Protokoll der Sitzung vom 26.10.2005

Gut, eine klare Antwort. - Es liegen keine weiteren Fragen vor, meine Damen und Herren. Damit schließe ich die Fragestunde.

Ich rufe auf:

5 Den Bologna-Prozess für NRW weiter erfolgreich gestalten

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/468

Ich erteile für die antragstellende SPD-Fraktion der Abgeordneten Apel-Haefs das Wort. Bitte schön, Frau Apel-Haefs.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Mit der im Juni 1999 in Bologna durch die Bildungsminister aus 29 europäischen Staaten unterzeichneten Erklärung zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums wurde das Ziel vereinbart, bis 2010 eine europaweite, flächendeckend einheitliche Studiengangstruktur mit konsekutiven Studiengängen und gestuften Bachelor- und Master-Abschlüssen an allen Hochschulen einzurichten.

Hinter dieser Erklärung stand der Wille, die interuniversitäre und internationale Mobilität der Studierenden, Forschenden und Lehrenden zu stärken und damit die europäische Wettbewerbsfähigkeit sowohl im globalen Bildungsraum als auch im globalen Wirtschaftsraum zu intensivieren.

Der Bologna-Prozess ist keine isolierte Initiative der europäischen Länder zur Umgestaltung des europäischen Bildungsraums, sondern die institutionellen Reformen dienen auch dem erklärten Ziel einer effizienteren Gestaltung des europäischen Arbeitsmarktes. So ist auch auf dem europäischen Konzil in Lissabon im Jahr 2000 der Zusammenhang von Arbeitsmarktproblematik und Bildung stärker betont worden, als es bis dahin der Fall war.

Allen Beteiligten ist klar, dass ein solcher Prozess nur unter der Voraussetzung der Transparenz, des Wettbewerbs und der Vergleichbarkeit erfolgreich sein wird, das heißt: europaweite Anerkennung von Leistungsnachweisen und Prüfungen durch ein einheitliches Leistungspunktesystem sowie die Einrichtung von zwei akademischen Abschlüssen - dem Bachelor nach mindestens dreijährigem Studium sowie dem Master nach weiteren zwei Jahren.

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen liegt, wie wir alle wissen, im Herzen Europas. Durch die außerordentlich zahlreichen und intensiven Beziehungen zu allen europäischen Staaten

ist unser Land in ganz besonderer Weise in den europäischen Einigungsprozess einbezogen.

Die SPD-geführte Landesregierung hat seinerzeit daher unverzüglich auf die Bologna-Erklärung reagiert und mit der Verabschiedung des Hochschulreform-Weiterbildungsgesetzes den Hochschulen den Auftrag erteilt, ihr gesamtes Angebot an Hochschulabschlüssen bis zum Wintersemester 2007/2008 auf Bachelor und Master umzustellen.

Meine Damen und Herren, der Erfolg kann sich sehen lassen. Wir können heute feststellen, dass bisher kein Bundesland den Bologna-Prozess so konsequent und erfolgreich umgesetzt hat wie Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD)

Nahezu 43 % des gesamten Studienangebotes sind zurzeit in Nordrhein-Westfalen schon auf Bachelor beziehungsweise Master umgestellt. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 34 %. Ich darf den Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz, Prof. Gaehtgens, zitieren, der unlängst feststellte:

Unsere Zahlen zeigen es deutlich: Die neuen Studiengänge sind keine Exoten mehr.

Die Studienreform im Rahmen des BolognaProzesses hat inzwischen praktisch das gesamte Hochschulsystem erfasst und verändert die Studienlandschaft grundlegend.

Wir möchten, dass diese Entwicklung weitergeführt wird, eine Entwicklung, die immer weniger Studienabbrecher erzeugt und immer mehr Studierenden einen berufsbefähigenden Abschluss nach angemessener Studiendauer ermöglicht; ein Ziel, das angesichts der rasant steigenden Anzahl an Studienanfängern noch zusätzliche Bedeutung erlangt.

Wir möchten, dass durch die ständige Verbesserung des Studiums das Potenzial an Exzellenz, das Nordrhein-Westfalen unbestreitbar hat, voll ausgeschöpft und im internationalen Wettbewerb noch konkurrenzfähiger wird.

Meine Damen und Herren, deshalb wollen wir auf keinen Fall, dass der unbestreitbare Vorsprung, den Nordrhein-Westfalen unter einer SPDgeführten Landesregierung bei der Entwicklung des Bologna-Prozesses erreicht hat, jetzt leichtfertig verspielt wird. Das wäre nicht zuletzt im Rahmen der Exzellenzinitiative und auch bei der Berücksichtigung im Rahmen des siebten Europäischen Forschungsrahmenprogramms fatal.

Deshalb müssen die Hochschulen weiter so unterstützt werden, dass sie ihren Auftrag zur Umsetzung des Bologna-Prozesses bis 2007/2008 erfolgreich abschließen können. Das erfordert den Einsatz von Personal und Sachmitteln im Bereich Curricularreform und Qualitätssicherung der Akkreditierung der Studiengänge ebenso wie die konsequente Fortführung der von der SPD-geführten Landesregierung eingeleiteten Aktionspartnerschaft „Nordrhein-Westfalen auf dem Weg nach Bologna“.

Nun durften wir aus dem zuständigen Ministerium durchaus positive Signale hören. Ich darf Herrn Minister Pinkwart, der heute leider nicht da ist, mit Erlaubnis zitieren:

Nordrhein-Westfalen nimmt bei der Umsetzung der Studienreform einen Spitzenplatz ein.

Der Bologna-Prozess bringt wichtige Impulse, weil Hochschulabsolventen dem Arbeitsmarkt nach einer kürzeren, praxisnahen Ausbildung zur Verfügung stehen.

Ich kann dem Minister nur zustimmen. Allerdings ist es heute nicht so wichtig, ob ich ihm zustimme; viel spannender ist die Frage, ob ihm seine Kollegen und Kolleginnen von der CDU und FDP zustimmen, denn im Koalitionsvertrag von CDU und FDP hört sich das ganz anders an. Dort gibt es einerseits die Vereinbarung, den Bologna-Prozess zu verlangsamen.

(Christian Lindner [FDP]: Nein!)

Andererseits haben wir in den vergangenen Monaten schon mehrfach erfahren können, dass bei den Koalitionsvereinbarungen zwischen CDU und FDP offensichtlich die Schnelligkeit vielfach zulasten der Gründlichkeit gegangen ist. Das macht das Regieren auch nicht einfacher.

Von daher habe ich die Hoffnung, dass man über das eine oder andere inzwischen noch einmal nachgedacht hat und auch willens und in der Lage ist, Fehleinschätzungen zu korrigieren. Die Hochschulrektorenkonferenz hat es unlängst noch einmal auf den Punkt gebracht: Die Politik der Reformen darf nicht stagnieren, sondern muss mit erhöhtem Tempo fortgesetzt werden. Wir wollen diesen Weg gehen und laden Sie ein, liebe Kollegen und Kolleginnen, dabei an unserer Seite zu sein. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Apel-Haefs. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Dr. Brinkmeier.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPDFraktion hat mit ihrem Antrag Drucksache 14/468 das Thema Bologna-Prozess, sprich: vor allem die Einführung von Bachelor und Master auf die Tagesordnung des heutigen Plenums gesetzt. Das ist gut so, denn es ist ein Thema, das wir in dieser Wahlperiode sicherlich noch weiter besprechen werden.

Der größte Teil des Antrags besteht aus einem historischen Abriss und der Erklärung, worum es bei diesem Thema eigentlich geht. Bei solch einem Abriss kann man im Grunde nicht viel falsch machen. Trotzdem haben Sie an einer Stelle bezeichnenderweise etwas Geschichtsklitterung betrieben beziehungsweise sind nicht ganz vollständig gewesen: Sie deklarieren das Jahr 1999, sprich: ein rot-grünes Jahr, als Start des BolognaProzesses. Es ist nun aber Wahrheit, dass der Bologna-Prozess als solcher bereits ein Jahr vorher in Paris initiiert worden ist.

(Christian Lindner [FDP]: Sorbonne- Erklärung! 1998!)

- Richtig. Dort unterzeichneten aus Anlass des 800. Jahrestages der Gründung der Sorbonne - und zwar am 25. Mai 1998 - die für das Hochschulwesen ihres Landes zuständigen Minister der vier größten EU-Länder - Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland - die sogenannte Sorbonne-Erklärung, nach der die Harmonisierung der europäischen Bildungsabschlüsse anzustreben sei. Der deutsche Unterzeichner war Jürgen Rüttgers, der damalige Forschungsminister, unser aller Ministerpräsident.

(Beifall von der CDU)

Ich denke, die Sozialdemokraten sollten so fair sein, das entsprechend zu würdigen. Wir sprechen Ihnen dort, wo Sie eine Leistung erbracht haben, auch nicht das Recht auf eine Würdigung ab. Das sollte im fairen Umgang miteinander möglich sein.

In den Jahren seit 1998 hat es eine Fülle von Diskussionen gegeben, ob überhaupt und wie die Einführung der konsekutiven Studiengänge stattfinden soll. Wir wissen, dass sich auch der Landtag in der vergangenen Wahlperiode damit beschäftigt hat.

Mittlerweile ist aber festzustellen, dass die grundsätzliche politische Diskussion darüber, welche

Auswirkungen und Maßnahmenpakete der Bologna-Prozess mit sich bringt, weitgehend beendet ist, ganz zu schweigen von der Diskussion über die Frage, ob man überhaupt konsekutive Studiengänge einführen will. Diese Frage ist mit ja beantwortet worden.

Ich sehe jedenfalls zwischen den Parteien, die hier im Landtag vertreten sind, in dieser Frage keine wesentlichen Unterschiede mehr. So verstehe ich auch Ihre Rede, Frau Kollegin. Vielmehr befindet man sich jetzt eher in der Phase der Implementierung, also in der handwerklichen Phase, in der sicherlich noch eine ganze Reihe von Fragen zu klären ist.

Der allergrößte Teil dieser Fragen wird aber im direkten Zusammenspiel zwischen den Hochschulen und der Exekutive geklärt werden. Nur noch einige Probleme werden uns im Landtag - im Plenum - beschäftigen. Wir könnten im Ausschuss oder im Plenum zum Beispiel noch einmal darüber diskutieren, was es mit der Anerkennung von dreijährigen Bachelorstudiengängen an USHochschulen auf sich hat und wie wir da vielleicht unseren Einfluss geltend machen müssen.

Einige Fragen können sicherlich noch kommen. Aber das meiste befindet sich jetzt schon im Verfahren. Darum verwundert es eigentlich nicht, dass in Ihrem Antrag gar keine Forderungen mit stark inhaltlichem Charakter auftauchen, sondern dass eher verfahrenstechnische Wünsche nach dem Motto "Weiter so" geäußert werden.

Was aber bringt uns das in der Plenardebatte? Ich möchte auf einige Ihrer Forderungen eingehen. Die SPD fordert - ich zitiere -:

"… die Hochschulen weiterhin bei der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge zu unterstützen, damit der Prozess wie geplant zum Wintersemester 2007/2008 abgeschlossen wird."

Darauf muss ich Ihnen antworten: Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Es soll bei dem Zeitplan bleiben. Ich erinnere auch an die Stellungnahme der Hochschulrektoren. Begründete Ausnahmen können gemacht werden. Ich glaube, wir sind uns einig, dass man darüber reden kann, wenn ein einzelner Studiengang aus irgendeinem Grund sagt: "Wir haben noch Probleme, wir müssen das ein Jahr später einführen.“ Aber ich glaube nicht, dass die SPD etwas anderes meint, wenn es um die Grundsatzentscheidung geht. Wir sind also darüber einig und brauchen nicht mehr lange darüber zu debattieren.

Man könnte natürlich überlegen, ob das kleine Wörtchen „weiterhin", das unter diesem Punkt steht, von den Hochschulen nicht hier und da vielleicht als unangenehm empfunden wird. Vielleicht erwarten die nämlich, dass das neu geführte Ministerium einige Sachen besser macht. Aber ich will nicht in Abrede stellen, dass von den Kolleginnen und Kollegen - von Herrn Schultheis damals - sicherlich gute Arbeit geleistet worden ist.

Ferner fordert die SPD:

"… die von der SPD geführten Landesregierung

- Sie schreiben nicht, von der rot-grünen Landesregierung, sondern beziehen sich nur noch auf die SPD -