Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Meine Damen und Herren, in den vorgenannten Punkten gefährden Sie das, was unsere Sparkassen im Vergleich zu anderen erfolgreich macht. Aber der Meinungsumschwung ist ja offensichtlich angekommen, wenn der Spitzenkandidat der Aachener CDU – er hat dem Kollegen Schultheis offensichtlich gut zugehört – in den Medien sagt: Jawohl, da wird sich etwas ändern. – Ganz prima, denn im Himmel ist mehr Freude über einen reuigen Sünder als über 99 Gerechte, meine Damen und Herren. Nur, jetzt bitte keinen falschen Aktionismus. Hierbei geht Gründlichkeit vor Geschwindigkeit. Hierbei geht unser gemeinsames Ziel – ich hoffe zumindest, dass es ein gemeinsames Ziel ist –, die Sparkassen als vitale Säule unseres Finanzsystems

zu stärken und nicht zu schwächen, vor Aktionismus.

Insoweit bitte ich darum: Springen Sie über Ihren Schatten! Überlegen Sie noch einmal gut, was Sie mit dem Gesetz womöglich anrichten können und ziehen den Gesetzentwurf zurück!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie sind bis jetzt jede Antwort, mit Ausnahme von Phrasen, Herr Finanzminister, schuldig geblieben, wieso es so notwendig sein soll, das Sparkassengesetz in den von mir angesprochenen Punkten zu ändern.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Unsere Sparkassen genießen hohes Vertrauen in der Bankenwelt, in der Finanzwelt, aber vor allen Dingen bei den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land. Wer hier Verunsicherung fördert, handelt gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt verantwortungslos. Ich fordere Sie dazu auf, in dem Fall den im Sport geltenden Grundsatz zu beherzigen: Never change a winning Team!

(Beifall von SPD, GRÜNEN und Rüdiger Sa- gel [fraktionslos])

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die Grünen hat jetzt Herr Groth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn es so typisch deutsch läuft, also auch ein bisschen doof, dann privatisieren wir die Sparkassen, während ansonsten in der Welt private Banken reihenweise verstaatlicht werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wir stellen – bislang geht es bei Ihnen in diese Richtung – den Hort der Sicherheit, die Banken, die nicht in der Krise stehen, in den „Senkel“ und bringen sie in Gefahr, während andere gerade im Desaster sind. Meine Damen und Herren, das kann nicht wahr sein. Das ist getrieben durch die FDP, durch den verlängerten Arm der Heuschrecken.

(Ingrid Pieper-von Heiden [FDP]: Unver- schämt!)

Wir haben das Sparkassengesetz herauf- und herunterdiskutiert. Nach einer breiten und kontroversen Diskussion sowie Anhörungen sagen Verbände, Bürgermeister, Sparkassenverbände im gleichen Tenor Nein zum Sparkassengesetz. Die Risiken sind klar:

Erstens. Die gesetzliche Festschreibung der vertikalen Zusammenarbeit gefährdet unsere Sparkassen.

Zweitens. Jede Form von Trägerkapital macht es schwieriger, den öffentlich-rechtlichen Bankensektor zu schützen.

Sehr geehrte Abgeordnete der CDU – viele von Ihnen sind nicht mehr da –, Sie sind doch noch kommunal verankert, oder täusche ich mich da?

(Beifall von den GRÜNEN – Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Die flüchten gerade!)

Warum beißen Sie die Zähne zusammen und lassen sich von der FDP dermaßen treiben? Ich sage Ihnen: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Es wird Ihnen ergehen wie in der Schulpolitik: Erst sprechen die Kollegen von der FDP von der Dreigliedrigkeit, treiben Sie vor sich her, und dann machen sie einen Schwenk. Der Rheinisch-Bergische Kreis – ein FDP-Kreis – ist schon umgeschwenkt. Vielleicht stehen Sie am Montag mit dem Sparkassengesetz ganz allein da, ohne Koalitionspartner. Dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Vorsicht, meine Damen und Herren!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Jetzt hat der fraktionslose Abgeordnete Sagel das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der Finanzkrise kann man in der Tat feststellen, dass die Sparkassen ein Hort der Sicherheit in der von Brandstiftung überzogenen Privatbankenlandschaft sind. Die Finanzkrise lehrt auch: Öffentlich-rechtliche Sparkassen sind unverzichtbar. Deswegen ist es notwendig, gegen jede Privatisierung zu Felde zu ziehen. Die Landesregierung muss die Novelle des Sparkassengesetzes zurücknehmen.

Kürzlich haben noch 8.000 Demonstrantinnen und Demonstranten aus den Sparkassen- und Giroverbänden vor dem Landtag demonstriert. Das war ein deutliches Zeichen, wie denjenigen, die bei den Sparkassen beschäftigt sind, das sehen, was die schwarz-gelbe Landesregierung mal wieder plant. Die treibende Kraft ist in der Tat, wie so oft, die FDP. Die Heuschrecken hier im Landtag sind dabei, weiter Druck zu machen.

Das neue Sparkassengesetz ist weder für die Sanierung der WestLB noch aufgrund der Änderung der Rahmenbedingungen für die öffentlichen Kreditinstitute erforderlich. In Wahrheit geht es darum, weitere Voraussetzungen für eine Zerschlagung des Sparkassensektors in NRW zu schaffen. Durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Ausweisung von Trägerkapital in kommunalen Bilanzen steigt die Gefahr, dass finanzschwache Gemeinden in Notlagen zum Verkauf ihrer Sparkassenanteile gezwungen würden, um ihre Haushalte auszugleichen. Dann können private Investoren Zugriff auf die

Sparkassen bekommen, auch wenn eine Übertragung des Trägerkapitals im Gesetzentwurf erst einmal ausgeschlossen ist. Das Land öffnet damit die Tür zu einer möglichen Privatisierung der Sparkassen.

Mit der im Gesetzentwurf fixierten Möglichkeit zu vertikalen Fusionen zwischen Sparkassen und WestLB sollen der Sparkassen- und Giroverband oder die Sparkassenzentralbank die Möglichkeit erhalten, die Trägerschaft an einer Sparkasse auf Zeit zu übernehmen. Das ist die Keimzelle für eine umfassende Vertikalisierung von Sparkassen und WestLB mit verheerenden Folgen für die Sparkassen, für die mittelständische Wirtschaft und natürlich für die Beschäftigten der Sparkassen in diesem Land!

Deswegen – ich will es kurz machen, denn wir haben uns schon oft genug über dieses Thema unterhalten – ist dieser Gesetzentwurf nicht nur abzulehnen, sondern er muss zurückgenommen werden. Dafür plädiere ich und dafür steht die Linke.

(Zuruf von der SPD: Willkommen im Club!)

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Klein das Wort.

(Zuruf von der SPD: Da sind wir gespannt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Richtig ist,

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Dass Sie auch dagegen sind!)

dass mit dem neuen Sparkassengesetz auch auf formale EU-Vorgaben reagiert werden muss, die einfach umgesetzt werden müssen.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Auf eine einzige!)

Aber weitaus wichtiger ist es, verschiedene Elemente im neuen Sparkassengesetz zu verankern, die für die Sicherung der Sparkassen von wirklich großer Bedeutung sind.

Ich möchte vier Punkte hierzu nennen. Schon der erste macht deutlich, welch großer Unfug in Sachen angeblicher Privatisierung erzählt worden ist.

Erstens. Der öffentlich-rechtliche Charakter der Sparkassen soll nicht nur erhalten bleiben, sondern er wird im Gesetz noch klarer gefasst.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Sparkassen sind Anstalten öffentlichen Rechts. Damit erübrigt sich jede Diskussion über Privatisierung. Das ist einfach Unfug.

(Beifall von Walter Kern [CDU] – Widerspruch von Hans-Willi Körfges [SPD])

Das wird sogar noch dadurch unterstrichen, dass erstmals im Sparkassengesetz der Anspruch auf ein Girokonto für jedermann verankert wird. Das steht bisher noch nicht im Sparkassengesetz und kommt dort hinein, um den öffentlichen Charakter noch deutlicher hervorzuheben, als es im alten Gesetz bisher der Fall war.

Zweitens. Die Realität hat sich ein Stück geändert. Wir haben mit dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement künftig Bilanzierungen bei den Kommunen. Wenn jetzt nichts passiert, müssen auch die Werte der Sparkassen bei den Kommunen bilanziert werden. Das ist eine Folge, die aus der Gemeindehaushaltsverordnung resultiert und die wir für schlecht halten. Deswegen muss im neuen Gesetz verankert werden, dass es keine Bilanzierung der Sparkassen bei den Kommunen gibt.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Drittens. Sie erinnern sich doch alle noch an die Pläne in Stralsund, die Sparkasse, wie man platt gesagt hat, zu verkaufen; es war aber kein Verkauf, sondern ein sogenannter Asset Deal geplant. Die Aktivseite und die Passivseite der Sparkasse werden verkauft. Anschließend wird die leere Hülle Sparkasse aufgelöst. Auch das wäre nach heutigem Recht in Nordrhein-Westfalen möglich. Das wollen wir nicht.

Deswegen ist im neuen Sparkassengesetz der § 31 enthalten, der die Auflösung von Sparkassen deutlich erschwert und ziemlich hohe Hürden enthält, damit solche Pläne, die in Stralsund entwickelt wurden, unmöglich sind.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Viertens. Eine Verbandssparkasse gibt es bei uns als Institut bisher nicht. Das ist aber ganz wichtig, wenn man vermeiden will, dass irgendwann weiße Flecken in der Sparkassenlandschaft auftauchen. Deswegen sind die versammelten Eigentümer der WestLB, also samt Sparkassenverbänden, die ursprünglich die Verbandssparkasse gefordert haben, auf dieses Prinzip der Notfallkaskade gekommen, weil es in Zukunft sein kann, dass eine Sparkasse in Schwierigkeiten gerät.

Auch heute gibt es Sparkassen, die sich in wirklichem schwierigem Fahrwasser befinden. Lesen Sie doch einmal die Berichte über die Sparkasse KölnBonn oder über die Sparkasse Warstein-Rüthen! Dann wissen Sie, vor welchen Problemen die Sparkassen stehen. Es wird sicherlich noch mehr passieren.

Nicht für jede dann notzufusionierende Sparkasse wird eine Lösung gefunden werden. Wenn sich aber keine Lösung findet, haben wir einen weißen Flecken in der Sparkassenlandschaft. Das kann jemand, der wirklich für die dauerhafte Sicherung der dritten Säule in unserer Bankenlandschaft ist, nicht wollen. Deswegen: Um ein flächendeckendes Netz

von Sparkassen auch in einem solchen Fall sicherzustellen, brauchen wir das Institut der Verbandssparkasse.