Protokoll der Sitzung vom 26.10.2005

Meine Damen und Herren, zum Thema „Windkraft“ ist viel gesagt worden. Ich will nur einen Punkt ausführen: Die Nabenhöhe der Windkraftanlagen hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Wenn die Windkraftanlagen größer werden, brauchen wir entsprechende Abstände, damit die Menschen in der Lage sind, Windkraftanlagen in Nordrhein-Westfalen überhaupt noch zu akzeptieren. Deswegen ist am Windkrafterlass auch richtig, dass der Abstand zur Wohnbebauung vergrößert worden ist. Nur dadurch gibt es noch eine Akzeptanz der Windkraft in Nordrhein-Westfalen.

Wir setzen jetzt um, was wir vor der Landtagswahl gesagt haben: Wir wollen keine Windkraftanlagen im Wald. Die Bevorzugung von Windkraftanlagen im Landschaftsgesetz - so etwas hat es in dieser Form nur in Nordrhein-Westfalen gegeben - haben wir durch den Antrag der Koalitionsfraktionen geändert. Ich glaube, das ist richtig und vernünftig.

Wir müssen insgesamt - das sage ich auch als Umweltminister - bei der Novellierung des EEG auch auf der Bundesebene darauf achten, dass wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Die Förderung von regenerativer Energie in der gesamten Breite - und die Windkraft ist ein Teil der regenerativen Energie - soll nämlich auch in Zukunft stattfinden.

Es ist richtig: Bei der Frage nach dem Nationalpark Eifel hat es immer eine breite Übereinstimmung gegeben. Wenn man in der Eifel ist - ich bin jetzt auch in meiner neuen Funktion schon mehrmals dort gewesen -, kann man in der Tat beim Tourismus und bei den Übernachtungen ein deutliches Plus feststellen. Zusätzliche Arbeitsplätze sind in der Eifel gerade im Tourismus angesiedelt worden. Daher, meine Damen und Herren, ist die Einrichtung des Nationalparks Eifel ein Erfolgsmodell für Nordrhein-Westfalen, das von der neuen Landesregierung begleitet wird - so, wie wir es auch schon vorher aus der Opposition heraus getan haben.

Nun zum zweiten Thema: Ostwestfalen. Wir sind im Gespräch mit der Region. Wir treffen keine Entscheidung gegen die Region.

(Beifall von CDU und FDP)

Heute findet ein wichtiges Gespräch des Staatssekretärs mit den Landräten und den Bürgermeistern in Ostwestfalen statt. Morgen findet ein Gespräch mit den Landtagsabgeordneten aus Ostwestfalen statt. Am 28. Oktober findet ein Gespräch mit den Naturschutzverbänden statt.

Ich weiß, dass die Grünen das Thema „Einrichtung eines Nationalparks in Ostwestfalen“ - Stichworte: Senne und Egge - vor der Landtagswahl künstlich hochgezogen haben. Frau Höhn, ich möchte nur kurz auf ein Ergebnis der Landtagswahl zurückkommen - daran kann man gut die Stimmung bei den Menschen ablesen -: Im Wahlkreis Paderborn-Land - so will ich ihn einmal bezeichnen - hat Frau Kollegin Westerhorstmann 65,2 % der Stimmen bekommen.

(Beifall von der CDU)

Sie von den Grünen dagegen sind trotz aller Kraft, die Sie in dieses Thema gesteckt haben, mit 3,4 % abgestraft worden. So hat die Region gesprochen - nicht, weil sie sich grundsätzlich verweigert, sondern weil sie mitgenommen werden will. Deswegen hat meine Partei, die CDU, in der Region eine ganz andere Verantwortung, als das bei Ihnen der Fall ist. Daher gehen wir mit dem Thema vernünftig um, ohne das Ziel aus dem Auge zu verlieren.

Zwei Sätze noch zu den Themen „Kennzeichnungsverordnung“ und „Dieselrußfilter“: Die Kennzeichnungsverordnung ist auf den Weg gebracht. Die Länder erarbeiten zurzeit ein Konzept für ein finanzierbares Kfz-Steuer-Modell, das auf die Nachrüstung von Fahrzeugen beschränkt bleiben soll, das die Aufkommensneutralität für die Länder sicherstellen und eine ausreichende Anreizwirkung entfalten soll. Das ist der eine Teil. Hinzu kommt die neue Kennzeichnungsverordnung.

Ich möchte dabei daran erinnern, dass Herr Bundesumweltminister Trittin mit einer Verordnung ins Bundeskabinett gegangen ist, die selbst im Bundeskabinett keine zwei Minuten Bestand hatte. Deswegen ist es gut, dass die Bundesländer im Bundesrat eine Entscheidung getroffen haben - mit maßgeblicher Unterstützung und unter Mitarbeit des Landes Nordrhein-Westfalen. Wir kommen bei dieser Frage in den nächsten Wochen ein Stück weiter. Ich denke, dass diese Dinge

durch den Bundestag vollzogen werden, nachdem er sich nun konstituiert hat.

Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass ich enttäuscht war, dass Sie, Frau Höhn, sich nicht dafür bei mir bedankt haben, dass diese Landesregierung mit einer riesigen Kraftanstrengung des Ministerpräsidenten, der Wirtschaftsministerin und des neuen Umweltministers die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass unter dem Rhein und unter den Deichen des Rheins keine Kohle mehr abgebaut wird.

(Beifall von der CDU - Lachen von Bärbel Höhn [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, was haben wir in dieser Frage für ein Erbe übernommen! Wenige Tage nach der Landtagswahl haben wir über dieses Thema gesprochen. Dieses Erbe war kein Pappenstiel.

(Zuruf von Bärbel Höhn [GRÜNE])

Wir haben umgehend gehandelt.

(Lachen von Bärbel Höhn [GRÜNE])

Dieser Fortschritt, meine Damen und Herren, ist auch im Sinne des Hochwasserschutzes in Nordrhein-Westfalen ein ganz wichtiges Thema der neuen Landesregierung. Unter dem Rhein und unter den Deichen wird keine Kohle mehr abgebaut. Das ist ein zentraler Erfolg der Umweltpolitik dieser Landesregierung.

(Beifall von der CDU)

Eine rot-grüne Regierung hat die Kraftanstrengung, keine Kohle mehr unter dem Rhein und seinen Deichen abzubauen, in den zehn letzten Jahren nicht aufgebracht. Im Gegenteil! Die Pläne wurden stattdessen unter der alten rot-grünen Regierung immer weiter getrieben. Es gab keinen Stopp.

(Zuruf von Bärbel Höhn [GRÜNE])

Deswegen ist es in diesem Zusammenhang gut, dass es eine neue Landesregierung gibt, die dieses Thema beherzt aufgegriffen hat. Sie nimmt das Thema „Hochwasserschutz in NordrheinWestfalen“ ernst. Dabei hat sie durch ganz konkrete Maßnahmen und politische Entscheidungen deutlich gemacht, dass zukünftig in NordrheinWestfalen - ich wiederhole es noch einmal - keine Kohle mehr unter dem Rhein abgebaut wird. Damit hat ein neuer Punkt in der Umwelt- und Energiepolitik in Nordrhein-Westfalen begonnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. - Meine Damen und Herren, der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/464 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie - federführend - sowie an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss erfolgen. Wenn Sie damit einverstanden sind, bitte ich um das Handzeichen. - Ist jemand dagegen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann haben wir das so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

3 Gesetz über die Feststellung eines zweiten Nachtrags zu den Haushaltsplänen des Landes Nordrhein-Westfalen für die Haushaltsjahre 2004/2005 (Zweites Nachtrags- haushaltsgesetz 2005) und zur Änderung des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbesoldungs- gesetz - LBesG NRW) und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und die Gemeindeverbände in den Haushaltsjahren 2004/2005 und zur Regelung des interkommunalen Ausgleichs der finanziellen Beteiligung der Gemeinden am Solidarbeitrag zur Deutschen Einheit in den Haushaltsjahren 2004 und 2005 und zur Änderung des Gesetzes über die Finanzierung der Ersatzschulen (Ersatzschulfinanzgesetz - EFG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/300

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich dem Finanzminister, Herrn Dr. Linssen, das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den grundlegenden Pflichten eines Kaufmanns bei der Geschäftsaufnahme gehört es als Erstes, eine Bilanz aufzustellen. Nur dann genügt er den Vorschriften des Handelsrechts.

Diese Bilanz muss über das Verhältnis des Vermögens und der Schulden Auskunft geben. Bei ihrer Aufstellung müssen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung beachtet werden. Sie muss vor allem, so schreibt es das deutsche

Handelsgesetzbuch seit Generationen vor, klar und übersichtlich sein. Das, meine Damen und Herren, sind kurz gefasst die Pflichten eines ordentlichen Kaufmanns bei Geschäftsaufnahme.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Michael Vesper)

Nun ist der Staat kein Kaufmann im handelsrechtlichen Sinne und unterliegt bei seinem Tun und Lassen nicht den Vorschriften des Handelsgesetzbuches. Warum aber sollte des schaden, wenn sich der Staat auf die Grundsätze eines ordentlichen und - das füge ich hinzu - vorsichtigen Kaufmanns besinnt? Deshalb lege ich Ihnen als Finanzminister heute eine solche Bilanz vor.

Der Entwurf des zweiten Nachtragshaushalts für das Jahr 2005 ist die Abschlussbilanz von 39 Jahren roter und rot-grüner Finanzpolitik. Gleichzeitig ist er aber auch die Eröffnungsbilanz für die Arbeit der Koalition der Erneuerung. Klar und übersichtlich, meine Damen und Herren, muss eine Bilanz sein. Daran werde ich mich als Finanzminister halten. Deshalb ziehen heute mit dem Entwurf des zweiten Nachtragshaushaltes 2005 Offenheit und Transparenz in die Finanzpolitik dieses Landes ein.

(Beifall von der CDU)

Heute, mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2005, müssen wir offen und klar bilanzieren, wo Nordrhein-Westfalen finanziell wirklich steht, damit wir ab morgen, also beim ordentlichen Haushalt für das Jahr 2006, transparent und sparsam haushalten können. Darauf baut unsere Finanzpolitik der 14. Wahlperiode auf, und dies wird die Haushalte prägen.

Meine liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Bilanz hat im Geschäftsleben unter anderem die Funktion, bei Kapitalgebern und Kunden für das nötige Vertrauen in die Seriosität des Unternehmens zu sorgen. Das gelingt aber nur dann, wenn die Bilanzzahlen stimmen und die Geschäftsprognosen nachher der rauen Wirklichkeit auch tatsächlich standhalten. Das war bei den Haushalten in den vergangenen Jahren eindeutig nicht der Fall,

(Beifall von der CDU)

insbesondere nicht beim Doppelhaushalt 2004/2005. Mit unrealistischen Annahmen und falsch kalkulierten Zahlen wurden von der letzten Landesregierung die Haushalte schöngerechnet und zuletzt - Sie erinnern sich - immer wackeliger zusammengezimmert. Ein Neuanfang macht es daher unbedingt erforderlich, einen klaren und eindeutigen Schlussstrich unter diese Finanzpolitik zu ziehen.

(Beifall von der CDU)

Es ist erforderlich, die Risiken der Haushalte offen zu legen und deutlich zu machen, woran wir sind: Rot-grün hat uns ein katastrophales Erbe hinterlassen.

(Beifall von der CDU)

Die Haushaltslage, meine Damen und Herren, ist dramatisch. Wie uns die Expertenkommission gestern vorgerechnet hat, wird sich die Nettoneuverschuldung des Landes bis 2010 auf über 10 Milliarden € erhöhen, wenn nicht schon mit dem Haushalt 2006 energisch gegengesteuert wird. Um die Leistungsfähigkeit des Staates zu erhalten, braucht er finanzielle Handlungsfähigkeit. Das macht einen Kassensturz und eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung notwendig.

Lassen Sie mich jedoch mit den Fakten beginnen, an denen selbst die alte Regierung nicht vorbeigekommen ist. Schon nach der mit dem Haushaltsplan der alten Landesregierung vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung war für das Ende des Jahres 2005 mit einer Rekordgesamtverschuldung von 111 Milliarden € zu rechnen. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 6.146 €. An der Richtigkeit dieser Erwartung der alten Landesregierung lässt der Schuldenstand zum 30. Juni 2005 mit 106,8 Milliarden € auch keine Zweifel aufkommen.

Das Haushaltsvolumen ist in den letzten Jahren ständig gewachsen, nämlich von 44 Milliarden € im Jahre 1995 auf 49,4 Milliarden € im Jahre 2005. Mit anderen Worten: Alleine in der Zeit der rot-grünen Landesregierung stieg das Volumen um 12 %.

Die Zinslastquote, also der Anteil der Zinsausgaben am Haushaltsvolumen, ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten trotz eines kontinuierlich gesunkenen Zinsniveaus stetig angestiegen. Während diese Quote 1980 noch 3,8 % betrug - ich habe das noch erlebt, weil ich damals in den Landtag kam -, lag sie 2004 bereits bei 9,6 %. Damit wurden die Spielräume des Haushalts mehr und mehr eingeengt.

Eine gegenläufige Entwicklung lässt sich bei der Investitionsquote ausmachen. Sie ist kontinuierlich gesunken. 1980 lag sie bei 22,4 %, bis 2004 schrumpfte sie auf 9,5 % zusammen.

Und last but not least zur Personalsteuerquote. Sie liegt ohne Berücksichtigung der ausgegliederten Landesbetriebe und Sondervermögen in diesem Jahr bei 59 %. Das heißt, NordrheinWestfalen gibt fast 60 % seiner Steuereinnahmen für das Personal aus.