Ich will das jetzt nicht noch einmal alles vorlesen. Sie konnten es nicht so leicht. Sie mussten einen Investitionsbeitrag leisten. Sie bekamen nicht die volle Unterstützung, und es wurden nicht die kompletten Beträge übernommen. Es geht heute leichter.
Die pädagogische Fragestellung, die der Kollege Jörg angesprochen hat, ist eine berechtigte. Deshalb lautet der Ansatz unseres Projektes auch nicht: Wir wollen das ganze Land in Betriebskindergärten umwandeln!, sondern wir wollen das Einrichten und das Betreiben von Betriebskindergärten erleichtern. Dass ein Kind auch im eigenen Umfeld gut aufwächst und es nicht nur von Vorteil ist, mit „Unternehmenskindern“ und nicht mit den Kindern, mit denen man nachmittags vielleicht spielt, zusammen zu sein, ist sicher eine Überlegung, die man berücksichtigen kann. Nur: Angesichts der geringen Zahl, über die wir sprechen, halte ich diese Problematik für nicht so schwerwiegend, wie Sie sie beschrieben haben.
Die Broschüre, nach der Christian Lindner gefragt hat, wird aufgelegt, wenn das Kinderförderungsgesetz beschlossen ist. Der Bund wird ja in den nächsten Wochen die Beratung seines Kinderförderungsgesetzes abschließen. Da gibt es noch einmal neue Konditionen. Wenn die beschlossen und bekannt sind, wird die Broschüre für die Betriebe, insbeson
dere für mittelständische Betriebe, neu aufgelegt. Ich denke, dass das eine wichtige Unterstützung ist.
Hinzu kommt – Sie haben nach Wettbewerben gefragt, Frau Asch; darauf werden wir demnächst in unserer Antwort auf Ihre Kleine Anfrage eingehen –: Wir haben den Wettbewerb familie@unternehmen.NRW gestartet, weil wir gute Ideen sammeln wollen. Wettbewerbe haben den Zweck, gute Ideen, hier in Betrieben, zu sammeln, damit andere sie nachahmen können. Es gehört nämlich mehr dazu, als nur Kindertagesplätze bereitzustellen. Wenn sich ein Unternehmen familienfreundlich aufstellt, dann braucht man dazu mehr. Viele Unternehmen tun das auch schon.
Insofern glaube ich, dass dieser Koalitionsantrag den Blick auf ein Feld richtet, in dem wir Defizite haben, in dem wir in Nordrhein-Westfalen besser werden können, wobei das KiBiz die Voraussetzungen geschaffen hat. Jetzt geht es um die Umsetzung und darum, viele Unternehmen zu ermutigen, im eigenen Standortinteresse familienfreundlicher zu werden.
Vielen Dank, Herr Minister. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind.
Wir kommen zur Abstimmungsempfehlung des Ältestenrates. Dieser empfiehlt uns, die Anträge Drucksachen 14/7457 und 14/7455 an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie und an den Ausschuss für Frauenpolitik zu überweisen. Im federführenden Ausschuss soll dann auch die abschließende Beratung und Abstimmung erfolgen. Wenn Sie mit dieser Überweisungsempfehlung einverstanden sind, bitte ich Sie, das durch Handaufzeigen zu signalisieren. – Herzlichen Dank. Ich stelle die Zustimmung aller Fraktionen zu dieser Überweisungsempfehlung fest.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Frau Kollegin Beer das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist zurzeit eine sehr interessante Bewegung zu verzeichnen. Da wird versucht, den Flurschaden zu bereinigen, den die Ministerin mit ihrer tendenziösen Interpretation und Datenauswahl zu den Ergebnissen im Zentralabitur 2008 in Bezug auf die Gesamtschuloberstufen angerichtet hat.
CDU-Abgeordnete versichern den Gesamtschulen vor Ort, wie entsetzt sie über diesen ministeriellen Rohrkrepierer sind und dass sie sich ausdrücklich von den Anti-Gesamtschultiraden der FDP distanzieren, die, mit dem Gesamtschulrambo Witzel an der Spitze, unterwegs ist,
Es ist schon interessant, mit welchen Attributen die FDP regelmäßig die Gesamtschularbeit diskreditiert. Die Gesamtschulen würden die Schülerinnen und Schüler künstlich begaben. Die Abiturnoten seien nichts wert, weil die Vornoten geliftet würden. – Das ist böswillige Diffamierung der Gesamtschularbeit pur.
Die Wahrheit ist: Gesamtschulen sind diejenigen Schulen, denen es gelingt, mehr Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen Familien, aus benachteiligten Lebenslagen zum Bildungserfolg bis hin zum Abitur zu führen.
So hat es auch der Bevölkerungswissenschaftler Dr. Keil, der lange Jahre in der Bezirksregierung Detmold tätig gewesen ist, aus den aktuellen amtlichen Schuldaten herausgearbeitet und am letzten Samstag aktuell in Paderborn vorgestellt, dass nämlich in den Regionen Nordrhein-Westfalens, wo es mehr Gesamtschulen gibt, die Abiturientenquoten signifikant steigen. Das gilt gerade auch für den Bildungserfolg von Migrantinnen.
Blicken wir auch auf die Migrantinnenanteile an Gymnasien. Darauf muss man dezidiert hinweisen, dass gerade an den Gymnasien die Kinder aus bildungsbewussten, sozial bessergestellten ausländischen Familien, Migrantinnenfamilien, landen. Das ist eine ganz andere Schülergruppe, als sie in der Regel und in dieser Konzentration an den Gesamtschulen vertreten ist. Deswegen ist es eine besondere Leistung der Gesamtschulen, gerade ihre Migrantinnenkinder zu diesem Bildungserfolg zu führen – und der ist Ihnen weniger wert.
Darüber hinaus gilt der Befund aus dem Integrationsbericht der Landesregierung, dass durchschnittlich mehr als neun von zehn Gymnasiasten und Gymnasiastinnen weder Ausländerinnen noch Aussiedler sind. 5,7 % betrug der Anteil von ausländi
schen beziehungsweise ausgesiedelten Schülerinnen und Schülern an Gymnasien, 19,1 % an Gesamtschulen,
die dann aber für ihre Integrationsleistung von der Ministerin Nackenschläge ohnegleichen erhalten haben.
Gute Bildungssysteme und ihre Verantwortlichen belohnen Integrationsleistungen. Das kann man unter anderem vom Bertelsmann-Preisträger „Toronto District School Board“ lernen, zu dem Sie, Frau Ministerin, bis heute beharrlich geschwiegen haben. Dazu sollten Sie sich einmal verhalten, wie da eigentlich die Stoßrichtung der Landesregierung ist. Erfolgreiche, gute Bildungssysteme stoßen nicht die Schulen vor den Kopf, die sich um Integration bemühen und dort Erfolge zu verzeichnen haben. Aber genau das passiert in NRW.
Es ist zudem infam, wenn die FDP die Abiturnoten an Gesamtschulen grundsätzlich infrage stellt, denn – ich habe das schon erwähnt – es wird wie mit der tibetanischen Gebetsmühle behauptet, die Vornoten seien geschönt. Kein Wort, auch nicht in den Ausführungen der Ministerin, über die Prüfungsergebnisse, nach denen knapp 30 % der Leistungskursklausuren im Fach Deutsch in der zentral gesellten Klausur besser waren als die erreichten Vornoten.
Kein Wort darüber, dass mehr als 80 % der erfassten Klausuren in einer kaum zu fassenden Notentendenz positiv oder negativ abweichen. Herr Witzel, toben Sie sich mit Ihrer persönlichen Traumaarbeit,
mit der Sie daran zu kauen haben, dass Ihr Gymnasium in Essen in eine erfolgreiche Gesamtschule umgewandelt worden ist, doch bitte nicht immer in diesem Landtag aus. Das ist Ihr persönliches Problem, das hat in der Landespolitik nichts zu suchen.
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Die ist aber sehr erfolgreich und be- liebt: 67 Anmeldungen für 145 Plätze Sollka- pazität!)
Ihr gesamtes Szenario bricht doch dauernd zusammen. Was Sie vortragen, ist haltlos, stillos, einfach völlig losgelöst von der Realität.
Wer so agiert und die Hand an die Gesamtschuloberstufen legen will, ist ein bildungspolitischer Brandstifter;
ein bildungspolitischer Brandstifter, gerade weil wir in Nordrhein-Westfalen mehr junge Menschen an den Oberstufen zum Bildungserfolg führen müssen, während Sie dafür sorgen, dass immer früher sortiert wird, dass sich soziale Benachteiligungen in diesem aussortierenden System immer stärker auswirken, gerade dadurch, dass Sie dafür sorgen, dass die Migrantinnen hauptsächlich den Hauptschulen zwangszugeordnet werden, anstatt in weiterführende Bildungsgänge hineinzukommen.
Benachteiligten mehr Bildungserfolg zu ermöglichen, und das gerade an Gesamtschulen, das ist die Aufgabe, der wir uns hier im Land stellen müssen. Interessanterweise ist es die CDU, die vor Ort etwa in Wuppertal die Erweiterung der Gesamtschullandschaft fordert. Sie aber sind es hier, die den Gesamtschulen weitere Knüppel zwischen die Beine werfen.
Es sollte auch endlich einmal die Frage gestellt werden, warum die Gymnasien, die die leistungsstärksten und sozial privilegierten Schülerinnen vorweisen können, nicht weit bessere Ergebnisse erzielen. Darüber hinaus ist es ein Unding, wenn die Schülerinnen an Gesamtschulen, die mit der Fachhochschulreife gerade in naturwissenschaftliche und technikorientierte Studiengänge an die FH gehen, dann auch noch als Abbrecher diskreditiert werden. Sie haben Schulerfolg vorzuweisen. Das muss heute auch endlich einmal deutlich gesagt werden.
Sie haben die Landschaft gegen sich aufgebracht, haben Eltern, Schülerinnen und Kolleginnen, gegen sich aufgebracht, was auch die Leserbriefe in den Zeitungen landesweit dokumentieren. Heute ist die Gelegenheit, deutlich zu machen: Gesamtschulen werden auch in Nordrhein-Westfalen gewünscht, Gesamtschuloberstufen werden von der Ministerin und von den Regierungsfraktionen nicht infrage gestellt. Dazu müssen Sie heute dem Antrag zustimmen. Alles andere würde weiteren Brand in die Schullandschaft tragen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Hachen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um mit der Überschrift Ihres Antrages zu beginnen: Nicht Gesamtschulen, Frau Beer, brauchen Perspektiven, sondern vor allem Schülerinnen und Schüler.