Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von der SPD-Fraktion wurde getrennte Abstimmung über den letzten Satz des Textes des Entschließungsantrages beantragt. Die antragstellenden Fraktionen der CDU und der FDP haben hiergegen Bedenken erhoben. Deswegen hat der Landtag darüber zu entscheiden, ob hier eine Einzelabstimmung erfolgt. Wer dem Antrag, eine Einzelabstimmung über die genannten Sätze durchzuführen, zustimmt, der möge bitte die Hand heben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sehr parlamen- tarisch!)

Dann ist der Geschäftsordnungsantrag der Fraktion der SPD mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des fraktionslosen Abgeordneten Sagel abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir kommen damit zur Abstimmung über den Inhalt des gesamten Entschließungsantrages Drucksache 14/7732. Das ist der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Wer dem Inhalt des Entschließungsantrages zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Entschließungsantrag gegen die Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des fraktionslosen Abgeordneten Sagel mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP angenommen.

Wir kommen weiter zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/7738. Dieser Antrag ist gerade verteilt worden. Ich frage jetzt einfach, ob er jedem vorliegt oder ob zumindest jeder die Gelegenheit hatte, ihn zur Kenntnis zu nehmen. – Damit ersparen Sie mir, dass ich ihn hier noch ausdrücklich verlese, was ich aber im Übrigen sonst auch gerne tue. Es herrscht also Klarheit über die Grundlage der Abstimmung.

Ich lasse jetzt über den Entschließungsantrag Drucksache 14/7738 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abstimmen. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Entschließungsantrag bei Enthaltung der Fraktion der SPD und des fraktionslosen Abgeordneten Sagel gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP abgelehnt.

Wir sind damit am Ende unserer Beratungen zum Tagesordnungspunkt 1.

Bevor wir den Tagesordnungspunkt 2 aufrufen, kommen wir zunächst noch zu einer das Präsidium betreffenden Verpflichtung. Ich habe eine Rüge auszusprechen, und zwar betrifft sie den Herrn Abgeordneten Helmut Stahl.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Er hat in der Sondersitzung des Plenums in der vergangenen Woche in seinem Redebeitrag in Bezug auf die Kollegin Hannelore Kraft geäußert: „Ich sage Ihnen: Da lügen Sie!“ Diese Äußerung, Herr Kollege Stahl, ist unparlamentarisch und muss deswegen gerügt werden.

(Unruhe)

Damit kommen wir zum nächsten Tagesordnungspunkt:

2 Die Landesregierung muss die richtigen Konsequenzen aus der weltweiten Finanzkrise ziehen: Die Sparkassen in NRW dürfen nicht weiter gefährdet werden

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7672

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/7737

In Verbindung mit:

In der Finanzmarktkrise Menschen und Märkte nicht zusätzlich verunsichern und Sparkassen nicht durch geplantes Sparkassengesetz angreifen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/7681

Und:

Die Finanzkrise lehrt: Öffentlich-rechtliche Sparkassen sind unverzichtbar

Gegen jede Privatisierung – Landesregierung muss Sparkassengesetznovelle zurücknehmen

Antrag des Abgeordneten Rüdiger Sagel (fraktionslos) Drucksache 14/7661

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich eröffne die Beratung und gebe zunächst Herrn Kollegen Körfges das Wort für die antragstellende SPDFraktion. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns unter dem vorangegangenen Tagesordnungspunkt schon Fragen gestellt: Was lehrt die Finanzmarktkrise? Was haben wir gelernt? Welche Konsequenzen ziehen wir aus den gesamten Vorgängen?

Ich sehe zu meiner Bestürzung, dass sich die meisten Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion in der Sache offensichtlich nicht verunsichern lassen wollen und deshalb den Plenarsaal verlassen haben.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren das wie einiges mehr zeigt, dass Sie ganz offensichtlich nicht dazu bereit sind, Ihre Konsequenzen daraus zu ziehen und gemeinsam mit uns dafür zu kämpfen, dass unser Sparkassenwesen als eines der tragenden Säulen in unserem Finanzsystem auch in Zukunft noch erfolgreich arbeiten kann.

Meine Damen und Herren, wie resistent man gegen bessere Erkenntnis sein kann, zeigt, dass es im Augenblick wohl Bücher gibt, die schon vor ihrem Erscheinen ins Antiquariat gehören, zum Beispiel das Werk des Herrn Friedrich Merz „Mehr Kapitalismus wagen“.

(Beifall von der SPD – Rainer Schmelzer [SPD]: Das läuft in der Buchmesse unter Comedy!)

Meine Damen und Herren, ich habe heute Morgen im WDR einen netten Hinweis nach dem Motto gehört: Tut das doch bitte aus Abteilung „Wirtschaft“ in die Abteilung „Comedy“. – Meine Damen und Herren, das zeigt: Ganz offensichtlich sind sehr viele, die das hohe Lied des Wirtschaftsliberalismus gesungen haben, gegen das, was sich im Augenblick nicht nur weltweit, sondern gerade auch bei uns in Deutschland abspielt, absolut resistent.

Ich darf es an der Stelle wiederholt sagen: Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, das liegt in einer Linie mit Ihren Leipziger Parteitagsbeschlüssen. Haben Sie die einmal durchgelesen und auf ihre Gegenwartstauglichkeit geprüft? – Das liegt auch in einer Linie mit diesem Credo vom „Privat vor Staat!“. Es gibt welche, die leben das offensichtlich immer noch ganz ungeniert aus: Das Kuratorium der Initiative „Forum Zukunft e. V.“, dem bemerkenswerter Weise auch der Ministerpräsident dieses Landes angehört, wird am 13. November, also zwei Tage nach Beginn der Karnevalssession, in Bonn einen Zukunftspreis verleihen. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns einmal raten, wem dieses Kuratorium den Zukunftspreis verleihen wird? – Nämlich einem Würdigen, Herrn Dr. Josef Ackermann, der in der vorangegangenen Debatte schon ein paar Mal „lobend“ erwähnt worden ist.

Meine Damen und Herren, das zeigt doch ganz deutlich, wo einige noch steckengeblieben sind. Schaut man sich einmal an, wer sich in der aktuel

len Finanzkrise bewährt hat, und vergegenwärtigt sich, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ein so großes Zutrauen zu unseren Sparkassen haben, was die Einlagen beständig zeigen, ist für mich völlig klar, wem in diesem Land ein Zukunftspreis gebührt. Dies ist aber auf keinen Fall Herr Ackermann, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich verlange von Ihnen keine Preisverleihungen, sondern ich verlange von Ihnen, dass Sie noch einmal gescheit darüber nachdenken, ob nicht wenigstens von der Mehrheit in diesem Hause zu erwarten ist, darauf zu verzichten, die Kundinnen und Kunden zu verunsichern und unser Sparkassensystem in Gefahr zu bringen.

In Zeiten der Krise zeigt sich doch deutlich, dass unsere Sparkassen das wirtschaftliche Rückgrat unserer Wirtschaft und unseres Mittelstandes sind. „Privat vor Staat!“ war gestern, meine Damen und Herren. Neoliberale Glaubenssätze sind von der Realität eingeholt.

Es gibt nur einen einzigen Punkt, verehrter Herr Finanzminister, bei dem es real Handlungsbedarf gäbe, und zwar die bekannte EU-Abschlussprüferrichtlinie. Das, meine Damen und Herren, zum Anlass dafür zu nehmen, die komplette Sparkassenlandschaft gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt in Ordnung zu bringen, ist eine vollkommen verfehlte Politik.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das sehen nicht nur wir so. Das sehen nicht nur die kommunalen Spitzenverbände so. Das sehen selbstverständlich die Sparkassenverbände so, aber auch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, die Wohlfahrtsverbände in unserem Land. Alle beobachten mit großer Sorge, wohin der Zug namens Sparkassengesetz fährt. Die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände hat – so habe ich mir sagen lassen – dem Herrn Finanzminister einen Brief geschrieben. Man macht sich um das Sorgen, was Sparkassen im kulturellen, sozialen, im Bereich des Ehrenamtes und des Sports leisten.

Meine Damen und Herren, tun Sie diese Sorgen doch einfach nicht so ab! Denn – das ist in der Zwischenzeit offensichtlich geworden, weshalb ich verstehen kann, dass viele von Ihnen den Saal verlassen haben – das ist bei der kommunalen Basis nicht nur der CDU angekommen. Würde ich aufzählen wollen, in welchen Gebietskörperschaften es bereits Resolutionen gegen dieses Sparkassengesetz gibt, käme ich mit meiner Redezeit nicht aus. Die Liste derjenigen ist im Augenblick eher relativ kurz, die sich noch nicht gegen ihr Sparkassengesetz ausgesprochen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Es gibt auch noch in der real existierenden FDP ganz offensichtlich Menschen mit gesundem Men

schenverstand. Ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Mönchengladbach und bei den Freien Demokraten im Rheinisch-Bergischen Kreis, und das, obwohl der Herr Lindner dort Kreisvorsitzender ist. Chapeau!

(Beifall von der SPD)

Stellen Sie sich endlich der Kritik. Ich zähle jetzt die drei Punkte, die absolut unsäglich sind, zum wiederholten Male auf:

Erstens ist das Trägerkapital überflüssig wie ein Kropf. Es schwächt die Position der Kommunen, dient in keiner Weise der Transparenz und leistet nach übereinstimmender Ansicht auch aus der Fachwissenschaft der Privatisierung Vorschub. Meine Damen und Herren, weg mit diesem Unfug! Das braucht niemand, insbesondere unsere Sparkassen nicht.

(Beifall von der SPD)

Wenn Sie schon darüber diskutieren, dann liefern Sie uns doch bitte eine Definition für Trägerkapital. Nach unserer Anhörung bewegen Sie sich da ganz offensichtlich auf sehr unsicherem rechtlichen Parkett.

Zweitens. Das Merkmal der Gemeinnützigkeit – das, was unsere Sparkassen in den Kommunen verhaftet, was sie vor Ort für die Menschen tun – unter dem Stichwort einer verfehlten Modernität einfach wegdiskutieren zu wollen, ist nicht zeitgemäß. Das nutzt niemandem. Deshalb appelliere ich an Sie: Ergreifen Sie in der Frage die ausgestreckte Hand der Verbände und lassen sich auch da eines Besseren belehren. Die Formulierung, die dort gewählt worden ist, halten wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen durchaus für angemessen.

Drittens. In keinem anderen Bundesland ist eine gesetzliche Verankerung des S-Finanzverbundes vorgesehen. Statt auf die Gestaltungskraft der Beteiligten zu setzen, werden hier die Sparkassen zu Ausfallbürgen für die verfehlte Politik und die Unfähigkeit der Landesregierung im Umgang mit einem Geschäftsmodell der WestLB.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)