternehmenserfolg zu beteiligen.
Mitbestimmung erleichtert auch die notwendigen Corona-Anpassungen. In der Stahlindustrie beispielsweise ist es gelungen, die berufliche Ausbildung rasch an die Einschränkungen in der CoronaKrise anzupassen. Das liegt u. a. auch an der Mitbestimmungskultur, die in dieser Branche besonders stark ausgeprägt ist. Einer Beschäftigtenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung im Bereich der
Stahlindustrie zufolge haben die Stahlbetriebe dank der traditionell starken Mitbestimmung flexible Lösungen gerade für die Ausbildung in CoronaZeiten ermöglicht.
Ein anderes Beispiel: Die Firma Sanofi mit Sitz in Frankfurt am Main forscht mittlerweile mit großem Erfolg an einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Für die 8 000 Mitarbeiter von Sanofi gilt der Flächentarifvertrag. Es gibt einen Betriebsrat, Mitbestimmung und gewerkschaftliche Vertrauensleute im Betrieb. Wie es sich gehört, ist der Organisationsgrad der Mitarbeiter bei der IG BCE außerordentlich hoch. Das Unternehmen ist nicht nur mitbestimmt, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich, wie der Impfstoff, der dort entwickelt wird, zeigt.
All das zeigt noch einmal: Mitbestimmte Unternehmen sind innovativer und erfolgreicher als Unternehmer, die beispielsweise in der Art des Manchester-Kapitalismus geführt werden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitbestimmung muss aber - das haben wir bei der gestrigen Unterrichtung durch unseren Finanzminister Hilbers über die erfolgreiche Einigung bei der Messe AG wieder gesehen - trotz aller gesetzlichen Regelungen täglich aufs Neue erkämpft und gesichert werden. Andererseits zeigt das Beispiel der Messe AG auch, dass Mitbestimmungsrechte gewahrt werden, wenn sich die Landesregierung erfolgreich einsetzt. Aber Mitbestimmungsrechte und Arbeitnehmerrechte müssen auch in diesen Verhandlungen verteidigt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ergebnis für viele Arbeitnehmer bei der Messe AG sind Kürzungen der übertariflichen Zulagen, Kürzungen des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes sowie die Einführung der Kurzarbeit - insgesamt natürlich alles belastende Maßnahmen -, und letzten Endes wird auch Personal abgebaut, allerdings aus unserer Sicht sozialverträglich - durch Altersteilzeit und durch normale Fluktuation -, sodass ich an dieser Stelle den Verhandlungsführern des Landes Niedersachsen, insbesondere unserem Ministerpräsidenten Stephan Weil, für dieses Engagement bei der Messe AG ausdrücklich danken möchte.
Sie haben am Ende auch die Mitbestimmung gerettet. Denn dadurch, dass die Mitarbeiterzahl noch weit über 500 bleibt, sind natürlich auch die Mitbestimmungsregeln nach wie vor in Kraft und bleiben auch in Zukunft erhalten. Dafür möchte ich mich
Für die SPD-Fraktion darf ich noch einmal festhalten: Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben - zumindest zunächst nicht. Wir müssen gucken, wie sich die Entwicklung dort weiter einstellt. Aber es war unser Ziel, dass dort keine betriebsbedingten Kündigungen erfolgen.