Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

(Zuruf von Christian Lindner [FDP] – Weitere Zurufe von der FDP)

Sie sind die Bankrotteure in Nordrhein-Westfalen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Zurück in die DDR!)

Die Bundesregierung hat zwar ein Maßnahmenpaket vorgelegt, das mit 500 Milliarden € die Finanzmarktstabilität sichern soll, bisher aber keinen Euro für Konjunkturmaßnahmen vorsieht. Immerhin gibt es jetzt eine Forderung danach.

Eines kann man aber in keiner Weise sehen, nämlich ein Konjunkturprogramm, das diesen Namen

tatsächlich verdient, das die Kaufkraft vieler Menschen stützt, das einkommensarme Schichten begünstigt oder vielleicht sogar die Bildungsarmut beseitigt. Davon würden auf lange Sicht auch Unternehmen profitieren.

Stattdessen sind die Regierungspläne halbherzig. Nur Gutverdienende können sich den steuerlich begünstigten Neuwagen leisten. Nur Immobilienbesitzer nehmen den günstigen Wärmedämmungskredit mit. Was sie davon an die Mieter weitergeben, ist fraglich. Diese Dinge werden im Augenblick diskutiert. Das hilft in keiner Weise weiter.

Als erste unmittelbare Konsequenz ist es sinnvoll, dass der Finanzmarkt wieder stärker durch den Staat kontrolliert wird und Bankmanager auch mit ihrem Privatvermögen für die angerichteten Schäden Verantwortung übernehmen. Die Offenlegung der Konten und der Vermögensverhältnisse der Großaktionäre, Vorstände und leitenden Manager der in die Finanzkrise verwickelten Banken und Konzerne wäre eine erste sinnvolle Maßnahme.

Das gesamte Privatbankensystem muss in öffentliches Eigentum überführt werden. In den USA ist man übrigens schon einen Schritt weiter. Es muss vor allem auch demokratisch kontrolliert werden. Das wird hier in keiner Weise gemacht.

Damit kann erreicht werden, dass die gewaltigen Ressourcen der Banken wieder ihrem eigentlichen Zweck dienen, nämlich die Wirtschaft im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung mit Krediten zu versorgen.

Sieht man sich an, was in Berlin gemacht worden ist, dann muss man feststellen, die Bundesländer – darunter auch NRW – haben bei der Umsetzung des Maßnahmenpaketes nichts zu sagen. Letztendlich entscheidet das Diktat des Finanzministers.

Während Bund und Länder durch die Föderalismusreform zwei erhebliche Beschränkungen ihrer Verschuldungsgrenzen und damit auch neue Sparzwänge verordnet werden sollen, macht das Finanzmarktstabilisierungsgesetz den Weg zu einem neuen Niveau der Staatsverschuldung frei, an dem die Länder beteiligt werden sollen. Das sind die konkreten Konsequenzen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Mit der Politik werden Sie noch den nächsten Bankrott erleben. Ich wünsche Ihnen eine gute Reise.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Für die Landesregierung hat jetzt Frau Ministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Sagel, Sie haben leider die bahnbrechendste Idee, die die Linken in diesem schwierigen Umfeld haben, nicht vorgetra

gen, nämlich durch die Erhebung einer zehnprozentigen Millionärssteuer 200 Milliarden € einzunehmen.

(Beifall von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Ich bedanke mich ausdrücklich für das Klatschen. Ich hatte vermutet, dass Sie vielleicht etwas studiert haben, aber bestimmt kein MINT-Fach.

(Beifall von der CDU)

Ich will deshalb nur kurz die Zahlen nennen. Das gesamte Einkommensteueraufkommen beträgt 200 Milliarden €. Will man diesen Betrag zusätzlich in die öffentlichen Kassen lenken, muss man die Einkommensteuer für jeden von uns verdoppeln. Sagen Sie das bitte denjenigen, die Sie aus der Bevölkerung für Ihre Ideen gewinnen wollen.

Meine Damen und Herren, Herr Priggen hat zu Recht eine ehrliche Debatte gefordert. Das ist nie ganz leicht. Herr Priggen, Sie haben aber auch keinen einzigen Punkt der Selbstkritik vorgetragen. Finden Sie das nicht erstaunlich? Ihnen ist schon die Tatsache vorgehalten worden, dass die Einführung von Hedgefonds und die Deregulierung unter Rot-Grün erfolgt ist. Warum sagen Sie nicht, wir haben die Auswirkungen nicht ganz überblickt? Seit dem Jahr 2001 wussten Sie, dass das Geschäftsmodell der WestLB spätestens im Jahr 2005 nicht mehr in dieser Form trägt. Was haben Sie getan, um zu verhindern, dass wir in eine Situation kommen, die jetzt viel schwieriger zu beherrschen ist?

Die konkreten Maßnahmen, die Sie von uns hören möchten, sind alle Gegenstand der Überlegungen in Arbeitskreisen. Sie können sich dessen sicher sein. Wir machen aber auch nicht alles im Schweinsgalopp, sondern das will seriös abgearbeitet werden. Es gibt keinen einzigen Punkt, an dem wir nicht sagen, es wird Gesprächs- und Debattenbedarf geben und im Anschluss wird man sehen, worauf man sich verständigt.

Das Schlimmste, was ich heute Morgen gehört habe, hat sich Herr Eiskirch geleistet. Es ist unglaublich, Herr Eiskirch. Für wie dumm halten Sie Ihre Zuhörer – wenn Sie denn welche haben? Sie sprechen hier über Einnahmen, die Sie bereits ausgeben wollen, obwohl sie frühestens im Jahr 2013 zur Verfügung stehen. Können Sie mir einmal den Zusammenhang zu dem vortragen, was wir hier heute besprechen müssen? Das ist unglaublich!

(Hannelore Kraft [SPD]: Davon redet doch der Ministerpräsident! Das ist doch Teil sei- nes Programms!)

Es gibt Mindestvoraussetzungen für Abgeordnete, Herr Eiskirch.

(Ralf Jäger [SPD]: Für Minister doch erst recht! – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie können gar nicht zuhören.

Diese Voraussetzungen könnten doch darin bestehen, dass das fertige Manuskript nicht so sakrosankt ist, dass man noch die Chance hat, zuzuhören. Sie sind offensichtlich unfähig, auch nur einen Punkt von dem, was hier vorgetragen wird, mit Ihrem Vortrag zu vergleichen und zu sagen, das war ein Beitrag dazu.

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD] – Weite- re Zurufe von der SPD)

Ich will es Ihnen gerne sagen. Sie haben gesagt, es fehlten Aussagen zur Stabilisierung der Automobilindustrie in Nordrhein-Westfalen. Ich habe heute Morgen einen Punkt vorgetragen, der möglicherweise strittig ist, den ich aber für sinnvoll halte. Die Frage der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke bietet die Chance, ohne zusätzliche Verschuldung jedes Jahr mehrere Milliarden Euro für sinnvolle Investitionen auszugeben.

(Beifall von der CDU)

Darunter kann die Gebäudesanierung fallen, die Herr Priggen vorgetragen hat. Darunter können aber auch Ideen fallen, um zum Beispiel den Ersatz schadstoffbelastender, insbesondere kleinerer Pkw durch Hilfen für die Anschaffung neuer Pkw hinzubekommen. Das würde gerade den Automobilfirmen in Nordrhein-Westfalen extrem helfen.

(Zuruf von der SPD: Wollen Sie bis 2020 war- ten? Das ist lächerlich!)

Seien Sie wenigstens so offen, dass Sie diese Zusammenhänge zumindest einmal diskutieren wollen!

(Zuruf von der SPD: Bis 2020 wollen Sie war- ten?)

Sie haben doch keine Ahnung.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD)

Sie wissen, dass die Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke ab 2009 die Abgabe von Mitteln für solche Zwecke ermöglichen würde. Sie müssen nur Ihre Denkverbote überwinden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie erfüllen keine Mindestanforderung der Kabinettsmitglieder! – Johannes Remmel [GRÜNE]: Unglaublich! – Weitere Zurufe von der SPD)

Ach, das ist doch alles unglaublich!

(Zuruf von der SPD: Geben Sie das nächste Mal Ihr Redemanuskript dem Kabinett zur Begutachtung!)

Nächster Punkt: Mikrodarlehen.

(Zurufe von der SPD)

Das gebe ich allerdings zu, Frau Gödecke: Wenn ich mich ärgere, rege ich mich auch schon einmal

auf, aber ich habe auch noch niemals so viel dummes Zeug in einer so schwierigen Situation gehört.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Dann hören Sie sich doch mal Ihre Rede an, dann hören Sie noch mehr dummes Zeug!)

Beim Thema Mikrodarlehen wäre es doch schön, wenn Herr Eiskirch bei der Debatte, die er hier zum Thema CO2-Versteigerung ab 2013 aufmacht und die dazu führen soll, dass wir ab 2013 Mittel daraus einnehmen, wenigstens den Zusammenhang mit dem Neubauprogramm der Kraftwerke im Hinterkopf hätte; ich verlange ja gar nicht, dass er sie vorne im Kopf hat. Es ist doch unglaublich. Die Kraftwerkswirtschaft sagt uns, 30 Milliarden € könnten aus den Mitteln, die die Wirtschaft selbst hat, hier auf den Weg gebracht werden, und Sie reden über das Jahr 2013 folgende. Schrecklich!

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten …

Nein, keine Zwischenfragen mehr.

(Zurufe von der SPD – Glocke)

Wir haben morgen die wunderbare Chance, Frau Kraft, über ein Anti-Rezessionsprogramm zu diskutieren. Ich freue mich schon.